Kapitel 2
Am nächsten Tag war von Marc immer noch nichts zu sehen, weder in der Schule noch am Nachmittag beim Spielen konnte James sein braunes lockiges Haar erspähen. Seltsam, er schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein.
Beim Abendessen klärte sich alles jedoch auf.
Miss Nex erzählte ihnen, dass es Marc nicht gut gehe und er deshalb in die Stadt ins Krankenhaus gebracht worden war. Brian fragte sofort ob sie ihn nicht besuchen könnten, Miss Nex verneinte dies mit der Begründung, dass Marc Ruhe bräuchte. Einige seiner Freunde waren enttäuscht, aber akzeptierten es ohne Widerworte.
James war beruhigt, dass es für Marcs Verschwinden eine Erklärung gab. Vielleicht würde er sich mit ihm sogar anfreunden, wenn es diesem wieder besser ging, er schien zumindest ein netter Kerl zu sein. Möglicherweise hatten sie sogar Gemeinsamkeiten.
Nach einem langen Tag und einer zu kurzen Nacht, schlief er am Abend sofort ein und träumte.
Er war in Avington in ihrem alten Haus, es war Sommer und die Sonne strahlte durch das große Fenster im Wohnzimmer. Seine Mutter trug ihre brünetten Haare offen und sie hatte ihr hellblaues Sommerkleid an. Sie bereitete gerade etwas zu Essen in der Küche zu.
Schrrb, schrrb.
Das Messer machte ein schabendes Geräusch auf dem Schneidebrett.
Schrrb, schrrb.
Emely und sein Vater saßen am Tisch und spielten ein Brettspiel, welches es war konnte James nicht erkennen. Er hörte jedoch das dumpfe Aufschlagen der Spielfiguren, wenn sein Vater vorwärts fuhr.
Tock, tock, machte es bei jedem Aufsetzten, so als wären sie bleischwer.
Da war noch etwas anderes, oder besser gesagt jemand anderes. Er saß vor der Holztür die vom Wohnbereich in den Flur führte. Es war Boomer ihr getigerter Kater, der vor der Eichenholztür saß und mit seinen Krallen an der Tür kratzte. Kurz hielt er inne, blickte James mit seinen dunklen, fast schwarzen Augen an und kratzte weiter.
Es wurde immer lauter, all diese Geräusche! Das Schneidebrett - schrrb, schrrb.
Tock, tock - die Spielfiguren und dann Boomers Kratzen. Fast unerträglich laut. Die Geräusche verschmolzen miteinander und stimmten einen unerträglichen Kanon an.
Kratz, kratz, schrrb, schrrb, tock tock.
In diesem Moment schreckte James auf, schweißnass und schwer atmend registrierte er, dass er nur geträumt hatte.
Doch warum hörte er das Kratzen immer noch, ein schlurfendes, kratzendes Geräusch, das kurzzeitig unterbrach und ein Laut nach sich zog, gefolgt von einem klopfenden, tock, tock.
James Gedanken spielten verrückt, träumte er noch?
Sein Puls begann sich zu beschleunigen und seine Nackenhaare stellten sich auf. Panisch schaute er sich im Zimmer um, allem Anschein nach kamen die Geräusche von draußen. Keiner seiner Zimmergenossen schien es zu hören, alle schliefen weiter.
Tock, tock.
Es war näher gekommen, da war sich James sicher.
Jetzt saß er im Bett.
Sein Puls raste förmlich, warum bekam denn niemand etwas mit.
Dann war es plötzlich still. James hielt die Luft an vor Anspannung und Angst. Aber da war nichts mehr, Stille. James lauschte angestrengt, dafür musste es doch eine Erklärung geben!
Langsam richtete er sich auf und ging mit vorsichtigen Schritten auf die Holztür zu. Der Holzboden fühlte sich rau und kalt auf seinen nackten Füßen an. Von dem Geräusch war nichts mehr zu vernehmen.
James griff nach dem kalten, gebogenen Messinggriff der Tür und wollte ihn gerade betätigen.
Ohne Vorwarnung war wieder ein lautes Hämmern zu hören.
Tock, tock!
Ein Schrei war zu hören! Ein unerträglich lauter Schrei.
Seine Augen weiteten sich vor Panik. Das Geräusch, es war direkt vor seiner Tür, oder war es sogar im Raum?
Bis ihm bewusst wurde, dass er selbst geschrien hatte waren alle Jungs wach.
Brian und Alex schauten ihn geschockt an. ,,Was ist los?", fragte Alex panisch und fuhr sich über die blonden kurzen Haare. Der dritte Junge, mit dem spitzen Gesicht, dessen Name er nicht kannte, saß verstört im Bett.
,,Etwas ist vor unserer Tür!", schrie James, Alex fast an, er schien der Hysterie nahe. Brian runzelte die Stirn, zögerte jedoch zur Tür zu gehen um diese zu öffnen.
Alex stöhnte genervt, rieb sich die Augen, während er zur Tür hinüber schlurfte. James hielt den Atem an, als dieser die Klinke berührte. Mit einem Ruck zog er diese auf und dahinter war nichts. Einfach nichts, ein leerer Flur.
James konnte seinen Augen nicht trauen, wurde er etwa verrückt?
In diesem Moment kam Ms Nex herbei geeilt, auch sie musste durch seinen Schrei geweckt worden sein. Sie schien her gerannt zu sein, denn sie war außer Puste und ihr Nachthemd hing schief an ihr herunter, sie hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, um einen Morgenmantel überzuziehen.
,,Was in Gottes Namen geht hier vor sich?", fragte sie entsetzt und tadelnd.
,,Es klang so als ob jemand um sein Leben schrie!"
Mit ernster Miene musterte sie einen nach dem anderen. ,,Ab mit euch ins Bett!"
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