Frühstück
Meredith steht auf dem Balkon und kneift die Augen dem Sonnenaufgang entgegen zu.
Es sind Sommerferien und vor ihr ist die Sommersonne und das hier wird ein Sommertag, wie ihn viele andere zum Baden Gehen und Ausflüge Machen und Freunde Treffen nutzen.
Wenn man sagt man will die Zeit nutzen, benutzt man sie dann?
Nutzt man sie aus?
Nutzt man sie ab?
Meredith findet, wenn man Dinge langsamer macht vergeht auch die Zeit langsamer. Irgendwas Relatives.
Sie findet es ist real.
Sie will die Zeit nicht so sehr beanspruchen, das tun doch schon genug Menschen, die Zeit will auch Freiheit und Ferien.
Jeder hat seine eigene Zeit, und Meredith versucht, liebevoll mit ihrer umzugehen.
"Guten Morgen, Zeit. Wie früh ist es?"
Liebevoll, langsam, nicht langweilig, nein, doch geduldig, wie mit einem Kind das müde ist, dies aber nicht spürt und Abends noch spielen will.
"Willst du noch Spielen?", fragt Meredith, und muss lächeln, denn es ist ein Witz den nur sie und ihre Zeit verstehen.
Denn eigentlich wollte sich Meredith nach dem Sonnenaufgang gleich ins Bett legen und schlafen, endlich ausruhen, denn die Nacht hat sie nicht in Ruhe gelassen.
"Und wir sprechen uns später noch, Leben."
Denn jenes hatte sie nachts wachgehalten. Das Nachtleben.
Das grelle, laute, bunte, singende Leben.
Scheint, als wäre Meredith Feiern gewesen.
Oh nein. Nö. Die Party war nur in ihrem Kopf und eine von der Sorte, wo man sich wünschte man wäre zuhause geblieben. Oder nie eingeladen worden.
Meredith streckt sich, ihre schmalen Schultern die nie mehr Lasten getragen haben als die Bücher an ihrem ersten Schultag und den Riesenwanderrucksack beim Trampen, ihre viel zu schwachen Arme die noch nie in ihrem Leben auch nur einen einzigen Klimmzug zustande gebracht haben, und kaum Umzugskartons tragen können, ihre schwachen Arme verbunden durch ihre sich gegenseitig festhaltenden Hände, die jetzt gerade wichtigere Dinge halten könnten.
Sie streckt diese Hände der Sonne entgegen und formt eine Schale darum herum.
Haltbarkeitsillusion.
Hatte sie Jared jeh wirklich halten können?
Ihn hielt vielleicht gar Nichts.
Hier, bei ihr, und auf.
Hatte ihr Herz da eine Chance?
Hielt sie ihn.. aus?
Schalen und Haltbarkeit.
Meredith macht sich Frühstück, eine Schüssel Haferflocken mit kochendem Wasser.
Damit setzt sie sich auf den Balkon.
Sie liebte es, nun eine eigene Wohung zu haben und früh allein zuhause zu sein, alles ganz langsam und leise zu machen, so wie sie es wollte, mit so viel Zeit oder wenig Leben wie sie dabei brauchte.
Vielleicht war das auch echt ungesund, und eine Wg hätte ihr besser getan. Bestimmt.
Doch auf einmal ist sie nicht mehr allein neben ihren Tomatenpflanzen.
Eine Wespe kommt angeflogen und setzt sich auf Merediths Hand.
Sie freut sich und hält ihr probeweise den Löffel Müsli hin, doch wie erwartet will die gestreifte Fliegerin das nicht.
Stattdessen krabbelt sie nur auf der Hand herum. Faszinierender Besuch.
Sie will bestimmt das Salz von meiner Haut ablecken, glaubt Meredeith.
Kribbeln.
Oder sie will nur abgestorbene Hautschuppen, denkt Meredith.
Kratzen.
Doch sie beisst mich, spürt Meretith.
Und dann begann es aber zu bluten
Zu bluten. Krank.
Eine Weile sieht sie trotzdem noch dabei zu, aber dann beginnt sie sich zu fragen ob Wespenspucke giftig ist, oder warum es sonst so sehr brennt, und wie viel eine Wespe denn eigentlich essen kann.
Ausserdem würde sie jetzt gern selber weiter frühstücken.
Meredith schüttelt etwas unfreundlich ihre Hand und die Wespe fliegt weggeschleudert davon.
"Tschuldigung, hab noch einen schönen Tag.", flüstert Meredith ihr hinterher.
"Und, kleine Seele, danke dass du mich gebissen hast."
Meredith weiss den kurzen Schmerz zu schätzen. Und sie gab der Wespe gerne etwas von sich. Auf ihren Weg.
Auf dass sie ihre Zeit gut behandelt und ihr Leben gut versteht.
Meredith muss daran denken, dass Jared immer nur mit ihr Döner essen gehen wollte. Nichts anderes.
Es gab doch aber dieses ungeschriebene Gesetz, dass Döneressen die unattraktivste Möglichkeit war, so komisch abbeissend und zwiebelkauend Zeit miteinander zu verbringen. Oder erste Dates.
Im Nachhinein macht es Sinn, denkt Meredith und bringt ihr Geschirr und ihre Zeit zurück in die Küche.
Sie denkt an Wespentallien und daran dass Hummeln wissenschaftlich gesehen zu schwer sind zum Fliegen, es aber trotzdem tun weil sie keine Ahnung von der Wissenschaft haben.
Und als sie sich dann in die gelbe Blumenbettwäsche ihres Hochbettes fallen lässt - es ist alles so hell, aber nie zu hell für Meredith zum Einschlafen - da denkt sie: Das wahre Gewicht sind Gedanken. Nur damit wird das Leben schwerer oder leichter.
"Schlaft gut, Zeit und Seelen, und, ja auch du Leben. Und danke fürs Reden."
Und dann träumt Meredith, und hofft ihm dabei nicht zu begegnen. Sonst ihretwegen jedem, nur Jared nicht.
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