Duschen
Meredith steht in der Dusche und gräbt ihre Finger in den Schaumberg der sich in ihren sandfarbenen Haaren aufbauscht.
Jemand hat mal gesagt ein Loch sei nicht einfach nur ein Loch, sondern ein Antiberg.
In ihrem Herz enstand gerade solch ein Antiberg. Er wurde aber nicht geschaufelt. Er kam einfach.
Wie ein Erdrutsch.
Aber wo war dann der positive Berg?
Es gab keinen.
Vielleicht war da etwas Staub der in ihre Lunge rieselte wie in eine Sanduhr, oder vielleicht war es auch der Druck im Bauch der sich manchmal anfühlte wie ein Fels.
Solch einen hatte sie auch manchmal im Hals.
Wenn ihr Herz also ein Antiberg wurde, bedeutete es wohl: ihr vielen Steine vom Herzen.
Ja. So musste es wohl sein.
Wie waren die da hin gekommen?
Sie spült den Schaumberg aus ihren Haaren. Gold würde vielleicht scharf klimpern, doch die Schaumkrone klatscht nur dumpf platschend auf den Boden der Dusche, zwischen ihre Füße. Es ist ihr aber genauso viel wert; nicht viel.
Meredith richtet sich auf, lässt Wasser über ihr Gesicht und ihre geschlossenen Augen laufen und hält kurz die Luft an, nur um gleich darauf danach zu schnappen.
Der Schaum brennt in ihren Augen und sie fühlen sich durch das kalte Wasser noch heisser an als vorher.
Da sind aber keine Tränen. Nein.
Sie fragt sich jetzt: Ist ein staubig trockener Weg eine Antipfütze oder ein Antifluss?
Sie hält ihre Haare wieder kopfüber.
Und dann fragt sie sich: Ist ein Nichtliebender ein Antimensch?
Ein paar einzelne Haare verfangen sich zwischen ihren Fingern, weil sie den Wassertropfen folgen und frei sein wollen.
Ihr Kopf glüht, weil sie heruntergebeugt ist und der Antiberg zu viel Blut hineinpumpt, und weil sie irgendwie wütend ist.
Tropfen auf den heissen Stein sozusagen.
Meredith stellt sich jetzt vor sie wäre wirklich einfach nur ein Stein in fliessendem Wasser.
Und mit dem Leben und der Zeit gelangt ein Stein an so viele andere Steine und wird so oft umspült, dass er all seine Ecken und Kanten verliert und irgendwann perfekt im Fluss liegt,
sodass dann alles um ihn herumströmen kann.
Doch sie kann kein Stein sein.
Nichtmal teilweise, ihr Herz ist auch bloß Kies und sie weiss nicht warum und seit wann und sie zieht an ihren Haaren und fühlt sich als ob etwas zerfließt. Ihre Augen? Nein.
Steine sehen schöner aus wenn sie nass sind. Dann haben sie viel leuchtendere Farben.
Das weiss sie seit sie ein Kind ist und noch im Baggersee welche gesammelt hat.
Sie muss daran denken als sie mit Jared Schwimmen war, in Klamotten.
Er hatte einfach einen Schritt ins Wasser gemacht, und dieser eine Schritt hatte gereicht, so nah wie sie an der Kante vom Steinbruch gestanden hatten. Zum Glück nur zwei Meter tief.
Sie hielt ihn trotzdem für irgendwie irre. Irre mutig. Und spontan.
Hatte ihr Herz da eine Wahl?
Jetzt steht sie in der Dusche, ohne Klamotten, und betrachtet das Knäuel Haare in ihren Händen. Um sie herum tropft es, immernoch eiskalt, doch das spürt sie gerade nicht mehr.
Sie denkt an Erdrutsche wegen Erdbeben und Haarausfall wegen Stress, ein paar mal zwirbelt sie die Strähnen die ihren Kopf verließen zwischen ihren leicht zitternden Fingern.
Und dann steckt sie die losen Haare in den Mund und schluckt sie einfach hinter,
nur um zu wissen, wie das so ist.
Es ist kratzig und geht fast nicht, aber nur fast. Sie.. sie hat gerade ihre Haare gegessen.
Dann steht sie ratlos in der Dusche, ja sie ist auch etwas irre, das weiss sie,
etwas irre, aber niemand sieht es, es ist egal. Egal egal egal.
Sie wollte nur mal wissen, wie das so ist.
Er würde es eh nie erfahren, dass sie ihre Haare mal probiert hat.
Und sonst war ihr egal, wer dachte sie sei dumm.
Nur Jared durfte das nicht von ihr denken. Nur er nicht.
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