Teil 4
Das Läuten der Schulklingel befreite uns endlich von der, mittlerweile wirklich langweilig gewordenen, Englisch Stunde. Alle Schüler packten ihre Schultasche und machten sich auf den Weg zur nächsten Stunde, fast alle. Neben mir saß noch immer dieser 'Herrn Huang', welcher konzentriert auf seine Aufgaben schaute, die wir grade noch bearbeitet hatten. Vielleicht hatte er das Klingeln nicht gehört? Auch wenn es mich sehr viel Überwindung kostete, tippte ich ihn an der Schulter an. Sein Kopf hatte er nun angehoben und seine Augen waren auf mich, mit einem ziemlich genervten, wenn nicht auch fragenden Blick, gerichtet. Ich musste mich für einen Moment fangen, da ich vielleicht mit einem Lächeln oder einer Frage gerechnet hätte, aber auf jeden Fall nicht mit einem genervten neuen Sitznachbarn. Er zog seine Augenbraue abwartend hoch und legte seinen Kopf schief. Es kam ein einfaches 'Hm?' von ihm und ich senkte meinen Kopf auf seine Blätter. Meine Gedanken wollten sich einfach nicht auf einen vernünftigen Satz einigen, weshalb ich weiterhin schwieg. "Ich würde ja gerne mit dir weiter small-talk führen, aber ich muss diese Aufgaben verstehen. Ich weiß es geht dich eigentlich nichts an und interessieren wird es dich auch nicht wirklich viel, jedoch ich bin nicht gerade der Beste in Englisch und meine letzten Arbeiten sind nicht grade glänzend gewesen. Nachvollziehen könntest du es auch nicht, wie wichtig meine Zeugnisse für meine Karri-.. ähm ich meine für meine Zukunft sind." Er sagte diese Sätze in einem wirklich genervten Ton, doch trotzdem tat er mir irgendwie leid.
Ich war auch nicht immer du gut wie nun gewesen, bis ich Hilfe von einer Freundin bekam, die ein wirkliches Ass in englisch war. Ich konnte seine Situation nur all zu gut nachvollziehen, trotzdem hätte ich mich gerade gerne selbst gestoppt, den das was ich vorhatte umzusetzen, war nicht gerade einer meiner besten Ideen gewesen. Aber wann hatte ich schon gute Ideen? "Zeig mal her, vielleicht kann ich dir ja helfen." Ich lächelte dem mir gegenüber Fremden freundlich und aufmunternd entgegen. Er schaute mich verwirrt an, runzelte seine Stirn, doch drehte mir sein Heft hinüber und rückte ein Stück an mich heran, um mir besser zuhören zu können. "Warte, was ist mit der nächsten Stunde?" Ich schaute ihn fragend an, wir hatten doch noch zwei weitere Stunden Unterricht bis zur eigentlichen Pause. "Ist nur Technik und die Lehrerin ist sowieso krank, also von daher. Kannst du mir nun helfen oder nicht?" Ich senkte meinen Blick wieder auf seine Aufgaben und lass mir die Sätze in Ruhe durch. Ich musste innerlich leicht Lächeln, die Aufgabe war theoretisch recht einfach, man muss die Aufgabenstellung nur richtig verstanden haben. Wir saßen die ganze Doppel-Stunde im Klassenraum und ich erklärte ihm die Aufgaben und noch einige seiner Fragen. Zwischendurch verstanden wir uns überraschenderweise acht gut, lachten viel und hatten einen ähnlichen Humor. Was ich zu Beginn seiner Art mir gegenüber nicht erwartet hätte.
Das Pausenklingeln holte uns aus unseren 'Privat Stunden', welche sich anscheinend für ihn wirklich gelohnt hatten, raus und er klappte sein Buch zu. Mein Sitznachbar machte einen zufriedenen Eindruck auf mich und hatte die Aufgaben auch schnell verstanden. Gerade als ich von meinem Platz aufstehen wollte, um zur Mensa zu gehen, hielt mich der Junge am Ärmel fest. Ich starrte auf seine Hand, die ihren Griff langsam lockerte, mein Blick wanderte hoch zu seinem Gesicht um sein Handeln nachzuvollziehen. "Danke Linn," kam es leise von ihm und er lächelte etwas beschämt. "Nichts zu danken, äm..."
"Renjun, Huang Ren Jun, LinKi. Ich schulde dir was." Er lächelte mich an und musste wohl innerlich lachen über mein Gesichtsausdruck, da sein Lächeln breiter wurde und er mit dem Kopf schüttelte. Ohne ein weiteres Wort verließ er die Klasse und zurück blieben ich und meine Schultasche. Ich legte meinen Kopf schief und musste mit einem wirklich nicht grade attraktiven Gesichtsausdruck über die vorherige Situation nachdenken. Ich schüttelte einmal schnell meinen Kopf, warf mir meine Tasche über und lief in Richtung Mensa, die ich zu Beginn in einem der Gänge schon wahrgenommen hatte. Diese war wirklich groß und auch sehr voll. Ich stellte mich, wie die anderen Schüler es auch taten, in die Reihe und ließ mein Tablet auffüllen. Ich nahm mir das entgegen gereichte und befüllte Tablet von der Kantinendame und lief auf der Suche nach einem Platz durch die Mensa. Ganz hinten in der Ecke konnte ich einen leeren Tisch entdecken wo sich wohl kaum noch jemand hinsetzten würde. Ich stellte mein Tablet auf den Tisch und begutachtete, nachdem ich mich hingesetzt hatte, mein Essen. Es gab eine Schüssel Kimchi mit Gemüse und eine Schale Reis, dazu noch ein Becher Wasser und ein kleinen Keks als Nachtisch. Ich warf einen Blick auf mein Besteck und musste feststellen; Es gab nur einen Löffel, wahrscheinlich für den Reis oder Soße, ansonsten musste ich mich wohl mit den Stäbchen zufrieden geben. Ein leichtes seufzen verließ meinen Mund, ich hatte bislang noch nicht mit Stäbchen gegessen. Ich hatte es einmal in Deutschland versucht, als Mihyun das erste Mal zu Besuch bei uns war. Jedoch ging dies ganz schön daneben. Das Resultat von diesem Experiment war sehr viel verschwendetes Essen auf dem Boden und meine eingesauten Klamotten. Von der Seite hörte ich lautes Gelächter und drehte leicht meinen Kopf um, um zu schauen von wem dieses kam. Ich sah fünf Jungs, darunter auch Renjun, die auf dem Weg in meine Richtung waren. Ich senkte meinen Kopf schnell meinem Essen entgegen und hoffte, dass sie-, oder eher gesagt Renjun, mich nicht erkennen würde. Die Jungs an Renjun's Seite waren wesentlich älter und bestimmt auch einige Klassen über uns. Woher kannte er die? Total im Gedanken versunken hatte ich nicht bemerkt, dass sie sich auf die andere Seite des langen Tisches hinsetzten an dem auch ich saß.
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