12
In den letzten Tagen hatte ich keine Probleme mit meinem Hunger. Ich ernährte mich hauptsächlich von Tierblut und das reichte mir auch fürs Erste. Wir waren jeden Abend auf der Jagd gewesen und hatten uns inzwischen einen gewissen Ruf unter den Vampiren erarbeitet. Wenn sie uns erblickten, suchten sie ängstlich das Weite. Genauso, wie ich es gerne hatte. Diese widerwärtigen Kreaturen sollten ruhig wissen, wo sie hingehörten.
„Alasdair ... Wir konnten einen Vampirclub ausmachen." Es war wieder James, der in mir irgendwie so etwas wie ein Vorbild sah. Inzwischen war ich nicht mehr so genervt von ihm, da ich gemerkt hatte, dass er wirklich etwas auf dem Kasten hatte.
„Das ist doch gut, wieso seid ihr noch nicht los?", wollte ich von ihm wissen. Ich hatte heute eigentlich vorgehabt, einmal im Gebäude der Kultisten zu bleiben, denn ich war jetzt jeden Tag mit draußen gewesen.
„Es sind zu viele und der Club ist gut gesichert. Wir brauchen dich!", seine Stimme klang verzweifelt und auch bittend.
„Inwiefern gesichert?", erkundigte ich mich und kratzte mich am Hinterkopf. Es war wirklich zum Haare raufen. Ich hatte den Kultisten inzwischen so viel beigebracht, eigentlich dürfte es kein Problem mehr darstellen.
„Nun ja, irgendwie haben sie es geschafft, dass nur Vampire dort rein kommen. Er grenzt an einen menschlichen Club, nur sehr wenige wissen davon", erklärte er mir und ich begann zu überlegen, wie wir dort wohl aufräumen konnten.
„Durch was ist er gesichert?", fragte ich und James wirkte plötzlich gequält.
„Durch Vampirblut, Sir." Ich musste mir bei seiner Antwort das Lachen verkneifen. Vampirblut war ja nun wirklich das einfachste, was man auftreiben konnte, selbst wenn ich meines nicht spendete.
„James, habt ihr den Vampir im Verlies vergessen?", hakte ich nach und er schlug sich leicht gegen die Stirn. Natürlich hatten sie ihn vergessen. Ich hatte sie ja nicht daran erinnert. Seufzend drehte ich mich um und sagte im Weggehen: „Holt ihn aus dem Verlies, dann geht es los."
Eine Stunde später standen wir, mit dem Vampir im Schlepptau, vor besagtem Club. Dieses Mal hatte ich mich sogar dazu erweichen lassen, in einem Auto zu fahren. Anders wäre es zu kompliziert gewesen.
Von außen sah er wirklich aus wie ein stinknormaler Club. Doch unser gefangener Vampir, dem wir versprochen hatten, dass er frei kommen würde, zeigte uns den Weg.
Kurze Zeit standen wir schon mitten im Vampirbereich. Den gefangenen Vampir hatten wir kurzerhand getötet. Zuerst hielten wir uns im Hintergrund auf und überblickten die Lage, als mir plötzlich dieser bekannte Duft in die Nase stieg. Konnte es wirklich sein, dass sich das Mädchen, das mir ständig in den Gedanken herumspukte, in so einem Etablissement aufhielt? Ich schaute mich um und ließ meinen Blick über die tanzende Menge schweifen und wirklich ... Zwischendrin stand sie, ganz reglos, so als wäre sie tief in Gedanken versunken. Hatte sie vielleicht Angst?
Ich beobachtete sie eine ganze Weile, irgendetwas war anders an ihr. Sie wirkte so im Einklang mit sich selbst. Ganz anders, als ich sie in Erinnerung hatte.
„Alasdair, wollen wir?" Die Jäger standen ungeduldig neben mir und wollten loslegen. „Der richtige Moment ist noch nicht gekommen", sagte ich, ohne den Blick von dem Mädchen abzuwenden.
Woran erinnerte mich dieses Mädchen nur? Ich dachte noch einen kurzen Moment darüber nach, bis sich plötzlich etwas auf der Tanzfläche tat.
Die Vampire starrten wie in Trance an die Decke und jubelten, als eine rote Flüssigkeit aus den Düsen an der Decke spritzte. Sofort roch ich den typisch, metallischen Geruch und wieder verfluchte ich mein Dasein als eine dieser Kreaturen.
Ich warf noch einen kurzen Blick auf das Mädchen, die sich ebenso über das Blut freute. Sie wird doch nicht ...
„Stellt das ab! Diese Monster müssen nicht noch gestärkt werden", zischte ich den Kultisten zu. Diese starrten sich panisch an, bevor sie in alle Richtungen ausschwärmten und ich zum Glück alleine war.
Ich atmete ein paar Mal tief ein und aus. „Ich darf nicht nachgeben, ich muss mich beherrschen", betete ich vor mir her, wie ein Mantra.
Nach einer Weile, wurde das Blut abgestellt und ich konnte beruhigt durchatmen, fast war ich etwas stolz auf mich.
Schnell schlängelte ich mich durch die Vampirmenge. Die Kreaturen merkten es nicht einmal, so sehr waren sie immer noch in ihrer Trance gefangen. Ich zog die Kapuze meines Mantels tiefer in mein Gesicht. Der schwarze Mantel erinnerte mich immer an die Kutte eines Mönches, deshalb trug ich ihn mit Ehrfurcht.
Ich stieg auf die Bühne, doch keiner bemerkte mich. Nicht einmal die Musikgruppe, die gerade spielte. Die Musik gefiel mir überhaupt nicht, sie war laut und keine wirkliche Melodie war zu erkennen. Schrecklich.
Mit einem geübten Handgriff fasste ich unter meinen Mantel und holte meine Armbrust, die mir die Jäger gegeben hatten, hervor und legte sie an.
Ein gezielter Schuss und ein Vampir fiel zu Boden. Plötzlich hatte ich die gesamte Aufmerksamkeit der Menge. Ich schnappte mir das Mikrofon der Sängerin und sagte:
„Wir sind die Angelis Custodis und wir haben uns zur Aufgabe gemacht, die Welt von allem Bösen zu befreien. Viele von euch, haben sicher schon von uns gehört."
Ich genoss die ängstlichen Blicke der Vampire, doch irgendwie hatte ich Angst um das Mädchen. Sie war unschuldig und konnte nichts dafür.
Ich nickte den anderen Kultisten, die sich noch im Schatten aufhielten, zu und diese stellten sich im Kreis um die Vampire auf. Alle die sich außerhalb des Kreises aufgehalten hatten, dürften schon längst Tod sein.
„Macht euch bereit zu sterben!", schrie ich ein letztes Mal und feuerte meine Waffe ab. Wie ich diese großen Auftritte doch liebte.
Die Anderen legten ebenfalls ihre Waffen an und schossen. Panik brach aus und die Vampire liefen durcheinander. Viele wussten nicht, was sie tun sollten.
Inzwischen hatte ich auch das Mädchen entdecken können, sie stand ebenfalls planlos herum, wirkte aber, im Gegensatz zu den Vampiren, ruhig. Sie schaute sich um, beobachtete eine Weile meine Jäger und stürzte sich dann auf James. Sie war viel schneller als er, sodass er sich wirklich anstrengen musste. Gespannt beobachtete ich die beiden. Auf der Bühne war ich noch relativ sicher vor Angriffen, da die Vampire erst an den Anderen vorbeimussten.
Das Mädchen war stärker als James, sodass dieser leblos zu Boden sank. Erstaunt stieg ich von der Bühne und drängte mich durch die kämpfende Menge. James atmete noch, zum Glück und das Mädchen, das sah ich nun ganz deutlich, war eine von diesen Kreaturen.
Verdammt, wer hatte ihr das nur angetan?
Ich schlich mich von hinten an sie ran und wollte sie gerade packen, als sie eine andere Vampirin warnte. Keine Sekunde später drehte sich das Mädchen um und verschwand mit dem anderen Vampir in der Menge. Wenigstens wusste ich nun, wie sie hieß. Doch bei ihrem Namen lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, das konnte doch nicht sein, oder? Das war bestimmt ein Zufall. Sie konnte nicht diejenige sein, die mich zum Vampir gemacht hatte, diejenige, die die Königin aller Vampire war. Ich hatte doch genau gesehen, wie sie vor meinen Augen den Freitod gewählt hatte.
Schnell schüttelte ich den Kopf und drängte den Gedanken beiseite ...
Ich beobachtete wieder die Vampire und musste wirklich zugeben, dass sie wirklich geschickt geworden sind. Sie wichen unseren Pfählen aus, sodass es fast schon eine kleine Herausforderung war. Jedoch war ich genauso schnell wie sie. Immerhin war ich einer von ihnen.
Komischerweise hatte ich noch keinen von diesen Möchtegernvampiren entdeckt, woran das wohl lag? Wahrscheinlich war das Serum im Club verboten?
Plötzlich sprang eine Kreatur auf meinen Rücken und wollte mich beißen, doch ich konnte sie zum Glück schnell abschütteln und erkannte, dass es sich um die Freundin von Lillith handelte.
Schnell warf ich sie zu Boden und legte mich über sie und machte kurzen Prozess, sodass sie keine Chance hatte sich zu wehren. Ihre flehenden Augen ließen mich kalt. Mit einem schnellen Stich ins Herz hauchte sie das Leben aus und zerfiel dann zu Staub.
Als Lillith sah, was ich getan hatte, stürzte sie sich auf mich. Doch irgendetwas hielt mich davon ab sie auch umzubringen. Ich wollte sie unschädlich machen, doch ich war unfähig, auch nur meine Hände gegen sie zu erheben. Es fühlte sich fast so an, als wäre ich ihr ergeben. Energisch schüttelte ich den Kopf, das durfte nicht sein. Lillith drosch währenddessen mit Händen auf mich ein und versuchte mich zu beißen. Doch ich drängte sie weg von mir und gegen die Wand. Ihre Hände hielt ich über ihren Kopf.
Jetzt konnte ich sie genauer beobachten und mein Atem verschnellerte sich vor lauter Aufregung. Sie sah meiner Schöpferin so verdammt ähnlich. Ich war verwirrt. Wie war das möglich und vor allem wer hatte davon gewusst und das Mädchen verwandelt?
„Darf ich?", fragte James, „Die Schlampe hat mich fast umgebracht." Er kam auf mich zu, als er entdeckt hatte, dass ich Lillith in der Mangel hatte. Ich zuckte mit den Achseln und machte etwas Platz, sodass er den anderen Arm festhalten konnte. Vielleicht würde er es schaffen, sie zu töten.
Der junge Vampir sträubte sich mit Händen und Füßen. Sie wollte nicht sterben, das sah man ihr an, doch zwei Jäger waren zu viel für sie.
Sie spuckte, schrie und versuchte sich aus unserer Umklammerung zu winden. Doch es half alles nichts. James zischte ihr ein paar Wörter zu, die ich durch den ganzen Tumult nicht verstehen konnte und machte plötzlich kurzen Prozess. Er stach einen Pfahl mitten durch ihr Herz. Doch anders als bei den anderen Vampiren, sank sie nur leblos zu Boden. Jedoch atmete sie nicht mehr.
Noch etwas, was mich etwas stutzig machte. Sie reagierte ebenso wie ihre Doppelgängerin. Seufzend drehte ich mich um und dachte nicht weiter darüber nach, ich würde einfach später nochmal nach ihr schauen.
Im Moment fanden gerade noch die letzten Kämpfe statt und man sah ganz genau, dass die Jäger wirklich überlegen waren. Das machte mich doch etwas stolz. Immerhin war ich einer von ihnen. Nachdem die letzten Kämpfe beendet waren, lagen noch einige leblose Vampirkörper auf dem Boden. Wahrscheinlich hatten meine Jäger nur halbe Arbeit geleistet. Doch das war eigentlich egal, deshalb drehte ich mich wieder zu James um.
„Habt ihr die Menschen aus dem anderen Club evakuiert?", fragte ich James.
„Ja, haben wir, Sir!"
„Gut, dann brennt den Schuppen nieder!", schrie ich laut genug, sodass es alle verstanden und schon wuselten meine Männer durcheinander. Sie legten eine Spur aus einer brennenden Flüssigkeit. Mit nur einem Schnipsen eines Feuerzeuges fing alles an zu brennen. Als ich mich zu dem jungen Vampir umdrehte, um sie ein letztes Mal zu betrachten, war sie verschwunden. Verdammt, wo kann sie nur hin sein?
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