24. Kapitel
„Das darf doch nicht wahr sein!" Sarah sah fassungslos auf das Blatt Papier das an der Pinnwand hing. „Wir hätten uns früher eintragen sollen!"
Der Grund für ihre Fassungslosigkeit war die Liste für das Projekt wo man auf Zucker verzichtete. Und Zwar war diese Liste voll.
„Dann nehmen wir einfach was anderes, ist doch jetzt auch nicht so schlimm!"
Sarah zog eine Schnute und sagte dann patzig: „Ich will aber nicht auf mein Handy verzichten!"
Ich sah auf die übrigen Listen die an der Pinnwand hingen und seufzte. „Dann bleibt nur noch der Verzicht auf tierische Produkte...!"
Sarah seufzte ebenfalls und nickte zögernd. „In Ordnung!"
Wir setzten unsere Namen auf die Liste und damit war diese Liste auch voll, wir waren wirklich spät dran gewesen.
„Wir verzichten aber erst ab morgen, oder?", fragte Sarah und sah die Liste wehleidig an.
Ich nickte. „Heute müssen wir es noch mal richtig genießen!"
„Auf in die Cafeteria!", rief Sarah wie einen Kampfschrei und ging voran.
Kopfschüttelnd, mit einem breiten grinsen im Gesicht, folgte ich ihr.
Das Grinsen war allerdings wie weggewischt, als wir in die Cafeteria kamen. Nadines Clique saß bei Luke und den anderen, ihr schrilles Lachen war durch den ganzen Raum zu hören.
„Och nö!" Sarah sah genervt zu dem Tisch rüber. „Kann die nicht einfach mal weg bleiben?"
„Es ist Nadine, die wird man nicht so schnell los!"
Wir holten uns unser Mittagessen und als wir am Tisch ankamen, schien Nadine mich überraschender Weise zu ignorieren.
Da es sehr eng am Tisch war, setzte Sarah sich auf Linus schoss und ich durfte mich zwischen Ben und Kris quetschen. Ich kam mir vor als wäre ich eingemauert.
Nadine saß selbstverständlich neben Luke und sie unterhielten sich mit noch ein paar anderen über irgendeine Serie die wohl voll gut sein sollte. Mich interessierte es nicht also hörte ich nicht zu. Sarah und Linus waren miteinander beschäftigt. Übrig blieben nur noch Ben und Kris, die sich über meinen Kopf hinweg über die schnellsten und besten Autos unterhielten, wovon ich überhaupt keine Ahnung hatte. Also saß ich da und starrte auf die Tischplatte vor mir. Doch komischer Weise gehorchte mein Blick mir nicht und so wanderte er zu Luke und Nadine. Sie lachten gerade über irgendetwas und Luke schien so sorglos und unbekümmert. So kannte ich ihn gar nicht, er war immer ernst oder belustigt gewesen, aber nie so sorglos und glücklich. Ohne dass ich es wollte, versetzte mir der Anblick einen Stich.
Ich sah auf mein Essen hinunter. Bisher hatte ich nur wenig gegessen aber mein Magen lies gerade nicht mehr zu, ich schob es auf meine Verletzungen.
Ich stand auf, setzte meinen heutigen Rucksack auf und nahm meinen Teller. „Sorry, ich hab noch kurz was zu erledigen. Wir sehen uns gleich im Unterricht, Sarah!" Bevor jemand antworten konnte, brachte ich meinen Teller weg und ging auf den Parkplatz zu meinem Auto. Erschöpft und unmotiviert setzte ich mich auf den warmen Asphalt und lehnte mich an das Hinterrad meines Wagens.
Ich saß eine Weile dort auf dem menschenleeren Parkplatz, starrte vor mich hin und dachte über alles mögliche nach. Ich hatte eine tolle beste Freundin, zuhause lief es besser, ich verstand mich einigermaßen mit Luke und den anderen Jungs, warum ging es mit dann gerade kacke? Warum konnte ich nicht einfach Spaß mit den anderen haben? Ich verstand es einfach nicht... Ich verstand mich nicht...
„Ist neben dir noch ein Platz frei?" Vor mir stand Ben und lächelte mich leicht an.
Ich erwiderte seinen Blick misstrauisch und nickte. „Setz dich!"
Er ließ sich neben mir auf den Boden fallen und seufzte. ,,Was ist das zwischen dir und Luke eigentlich?"
Ich schüttelte bloß müde den Kopf und holte tief Luft. ,,Da ist nichts!" Was sollte da auch sein? Er war einmal nett und hat mir geholfen aber das änderte nichts. Wir waren Fremde füreinander und ich hatte mich ihm einfach an den Hals geworfen und mich ausgeheult... Wer weiß was er jetzt über mich dachte? Wahrscheinlich sollte ich das ganze einfach vergessen und so tun als wäre nichts gewesen. Und am Besten hielt ich ab jetzt wieder mehr Abstand zu Luke, vielleicht vergaß er mich ja dann wieder... Doch genau in dem Moment in dem ich das dachte, zog sich etwas in mir zusammen.
,,Worüber denkst du dann nach?"
,,Ich... Warum sollte ich dir das erzählen? Bisher kenne ich dich doch nur vom sehen, außerdem geht es dich nichts an!", antwortete ich und warf einen Kieselstein, den ich vom Boden aufhob, auf den Asphalt vor mir.
,,Ich dachte einfach, du brauchst vielleicht jemanden zum Reden...!" Ben sah mich etwas verlegen an.
,,Sehe ich so schlimm aus?" Sah man mir an, was mich beschäftigte? Konnte jeder sehen, was passiert ist?
,,Nein eigentlich nicht, es ist nur... so ein Gefühl!", antwortete er und sah etwas verlegen auf seine Hände.
Ein kleines Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Ben, einer der Badboys, hatte also so ein Gefühl... ,,Ich habe in letzter Zeit ziemlich viel geredet und nachgedacht, eigentlich bräuchte ich eher etwas Ablenkung!"
Ben schien kurz nachzudenken, dann fing er an breit zu grinsen. ,,Hast du heute nach der Schule Zeit?"
Ich sah ihn misstrauisch an, nickte aber zögernd. ,,Warum wenn ich fragen darf?"
,,Eine Ablenkungs-Überraschung!" Seine Augen läuchteten vor Freude und er klatschte begeistert in seine Hände.
,,Eine Ablenkungs-Überraschung?", fragte ich und sah ihn ungläubig an. Wie kam er denn auf die Idee?
Er zuckte gelassen mit den Schultern. ,,Es würde dir gut tun..."
,,Warum willst du mir eigentlich helfen?"
Die Freude verschwand und er sah mich ernst und ein bisschen unsicher an. ,,Na ja... Du und Sarah scheint langsam zur Clique zu gehören und du scheinst Luke etwas zu bedeuten!"
,,Wie kommst du darauf?", fragte ich verwundert.
,,Warum hätte er dich denn sonst bei der Party aufgegabelt und versucht dir zu helfen?"
Ich erstarrte. ,,Was genau hat er euch erzählt?"
Ben sah mich stirnrunzelnd an. ,,Na dass dir jemand auf der Party Drogen verabreicht hat und du dann vor sein Auto gerannt bist, also hat er dich mitgenommen. Und als wir dann am nächsten Tag bei ihm waren, hattest du irgendwie noch Nachwirkungen oder so...!"
Ernsthaft? Hätte er sich nicht irgendwas anderes ausdenken können?
,,Wir mussten ihm versprechen es nicht weiter zu sagen. Nadine ist gestern übrigens vorbei gekommen und hat gefragt, warum du seine Sachen trägst. Er hat ihr gesagt, du hättest bei der Party deine Sachen voll gekotzt und er hat dir daraufhin seinen Pullover gegeben und du trägst ihn wohl in der Schule, um anzugeben oder so."
,,Was?", fragte ich entsetzt und sprang auf. ,,Das kann er ihr doch nicht einfach so sagen, die glaubt das ja auch noch!"
Wütend stapfte ich in die Cafeteria, blieb hinter Luke stehen und tippte ihm auf die Schulter. ,,Können wir kurz reden?"
Er sah mich verwirrt an, stand jedoch stumm auf und folgte mir auf den Schulflur.
,,Was gibt es denn so wichtiges?"
,,Hättest du ihnen nicht was anderes erzählen können? Etwas ohne Drogen und ohne dass Nadine denkt, ich sei so armselig und würde mit deinem Pullover angeben wollen?", fragte ich wütend und kam ihm dabei wild gestikulierend immer näher. Wenn meine Eltern irgendwie davon Wind bekamen, dass ich wohl Drogen genommen oder auf einer Party gekotzt haben soll...
,,Hey, beruhig dich mal wieder!" Er fing meine Arme ein und hielt sie an den Handgelenken fest, so dass ich keine Chance hatte, mich zu bewegen. ,,Was hätte ich denn deiner Meinung nach sagen sollen? Hätte ich den Jungs die Wahrheit sagen sollen? Oder hätte ich Nadine vielleicht sagen sollen, dass wir ein Onenightstand hatten? Irgendwie musste ich es ja erklären weil du es nicht gemacht hast! Und du hast kein Recht dich zu beschweren, wenn du nicht zufrieden bist, dann such dir wen anders bei dem du dich ausheulen kannst und der deinen Ruf einigermaßen sauber hält!"
Mein Widerstand erstarb. Er hatte ja Recht, ich sollte froh sein, dass er mir überhaupt half, schließlich musste er es eigentlich gar nicht, ich konnte ihm auch einfach egal sein.
,,Warum hilfst du mir überhaupt?" Nachdenklich legte ich meinen Kopf in den Nacken und sah ihm in die Augen. Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm, ich verstand ihn nicht...
Er erwiederte meinen Blick und ich glaubte auch in seinem Gesicht Verwirrung zu erkennen. Langsam lockerte er seinen Griff um meine Handgelenke und die Berührung wurde sanft. ,,Ich weiß es nicht!" , antwortete er leise.
Jetzt war ich vollkommen verwirrt. Luke wusste nicht warum er mir half und tat es trotzdem... ,,Danke für alles!", erwiederte ich genauso leise wie er.
Auf seinem Gesicht breitete sich ein schiefes Lächeln aus. ,,Kein Problem!"
Plötzlich klingelte die schrille Schulglocke und zerstörte diesen Moment, der irgendwie komisch und doch schön zugleich war. Luke und ich fuhren wie vom Blitz getroffen auseinander und blinzelten uns ein paar Sekunden verwirrt an.
Da kamen die anderen laut redend und lachend zu uns, Sarah hakte sich ohne Rücksicht bei mir unter und zog mich in Richtung unseres nächsten Unterrichts.
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