Prolog.

"Lara! Komm schnell runter, wir haben neue Nachbarn.", hörte ich meine Mutter rufen. Eigentlich wollte ich meine Barbies jetzt nicht alleine lassen, aber Mama hatte mir beigebracht, nie unhöflich zu sein. Auch wenn ich erst acht war, hatte ich mir das gemerkt. Freudig sprang ich vom Boden meines Kinderzimmers auf und hüpfte die Treppe nach unten, eine Angewohnheit, die mir nur wenige Wochen später ein gebrochenes Bein verpassen würde. "Schau mal Schatz, sie haben auch zwei Kinder.", sagte meine Mutter, sobald ich sie im Wohnzimmer erreicht hatte. Ich war ein sehr schüchternes Kind und versteckte mich deswegen hinter ihr. Der kleine Junge, der ebenfalls aussah, als wäre er sehr zurückhaltend, musterte mich skeptisch. Die beiden Mädchen, die ebenfalls im Raum standen, das eine war älter, das andere jünger als der Junge, winkten mir zu. Clarissa, die jüngere, und ich würden später ziemlich viel zusammen anstellen, denn wir waren im selben Jahr geboren. Das erste Zusammentreffen mit der Familie Wellenbrink lief ziemlich still ab, jedenfalls das der Kinder. Unsere Eltern freundeten sich auf Anhieb miteinander an. Auch zwischen dem Jungen, Clarissa und mir war das Eis recht schnell gebrochen, als man uns einen Ball in die Hand drückte und in den Garten schickte.

Einige Jahre später waren Nico, Clarissa und ich ein unzertrennliches Trio, das seine komplette Freizeit entweder am Strand oder am Pool verbrachte. Wir machten fast alles zusammen, ob es nun zur Schule gehen, Erfahrungen sammeln oder Ärger bekommen war, spielte dabei keine Rolle. Als ich 14 war, war ich auch das erste Mal verliebt und das passt Nico überhaupt nicht. Erst hatte ich gedacht, er hätte sich so komisch verhalten, weil er nicht akzeptieren konnte, das ich erwachsen wurde, bis mir Clarissa eines Tages sagte, er wäre so, weil er eifersüchtig war. Verstanden hatte ich das nicht so wirklich, aber ganz kalt hatte es mich auch nicht gelassen. Unsere Freundschaft litt ganz schön darunter, es wurde aber wieder besser, als er selbst eine Freundin hatte. Wir gingen durch dick und dünn, aber als ich dann wieder alleine war und mich in ihn verliebte, wurde es kompliziert. Ich wollte es ihm nicht sagen, konnte es aber auch nicht verstecken und fast zwei Jahre lang sah ich mit einem erzwungenen Lächeln dabei zu, wie er jemand anderen liebte. Versteht mich nicht falsch, ich freute mich, dass er glücklich war, wünschte mir aber, ich wäre an der Stelle seiner Freundin. An meinem 16. Geburtstag war es dann endlich so weit und ich war überglücklich, bis mir meine Eltern sagten, wir würden wegziehen. Nico hatte mir versprochen, wir würden das irgendwie hinbekommen, also glaubte ich ihm das.

Der Umzug lief wie geplant und nach nur einem Monat hatte ich mich an mein neues Leben gewöhnt. Ein Jahr lang war alles gut, aber dann fuhren wir wie jeden Urlaub auf die Insel. Wir hatten die Finca behalten für genau diesen Anlass. Nico verhielt sich komisch und als ich ihn darauf ansprach, brach eine Welt für mich zusammen. "Ich hab jemand anderen kennen gelernt.", hatte er gestanden und es brach mir das Herz. Danach wollte ich nicht mehr mit nach Spanien, wenn meine Eltern dort Urlaub machten und konzentrierte mich voll auf das Abitur und meinen Traum irgendwann in der Filmindustrie zu arbeiten. Zu ihm hatte ich danach kaum noch Kontakt, ich bekam nur einige Zeit später mit, dass er wohl auch nach Berlin gezogen war und Musik machte. Nach ein paar Jahren hatte ich ihn völlig vergessen, ich hatte einen YouTube Kanal gestartet und war sogar relativ erfolgreich, trotzdem beendete ich die Schule und suchte mir einen Job bei einem Filmstudio. Alles lief verdammt gut und ich war wieder glücklich, hatte sogar einen Verlobten und wollte bald heiraten und dann kam Corona. Zu Weihnachten wollten wir uns eigentlich alle in Berlin treffen, doch meine Familie durfte Spanien nicht mehr verlassen, also war ich gezwungen nach Mallorca zu fliegen und das sogar noch im November, weil ein zweiter Lockdown im Anmarsch war. Ich liebte meine Familie, aber über einen Monat mit ihnen eingesperrt zu sein, würde mich wahrscheinlich um den Verstand bringen. Was ich nicht wusste, als ich in das Flugzeug einstieg, war, dass Nico ebenfalls über Weihnachten dort sein würde und unsere und seine Eltern es zusammen verbringen wollten. Schon als ich ankam, war meine Laune sofort im Eimer, weil Familie Wellenbrink bereits auf unserer Couch saß und Kaffe trank, Nico Gott sei Dank nicht. Ich hoffte einfach, er würde nicht kommen. Wie falsch ich doch lag mit dieser Annahme. 

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