16.
Nico
"Wann kommst du denn an?", fragte ich meine Schwester am Telefon. "Gegen halb sechs.", antwortete sie. Clarissa wollte mich besuchen kommen und ich hatte ihr angeboten, sie vom Flughafen abzuholen. "Okay, dann hol ich dich ab und wir gehen was essen!", erwiderte ich. Wir redeten noch kurz, dann verabschiedeten wir uns und legten auf. Es war mittlerweile zwei Wochen her, seit Lara so explodiert war. Ich konnte es verstehen, schließlich hatte ich mich wie ein Idiot verhalten. Bei Leonie war es mir überhaupt nicht schwer gefallen, ihr meine Liebe zu gestehen, aber bei Larissa konnte ich es einfach nicht. Selbst als sie mich direkt gefragt hatte, was ich von ihr wollte, konnte ich es nicht aussprechen. Es war, als würde man mir jedes Mal einen Riegel vorschieben. Wir hatten uns seit zwei Wochen nicht gesehen oder sonst eine Art von Kontakt gehabt und es brachte mich innerlich um. Wenn ich ihr schrieb, bekam ich entweder keine Antwort oder nur eine sehr kurze, in denen stand, dass sie gerade nicht konnte. Wäre ich mal gleich auf Mallorca ehrlich gewesen. Ich raufte mir die Haare, bevor ich wieder zurück ins Studio ging. "Alles gut, Brudi?", fragte mich Arian, der auf der Couch saß. "Geht.", antwortete ich uns ließ mich neben ihm auf das Sofa fallen. "Willst du drüber reden?", wollte er wissen. Arian war nach Lara die einzige Person, der ich ich bedingungslos vertraute. Tatsächlich wollte ich mit jemandem reden, aber nicht mit meiner Schwester, sie hätte mir nur wieder Vorwürfe gemacht. "Ach, was soll's.", sagte ich, bevor anfing, ihm zu erzählen, was passiert war. Arian sah mich an und hörte mir aufmerksam zu, ab und zu reagierte er mit einem Gesichtsausdruck auf das, was ich erzählte. Ich fing ganz von vorne an, wie wir uns kennengelernt hatte, wie wir ein Paar geworden waren, wie ich ihr das Herz gebrochen hatte, wie wir uns an Weihnachten wiedergesehen hatten und wie sie reagiert hatte, als ich meine Eifersucht nicht unter Kontrolle gehabt hatte. "Puh, das ist ganz schön happig, Santi.", reagierte er, als ich fertig war. "Ich weiß.", antwortete ich nickend. "Also, hab ich das jetzt richtig verstanden? Du liebst sie seit fast 12 Jahren, schaffst es aber seit euerm Wiedersehen nicht, ihr das zu sagen?", hakte er verwirrt nach. "Ja, genau.", stimmte ich ihm zu. "Und was genau hindert dich daran?", wollte er wissen. "Ich weiß nicht. Seit sie wieder in meinem Leben ist, will ich sie einfach nicht wieder verlieren. Ich hab Angst, damit alles kaputt zu machen. Wenn sie die Gefühle nicht erwidert, wird alles komisch zwischen uns.", überlegte ich laut. "Oh, Santi, manchmal bist du echt langsam im Kopf.", kommentierte er entrüstet und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. "Warum denn das?", fragte ich verwundert nach. "Selbst wenn ihr dann erstmal nicht mehr miteinander redet, ist das doch 1000 Mal besser, als sie für immer abzuschrecken.", erklärte er. Er hatte Recht, ich war ein Vollidiot und hatte nicht gesehen, dass ich sie damit von mir wegdrückte. "Das ändert trotzdem nichts daran, dass mir einfach der Mut fehlt.", gab ich zurück, bevor ich seufzte. "Wie hast du ihr denn damals gesagt, dass du in sie verliebt bist?", stellte er die Gegenfrage. Ich überlegte eine Weile und dachte an ihren 16. Geburtstag zurück. "Mit einem Lied.", antwortete ich langsam. Dann leuchtete es mir ein, ich konnte es ihr nicht normal sagen, weil ich es das erste Mal auch nicht normal getan hatte. Ich hatte ihr damals ein Lied geschrieben und gesungen. Das war der Riegel, denn ich verzweifelt gesucht und nicht gefunden hatte. "Siehst du, Problem gelöst.", sagte Arian daraufhin erfreut. "Nicht wirklich... Sie ist sauer auf mich, vergiss das bitte nicht.", erwiderte ich. "Du weißt doch, wo sie wohnt, fahr doch einfach zu ihr.", riet er mir. "Ja, jetzt fehlt nur noch ein Lied, das ich singen kann.", überlegte ich. In meinem Kopf ging ich alle Lieder durch, die zu diesem Thema passten. Das einzige, das dann irgendwann übrig blieb, war Like I Love You, das ich ja tatsächlich über sie geschrieben hatte. "Like I Love You hab ich geschrieben, als ich von ihrer Verlobung erfahren hab.", sagte ich nach fünf Minuten. "Perfekt!", stimmte er freudig zu. "Danke, Brudi. Das hab ich wirklich gebraucht.", erwiderte ich darauf und lächelte ihn an.
Am Abend saß ich zusammen mit meiner Schwester in einem kleinen Restaurant in der Nähe meiner Wohnung. Clarissa erzählte mir von ihrem letzten Modeljob, während wir auf die Karte warteten. "Ich hab Lara übrigens eingeladen.", sagte sie irgendwann mittendrin. "Okay.", antwortete ich etwas angespannt. Na das konnte ja heiter werden. Ich hatte Clarissa noch nicht gebeichtet, dass ich den Schwanz eingezogen hatte und ich hatte gehofft, dass ich das nicht musste. Gerade als sie wieder etwas sagen wollte, bemerkte sie jemanden hinter mir und winkte. "Hey! Sorry, dass es länger gedauert hat, musste noch ein Video fertig schneiden.", begrüßte Lara meine Schwester, bevor sie sie umarmte, mich sah sie nicht einmal an. Da wir draußen saßen, hatte sie auch Snoopy dabei, der nun Clarissas Aufmerksamkeit hatte. Er war schon süß, das musste ich zugeben. "Der ist ja noch süßer, als auf den Fotos.", kam es aus ihrem Mund, während Lara sich gegenüber von mir an den Tisch setzte. Ich bekam nicht einmal ein Hallo und wurde eigentlich komplett ignoriert, auch während wir bestellten und wir uns unterhielten. Natürlich bemerkte meine Schwester das, sie sprach es aber nicht an. Nachdem wir unser Essen bestellt hatten, ging Larissa kurz aufs Klo. "Spuck's aus! Warum redet ihr nicht miteinander?", fragte sie sofort, als Lara nicht mehr zu sehen war. "Wir haben uns gestritten.", antwortete ich, bevor ich mein Glas in die Hand nahm, um etwas zu trinken. "Uh, Beziehungsstress?", hakte Clarissa amüsiert nach. "Nein, ein Streit unter Freunden.", gab ich ihr zögernd als Antwort. "Warte, hast du's ihr überhaupt gesagt?", wollte sie daraufhin skeptisch wissen. Ich schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck von meinem Glas. "Das kann doch nicht wahr sein!", sagte sie fassungslos. "Ich konnte nicht, aber das werd ich noch machen.", beruhigte ich sie. "Und warum habt ihr euch dann gestritten?", fragte sie verwundert. Jetzt kam ich nicht mehr drum rum, ihr zu erklären, was vorgefallen war. So knapp ich konnte, erzählte ich ihr von dem Tag, an dem sie Snoopy adoptiert hatte und auch davon, wie mein Plan lautete. Ich betete, dass Lara nicht so schnell wiederkommen würde, weil ich auf gar keinen Fall wollte, dass sie das mitbekam. "Also manchmal frag ich mich echt, ob wir verwandt sind so dämlich wie du dich manchmal anstellst, aber das mit dem Song ist eine gute Idee. Wann willst du das denn machen?", reagierte meine Schwester darauf. Ich sah, wie Larissa gerade aus der Tür des Restaurants kam, also sagte ich:"Das erklär ich dir, wenn wir zuhause sind." Clarissa nickte, weil sie verstanden hatte, dass es eine Überraschung sein sollte. Den restlichen Abend über lachten wir drei viel und irgendwann redete Lara auch wieder mit mir. Natürlich entschuldigte ich mich bei ihr, als meine Schwester kurz auf der Toilette war. Sie sagte, es wäre schon okay, aber beendete damit gleichzeitig unsere Freundschaft plus, was in Ordnung für mich war.
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