Kapitel 21

Es dauerte ungefähr zwei Tage nach ihrer Rückkehr aus Morwell, bis Macs Beziehung mit Ryan in den Nachrichten auftauchte. Nach einem kurzen Moment der Panik, als sie das erste Bild von sich und Ryan auf der Titelseite von News Weekly sah, erinnerte sich Mac schnell daran, dass es ihr Leben und ihre Entscheidungen waren. Außerdem war die erste Schlagzeile harmlos genug: 'Ryan und Mackenzie: Sind sie ein Paar?'

Die folgenden Schlagzeilen drehten sich darum, ob Ryan seinen Junggesellen-Status endgültig aufgab. War er vom Markt? Oder hatte er nur Spaß?

In jedem Artikel wurde erwähnt, dass Mac Zeit mit Ryan in seiner Heimatstadt verbracht hatte, um seine Mutter zu besuchen. Da ihre Beziehung zu Ryan irgendwann ans Licht kommen musste, war Mac nicht besonders beunruhigt darüber.

Eine Woche später gab Blainesworth bekannt, dass Lyndel Craig zur Besetzung von Harts Valley gehört. In derselben Woche wurde ebenfalls bekannt, dass Lyndes Figur, Kayla Vermont, in eine Dreiecksbeziehung mit Stone und Brianna verwickelt sein würde. Die Boulevardpresse kam sofort zu dem Schluss, dass Lyndel eine Bedrohung für Macs Beziehung zu Ryan sein könnte.

Mac verdrehte die Augen, als sie die ersten beiden Titelseiten der Zeitschriften las, nachdem die Nachricht über Lyndel bekannt geworden war.

"Ryans ehemalige Hauptdarstellerin kehrt zurück und macht Mackenzie das Leben schwer."

Und,

"Australiens Romeo hin- und hergerissen zwischen seinen beiden Hauptdarstellerinnen?"

Sie waren albern, aber das war zu erwarten. Und es war für Mac unmöglich sich unsicher zu fühlen, wenn Ryan jede Gelegenheit nutzte ihr zu sagen, dass er sie liebte. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er kaum die Finger von ihr lassen konnte. Bilder von den beiden zusammen, wie sie zusammen unterwegs waren, waren in jedem Supermarkt in Melbourne auf den Zeitschriften an der Kasse zu sehen. Die Einschaltquoten stiegen in die Höhe, und Blainesworth war noch nie so glücklich gewesen. Vor kurzem hatte er sich sogar überglücklich gezeigt, dass Mac und Ryan zusammen waren.

Alles in allem liefen die Dinge bemerkenswert gut. Zumindest bis zu einem Morgen, vier Wochen nach Lyndels Willkommens-Party.

Mac schaute auf, als Jazz, mit einer Ausgabe der Womans Daily News unter dem Arm in die Garderobe kam, den Mund zu einem grimmigen Ausdruck verzogen.

"Ryan und Lyndel kommen sich näher. Die Sorge, dass Mac wieder durchdreht, wird von den Schauspielkollegen geteilt.", las Mac laut vor, während Jazz die Titelseite hochhielt.

"Diesmal sind sie zu weit gegangen.", sagte Jazz.

Mac zuckte mit den Schultern und tat ihr Bestes lässig zu wirken, aber sie fühle sich, als hätte man ihr mit einer Bratpfanne in den Magen geschlagen. Das Bild auf der Titelseite zeigte Lyndel und Ryan, die vor dem Studio standen und sich unterhielten. Mac wusste, dass nichts Verdächtiges hinter ihrer Interaktion steckte, es war die vermeintliche Besorgnis ihrer Schauspielkollegen, die sie beunruhigte.

"Du weißt, dass keiner von uns so etwas sagen würde.", versicherte ihr Jazz, die in der Umkleidekabine auf und ab ging.

"Ich weiß."

Die falsche Behauptung hätte sie nicht stören sollen, aber das tat es. Denn wenn überhaupt nichts gesagt worden wäre, hätte die Zeitschrift es nicht gedruckt. Die Boulevardzeitungen hatten kein Problem damit, die Worte von jemanden zu verdrehen, aber sie ließen sich selten wegen Verleumdung verklagen. Das bedeutete, dass irgendjemand irgendwo etwas gesagt hatte, und Mac mochte den Gedanken nicht, nicht zu wissen, wer es war.

Die einzige Person, die ihr in Moment als möglicher Verdächtiger in den Sinn kam, war Lyndel, aber obwohl ihr Verhalten in den letzten Wochen kaum als freundlich bezeichnet werden konnte, war es doch professionell gewesen. Erst vor ein paar Tagen hatte Lyndel sogar alle überrascht, indem sie Jazz Einladung zum Abendessen mit den anderen Schauspielern angenommen hatte.

Damals hatte es so ausgesehen, als würde sich der Neuzugang in Harts Valley endlich bemühen, sich einzuleben. Doch jetzt konnte Mac nicht anders, als sich zu fragen, ob die Bemühungen echt waren. Wenn Lyndel der Presse nichts gesagt hatte, wer dann?

"Lass das nicht an dich heran.", sagte Jazz.

Mac nickte und warf die Zeitung in den Papierkorb. Der Gedanke, dass jemand, mit dem sie zusammenarbeitete, über sie sprach, bereitete Mac Unbehagen, aber sie wollte sich von dem Artikel nicht aus der Ruhe bringen lassen. Zwischen Ryan und Lyndel war nichts, und Mac hatte nicht die Absicht, noch einmal 'durchzudrehen', also würde die Womans Daily News sehr enttäuscht sein, wenn sie das von ihr erwartete. Sie war härter in Nehmen als noch vor achtzehn Monaten. Kein Klatschblatt würde sie dazu bringen, sich wieder zu verstecken. Wenn die Leute glauben wollten, was über sie gedruckt wurde, dann war das deren Problem, nicht ihres. 

Leider wurde der Tag von da an nicht mehr besser.

Als die Drehbücher für die Folge der nächsten Woche verteilt wurden, stellte Mac schnell fest, dass Lyndel und Ryan in ein paar Tagen mehr als nur einen Kuss austauschen würden. Eine Sexszene wurde für sie geschrieben, und obwohl Mac es bisher ganz gut geschafft hatte, sich keine Sorgen darüberzumachen, dass Ryan und Lyndels Charaktere ineinander verwickelt werden konnten, hatte sie plötzlich das Gefühl, dass sich ihr der Magen zusammenzog.

Das Timing hätte nicht schlechter sein können. Nach der Schlagzeile heute Morgen und der Entdeckung von Lyndels und Ryans bevorstehender heißer Szene war sie besorgt, dass die Leute anfangen würden, auf Zehenspitzen um sie herumzulaufen und ihr mitleidige Blicke  zu werfen würden, für den Fall, dass sie jeden Moment zusammenbrechen würde.

Als Jazz und Vanessa mit einem chinesischen Imbiss in der Garderobe auftauchten, wusste Mac, dass sie dort waren, um herauszufinden, wie sie den Tag bisher gemeistert hatte. Wenigstens machten sie sich nicht die Mühe so zu tun, als ob sie aus einem anderen Grund da wären, als nach ihr zu sehen. Sie kamen direkt zur Sache. 

"Ich kann einfach nicht glauben, dass es eine Sexszene ist.", sagte Vanessa. "Ich meine, Stone und Brianna sind doch noch gar nicht miteinander ins Bett gegangen."

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Stone und Brianna in nächster Zeit miteinander schlafen lassen.", erwiderte Jazz. "Ihre Romanze ist ein großer Publikumsmagnet. Die Autoren werden sich mit dem Aufbau Zeit lassen, und dazu gehört auch, dass sie Stone Kayla Vermont vor die Nase setzen."

Vanessa schnaufte laut. "Du meinst, sie wollen Stones und Briannas erstes Mal als Quotenbringer für später aufbewahren?"

"Nun, ja.", antwortete Jazz, holte ihr Handy heraus und hielt es ihnen vor die Nase, während sie nach 'Brione' googelte. "Habt ihr das schon gesehen?"

"Brione?", fragte Vanessa nach.

"Der Shipname von Brianna und Stone.", erklärte Jazz.

Mac konnte kaum glauben, was sie da sah. "Es gibt über eine Million Ergebnisse."

"Das ist ziemlich beeindruckend.", gab Vanessa zu.

"Sie sind überall auf Tumblr und Twitter. Und auf dieser Seite.", sagte Jazz  und klickte auf das fünfte Ergebnis. "gibt es sogar eine Petition gegen die Beziehung zwischen Stone und Kayla."

Mac ließ ihren Blick über die Liste der Namen schweifen und war erstaunt darüber, wie viele Leute unterschrieben hatten, um ihre Unterstützung für die romantische Beziehung zwischen Stone und Brianna zu bekunden.

"Keiner interessiert sich für Kayla und Stone.", fuhr Jazz fort. "Aber je länger sie es hinauszögern, den Leuten Brianna und Stone zu geben, desto mehr wollen die Leute es. Kayla ist nur dazu da, um zu verhindern, dass Stone und Brianna zu schnell zusammenkommen, denn Brianna ist das Endspiel."

Vanessa lachte. "Also gut. Brione ist das Endspiel, aber darf ich fragen, warum du nicht nach 'Stone und Brianna' gegoogelt hast?"

Jazz zuckte mit den Schultern. "Brad und ich haben neulich an meinem Computer herumgespielt und sind dabei über das hier gestolpert."

Vanessa schaute plötzlich verschmitzt drein. "Mir ist aufgefallen, dass du und Brad in letzter Zeit viel Zeit miteinander verbringt."

Jazz war Vanessa sofort einen Blick zu. "Fang gar nicht erst damit an. Wir sind nur Freunde."

Auch Mac konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Bist du sicher, ich habe keinen Präzedenzfall für die Verabredung mit einem Harts Valley Co-Star geschaffen."

"Wohl kaum."

"Apropos Verabredung mit Co-Stars.", wandte sich Vanessa an Mac. "Was hältst du davon, dass Ryan und Lyndel nächste Woche diese Sexszene spielen werden?"

"Wow, du kommst gleich zur Sache, was?", fragte Mac.

"Wir wollen nur wissen, wie du damit zurechtkommst.", sagte Jazz.

"Ich komme gut zurecht, danke. Ich meine, ich wusste, dass das kommen würde. Solche Situationen gehören nun mal dazu. Mir gefällt es vielleicht nicht, dass Ryan so tut, als hätte er Sex mit Lyndel, aber es ist wirklich keine große Sache."

"Okay, jetzt, wo du uns gesagt hast, was du deiner Meinung nach sagen solltest, warum sagst du uns nicht, was du wirklich fühlst?", sagte Vanessa unverblümt.

"Ich bin nicht glücklich darüber, aber ich werde sicher nicht durchdrehen.", antwortete Mac knapp.

"Niemand glaubt, dass du durchdrehst.", sagte Jazz sanft. "Aber den Mann, in den man verliebt ist dabei zuzusehen, wie er seine Zunge in die Kehle einer anderen steckt, ist nie lustig, egal wie professionell man ist."

"Danke für diese umwerfende Vorstellung.", entgegnete Mac.

"Vor allem, wenn er eine sexuelle Beziehung mit dieser Person hatte.", fügte Vanessa hinzu.

"Hört zu, ich weiß eure Besorgnis zu schätzen, aber das ist mein Job, und zwischen Ryan und mir ist alles in Ordnung. Ich habe keinen Grund an ihm oder seinen Gefühlen für mich zu zweifeln."

"Natürlich hast du keinen.", sagte Jazz und drückte ihre Hand.

"Aber trotzdem schaut ihr noch nach mir?"

"Weil wir dachten, dass du, egal wie gut es zwischen Ryan und dir läuft, nach allem, was mit Danny passiert ist, immer noch ein bisschen besorgt sein könntest.", erklärte Jazz ihr. "Oder haben wir uns da getäuscht?"

Mac wollte Jazz und Vanessa unbedingt sagen, dass sie sich geirrt hatten, aber sie konnte sich nicht dazu durchringen ihre Freunde anzulügen. Egal wie überzeugt sie davon war, dass Ryan sie liebte, die körperliche Reaktion auf die Vorstellung, dass Ryan Lyndel küsste, ließ darauf schließen, dass immer noch ein klein wenig Angst da war. Und ihre Ängste hatten nichts mit Ryan zu tun. Das war ihr Problem; eine übriggebliebene Wunde, die noch nicht ganz verheilt war, nachdem sie gesehen hatte, wie Danny sich in ihren Co-Star bei Junction Hospital verliebt hatte. Vielleicht musste sie es laut aussprechen und es dann einfach loslassen.

"Mac?", hakte Vanessa nach.

"Nein, ihr hab euch nicht geirrt. Ich vertraue Ryan, aber ... aber was ist, wenn es ihm gefällt Lyndel zu küssen?"

"Er hat sie schon mal geküsst.", sagte Vanessa.

"Er hat auch schon Sex mit ihr gehabt.", fügte Jazz hinzu.

Vanessa warf Jazz einen spitzen Blick zu. "Und er hat nie einen Nachschlag verlangt, oder?"

"Das ist wahr.", stimmte Mac zu. So hatte sie noch nie darüber nachgedacht.

"Und,", fuhr Jazz fort. "du hast mir gesagt, du wusstest, dass Danny etwas für Angel empfunden hat - etwas, dass über die Chemie auf den Bildschirm hinausging, nicht whar?"

"Ja ..."

"Das heißt, du hast einen ausgezeichneten Instinkt, Mac."

Auch das war richtig. Ihre Instinkte waren genau richtig gewesen. Sie hatte nur nicht auf sie gehört.

"Siehst du?", sagte Vanessa und lächelte. "Nichts, worüber man sich Sorgen machen muss."

"Aber was ist wenn ... was ist, wenn ich sehe, wie Ryan Lyndel küsst oder irgendjemand anderen, und ich sehe, was ich bei Danny gesehen habe, wie er sich in jemand anderen verliebt?"

"Nun, das wäre ätzend.", erwiderte Vanessa vorsichtig. "Aber du würdest damit klarkommen, oder?"

Ja, das würde sie, erinnerte sich Mac. Die Menschen hatten jeden Tag mit weitaus Schlimmerem zu kämpfen. Sie konnte mit ein wenig Herzschmerz umgehen. Und ihre Freunde würden sie damit nicht allein lassen.

"Wir würden damit fertig.", sagte Jazz und vermittelte Mac den Eindruck, als könnte ihre Freundin Gedanken lesen. 

Vanessa nickte und legte ihren Arm um Macs Schultern. "Babe, wir halten dir den Rücken frei."

Jazz legte ihren Arm von der anderen Seite um Mac, so ds die drei zusammen standen. Vereint. MA spürte das verräterische Prickeln hinter ihren Augen und wusste, dass sie den Tränen nahe war. Sie fühlte sich in diesen Moment so gesegnet - gesegnet, dass sie Freunde wie Jazz und Vanessa gefunden hatte. Freunde wie Brad und Matt. Und natürlich durfte sie Ryan nicht vergessen. Sie hatte ihren Platz bei Menschen gefunden, die ihr wichtig waren und die sich im Gegenzug auch um sie sorgten. Sie hatte sich noch nie in ihrem Leben so sehr Teil von etwas gefühlt, und es fühlte sich großartig an.

"Ihr seid spitze.", sagte Mac und schlag ihre Arme um die Taillen ihrer Co-Stars und drückte sie fest.

"Aw, wir lieben dich auch.", sagte Jazz und drückte sie ebenfalls.

Als sich Ryan von der Tür räusperte, versuchte Mac, sich durch den dünnen Schimmer der Tränen hindurch zu orientieren.

"Störe ich bei etwas?", fragte er.

Das Lächeln auf seinen Lippen verriet, dass er amüsiert war, aber Mac entging die Sorge in seinen Augen nicht. Es war unmöglich, dass er nicht wusste, worum es ging - dass sie sich nicht gerade Sorgen um seine bevorstehende Liebesszene mit Lyndel gemacht hatte. Das Wissen war in seinem Gesichtsausdruck deutlich zu erkennen. Und da ihre Kollegen sie in den Armen hielten, fühlte sie sich völlig ertappt. Warum konnte er nicht einfach ein paar Minuten später auftauchen? Nachdem sie ihre Freundinnen umarmt und sich wieder aufgerappelt hatte?

Natürlich hätte Ryan auch gewusst, wie sie sich fühlte, wenn er diesen Moment nicht miterlebt hätte, aber zumindest wäre es ihr nicht so ins Gesicht geschrieben gewesen wie in diesem Augenblick.

Sie fühlte sich völlig bloßgestellt und ließ ihre Co-Stars los. Jazz und Vanessa packten die Reste des Mittagessens ein und verabschiedeten sich schnell.

"Wie geht es dir?", fragte Ryan, als sie alleine waren.

"Mir geht es gut.", versicherte sie ihm mit einem Lächeln. "Alles gut. Geh weiter. Hier gibt es nichts zu sehen."

"Mac ..."

Sein Blick war so wissend, dass sie sich nicht zurückhalten konnte.

"Okay, ich hatte vielleicht einen kleinen Moment, in dem ich ausgeflippt bin, aber Jazz und Vanessa waren hier und haben mich beruhigt. Krise abgewendet."

Sie lächelte so breit, dass es wehtat. Er streckte einen Arm aus und zog sie zu sich heran. Als er in ihre Augen sah, merkte sie, dass sie ihr Lächeln nicht länger aufrechterhalten konnte. Es fühlte sich so unecht an und er hätte es sowieso durchschaut. 

"Es ist in Ordnung, dass es dir nicht gut geht.", teilte er ihr mit.

Nein, das war es nicht. Denn er war wunderbar und großartig, und hatte nichts getan, um ihre Zweifel zu verdienen. Er bezahlte für Dannys Fehler, und das war ihm gegenüber nicht fair. Mit Jazz und Vanessas Hilfe war es ihr gelungen, all ihre Ängste wegzurationalisieren - etwas, von dem sie hoffte, dass sie es von nun an alleine schaffen würde. Es würde ihr gut gehen. Egal was passierte, es würde ihr gut gehen.

Zumindest würde es das, wenn er aufhören würde, sie so anzusehen, wie er es gerade tat. Er gab ihr das Gefühl, als würden sie ihr Herz auf der Zunge tragen.

"Was hat dich an der Szene mit Lyndel so aus der Fassung gebracht?", fragte er.

Sie zuckte mit den Schultern. Er wusste bereits, welche Ängste und Unsicherheiten sie hatte, und sie fühlte sich bereits schrecklich durchschaubar. Musste sie sich ihm wirklich noch weiter öffnen, damit er alles sehen konnte?

"Mac.", sagte er, nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und hob ihr Gesicht an, bis sie ihn ansah. "Sag es mir. Bitte. Ich will es wirklich wissen."

Sie schloss ihre Augen und ließ ihre Worte heraussprudeln. "Ich habe Angst, dass du dich in jemand anderen verliebst und ich gezwungen bin, dabei zuzusehen."

Das Eingeständnis dieser kleinen und dummen Unsicherheit brachte sie fast um. Sie arbeitete sich durch. Es war nichts, worüber er sich Sorgen machen musste. Es war sicherlich nicht die Seite von ihr, die sie ihm zeigen wollte. Selbst wenn er wusste, dass sie da war, konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass es eine hässliche Sache war, als dass er sie sehen sollte.

"Sieh mich an.", forderte er.

Sie öffnete ihre Augen, als er ihr Kinn losließ und ihr Gesicht umfasste.

"Ich kann mir nicht vorstellen, jemals für jemand anderen so zu empfinden, wie ich für dich empfinde.", sagte er ihr. "Das musst du wissen."

Sein Blick verließ den ihren nicht, als er mit den Daumen über ihren Wangenknochen strich. Sie schluckte und spürte, wie ihr Herz vor lauter Liebe zu ihm anschwoll, dass es sich anfühlte, als würde es ihr gleich aus der Brust springen.

"Der Gedanke, dich nicht in meinen Leben zu haben, macht es mir fast unmöglich zu atmen. Ich kann mir nicht vorstellen, nicht bei dir zu sein, Mackenzie. Ich kann mir nicht vorstellen, dich nicht mehr zu lieben."

Ihr stockte der Atem und ihr Körper zitterte als Reaktion auf seine Worte.

"Aber wenn ich aufhöre dich zu lieben.", fuhr Ryan fort. "Schwöre ich dir, werde ich es dir sofort sagen. Ich werde nicht zulassen, dass du an dir, mir oder uns zweifelst, oder dass du dich fragst oder ich dich hinhalte. Ich gebe dir mein Wort, dass du es sofort erfahren wirst. Wir sind immer noch Freunde. Das musst du mir glauben."

Sie nickte. Sie waren Freunde und er war immer ehrlich zu ihr gewesen. Sie musste ihm vertrauen. Wenn sie das nicht konnte, dann musste sie ihn auf der Stelle loslassen und auf keinen Fall würde sie diesen perfekten Mann gehen lassen.

"Das tue ich.", teilte sie ihm mit.

"Gut.", murmelte er.

Dann küsste er sie, wobei seine Zunge so heiß und besitzergreifend in ihren Mund eindrang, dass er sie festhalten musste, um zu verhindern, dass sie auf dem Boden zerschmolz. Sie schluchzte fast, als er sie losließ und seine Stirn an ihre lehnte.

"Ich liebe dich, Mackenzie. Nimm dieses Wissen und behalte es fest im Griff."

Und das tat sie auch, für den Rest der Woche und in die nächste hinein. Mac schaffte es, die Liebesszene von Ryan und Lyndel aus ihrem Kopf zu verdrängen, bis zu dem Tag, an dem sie gedreht werden sollte. 

"Wirst du runtergehen und zusehen?", fragte Jazz sie eine halbe Stunde vor Beginn der Dreharbeiten.

"Ja."

Ryan hatte sie gebeten dabei zu sein, und da es ihm wichtig erschien, hatte Mac zugestimmt.

"Möchtest du, dass Vanessa und ich mit dir runterkommen?"

Mac schüttelte den Kopf. "Nein danke, ich komme schon klar."

"Sag mir einfach Bescheid, wenn du deine Meinung änderst, okay?"

"Danke, das werde ich."

Jazz nickte und ließ sie allein, und Mac tat ihr Bestes, um ihren Kopf in einem Buch zu vergraben, bis es Zeit war, zum Set hinunterzugehen.

Sie betrat das Studio und nahm hinten Platz, als Mitch gerade "Und Action." rief.

"Du musst Brianna vergessen, Stone.", sagte Lyndel und machte da weiter, wo die gestrige Szene geendet hatte, nachdem Brianna und Stone sich heftig vor Kayla wegen etwas gestritten hatten, von dem Brianna fälschlicherweise dachte, Stone hätte es getan. 

Brianna spielte, ehrlich gesagt, immer noch die Unnahbare, und dafür würde sie jetzt leiden. Mac kannte ihren Charakter gut genug, um zu wissen, dass Brianna am Boden zerstört und höllisch eifersüchtig sein würde, wenn sie merkte, dass Kayla und Stone ein Liebespaar geworden waren.

"Sie ist nicht hier.", sagte Lyndel zu ihm. "Aber ich bin hier."

"Mmmm.", erwiderte Ryan mit einem Grinsen. "Ja, das bist du."

"Und ich wollte das schon so lange tun."

Lyndel ging auf ihn zu, legte ihre Hand hinter seinen Kopf und drückte ihre Lippen auf die seinen.

Mac wartete auf den Schock, der durch sie hindurch rasen sollte. Sie wartete darauf, dass sich ihr Herz schmerzhaft verdrehen würde. Sie wartete darauf, etwas anderes zu fühlen als die Ruhe, die sie erfüllt hatte, nachdem Ryan sie gebeten hatte, ihm zu vertrauen. Selbst als Lyndel Ryans Hemd aufknöpfte und Ryan Lyndel die Kleidung vom Leib riss, bevor er sie auf das Bett am Set warf, fühlte sich Mac nichts weiter als entspannt.

Er sah Lyndel nicht so an, wie er Mac ansah. Er küsste Lyndel nicht so, wie er Mac küsste. Er berührte Lyndel nicht so, wie er Mac berührte. Er liebte Lyndel nicht so, wie er Mac liebte.

Und zum ersten Mal fragte sich Mac wirklich, wie Lyndel sich dabei fühlen musste. Mac wusste nicht, ob Lyndel noch Gefühle für Ryan hatte, aber es war durchaus möglich. Es würde ihr schwerfallen ihn zu küssen, wenn sie noch etwas für ihn empfand. Es war schmerzhaft jemanden so nahe zu sein, der nicht zu einem gehörte, das wusste Mac. Wenn es nicht Lyndel war, die mit der Womans Daily News gesprochen hatte, und wenn sie wirklich zum Rest der Besetzung passen wollte, würde Mac die Vergangenheit ruhen lassen. Sie könnte mit Lyndel Craig befreundet sein, wenn Lyndel sie ließ.

Als die Szene zu Ende war, klatschte Mac zusammen mit dem Rest des Teams. Sobald das Licht wieder angeschaltet wurde, schaute Ran zu Mac hinüber und sie konnte die Erleichterung auf seinem Gesicht sehen, als sie ihn anlächelte und ihm zwei Daumen nach oben gab.  Hoffentlich konnte er sehen, dass sie endlich verstand, was er ihr die ganze Zeit gesagt hatte. Was auf der Bühne passierte war, war nicht real, aber seine Liebe zu ihr war es. Sein Herz gehörte ihr.

                                                                                          *****

Etwas mehr als eine Woche später saß Mac wieder auf der Couch gegenüber von Star Ellis am Set von Sunshine Mornings. Diesmal saß jedoch nicht Ryan neben ihr, sondern Danny. Ihr Auftritt in der Morgenshow war Teil der Promotion für die wenigen Episoden von Harts Valley, in denen Danny mitgewirkt hatte. Die erste Folge, in der Danny einen Gastauftritt hatte, sollte diese Woche ausgestrahlt werden.

Dieses Mal war Mac viel weniger nervös. Die Schmetterlinge im Bauch und die leicht verschwitzten Handflächen waren verschwunden. Vorbei die Angst, für eine dumme Hinterwälderin oder ein Mädchen vom Land gehalten zu werden. Sie wusste, dass sie das nicht war. Ihre Freunde wussten, dass sie das nicht war. Das war viel wichtiger als das, was ein Fremder über sie denken könnte.

Das Einzige, was sie ein wenig nervös machte, war die Tatsache, dass Danny seinen Arm hinter ihr auf der Couch liegen hatte und immer wieder ihre Schulter berührte. Obwohl es das erste Mal war, dass sie mit ihm sprach, seit er seine Arbeit bei Harts Valley beendet hatte, war Danny heute Morgen etwas zu herzlich und freundlich gewesen und hatte ihr einen Kuss und eine Umarmung gegeben, die viel zu lange gedauert hatten.

"Und, wie war es für euch beide wieder zusammenzuarbeiten?", fragte Star.

"Es war großartig.", antwortete Danny.

Star lächelte und richtete ihren Blick auf Mac. "Wie war es für dich, Mackenzie, nach den Ereignissen in Junction Hospital?"

"Es fiel mir leicht unsere Vergangenheit hinter mir zu lassen.", sagte Mac.

Stars Lächeln wurde breiter und brachte ihre perfekten weißen Zähne zum Vorschein. "Und hat das etwas mit deiner neuen, heißen Romanze mit Ryan Moore zu tun?"

Mac konnte förmlich spüren, wie Dannys Verärgerung über diese Frage zu ihr hinüberstrahlte, aber sie ignorierte ihn und konzentrierte auf das, was sie zu sagen hatte.

"Die Sache mit Danny war vorbei, als ich Junction Hospital verließ. In der Zwischenzeit habe ich eine neue Perspektive gewonnen und erkannt, dass unsere Trennung das Beste war."

Star nickte. "Was würdest du den Leuten sagen, die dich als unprofessionell und verrückt abstempeln, weil du erneut mit einem Co-Star ausgehst?"

Bei diesem Interview sollte es um die kommenden Folgen von Harts Valley gehen, nicht um Macs Liebesleben. Trotzdem hatte sie das halb erwartet, also lächelte sie und zuckte lässig mit den Schultern. "ich bin glücklich. Letzten Endes überwiegt mein Glück alles andere."

"Das Leben ist zu kurz, um unglücklich zu sein.", sagte Star.

"Ja, das ist es.", stimmte Mac zu. "Ich glaube, ich wäre verrückter, wenn ich mir Gedanken darüber machen würde, was andere Leute von mir denken, als das zu tun, was mich glücklich macht."

Stars Lächeln war echt. "Da kann ich nur zustimmen. Ich meine, er ist Ryan Moore."

Dannys Empörung war so greifbar, dass Star ihr Lächeln schnell fallen ließ und sich darauf konzentrierte, den Rest ihrer relevanten Fragen zu stellen. Mac und Danny antworteten oberflächlich und dann war das Interview zu Ende.

"Das hat Spaß gemacht.", sagte Danny durch zusammengepresste Zähne, als sie gemeinsam zum Ausgang des Studios gingen.

Eine großzügige Portion Mitleid und Bedauern peitschte durch Mac hindurch, und sie war versucht sich zu entschuldigen, aber sie konnte nichts dafür, dass das Interview aus dem Ruder gelaufen war.

"Du weißt, wie diese Interviews immer sind.", sagte sie im Plauderton und versuchte, ihn aus seiner miesen Laune zu holen. "Sie können nicht widerstehen, in deinem Privatleben herumzustochern."

Danny drehte sich um und starrte sie an. "Nein, sie können es nicht lassen, in deinem Privatleben herumzustochern, weil du darauf bestehst denselben Fehler zweimal zu machen. Du wirst erneut total durchdrehen."

Ihre Füße bewegten sich nicht mehr und sie erstarrte, die Wut hielt sie gefangen. "Du warst es, nicht wahr? Du warst derjenige, der mit Womans Daily News geredet hat."

"Jemand hat mich gefragt, was ich denke. Und ich habe ihm die Wahrheit gesagt."

Sie war so wütend, dass sich ihr ganzer Körper anfühlte, als würde er vor Wut pulsieren. Sie schüttelte den Kopf, wollte ihm genau sagen, was sie dachte, aber ihr fehlten einfach die Worte. Er war nicht einmal ein Co-Star in Herrgotts Namen, und die verdammte Boulevardpresse hatte seine Worte genommen und sie so gedruckt, als ob er es wäre. Außerdem schien Danny völlig ohne jedes schlechte Gewissen zu sein. Er wusste aus ihrer gemeinsamen Zeit, dass sie es hasste, in den Schlagzeilen zu stehen, dass sie es hasste, wenn man über sie sprach. Selbst wenn sie es jetzt überwunden hatte, wusste Danny das nicht.

"Ich werde nicht durchdrehen. Und weißt du warum? Egal, was zwischen Ryan und mir passiert, ich weiß, dass er mir nie das antun würde, was du getan hast. Er würde nie so tun, als würde er mich lieben und dann mein Herz brechen, indem er mit unserem Co-Star ins Bett springt."

Er trat einen Schritt vor. "Mac, ich habe gesagt, dass es -"

"Dir leid tut? Ja, ich weiß. Und ich habe dir verziehen, aber du kannst nicht das, was damals zwischen dir und mir passiert ist, mit dem, was jetzt zwischen Ryan und mir passiert, vergleichen. Er ist ein Freund und ein Liebhaber. Du hast dich nie um mich gekümmert, nicht wirklich."

"Wie kannst du das sagen?"

"Ganz einfach. Auf Wiedersehen, Danny."

Als sie aus dem Studio auf die Toorak Road ging, stand Ryan dort und lehnte an einem geparkten Auto. Freude stieg in ihr auf, als er auf sie zu kam und sie umarmte, und sie vergaß Danny schnell.

"Hey.",  sagte sie. "Was machst du denn hier?"

"Ich weiß, wie sehr du diese frühen Morgenstunden liebst, und ich dachte, du könntest eine Überraschung gebrauchen."

"Du hast keine Ahnung, wie recht du hast.", erwiderte Mac und schlag ihre Arme um seine Mitte. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust, schwelgte in seiner Wärme und seinem Duft, und allem, was ihn einzigartig und besonders machte.

Sie spürte das Vibrieren seines Lachens, bevor sie es hörte."

"Du hast es noch nicht bemerkt, oder?"

Sie sah zu ihm auf, und als er auf die Straße deutete, sah sie das Auto, das sie vor ein paar Tagen gekauft hatte.

"Aber sie haben gesagt, es würde nicht vor dem Wochenende fertig sein."

Er sag sie verlegen an. "Brad hat darauf bestanden, dass er das Okay gibt, bevor du es fährst, also habe ich es mir gestern Abend mit ihm angeschaut. Als der Typ mir sagte, dass das Auto fertig sei, bat ich sie, es mir zu überlassen, damit ich dich überraschen kann."

Letzte Nacht war das erste Mal gewesen, dass sie die Nacht nicht  mit Ryan verbracht hatte, seit sie zusammen waren. Er hatte ihr erzählt, dass er und Brad einen Männerabend geplant hatten. Sie hätte nie gedacht, dass ihr Männerabend beinhalten würde, dass Ryan Brad ihr Auto zeigen würde.

"Du lässt Bitsy euren Männerabend ruinieren?", fragte sie und benutzte dabei den Namen, den sie ihrem kleinen blauen Honda bereits gegeben hatte.

Er grinste. "Du bist mir was schuldig."

"Ja, das bin ich."

Durch ihre Liebe zu Ryan hatte sie den Mut gefunden, sich der öffentlichen Meinung zu stellen. Sie hatte gelernt, ihre eigene Meinung über die anderer zu stellen. Sie hatte gelernt wieder an sich selbst zu glauben und sich selbst zu vertrauen. Sie verdankte ihm eine Menge.

Sie stellte sich auf Zehenspitzen und strich mit ihren Lippen über seine. Einmal, zweimal, beim dritten Mal öffneten sich seine Lippen unter ihren, und sie nutzte die Gelegenheit und ließ ihre Zunge über seine gleiten. Das Gefühl ihn an ihr zu spüren, der Geschmack von ihm, weckte jeden Nerv und jede Zelle in ihrem Körper, sodass sie sich lebendiger und wacher fühlte, als sie es um diese Zeit am Morgen sein sollte. Als er in ihren Mund stöhnte und sie näher an sich zog, durchströmte sie die Hitze so schnell, dass sie glaubte zu verbrennen.

Sie hielt sich an seinem Hemd fest, als sie den Kuss unterbrach und versuchte, das Gleichgewicht auf Beinen zu halten, die gerade zu Gelee geworden waren. Sie war sich vage bewusst, dass die Leute um sie herum stehen blieben, um Fotos zu machen, während sie dort standen, aber Mac war das egal. Ein Bild sagte mehr als tausend Worte. Sie konnten jede beliebige Schlagzeile darüber schreiben, es war ihr Lächeln, das den wichtigsten Teil der Geschichte erzählte.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top