Kapitel 12

Es tat weh. Die plötzliche Erkenntnis, dass sie in ihren Co-Star verliebt war, tat tatsächlich körperlich weh. Mac fühlte sich, als hätte ihr jemand ein Loch in die Brust geschlagen, das sie mit so einem starken Schmerz zurückließ, dass es ihr schwerfiel Luft zu holen. Sie war seit wer weiß wie langer Zeit auf halbem Weg gewesen, sich in Ryan zu verlieben. Sie hatte verzweifelt gehofft, dass das Wissen und Verstehen ihrer eigenen Gefühle sie davon abhalten würde, sich ganz in ihn zu verlieben. Aber nein, sie hatte sich trotz allem Hals über Kopf in ihn verliebt.

Mac konzentrierte sich darauf, zu versuchen, zu atmen, während sie sich an den Tisch neben sich klammerte und sich selbst dazu zwang, aufrecht stehenzubleiben. Sie wollte auf den Boden sinken und weinen, aber sie musste noch arbeiten. Sie hatten noch nicht die Erlaubnis des Regisseurs nach Hause zu gehen. Es waren schon einige Minuten vergangen, seit sie die Szene beendet hatten, und die gesamte Crew stand herum und wartete darauf zu erfahren, ob sie noch einmal drehen mussten.

Ryan tauchte plötzlich wie aus dem Nichts mit einer Flasche Wasser in der Hand auf. Mac konnte sich nicht davon abhalten, ihren Blick über die starke Brust und den Körper schweifen zu lassen, den sie nur Minuten zuvor in den Händen gehalten hatte. Sie sah zu, wie er den Verschluss abschraubte und einen Schluck nahm, bevor er es ihr anbot. Sie schüttelte den Kopf und merkte dabei, dass er sie aufmerksam musterte. 

"Bist du okay?"

Nein, sie fühlte sich, als ob sie jeden Moment zusammenbrechen würde. "Mir geht es gut."

"Wir haben überlebt.", sagte er.

Sie starrte ihn ausdruckslos an, ohne eine Ahnung zu haben, wovon er redete.

"Der Kuss.", führte er weiter aus.

"Oh."

Er hatte überlebt. Sie hatte eine schockierende, lebensverändernde Erkenntnis gehabt, und nun musste sie mit den Folgen fertig werden.

"Ich meine, ich wollte dich nicht gehen lassen.", sagte er, seine Augen verdunkelten sich. "Ich küsse dich gern. Sehr gern. Falls du es noch nicht gemerkt hast."

Sie spürte das automatische Zusammenziehen der Lust - die Wärme, die sich in ihrer Magengrube ausbreitete. Ihr Herz pochte. Gott, die Reaktion, die sie auf diesen Mann hatte, war hektisch und verrückt und absurd schnell. Und die Tatsache, dass sie in ihn verliebt war, bedeutete, dass sie es in absehbarer Zeit nicht würde kontrollieren können.

"Mac, bist du sicher, dass es dir gut geht?"

Sie umklammerte den Tisch fester, als sie die Sorge in Ryans Stimme hörte. "Mir geht es gut."

Es würde ihr gut gehen. Sobald sie von dort wegkam und sich überlegen konnte, was sie mit diesem ... Desaster anstellen konnte - sobald sie etwas Abstand zwischen sie bringen konnte.

"Ich bin nur müde.", fügte sie hinzu.

"Lass uns dich hier rausbringen.", sagte er, bevor er dem Direktor zurief. "Mitch, sind wir fertig?"

Mac schaute zum Regisseur hinüber, der sich das Material, das sie gerade gedreht hatten, auf seinem kleinen Monitor ansah. Er sah auf und nickte, bevor er den Daumen nach oben streckte, das universelle Zeichen für 'Ja, alles gut'.

"Wir brauchen keinen weiteren Take. Geht nach Hause. Ruht euch etwas aus. Wir sehen uns morgen in aller Frühe. Vergesst nicht, eure Garderobe morgen abzugeben.", sagte Mitch und deutete auf die Outfits, die sie trugen.

Erleichtert, dass sie die Stelle, an der sie über den Text gestolpert war, nicht noch einmal drehen mussten oder zurück ins Studio gehen mussten, um sich umzuziehen, schenkte Mac dem Regisseur ein dankbares Lächeln und dankte ihm. Alles, was sie wollte, war, aus der Tür zu gehen und von Ryan wegzukommen. Der Tag war schon eine Achterbahnfahrt genug gewesen, ohne dass die Erkenntnis hinzukam, dass sie in einen Mann verliebt war, der nicht so empfand wie sie, zum zweiten Mal. 

Idiot. Warum musste sie sich in Männer verlieben, die sie nicht liebten? Männer, die nicht mehr von ihr wollten, als nur Gelegenheitssex? Okay, sie wusste, dass Ryan die Freundschaft schätzte, die sie hatten. Er wollte nicht nur den Sex, er wollte auch Freundschaft. Vielleicht hätte der Gedanke sie trösten sollen. Tat er aber nicht. Stattdessen drehte der Gedanke das Messer in ihrem Herzen nur noch ein bisschen weiter herum. Sie wollte so viel mehr als das von ihm.

"Ich seh dich morgen.", teilte sie Ryan mit, bevor sie zur Tür ging. 

"Warte.", sagte er, griff nach ihrem Arm und zog sie zu sich herum. "Wo willst du hin?"

"Mitch hat gesagt, wir können nach Hause gehen."

"Wie kommst du dahin?"

"Ähm, mit der Straßenbahn."

Würde sie nicht so kurz vor einem Zusammenbruch stehen, hätte sie sich über den schockierten Gesichtsausdruck von ihm vielleicht ein wenig amüsiert.

 "Du bist offensichtlich erschöpft. Lass mich dich nach Hause fahren."

"Mach dir keine Gedanken darüber. Ich bin sicher, du bist ebenfalls erschöpft. Du solltest direkt nach Hause fahren."

"Ich lass dich nicht zurück, um eine Straßenbahn zu nehmen.", erwiderte er und klang entsetzt.

"Ich komme schon zurecht."

"Mac, du bist so müde, dass du kaum noch stehen kannst. Willst du mir sagen, du würdest lieber eine Straßenbahn um Mitternacht nehmen, als zu mir ins Auto zu steigen?"

"So ist es nicht.", entgegnete Mac.

Aber genauso war es, dachte Ryan. Er versuchte sich nicht durch Macs offensichtliche Abneigung, von ihm mitgenommen zu werden, verletzt zu fühlen, aber es war zwecklos. Er fühlte sich wirklich verletzt. Eine Menge Dinge hatten sich in den letzten Monaten verändert, aber ihr plötzlicher Mangel an Lust, Zeit mit ihm zu verbringen oder in seiner Nähe zu sein, war definitiv am schwersten zu verarbeiten.

Letztes Jahr hätte sie nicht gezögert, sich von ihm nach Hause fahren zu lassen. Jetzt jedoch schien es, als würde sie lieber allein durch die dunklen Straßen Melbournes laufen oder die Straßenbahn nehmen, als zu ihm ins Auto zu steigen. Egal wie gut er die Gründe verstand, die sie hatte, um ihn aus dem Weg zu gehen, er konnte nicht anders, als die einfachen Momente der Freundschaft zu vermissen, die sie geteilt hatten, bevor alles so verdammt kompliziert zwischen ihnen geworden war. Besonders, wenn er sich genauso müde fühlte, wie Mac aussah.

Natürlich kam ein Teil seiner Erschöpfung von dem ständigen Kampf, den er mit seinen Gefühlen für seinen Co-Star führte. Er hatte sein Bestes getan, um sie zu verdrängen, aber als er sie geküsst hatte, waren sie wieder wütend an die Oberfläche getreten und hatten verlangt, dass er ihnen zuhörte. Der Kuss hatte ihn fast umgehauen, genau wie der Rest des Tages.

Mac in seinen Armen zu halten, sie zu küssen und zu berühren und sie dann loslassen zu müssen, war so schwer gewesen, dass er es fast nicht getan hätte. Er wollte sie. Nicht nur als Bettgefährtin. Er wollte ... mehr. Er brauchte mehr. Doch leider kam 'mehr' nicht infrage. Mac wollte keine Beziehung mit ihm haben. Sie wollte sich nicht in ihn verlieben. Was Mac wollte, war, ihn zu meiden.

Da ihr Job auf dem Spiel stand und Blainesworth ihr im Nacken saß, war das verständlich, aber es war dennoch ätzend. Die Idee, dass Mac seine Freundin werden könnte, war ihm aus dem Nichts gekommen. Vielleicht war es der verrückte Tag, den sie gehabt hatten, oder vielleicht waren es die Gefühle, die er für sie hatte und die immer wieder ohne seine Erlaubnis auftauchten. Er wusste es nicht. Und es spielte auch keine Rolle, denn es war nicht das, was sie wollte.

Es war wahrscheinlich das Beste, versuchte Ryan sich einzureden. Die Chancen, dass sie in der Branche, in der sie arbeiteten, für längere Zeit Bestand hatten, waren unwahrscheinlich. Etwas anderes zu glauben, würde ihn wahnhaft machen. Ryan hatte noch nie eine Beziehung gehabt, die länger als drei Monate dauerte. Er konnte vermuten - hoffen - dass es mit Mac anders sein würde, aber er wusste es nicht. Er konnte sich nicht sicher sein.

Sie zu bitten, alles für etwas zu riskieren, das vielleicht oder vielleicht auch nicht funktionieren würde, würde ihn zu einem egoistischen Arschloch machen, und obwohl seine Mutter ihn schon mehrfach beschuldigt hatte, eines zu sein, war er es nicht. Oder zumindest versuchte er sehr hart, es nicht zu sein. Was bedeutete, dass er nur versuchen konnte, seine Gefühle für sie zu verdrängen. 

"Ich ... ich könnte etwas Zeit zum Nachdenken gebrauchen.", sagte Mac zu ihm und sah dabei unbehaglich aus. 

Was sie meinte, war, dass sie ihm aus dem Weg gehen wollte und über Westlaker und seinen möglichen Gastauftritt in Harts Valley nachdenken wollte. Ryan war es egal, wie sehr Mac ihm im Moment aus dem Weg gehen wollte, sie konnte eine zehnminütige Autofahrt in seiner Gegenwart sicher überleben. Was Westlaker betraf, so konnte Mac über ihn nachdenken, wenn sie wohlbehalten zu Hause war.

Außerdem wollte Ryan jetzt, wo die Kussszene vorbei war und sie nicht mehr darauf konzentriert war, ihr Skript durchzulesen, wirklich mit ihr über Danny reden. Mac hatte vorhin eine Bemerkung über die Tatsache gemacht, dass es ihr Job war, der bedroht wurde, nicht seiner, und sie hatte recht. Die Art, wie sie heute behandelt worden war, war mehr als unfair. Er musste sie wissen lassen, dass er seinen Job für sie aufgeben würde, wenn es jemals dazu kommen sollte. Im Handumdrehen.

Was Blainesworth tat - die Drohung, die er ausgesprochen hatte - waren falsch, und Ryan hatte nicht die Absicht, danebenzustehen und zuzulassen, dass sie aus einem Job gedrängt wurde, für den sie so hart gearbeitet hatte. Kein Wunder, dass sie heute Abend so müde war, sie war durch die Mangel gedreht worden. Und er hatte es zugelassen. Er hatte zugesehen und nichts getan, während sie gelitten hatte. Sicher, er hätte es vielleicht noch schlimmer gemacht, indem er sich entschlossen hätte, heute etwas zu Blainesworth zu sagen, aber das machte es nicht okay, sich zurückzulehnen und nichts zu tun.

"Okay, du willst also Zeit zum Nachdenken.", sagte er zu ihr. "Lass mich dich nach Hause fahren und dann kannst du an einem schönen und sicheren Ort nachdenken."

Und dann kann ich dir sagen, dass ich hinter dir stehe und vielleicht können wir wieder die Freunde werden, die wir einmal waren. Ich bin vielleicht nicht in der Lage, dich als etwas anderes in meinem Leben zu haben, aber ich werde unsere Freundschaft nicht aufgeben.

"Es ist in Ordnung, wirklich."

"Würdest du dich einfach von mir nach Hause fahren lassen? Bitte? Ich lasse das nicht einfach auf sich beruhen. Ich setzte meinen extrem talentierten Co-Star nicht den öffentlichen Verkehrsmitteln aus, so sehr du auch vorgibst es zu mögen."

Die Idee, zu Fuß zu ihrem Ziel zu gehen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, nachdem sie auf der Farm überall hinfahren musste, war für seinen Co-Star neu gewesen, als sie nach Melbourne gezogen war. Allerdings war er sich sicher, dass die Neuartigkeit schon vor einer Weile abgenutzt war, denn sie hatte immer ja gesagt, wenn er ihr eine Mitfahrgelegenheit angeboten hatte. Nun, bis jetzt.

"Ich muss mir ein Auto besorgen.", murmelte sie, als er seine Hand auf ihren Rücken legte.

Mac schloss die Augen und versuchte, sich nicht in Ryans Berührung zu lehnen, als er seine Hand auf ihren Rücken legte. Ihre Haut kribbelte von der Wärme und ihr Herz hüpfte und sprang. Sie wusste, dass ihr Widerwille, eine Fahrt von ihm anzunehmen, seltsam erschienen sein muss, und Ryan hatte durch ihre Weigerung fast verletzt gewirkt, aber sie konnte sich einfach nicht erklären, warum sie gerade jetzt keine Zeit mit ihm verbringen wollte.

Sie wollte nicht, dass er wusste, dass sie in ihn verliebt war. Sie wollte nicht, dass er wusste, dass es in Moment so weh tat, in seiner Nähe zu sein. Sie wollte ihre Arbeitsbeziehung oder Freundschaft nicht noch mehr versauen, als sie es bereits getan hatte. Was sie wollte, war, nach Hause zu gehen und zu versuchen, die Tatsache zu vergessen, dass sie sich in ihren Co-Star verliebt hatte.

Leider hatte Ryan es ihr unmöglich gemacht, sein Angebot, sie nach Hause zu fahren, abzulehnen. Es hätte mehr Mühe gekostet dazustehen und mit ihm zu streiten, als nachzugeben. Je eher sie in sein Auto stieg und er sie zurück in ihre Wohnung fuhr, desto eher konnte sie etwas Abstand zwischen sie bringen.

Sie war erleichtert, als sie sein Auto direkt vor dem Pub vorfand. Ryan entriegelte das Auto mit seiner Fernbedienung, bevor er ihr die Tür öffnete und sie hineinschlüpfte. 

"Es war ein verrückter Tag.", sagte er zu ihr, nachdem sie eine Minute lang gefahren waren.

"Ja.", stimmte sie zu. "Das war er."

"Insbesondere, weil Danny aufgetaucht ist."

Wut loderte in ihr auf. Sie hätte es wissen müssen. Sie hätte wissen müssen, dass sein Beharren darauf, sie nach Hause zu bringen, nicht nur mit seiner Sorge um ihre Sicherheit zu tun hatte. Ryan hatte es vor ihrer Szene bereits in den Fingern gejuckt, über Danny zu reden, und jetzt, wo die Szene vorbei war, schien es, als wolle er das Gespräch unbedingt fortsetzen. Nun, sie wollte das nicht. Der Tag war schon schlimm genug gewesen, ohne dass sie über ihre Entscheidung bezüglich Dannys Gastrolle geredet hatte.

"Blainesworth hätte dich niemals in diese Lage bringen dürfen.", fuhr Ryan fort.

"Es war ein langer Tag. Ich möchte wirklich nicht über Danny reden.", erklärte sie ihm müde.

"Warum nicht?"

"Es geht dich wirklich nichts an, Ryan."

Wenn sie nicht das Gefühl gehabt hätte, gerade überlistet worden zu sein, hätte sie sich vielleicht etwas mehr Mühe gegeben, damit diese Worte weniger wütend und verbittert geklungen hätten, als sie es getan hatten. Warum konnte er es nicht einfach gut sein lassen?

"Ich dachte, wir wären Freunde?", sagte er.

Der Schmerz in seiner Stimme war nicht zu überhören. Sie zwang sich, den Stich der Trauer zu ignorieren, den sein Schmerz in ihr auslöste. Im Moment hielt sie an ihrer Wut fest, denn sie fühlte sich viel besser an als das Elend und die Ablehnung, die sie ohne sie empfinden würde. 

"Es ist meine Entscheidung.", erwiderte sie.

"Natürlich ist es das. Ich will nur nicht, dass du denkst, du müsstest diese Entscheidung alleine treffen, wenn du das nicht willst. Deine Freunde sind für dich da."

"Das weiß ich.", sagte sie. "Aber Blainesworth bedroht nicht den Job von jemand anderem -"

"Und er sollte deinen auch nicht bedrohen. Die Schlagzeile war ein großer Haufen Mist."

Es war das, was Mac ihm absichtlich vorgegaukelt hatte, als sie sich vorhin in ihrer Garderobe unterhalten hatten, aber es war kein Mist. Es war alles andere als Blödsinn. So sehr sie auch dagegen war, sie musste Dannys Gastauftritt zustimmen. Es würde nicht nur Blainesworth besänftigen. Es würde dafür sorgen, dass jeder sie mit Danny beobachten würde, anstatt sie mit Ryan. 

Im Moment musste sie alles tun, damit die Leute diese verdammte Schlagzeile vergaßen. Danny war die Ablenkung, die sie brauchte, um sich selbst zu retten. Ihre Karriere. Ihren Arsch. Sie konnte nein sagen und Blainesworth verärgern, oder sie könnte ja sagen und sich selbst etwas Luft verschaffen und helfen, die Schlagzeile aus jedermanns Kopf zu verdrängen. 

"Aber er bedroht mich ... Ich will diesen Job nicht verlieren, Ryan."

"Er kann dich nicht feuern, wenn du nichts falsch gemacht hast."

Sie war sich ziemlich sicher, dass Blainesworth es als 'falsch' ansehen würde, dass sie sich in ihren Co-Star verliebt hatte. 

"Mit Danny zu arbeiten wird mir Blainesworth vom Hals schaffen. Das ist alles, was mir wichtig ist."

"Ich kann nicht glauben, dass du wirklich darüber nachdenkst, dem zuzustimmen."

"Es ist meine Karriere, die auf dem Spiel steht. Ich bin sicher, du kannst das verstehen."

Mac drehte sich rechtzeitig um, um zu sehen, wie sein Kiefer sich anspannte und ein Muskel in der Nähe seines Auges  zuckte. Sie hatte keine Ahnung, warum es ihm so viel bedeutete, aber er würde einfach darüber hinwegkommen müssen. Danny würde höchstens nur noch zwei oder drei Wochen da sein, und wenn sie sich mit dem Gedanken anfreunden konnte, mit dem Ex arbeiten zu müssen, der sie verarscht hatte, dann sollten es ihre Freunde auch können.

"Ich würde nicht zulassen, dass Blainesworth dich feuert, Mac. Ich würde gehen, wenn er es täte. Du musst das nicht tun. Ich werde nicht zulassen, dass dir oder deinen Job etwas zustößt."

Sie war so geschockt, dass sie eine ganze Minute lang schweigend dasaß. Wie konnte er so beiläufig davon sprechen, seinen Job wegzuwerfen? Schuldgefühle. Das war der Grund, warum er es ansprach. Er fühlte sich schuldig - wegen der Schlagzeile, weil er mit ihr geschlafen hatte, wegen der Gefühle, die er fürchtete, die sie für ihn hegte. Das war alles, was es war. Er drehte sich um, um sie anzusehen und sie hörte auf, ihn anzustarren und sah wieder aus der Windschutzscheibe.

Es war eine wirklich süße Geste, aber sie wollte nicht, dass er ihretwegen seinen Job verlor. Das war ihre Schuld, ihr Problem, und sie konnte etwas dagegen tun. Ryan mochte ihre Methoden vielleicht nicht, aber sie brauchte ihn nicht, um sich einzumischen, oder ihren Kampf für sie zu kämpfen, wegen eines unangebrachten Gefühls von Verantwortung.

"Hör zu, ich weiß es zu schätzen, dass du das sagst, aber -"

"Ich sage das nicht nur so. Das sind keine leeren Worte. Wenn es jemals dazu käme, wenn ich es jemals müsste, würde ich meinen Job für dich aufgeben, Mac."

"Aber wenn ich Dannys Gastauftritt zustimme, dann muss keiner von uns seinen Job verlieren.", sagte sie.

"Keiner von uns sollte überhaupt seinen Job verlieren müssen, aber du hast dich bereits entschieden, nicht wahr?"

"Ja. Das habe ich."

Er lenkte den Wangen in ihren Wohnkomplex und fuhr auf einen der Gästeparkplätze, bevor er den Motor abstellte.

"Du hast immer noch Gefühle für ihn."

Sie konnte die Wut in seiner Stimme hören und es lag Mac auf der Zunge zu leugnen, dass sie Gefühle für Danny hatte, aber was dann? Dann würde Ryan darauf bestehen, genau wissen und verstehen zu wollen, warum sie Dannys Gastauftritt zustimmte, und sie würde Gefahr laufen, ihre wahren Gefühle zu offenbaren. Sie hatte Ryan gebeten, das Thema fallen zu lassen. Sie hatte ihm gesagt, dass sie das jetzt nicht tun wollte. Wenn er glauben wollte, dass sie Gefühle für Westlaker hatte, dann würde sie ihm lassen.

"Danke fürs Mitnehmen.", sagte sie zu ihm und schnallte sich ab. "Ich sehe dich morgen bei der Arbeit."

Sie öffnete ihre Autotür, in der Hoffnung wegzukommen, bevor Ryan noch etwas sagen konnte, aber sie war nicht schnell genug. Er streckte seine Hand aus und packte ihr Handgelenk, sodass sie nirgendwo hingehen konnte.

"Mac, er hat dich verletzt. Er hat dich betrogen. Er hat dir Hoffnungen gemacht. Bitte, fall nicht noch einmal auf ihn herein.", flehte er sie an.

Sie seufzte leise und erlaubte sich, seinen besorgten Blick zu begegnen. Sie musste hier einfach weg. "Gute Nacht, Ryan."

                                                                                                      *****

Drei Wochen später fluchte Ryan leise vor sich hin, als er das Red Jacket betrat. Bitterkeit, Schmerz, Verrat und Zurückweisung durchströmten ihn auf einmal, als er den Anblick vor sich aufnahm - Mac saß mit Westlaker zusammen, sie lachten, redeten und tranken Kaffee. Das Red Jacket war der Ort, an dem Ryan immer mit Mac hingegangen war, damals, als sie noch Freunde waren.

Trotz der Tatsache, dass die beiden nie wirklich miteinander ausgegangen waren, und trotz der Tatsache, dass sie nur einmal miteinander geschlafen hatten, hatten sich die letzten drei Wochen für Ryan angefühlt, wie die schlimmste Trennung aller Zeiten. Mac hatte seine Anrufe nicht beantwortet. Sie weigerte sich mit ihm zu sprechen, außer wenn sie eine gemeinsame Szene hatten, und selbst dann würde sie ihn nicht in die Augen sehen, es sei denn, das Drehbuch verlangte es.

Ryan war in seinem Leben noch nie so unglücklich gewesen. Mac hatte ihn vor Monaten gesagt, sie sei über Westlaker hinweg, aber das war sie nicht. Er wusste nicht, ob Mac damals über ihre Gefühle gelogen hatte, oder ob ihre Gefühle einfach wieder zurückgekommen waren, als sie Westlaker wiedergesehen hatte. Aber das machte keinen Unterschied, denn der Punkt war - sie liebte Westlaker immer noch.

Die Erkenntnis, dass Mac immer noch Gefühle für ihren Ex-Freund hatte, hatte ihn völlig am Boden zerstört. Er schlief kaum noch. Er hatte keinen Appetit. Er hatte letzte Woche mehrere Szenen versaut und hatte keine Ahnung, wie er seine heutige Szene durchstehen sollte.

Blainesworth hatte keine Zeit damit verschwendet, Macs Ex-Freund in das Drehbuch zu schreiben. Natürlich hatten sie sich für den Ansatz entschieden, der die Zuschauer am meisten unterhalten würde - ein Liebesdreieck. Vor drei Wochen hatte Ryan Mac in seinen Armen gehalten und sie geküsst. Heute würde es Westlaker sein, der Mac in seinen Armen hielt und sie küsste. Ryan wollte sich die Szene nicht ansehen, aber er hatte keine andere Wahl. Es war auch seine Szene. Stone sollte sie beim Knutschen erwischen.

Mit der Szene, die sich in seinem Kopf abspielte, hatte er einen Spaziergang gemacht, um den Kopf freizubekommen und aufzuwachen. Das Café, das er mit Mac besucht hatte, war nie das beabsichtigte Ziel gewesen, aber irgendwie war er hier gelandet. Er hatte nie erwartet Mac und Westlaker hier zusammen anzutreffen.

Als ob sie spürte, dass er sie beobachtete, drehte sich Mac um und sah ihn dort stehen. Schmerz durchfuhr ihn, als er den Ausdruck auf ihrem Gesicht wahrnahm. Sie war wirklich nicht erfreut ihn zu sehen. Verwirrung durchbrach schließlich die Oberfläche der Trauer und Wut, die seine Gedanken in den letzten drei Wochen beherrscht hatten. 

Blainesworth saß ihr nun nicht mehr im Nacken. Ihr Produzent war ekstatisch über ihre Leistung in den Einschaltquoten. Also, warum zum Teufel ging Mac ihm immer noch aus dem Weg? Die Schlagzeile war alt, und da Mac immer noch Gefühle für Westlaker hatte, war es nicht so, dass sie noch auf Distanz gehen mussten. Es war nicht so, dass sie eine Anziehung bekämpfen mussten, wenn sie so offensichtlich an ihrem Ex hing.

Es war völlig lächerlich, dass Ryan sie tatsächlich gefragt hatte, ob an der Schlagzeile etwas dran sei. Wenn sie jemals Gefühle für ihn gehabt hatte, hatte sie diese nicht mehr. Dieser Gedanke tat tatsächlich so weh, dass er tief einatmen musste. Er musste da raus, bevor er etwas Dummes tat, wie Mac aufzufordern, mit ihm zu reden, oder seine Faust in Westlakers Gesicht zu schlagen.

Bevor er sich jedoch umdrehen und abhauen konnte, entdeckte ihn die übliche Kellnerin an der Tür stehen und eilte herbei. 

"Ryan, hey. Ist schon eine Weile her."

"Allerdings.", bestätigte er, schenkte ihr ein Lächeln und steckte seine Hände in die Taschen.

"Ich bringe dir einen Kaffee rüber.", sagte Becca zu ihm.

Seine Verwirrung musste ihm anzusehen gewesen sein, denn sie nickte in Macs Richtung. Er wollte der Kellnerin gerade sagen, dass er seinen Kaffee zum Mitnehmen holen würde, aber sie machte sich aus dem Staub, bevor er das tun konnte.

Ryan überlegte gerade, ob er überhaupt gehen sollte, als Mac ihn wieder ansah. Er stand still, als er Verletzlichkeit und Schmerz in ihren Augen aufblitzen sah. Dann verschwand es wieder, als sie ihr Gespräch mit Westlaker wieder aufnahm. Was zum Teufel war hier los? Einen Moment lang dachte er, sie sei verärgert über etwas, das Westlaker gesagt hatte, aber jetzt schien es ihr gutzugehen.

Die einzige Erklärung, die Ryan einfiel, war, dass er etwas falsch gemacht haben musste. Er hatte ihr weh getan - irgendwie. Er hatte keine Ahnung, was es war, aber er musste es herausfinden. Er verdiente die Chance sich zu entschuldigen und es wiedergutzumachen, oder nicht? So am Boden zerstört Ryan auch über die Tatsache war, dass Mac immer noch Gefühle für Westlaker hatte, er würde sein Bestes tun, um darüber hinwegzukommen. Vielleicht hatte er noch die Chance, ihre Freundschaft wieder in Ordnung zu bringen - eine Freundschaft, die er viel, viel zu sehr vermisst hatte.

Die Entscheidung war gefallen, Ryan ging durch das Café und setzte sich an den vierer Tisch, an dem Mac und Westlaker saßen. Er würde nirgendwo hingehen, bis sie ihm sagte, was er falsch gemacht hatte. Wenn das bedeutete, dass er Zeit mit Arschclown Westlaker verbringen musste, dann würde er das tun. Ryan wollte Mac zurück in seinem Leben - egal wie er sie haben konnte.





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