Kapitel 07

"Sag das nicht.", flehte  Mac. "Das kannst du nicht sagen."

Er konnte ihr das nicht antun, nicht jetzt, dachte Mac. Sie war betrunken und folglich wehrlos, wenn es um ihn ging. Sie hatte zu lange gegen diese Sache zwischen ihnen angekämpft. Wenn er sie berühren würde, würde sie dahinschmelzen, und das konnte sie sich nicht erlauben - nicht, wenn er eine Frau hatte, die auf ihn wartete. Nicht, wenn all das, was sie für ihn empfand, die Fähigkeit hatte, ihr Können ihren Job zu machen, wieder zunichtemachen würde.

Sie drückte ihre Stirn gegen das kühle Glas des Autofensters. Selbst in ihrem betrunkenen Zustand konnte sie sich nicht selbst anlügen. So sehr sie sich auch wünschte, dass ihre Gefühle nur Lust, Verblendung und die Überbleibsel einer Teenager-Schwärmerei waren, waren sie es nicht. Und hier mit ihm in der Dunkelheit zu sitzen, in seinem Auto vor ihrem Wohnhaus, umgeben von Stille, ließ sie erkennen, dass sie gefährlich nahe daran war, sich in ihn zu verlieben.

Sie brauchte ihn, um hier der Starke zu sein, um ihr zu widerstehen. War das fair? Nein. War das richtig? Überhaupt nicht. Aber es änderte nichts an der Tatsache, dass es das war, was sie brauchte.

"Du darfst nicht aufgeben.", sagte sie. "Du musst weiterkämpfen."

"Ich habe es versucht, Mac. Das habe ich wirklich."

"Du musst dich mehr anstrengen."

Er lachte ein selbstironisches Lachen. "Du hast keine Ahnung, wie sehr ich mich bemüht habe. Diese Sache mit dem Abstandhalten funktioniert für mich nicht. Und ich glaube, bei dir funktioniert es auch nicht. Deine Freunde machen sich Sorgen um dich."

"Mir geht es gut."

Sie rieb sich die Schläfen und spürte, wie ihr Kopf zu pochen begann. Es ging ihr nicht gut, aber ihre Freunde sollten sich keine Sorgen um sie machen. Sie machte sich schon genug Sorgen um sich selbst. Wenn die Einsamkeit, die sie in letzter Zeit verspürte, nicht genug war, um sie zu beunruhigen, dann war es die Tiefe dessen, was sie für ihren Co-Star empfand. Ihr Leben war wie ein Zug, der jeden Moment entgleisen konnte, und sie hatte keine Ahnung, wie sie in Aufhalten sollte. Diese Sache zwischen ihnen war außer Kontrolle geraten.

Ihr war mulmig zumute.

"Wirklich?", fragte er sie leise. "Sich zu betrinken und nach Sex zu suchen? So bist du, wenn es dir gut geht, ja?"

"Ich habe es heute Abend übertrieben.", gab sie zu. "Es war dumm, aber ich bin wohl kaum der erste Mensch, der sich ein bisschen zu sehr gehen lässt."

"Mac."

"Du hast deine Ablenkung, Ryan. Lass mich meine haben."

"Das ist das Problem, Mac. Ich will nicht, dass du eine Ablenkung hast."

Sie schluckte und spürte, wie die Wut in ihr hochkochte. Er hatte keine Ahnung, wie schwer der heutige Abend für sie gewesen war. Es war emotional anstrengend gewesen, ihm gegenüberzusitzen und so zu tun, als wäre sie nicht von Eifersucht verschlungen worden. Aber er wollte nicht, dass sie eine Ablenkung hatte. War es die Wut oder der Alkohol, daer dafür sorgte, dass ihr gerade heftig übel wurde? Warum drehte sich auf einmal alles?

"Das ist nicht fair.", teilte sie ihm mit und klammerte sich verzweifelt an den Autositz. "Du weißt, dass das nicht fair ist."

Natürlich wusste Ryan, dass es nicht fair war. Nichts hiervon war fair. Es war nicht fair, dass sie ihre Freundschaft wegen dieser Anziehung zwischen ihnen beenden mussten. Es war nicht fair, dass er sie nicht berühren konnte, ohne von Verlangen überwältigt zu werden. Es war nicht fair, dass er in den letzten Monaten alles getan hatte, um seine Gefühle für sie zu überwinden, und nichts hatte funktioniert. Nichts. Diese Gefühle gingen nicht weg.

"Du hast Cindy.", fuhr sie fort. "Sie ist nett. Ich mag sie. Du wirst ihr das Herz brechen."

"Sie weiß, dass es nichts Ernstes ist."

"Ich bin sicher, das ist ein tröstlicher Gedanke, wenn sie sich mitten in der Nacht deinetwegen die Augen ausheult."

Ryan starrte aus der Windschutzscheibe. Die Frauen, die er traf, wussten von Anfang an, worum es ging. Er stellte sicher, dass sie es wussten. Es war nicht so, dass er sie an der Nase herumführte oder ihnen die Welt versprach. Sie wussten von Anfang an, dass er nie etwas Ernstes wollte. Er hasste Erwartungen; er hasste die Enttäuschung, die immer unweigerlich mit ihnen kam. Das Gefühl zu vermeiden, jemanden zu enttäuschen - sich nicht gut genug zu fühlen - hatte für ihn immer funktioniert. Er hoffte, dass es bei den Frauen, die er traf, auch funktionierte, aber als er Mac sagen hörte, dass er Cindys Herz brechen würde, fühlte er sich wie ein Schuft.

Cindy sollte seine Ablenkung sein und seine Tarnung, wenn es um seine Freunde ging, aber hier saß er, völlig unabgelenkt. Er würde die Sache mit ihr beenden müssen. Mac hatte recht. Cindy war nett, und selbst wenn sie seinem Angebot zugestimmt hatte, bedeutete das nicht, dass sie am Ende nicht mehr von ihm wollen würde. Genau wie Mac es tun würde.

Mac würde mehr von ihm wollen als eine schnelle Affäre, und weil er sie so sehr mochte, sich so sehr um sie sorgte, würde er versuchen, ihr das auch zu geben. Wenn er versagte, würde sie enttäuscht oder wütend sein, je nachdem, was zuerst eintrat. Und er würde sich beschissen fühlen, weil er sie im Stich gelassen hätte, weil er sie verletzt hätte, genau wie Westlaker, obwohl er sich versprochen hatte, es nicht zu tun. 

Also, war er wirklich fertig damit es zu bekämpfen? Nein. Er musste weiter dagegen ankämpfen. Für Mac. Er würde nicht tun, was Westlaker getan hatte -  sie benutzen, bis er ihrer überdrüssig wurde.

"Ich werde versuchen, es weiter zu bekämpfen.", teilte er ihr mit. "Aber damit haben wir immer noch ein Problem."

Er konnte sie immer noch nicht berühren und alles, was er für sie empfand, unter Kontrolle halten. Er kam jedoch nie dazu, ihr das zu erklären, denn sie riss plötzlich die Autotür auf und kotze ihre Eingeweide auf den Bürgersteig. Er war blitzschnell aus dem Auto und an ihrer Seite.

"Es ist alles in Ordnung.", sagte er ihr und half ihr aus dem Auto.

Mac war sehr dankbar, dass sie nicht in den Haufen ihrer Kotze getreten war, als sie ihre Handtasche an sich drückte und einen Schritt von Ryans Auto wegging. Vor dem heißesten Kerl im australischen Fernsehen zu kotzen war schon verdammt demütigend, aber darein zu treten, wäre die Krönung der schlimmsten Nacht gewesen, die sie seit langem gehabt hatte.

Als sie die Treppe erreichten, hob er sie hoch, so das er sie im Braustil hielt. Sie hatte ihm gesagt, er sollte nicht hochkommen, aber sie musste sich jetzt kaum Sorgen machen, dass er sich an sie heranmachen würde. Wahrscheinlich roch sie ekelhaft und sah noch schlimmer aus. 

"Lass mich jetzt runter.", murmelt sie, als sie ihre Tür erreicht hatten.

Er setzte sie ab, behielt aber seinen Arm um sie gelegt, als es für sie beide offensichtlich wurde, dass sie nicht alleine stehen konnte. Er nahm ihr mit der freien Hand ihre Handtasche ab und fischte darin nach ihrem Schlüssel. Doch anstatt ihre Schlüssel zu finden, fand er den Streifen Kondome, den sie vorhin hineingeworfen hatte. 

"Herrje, Mac. Sechs. Wirklich?"

"Es ist schon eine Weile her.", erwiderte sie. "Ich dachte, ich würde sie vielleicht brauchen."

Es war so verdammt verkorkst, dachte Ryan. Er hielt eine Frau aufrecht, die völlig fertig war und er wollte sie immer noch, er fühlte den Schwung der Lust wie einen guten, harten Tritt in die Magengrube. Ihn hatte es voll erwischt. Ihn hatte es so sehr erwischt. Er steckte die Kondome schnell wieder in die Handtasche zurück und holte die Schlüssel heraus. Sobald er sie in der Wohnung hatte, warf er ihre Handtasche auf die Couch und begann sie in Richtung Schlafzimmer zu führen. 

"Uh-uh.", murmelte sie hervor. "Ich will mir die Zähne putzen."

"Du kannst nicht einmal stehen."

"Ich gehe nicht ins Bett, ohne mir die Zähne zu putzen."

Er half ihr ins Bad, wo er sie auf den Rand der Badewanne setzte, während er ihr Zahnpaste und Zahnbürste gab.

"Wasser. Kannst du bitte etwas Wasser holen?"

Ryan ging in die Küche, um nach einem Wasserglas zu suchen. Als er einen Becher gefunden hatte, füllte er ihn, bevor mit ihm zurück ins Badezimmer ging. Sie sah so niedergeschlagen aus, so verletzlich und traurig, wie sie da saß, auf dem Rand der Badewanne balancierend, dass er spürte, wie sich etwas um sein Herz legte und es zusammendrückte. Er legte seinen Arm um sie, half ihr beim Hinausgehen und führte sie ins Schlafzimmer, wo er sie auf das Bett setzte.

Eine Welle der Müdigkeit überrollte ihn. Es war ein langer Tag gewesen und er fühlte sich viel zu sehr versucht, zu ihr ins Bett zu steigen. Aber so sehr er jetzt auch schlafen wollte, er wusste, dass es nicht lange so bleiben würde. Sie legte sich auf das Bett, und er hob ihre Füße hoch und legte sie auf seinen Schoß, damit er ihr die Schuhe ausziehen konnte.

"Es tut mir leid.", sagte sie zu ihm, während er an der Schnalle ihres Schuhs herumfummelte. "Das mit dem Erbrechen und dem Betrunkensein. Dass ich dich gebeten habe, mich nach Hause zu fahren, obwohl du ein Date hattest."

"Mach dir darüber keine Gedanken. Wozu sind Freunde da?"

"Sind wir Freunde?"

Ihre Augen waren geschlossen, sie schloss ihn aus ihrem Kopf aus. Er würde viel dafür geben zu wissen, was sie in diesem Moment dachte. Er hatte vorgeschlagen, dass sie Abstand halten sollten, und damals hatte er geglaubt, es sei das Beste. Jetzt jedoch konnte er nicht anders, als zu denken, dass es ein großer Fehler gewesen war, sich von ihr fernzuhalten. Das Verlangen, dass er für sie empfand, war mit der Distanz, die er zwischen ihnen gehalten hatte, nur gewachsen, und nachdem er gehört hatte, was Jazz heute Abend gesagt  hatte, vermutete er, dass Mac ihn genauso vermisste wie er sie.

Auch wenn er beschlossen hatte, weiterhin gegen das anzukämpfen, was er für sie empfand, wollte er nicht mehr auf Distanz gehen. Er wusste nicht, wie er in ihrer Nähe sein und nicht auf die Anziehung zwischen ihnen reagieren konnte, aber er musste es versuchen. Außerdem brauchte sie jemanden, der ihr den Rücken freihielt und auf sie aufpasste, wenn sie sich betrank und nach Sex suchte. Sie brauchte ihn in ihrer Nähe.

"Natürlich sind wir Freunde, Mac.", erwiderte er fest.

"Freunde, die sich nicht sehen?"

"Das wird sich ändern.", versprach er ihr.

Sie sagte nichts mehr. War sie eingeschlafen? Er beschäftigte sich wieder damit, ihr die Schuhe auszuziehen.

"Ich bin einsam.", teilte sie ihn mit.

"Du wirst eine Ablenkung finden.", versicherte er ihr.

"Ich habe es gehasst dich mit Cindy zu sehen."

Ryan spürte erneut wie sich seine Brust zusammenzog. Jazz hatte recht gehabt. Mac war traurig; traurig und einsam, und er hatte es geschafft, dass sie sich zehnmal schlimmer fühlte, weil er heute Abend jemanden mitgebracht hatte. Schuldgefühle packten ihn.

"Ich weiß, dass es mich nicht interessieren sollte.", sagte sie zu ihm.

Er wollte sie tröten, sie festhalten. Aber das würde zu mehr führen, die Art von mehr, die sie beide kurzfristig befriedigen würde, aber nichts, was auf lange Sicht zu etwas Gutem führen würde. Sie war verletzlich und wahrscheinlich im Moment auch nicht ganz bei sich. Vermutlich würde sie sich morgen früh nicht einmal mehr an dieses Gespräch erinnern. 

"Shhh. Versuch etwas zu schlafen.", sagte er.

"Ich sollte nicht mit dir zusammen sein wollen.", redete sie weiter. "Ich sollte nicht so fühlen, wie ich für dich fühle."

Hatte sein Magen gerade einen Purzelbaum geschlagen? Ryan konnte sich nicht erinnern, wann in das letzte Mal jemand so nervös gemacht hatte wie Mac. Er überlegte gerade, ob er sie fragen sollte, was sie für ihn empfand, als er hörte, wie sie leise zu schnarchen begann. Lächerlich enttäuscht löste er schließlich einen Schuh, dann den anderen, bevor er unter ihren Füßen hervor glitt und sie mit dem Laken und der Decke auf dem Bett zudeckte. 

"Nacht, Mac.", sagte er, unfähig dem Impuls zu widerstehen, ihr das Haar aus der Stirn zu streichen.

Sein Blick verweilte noch einen Moment auf ihrem Mund, bevor er sich widerwillig umdrehte und ging.

                                                                                            ****

Der Samstag war ein kompletter Reinfall für Mac. Es war gut, dass sie nicht im Studio gebraucht wurde, denn sie glaubte nicht, dass sie es aus dem Bett geschafft hätte, selbst wenn ihr Leben davon abgehangen hätte. Sie war erleichtert gewesen, als sie aufwachte festzustellen, dass sie noch angezogen war. Sie nahm an, dass Ryan ihr in ihre Wohnung geholfen und sie ins Bett gebracht hatte, denn sie erinnerter sich nicht an viel, nachdem sie das Restaurant verlassen hatte.

Am späten Nachmittag rief Jazz an, um sich nach ihr zu erkundigen. 

"Tut mir leid, dass ich es nicht in den Club geschafft habe.", entschuldigte sich Mac bei ihr.

"Das hatte ich auch nicht erwartet. Du warst so betrunken, dass du nicht mehr richtig laufen konntest."

"Ich weiß."

"Ich habe dich noch nie so trinken sehen."

"Und jetzt weiß ich, warum ich das normalerweise nicht tue.", erwiderte Mac und rieb sich die Schläfen, während sie sprach. "Und, wie war der Rest des Abends? Ihr seid doch ohne mich gegangen, oder?"

"Ja, wir sind am Ende ins Doll House gefahren, weil Vanessa etwas Näheres als den Spice Club wollte und wir annahmen, dass du es nicht schaffen würdest. Wie auch immer, die Musik war zu laut und es war zu voll, dass wir nicht tanzen konnten. Du hättest es gehasst. Wir sind nicht lange geblieben."

Mac vermutete, das Jazz den Abend herunterspielte, und Mac liebte sie dafür. Das Letzte, was sie hören wollte, war, dass sie alle ohne sie einen Riesenspaß gehabt hatten. 

"Ist Ryan gut angekommen?", fragte Mac.

"Ja, obwohl er und Cindy ein paar Minuten nach seiner Ankunft gegangen sind."

Mac nickte. Die Vorstellung, wie Ryan und Cindy zusammen nach Hause gingen, sorgte dafür, dass sie sich wieder übergeben wollte. 

"Apropos Ryan.", sagte Jazz. "Ich habe vorhin mit ihm geredet, und er hat vorgeschlagen, dass wir morgen ein Barbecue machen. Hast du Lust dazu?"

"Oh, ähm."

"Er meinte, wir könnten zu dir fahren und dann weiter zum Fawkner Park, allerdings soll es heiß werden, also müssen wir früh starten."

"Ryan hat vorgeschlagen, dass wir hierher zum Grillen kommen?", fragte sie und fühlte sich überrumpelt.

"Wenn das für dich in Ordnung ist. Er hat gesagt, dass er es vermisst abzuhängen. Kannst du das glauben?"

Nein. Nein sie konnte es nicht glauben. Ryan war ihr in den letzten Monaten aus dem Weg gegangen und aus heiterem Himmel hatte er beschlossen, dass er ihre Zusammenkünfte vermisste und mit ihr abhängen wollte.

"Mac?"

"Ich bin hier."

"Also, morgen?"

"Ja, morgen ist gut."

Sie musste mit Ryan reden und herausfinden, was genau los war.

"Toll.", sagte Jazz.

Mac beendete die Vorbereitungen für morgen, verabschiedete sich und legte dann auf. Sie hatte den Hörer noch nicht ganz aufgelegt, als es wieder klingelte. Ryan.

"Hey.", grüßte er, als sie abnahm.

"Hey.", erwiderte sie und fühlte eine leichte Welle der Nostalgie.

Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann er sie das letzte Mal tatsächlich angerufen hatte. Es fühlte sich viel zu gut an, seine Stimme in der Telefonleitung zu hören.

"Du bist wach.", sagte er.

"Ja."

"Wie fühlst du dich?", fragte er sie.

"Ähm, besser als heute Morgen."

"Gut."

"Danke, dass du mich gestern Abend nach Hause gebracht hast.", sagte sie.

"Dafür hast du mir schon gedankt.", teilte er ihr mit. "Erinnerst du dich?"

"Äh, nein."

"Erinnerst du dich an irgendwas von letzter Nacht?"

"Nicht sehr gut."

"Du weißt nicht mehr, was ich gestern Abend im Auto zu dir gesagt habe?"

Da war etwas im Ton seiner Stimme, das einen Schwall von Erinnerungen an die letzte Nacht auslöste. Sie erinnerte sich an ihren kurzen Spaziergang vom Restaurant zum Auto. Sie erinnerte sich an seine Erregung und ihre eigene erhitze Reaktion auf seine Nähe. Sie erinnerte sich daran, wie sie in seinem Auto gesessen und geredet hatten. Langsam begannen Fetzen ihrer Unterhaltung durch den Nebel in ihrem Gehirn aufzutauchen.

"Ich erinnere mich.", hauchte sie. "Du hast gesagt, du willst nicht mehr dagegen ankämpfen."

"Ja.", bestätigte er ihr. "Das habe ich gesagt. Und du hast mir gesagt, ich müsse weiterkämpfen. Also, werde ich weiter dagegen ankämpfen, Mac."

Es war lächerlich, das seine Worte sie enttäuscht fühlen ließen. Sie sollte sich erleichtert fühlen. Sie könnte ihn niemals widerstehen, wenn er sich entschließen würde, nachzugeben und diese Sache zwischen ihnen zu verfolge. Ihre Gefühle für ihn waren bereits überwältigend.

"Aber ich will nicht mehr auf Abstand gehen.", fügte er hinzu. "Ich möchte, dass wir wieder zusammen abhängen. Wir sind Freunde, und ich möchte nicht mehr von dir fernbleiben. Ich vermisse dich, Mac."

Seine Stimme war leise und sanft und seine Worte legten sich um sie wie eine warme tröstende Decke. Er vermisste sie. Genau wie sie ihn vermisste.

"Ich vermisse dich auch.", teilte sie ihm mit.

"Ich weiß, und ich glaube nicht, dass es hilft, wenn wir uns voneinander fernhalten."

Sie nickte. Einander aus dem Weg zu gehen, hatte nichts an ihren Gefühlen für ihn geändert. "Da stimme ich zu."

"Also, hast du schon mit Jazz gesprochen?"

"Sie hat gesagt, dass du morgen dieses Barbecue Ding machen willst, dass du willst, dass wir alle zusammen abhängen."

"Ja, obwohl ich einen Hintergedanken habe. Ich muss dich sehen. Ich muss mit dir über etwas reden."

"Worüber?"

"Unseren bevorstehenden Kuss."

Sie schluckte schwer und ihr Herz raste, während die Schmetterlinge in ihren Bauch wie verrückt umherflatterten. 

"Was ist damit?", fragte sie ihm.

"Ich erwarte ein Problem."

"Was für ein Problem?"

Es gab eine lange Pause und Mac ertappte sich dabei, wie sie den Atem anhielt. "Jedes Mal, wenn ich dich berühre, reagiere ich. Ich mache mir Sorgen, was passieren wird, wenn wir vor den Kameras stehen."

"Du willst einen Testlauf machen?"

"Du hast es erraten."

"Morgen? Wenn alle da sind?"

"Ich komme rüber, bevor alle anderen da sind. Um wie viel Uhr wird Jazz da sein?"

"Halb elf."

"Dann werde ich um zehn da sein."

"Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist."

"Vielleicht hast du recht, aber keine Ahnung zu haben, wie wir am Set aufeinander reagieren werden, ist gefährlich. Wir müssen sicherstellen, dass wir das unter Kontrolle haben. Wir müssen sicherstellen, dass wir aufhören können, wenn sie 'Cut' sagen. Und zu wissen, dass wir in einer halben Stunde Gesellschaft haben werden, wird hoffentlich verhindern, dass die Dinge zu weit gehen."

"Du hast die ganze Sache eingefädelt, damit du mich küssen kannst?", fragte sie ihn.

"Eigentlich dachte ich, den Sonntag mit allen zu verbringen, würde Spaß machen. Aber ja, es gibt hier eine Gelegenheit, und ich denke, wir sollten sie nutzen."

"Eine Gelegenheit?"

"Du weißt, dass ich es nicht erwarten kann, dich zu küssen, oder?"

Sie konnte das Lächeln in seiner Stimme hören, und ihr Puls hüpfte und sprang, bevor er einen hektischen Takt anschlug. Sie stand auf und ging zum offenen Fenster in ihrem Wohnzimmer, in der Hoffnung, sich ein wenig abzukühlen.

"Ich habe hohe Erwartungen.", sagte sie ihm und lächelte ebenfalls.

"Ach, Mac, jetzt  machst du mich nervös."

Sie lachte. "Ich adich nervös? Australiens Romeo ist nervös, ein Mädchen zu küssen? Das glaube ich nicht."

"Du bist nicht nur irgendein Mädchen, Mac."

"Bin ich nicht?"

"Bist du nicht.", erklärte er ihr.

Sie konnte jetzt kein Lächeln in seiner Stimme hören. Alles, was sie hören konnte, war zehen-verkrampfende Aufrichtigkeit. Einen Moment lang fühlte sie sich bei der Freude über seine Worte wie auf einer Wolke schwebend. Dann erinnerte sie sich an etwas.

"Und wird Cindy morgen kommen?"

"Mit Cindy ist es vorbei.", teilte er ihr mit.

Die Erleichterung, die sie spürte, war wie eine Last, die von ihr abfiel. Es war aus zwischen ihnen. Es sollte keine Rolle spielen. Aber das tat es.

"War sie okay?", fragte sie.

"Nein, sie war ziemlich niedergeschmettert."

"Tut mir leid.", sagte sie, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte.

Und es tat ihr aufrichtig leid. So eifersüchtig Mac auch auf die andere Frau gewesen war, Cindy war nett gewesen und hatte es nicht verdient, verletzt zu werden.

"Ja, das tat es mir auch. Wie auch immer, wir sehen uns morgen."

"Bis morgen, Ryan."

                                                                                                       *****

Mac war dankbar, dass sie eine lange Liste von Dingen zu tun hatte, um sich für das Barbecue vorzubereiten. Als Ryan ihr gesagt hatte, dass er vorbeikommen würde, um sie zu küssen, hatte sie sich mehr als nur ein bisschen nervös gefühlt, aber mit jeder Stunde, die vergangen war, war ihre Nervosität exponentiell gewachsen. Seit sie fünfzehn war, hatte sie davon geträumt, Ryan Moore zu küssen. Ohne die Ablenkung durch das Putzen hätte sie vielleicht hyperventiliert und wäre in Ohnmacht gefallen. 

Als sie mit dem Putzen fertig war, duschte sie und zog sich ein blau-weißes Sommerkleid an. Sie putzte sich zweimal die Zähne, gurgelte mit Mundwasser, und als sie mit dem Schminken fertig war, war es fünf vor zehn - was ihr noch fünf Minuten gab, bis er ankommen sollte. Sie nutzte die Zeit, um hin und herzulaufen, unfähig stillzustehen.

Es ist nur ein Kuss. Du musst aufhören, durchzudrehen.

Pünktlich um zehn hörte sie sein Klopfen. Sie öffnete die Tür und nahm sofort den Geruch eines sauberen, frischen Mannes wahr. Ihr Blick wanderte über seine perfekte Brust, zu seinen breiten Schultern und zu seinen haselnussbraunen Augen - Augen, von denen sie sicher war, dass sie sie anfunkelten - bevor er zu seinem Mund hinunterfiel. Das war der Moment, in dem sich ihr Magen bis zu ihren Zehen absenkte. 

"Es ist nur ein Kuss."

Er grinste sie an. "Nun, das ist alles, wofür wir Zeit haben."

Sie errötete, als sie merkte, dass sie laut gesprochen hatte. All diese Nerven hatten offensichtlich die Sauerstoffzufuhr zu ihrem Gehirn abgeschnitten. Sie konnte nicht sicher sein, dass sie im Moment überhaupt atmete.

"Darf ich hereinkommen?", fragte er sie.

Sie trat schnell einen Schritt zur Seite, um ihn durchzulassen, und er ging direkt in ihre Küche. Erst da bemerkte sie, dass er eine Einkaufstasche in der Hand hielt. 

"Würstchen, Bier und Brot.", teilte er ihr mit, nahm die Würstchen und das Bier heraus und stellte sie in den Kühlschrank.

Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie sagen, dass er sich in Zeitlupe bewegte. Alles geschah viel, viel zu langsam. 

"Wann wirst du mich küssen?", platze es aus ihr heraus.

"Wir haben noch Zeit, wenn du noch ein bisschen warten willst.", erwiderte er.

Sie schüttelte den Kopf. "Ich will es hinter mich bringen."

"Na das gibt mir ein gutes Gefühl."

"Ich meine, ich bin nervös."

"Also, entspann dich ... Es wird nur wie zwei Freunde sein, die sich küssen."

"Wenn du das wirklich glauben würdest, wärst du jetzt nicht hier."

"Okay, es ist vielleicht ein bisschen mehr als das. Willst du es dann jetzt tun?"

Sie nickte. "Wo sollen wir?"

Ryan sah sich um. Die Küche war klein. Es gab nur wenig Platz auf der Arbeitsfläche. Perfekt. Kein Bett und keine Couch um sie herum, nirgends konnte er bequem mehr tun, als sie  zu küssen.

"Hier.", antwortete er ihr.

"Hier?"

"Ja. Hier."

Natürlich war es mehr als zwei sich küssende Freunde, dachte Ryan. Er war verdammt nervös und schwitzte bereits. Tatsächlich konnte er sich nicht erinnern, jemals zuvor so nervös gewesen zu sein, eine Frau zu küssen. Denn Mac war anders. Sie war etwas Besonderes. Das wusste er, auch wenn er nicht verstand, warum. Er hatte letzte Nacht kaum schlafen können. Er war aufgeregter als ein Junge, der gleich seine Weihnachtsgeschenke auspacken würde.

Er hätte etwas später kommen sollen. Dreißig Minuten waren immer noch lang genug, um die Dinge außer Kontrolle geraten zu lassen. Aber sie wollte es unbedingt tun und es aus dem Weg räumen, und er wollte sie unbedingt berühren. Er hörte die leise Warnung von irgendwo aus seinem Inneren, die ihm sagte, dass er das verdammt noch mal zu sehr wollte, aber er ignorierte sie. Er musste wissen, ob er das tun konnte. Er musste wissen, ob er aufhören konnte.

Mac stand völlig still, als Ryan die zwei Schritte machte, die ihn direkt vor sie brachten. Sie konnte spüren, wie ihr das Blut durch die Adern rauschte. Sie konnte ihr Herz wie verrückt in ihrem Brustkorb hämmern hören. Ihr wurde schwindelig. Sie streckte die Hände aus, legte sie auf seine Brust und krallte sich in sein Hemd, bevor sie zu ihm aufblickte. In ihren Augen lag eine Mischung aus Hitze, Zuneigung und Zärtlichkeit, und sie war erleichtert, dass sie diesen Moment nicht mit ihren Zuschauern teilen musste. Es war ihrer. Nur ihrer.

Sein Daumen kam nach oben und strich über ihren Wangenknochen. "Das wollte ich schon sehr, sehr lange tun.", flüsterte er, bevor er die Distanz zwischen ihnen schloss.










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