24. Kapitel

Gemma sucht nicht gerade unauffällig nach dem Freund ihres Bruders; zumindest, wenn man weiß, dass Harry mit jemandem aus dem Team zusammen ist. Ich trinke inzwischen bei drittes – nein viertes – Bier und frage mich, wie realistisch es ist, dass Harry einfach mit zu mir kommt und Gemma seinen Schlüssel für seine Wohnung gibt. Je mehr ich trinke, umso stärker wird das Verlangen, ihn zu küssen. Nicht, dass ich ihm im nüchternen Zustand widerstehen könnte, aber jetzt gerade kann ich an nichts anderes mehr denken. Harry sieht zwischendurch immer mal zu mir, aber ich glaube kaum, dass Gemma daraus irgendetwas schließen könnte. Jetzt gerade unterhält sie sich mit Ellie. Plötzlich setzt Kenny sich neben mich. Saß da nicht gerade noch Liam?

„Können wir mal kurz reden? Draußen?" – „Ist etwas passiert?", frage ich halb im Spaß, halb ernst gemeint. Kenny schüttelt den Kopf. „Keine Sorge." Dann steht er auf und unschlüssig folge ich ihm. „Also?", möchte ich wissen, als die Tür hinter uns zufällt und bemerke erst danach, dass Liam und Zayn auch hier stehen. Das kann nicht deren Ernst sein. Sie wissen, was ich denke, ohne, dass ich es aussprechen musste. „Hör bitte erst einmal zu.", beginnt Zayn, aber ich schüttle den Kopf und lache bitter. „Wollt ihr mich eigentlich verarschen?!", frage ich wütend und Liam seufzt. „Du weißt doch überhaupt noch nicht, worum es geht." – „Worum soll es schon gehen, Payne? Ich glaube es ist sehr offensichtlich, wenn gerade ihr beiden hier draußen auf mich wartet.", antworte ich ihm aufgebracht.

„Siehst du?", fragt Zayn dann an Kenny gerichtet. Unser Teamcaptain beobachtet mich ganz offensichtlich und mich würde es nicht wundern, wenn Liam oder Zayn oder vielleicht sogar beide, ihr Versprechen gebrochen haben. Mit Garantie haben sie etwas gesagt; und natürlich mussten sie es gerade dem Captain erzählen! Verdammte Scheiße! „Was soll der Mist, Zayn?", möchte ich erneut wissen. „Was habt ihr Kenny erzählt? Ihr habt es mit versprochen, verflucht!"

„Noch haben sie mir gar nichts erzählt.", antwortet Kenny mir und ich wende mich ihm zu. Es dauert einen Moment, bis die Worte mein Gehirn erreicht haben und verarbeitet worden sind. Dann wird mir eiskalt. Oh fuck. „Haben wir nicht, Louis, aber du redest ja nicht mit uns, also dachten wir, es wäre vielleicht ganz klug, Kenny sehen zu lassen, wie du dich im Moment aufführst. So funktionieren wir als Team nämlich nicht.", erklärt Zayn mir. „Also entscheidest du mal eben, mein Leben zu ruinieren. Ja, danke auch.", entgegne ich sarkastisch. „Dein Leben ruinieren?", fragt Kenny skeptisch. „Was ist los, Tomlinson?" Ich antworte nicht, versuche ruhig zu bleiben und hoffe darauf, dass niemand der anderen Jungs durch die Tür nach draußen tritt. Meine Karriere steht schon wieder auf Messers Schneide und ich habe gerade absolut keinen blassen Schimmer, wie ich verhindern kann, was unweigerlich bevor steht. Verdammt, ich will mich nicht outen. Und noch weniger will ich, dass mich jemand anderes outet!

„Louis, rede mit uns, wir sind dein Team. Wenn du mit irgendetwas Probleme hast, dann -", versucht Kenny es mit ruhiger Stimme, aber ich unterbreche ihn harsch. „Ich habe keine Probleme verdammt! Mein Leben ist super, nur die beiden Vollidioten haben den ganzen verfluchten Tag nichts Besseres zu tun, als -" – „Als was?", will Liam wissen und tritt einen Schritt nach vorne. „Wir wollen nur mit dir darüber sprechen, weil du uns offenbar nicht glaubst!" – „Wieso sollte ich das auch? Du hast Kenny hergeholt, damit er mich aus dem Team schmeißt, oder nicht? Wieso sonst, habt ihr zwei das hier arrangiert?!", will ich wissen. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und kalter Schweiß breitet sich über meinen Rücken aus. Oh Gott, damit ist meine Eishockeykarriere wohl endgültig vorbei.

Nein, es kommt, wie es kommen musste, die Tür öffnet sich und erst Gemma und dann Harry treten heraus. Gemma zündet sich seine Zigarette an und Harry sieht fragend zu mir. „Nicht das auch noch.", sage ich mehr zu mir selbst, als zu irgendjemandem sonst. „Alles okay?", fragt Gemma verwundert. „Ja. Alles gut.", murre ich und versuche ruhig durchzuatmen.

„Entweder du sagst jetzt endlich, was hier los ist, oder ich werde beim nächsten Spiel testen, wie Ian sich in der ersten Reihe so macht.", stellt Kenny mir ein Ultimatum. „Das ist nicht dein Ernst." – „Merkst du es gar nicht, Louis? Wie du dich inzwischen deiner Mannschaft gegenüber aufführst?", fragt Kenny und wird dabei lauter. „Du bist ein guter Spieler, das steht außer Frage, aber im Augenblick lässt dein Teamgeist ganz schön zu wünschen übrig." – „Louis, glaub uns doch bitte einfach, wenn wir sagen, dass wir nichts verraten werden. Alles was Liam und ich versuchen, dir seit Tagen klarzumachen, ist, dass es okay ist. Wirklich." – „Fick dich, Zayn.", antworte ich nur und gehe einige Schritte. Kenny seufzt. „Einer meiner Aufgaben als Teamcaptain ist es auch, dafür zu sorgen, dass es meiner Mannschaft gut geht, das weißt du doch, oder Louis?" – „Sicher." – „Dann sag mir, was los ist und wir finden eine Lösung.", fordert er, aber ich schüttle den Kopf. „Sorry, Kenny, aber die Lösung wird sein, meine Karriere zu beenden und das werde ich garantiert nicht.", stelle ich klar.

Gemma stupst Harry an. Natürlich hat sie verstanden worum es geht. Wieso auch nicht? Die Situation ist ja nicht schon beschissen genug. „Lass gut sein, Gem.", höre ich Harry leise sagen. „Wissen hier alle, worum es geht, nur ich nicht?", fragt Kenny daraufhin und ich stöhne genervt. „Können wir diese Unterhaltung bitte beenden? Liam, Zayn, ich hab es verstanden, zufrieden? Könnt ihr jetzt aufhören immer nur mit mir darüber sprechen zu wollen? Und Kenny, mir geht es gut, okay?" – „Und das sollen wir dir glauben?", fragt Liam und langsam aber sicher, reicht es mir. „Fuck, lasst mich doch bitte alle in Ruhe! Ich komme schon selbst mit meinem Leben klar, ich brauche da niemanden von euch für!" – „Und das, was letztens hier passiert -" – „Das hätte alles nie passieren dürften! Nichts davon!", unterbreche ich Zayn harsch.

Für einen Moment ist es still. Mein Blick gleitet instinktiv zu Harry. Er sieht zur Seite und ihm ist anzusehen, wie sich die Räder in seinem Kopf gerade drehen. Oh nein, bitte nicht. Ich möchte etwas sagen, zu ihm, aber lasse es dann doch. Ich möchte ihm sagen, dass ich damit nicht uns gemeint habe, dass ich nicht bereue, ihn um Hilfe gebeten zu haben und dass ich ihn liebe, aber kein einziges dieser Wörter verlässt meinen Mund.

„Ich denke, wir sollten langsam gehen, Gem." sagt Harry, ohne mich anzusehen und geht wieder in die Kneipe, wahrscheinlich um die Jacken zu holen. Gemma sieht zu mir. Sie braucht es nicht zu sagen, ich weiß auch so, dass ich gerade etwas sehr, sehr Dummes gemacht habe. Verfluchte Scheiße. Kenny mustert mich. „Lass gut sein. Wenn du Ian anstatt mir in der ersten Reihe haben willst, bitte, aber zumindest kannst du mich nicht aus der Mannschaft werfen.", stelle ich klar und erstaunt sieht er mich an. „Ich hatte nie vor dich aus der Mannschaft zu werfen." – „Mhm." Ich flüchte ins Hattricks, lege etwas Geld für das Bier auf den Tisch und verlasse die Kneipe ohne noch etwas zu sagen. „Louis -" – „Lass es, Zayn. Ihr zwei habt es gerade geschafft, alles nur noch schlimmer zu machen.", unterbreche ich ihn und beschließe, nach Hause zu laufen. Der Uber für Gemma und Harry kommt offenbar gerade an und es macht nicht den Anschein, als würde Harry mir anbieten wollen, mitzufahren.

Als die Rücklichter des Autos nicht mehr zu sehen sind, gehe ich los. Immer wieder spielen die letzten Minuten sich wie ein Kurzfilm vor meinem inneren Auge ab. Ich merke, dass meine Augen brennen, denn mir ist klar, wie Harry meine Worte aufgefasst haben muss. Ich überlege, ihm zu schreiben, lasse es dann aber sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er jetzt mit mir reden möchte. Wieso auch? Ich würde an seiner Stelle vermutlich genauso verletzt sein. Nein, nicht nur vermutlich, ich wäre verletzt. Und wütend. „Ach scheiße!", fluchte ich und laufe schneller. Meine Sicht verschwimmt bei dem Gedanken daran, wie es für Harry gerade sein muss. Ich wollte ihm niemals weh tun; und doch habe ich es.

Ohne weiter darüber nachzudenken, zücke ich mein Handy. „Bitte geh ran. Bitte geh ran...", murmle ich immer wieder vor mich hin, als ich ihn anrufe, aber vergeblich. Er hebt nicht ab. „Komm schon.", ich versuche es erneut. „Damn it." Er nimmt den Anruf nicht entgegen. Mit Sicherheit ist er bereits Zuhause angekommen. Und zumindest ist seine Schwester gerade bei ihm, aber das macht es nur minimal besser. Hätte ich für ein paar Sekunden darüber nachgedacht, was ich sagen möchte, wäre es nie soweit gekommen.

Die Strecke bis nach Hause zieht sich. Die Straßen sind leer und die kühle Nachtluft schlägt gegen meine nassen Wangen. Zitternd ziehe ich den Reißverschluss meiner Jacke höher, aber es wird nicht besser. Mein Brustkorb zieht ich kontinuierlich enger um mein Herz zusammen und in diesem Augenblick würde ich alles dafür tun, um mich zu Harry in sein warmes Bett zu kuscheln, ihn zu küssen und mich zu entschuldigen. Wie kann es nur sein, dass innerhalb so kurzer Zeit alles derart aus dem Ruder gelaufen ist? 

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Was glaubt ihr, ist Harry sehr verletzt? Und wird Kenny es dabei belassen oder kommt noch mehr auf Louis zu? Könnt ihr ihn verstehen?

Love, L 

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