19. Kapitel
Er wischt sich über den Mund und ich sehe, wie Jerry ihm ein Taschentuch reicht, um das Blut wegzuwischen, dass seine Lippen benetzt. Ich blinzle ein paar Mal. Die Ränder meines Blickfelds sind verschwommen und ich muss mich konzentrieren, um Harry klar sehen zu können. Er ist verletzt. Plötzlich nimmt Ian die Kompresse von meiner Nase. Er schmeißt sie weg und ehe ich mich versehe, hat er sie durch eine ersetzt. „Scheiße!", fluche ich vor Schmerz und schließe die Augen. „Wie lange noch?", fragt O'Donnel laut. „Fünf Minuten.", wird ihm geantwortet. „Wer noch?", will ich wissen. „Wer noch verletzt ist?", fragt Kenny mich überrascht. „Ja. Wer noch?" – „Keiner.", sagt Ian mit belegter Stimme. „Harry.", widerspreche ich hingegen. „Ihm geht es gut.", erwidert Kenny nur. Ich schüttle den Kopf und muss erneut die Augen schließen. Ein stechender Schmerz zieht durch meinen Kopf. Gleichzeitig wird mir wieder übel und ich halte mir die Hand vor den Mund. Ian hält mir die Mülltüte hin und mein Magen dreht sich schon wieder um.
„Fuck.", murmle ich kraftlos. Der Bus steht vor der Notaufnahme eines Krankenhauses. Zumindest glaube ich das. Meine beiden Teamkollegen ziehen mich auf die Beine und sofort taumle ich ein Stück. Aber ich falle nicht hin. Ich warte darauf, auf dem Boden des Busses aufzukommen, aber vorher werde ich aufgefangen. Dann verliere ich den Boden unter den Füßen. Der Schwindel bleibt und ich klammere mich instinktiv fest. „Du musst nicht –" – „Er schafft es nicht, allein zu laufen." Ich atme ein und sofort entspannt mein ganzer Körper sich. Meine Gedanken sind wirr, kaum noch kontrollierbar und wirklich da. Ich spüre, dass ich aus dem Bus getragen werde.
„Hallo. Ich habe angerufen, es geht um den Eishockeyspieler Louis Tomlinson.", höre ich Drew sagen. „Folgen Sie mir." Ich werde weiter getragen und Müdigkeit überkommt mich. Vorsichtig werde ich abgesetzt. Der Raum ist mit hellem, kalten Licht erleuchtet und es dauert ein paar Sekunden, bis meine Augen sich langsam daran gewöhnen. Drew und Kenny stehen im Raum. Und Harry. Harry? Ach ja, er ist auch verletzt. Muss er nicht in einen anderen Behandlungsraum? Dann sehe ich, dass Blutflecken sein Hemd getränkt haben. Meine Augen werden groß. Dann steht plötzlich ein Arzt vor mir. „Hallo Mr Tomlinson." – „Nein!", antworte ich sofort. „Mir geht es gut. Ich bin okay!" Ich schaue zu Harry. Woher kommt das ganze Blut? Mein Herz rutscht bis auf den Boden herab und mir wird eiskalt. „Harry.", murmle ich mit vernebelten Gedanken. „Was?", fragt Kenny verwirrt und sieht zu ihm. „Kümmern sie sich um ihn."
„Mir geht es gut, ich bin okay.", antwortet er mir und der Klang seiner Stimme jagt mir – mal wieder – einen Schauer über den Rücken. Nein, über den ganzen Körper. „Du blutest.", widerspreche ich mit schwacher, zittriger Stimme. Er sieht an sich herab. „Das ist nicht mein Blut. Mach dir keine Sorgen.", antwortet er mir und ich nicke leicht. „Okay."
„Mr Tomlinson.", spricht der Arzt mich wieder an. „Ich bin Dr. Young. Ich werde sie untersuchen müssen." – „Mhm..." Er nickt und sieht Drew. „Sie können gerne den Raum verlassen, mein Assistentsarzt wird sie auf dem laufenden halten." – „Alles klar. Bis gleich." Dr. Young wendet sich wieder mir zu. „Möchten Sie, dass ein Familienmitglied benachrichtig wird? Oder ihre Freundin?", fragt er mich. „Mein Ehemann ist hier.", murmle ich, ohne darüber nachzudenken und sehe zu Harry. Unschlüssig sieht er mich an. „Sie sind sein Mann?", fragt Dr. Young Harry überrascht. Er nickt stumm. Dann sieht er zu mir. „Ich denke, ich sollte trotzdem rausgehen.", meint er dann. „Nein.", flüstere ich und kneife wieder die Augen zusammen. „Louis" – „Harry", murmle ich fast lautlos. Es kommt mir vor, als hätte ich keinen einzelnen Muskel mehr im Körper. Und als wäre ich betrunken. Und müde. Und denken kann ich auch nicht mehr. Der Raum verschwimmt vor meinem Sichtfeld. „Harry.", wiederhole ich leise. Er seufzt. „Schön, ich bleibe."
„Mr Tomlinson, ich werde Ihnen das Shirt ausziehen müssen." – „Mhm.", murmle ich nur und lasse den Arzt machen. Ich bekomme kaum mit, was um mich herum passiert. Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, aber irgendwann wendet Dr. Young sich meinem Gesicht zu. Ich verziehe es vor Schmerzen, als er vorsichtig meine Nase abtastet. „Das wird weh tun. Es tut mir leid.", sagt er dann. „Ich muss ihre Nase richten." Er sieht zu Harry. „Sie sollten vielleicht seine Hand nehmen." Harry zögert. Ich schließe die Augen und stecke meinen Arm nach ihm aus. Augenblicklich schiebt Harry seine Finger dazwischen und drückt meine Hand sanft. Dann durchzieht ein Schmerzimpuls meinen Körper und ich schreie auf. „Fuck!", fluche ich und zwinge mich, still sitzen zu bleiben.
„Scheiße.", murmle ich, als ich aufwache. Wie lange habe ich geschlafen? „Guten Morgen, Sonnenschein.", höre ich jemanden sagen. „Hallo Ian.", brumme ich müde und schließe die Augen wieder. „Wie geht es dir?" – „Au.", fasse ich meinen Zustand zusammen. „Mhm. Das glaube ich.", antwortet er mir. So langsam schaffe ich es, meine Gedanken zu ordnen und zu sortieren. „Sind wir noch im Krankenhaus." – „Ja. Du hast ein paar Stunden geschlafen. Es ist mitten in der Nacht." Na Super.
Ian recht mir ein Becher mit Wasser. „Du hast uns allen einen ganz schönen Schrecken eingejagt." – „Mhm." Die Bilder zu letztem Abend sind verschwommen und ich bin sicher, dass ich mich nicht an alles erinnere. Ich weiß noch, wie ich in den Bus gestiegen bin, danach ist alles weg. „Die Männer, die dich verprügelt haben, sind von der Polizei festgenommen worden.", informiert Ian mich. Ich nicke nur und trinke noch etwas mehr Wasser. „Soll ich den anderen Bescheid sagen, dass du wach bist?" – „Sind die hier?" – „Nicht alle. Drew, Kenny und Harry sind hier." Irritiert sehe ich ihn an. „Harry." Wer soll das denn glauben. „Ja, Harry. Wundert sich das etwa?"
Mein Schweigen ist Antwort genug. Ian seufzt. „Du weißt es nicht mehr." – „Was soll ich nicht wissen." Er zögert. „Das solltet ihr untereinander besprechen." – „Ian" – „Ich stelle mich definitiv nicht dazwischen.", stellt er klar und verlässt den Raum. Ich stöhne genervt und sehe an die Decke. Ich will ihn nicht hier haben! Aber ich kann es nicht verhindern. Nur wenige Augenblicke später tritt er in den Raum. „Hi.", sagt er vorsichtig und schließt die Tür hinter sich. „Ian redet Bullshit." – „Was?" – „Ich möchte nicht, dass du hier bist. Geh einfach wieder." Harry seufzt und ich sehe zu ihm. Er ist verletzt.
Er zieht eine Augenbraue hoch. „Du..." – „Du weißt es wirklich nicht mehr", bemerkt er. Was ist passiert? Ich frage es nicht, sondern presse die Lippen aufeinander und schweige. Harry setzt sich und nimmt seinen Blick nicht von mir. „Soll ich es dir erzählen? Oder reimst du es dir einfach zusammen und belässt es dann dabei, ohne weiter nachzufragen?", möchte er wissen und lehnt sich nach hinten. Ich lasse meinen Blick über ihn gleiten. Er hat sich umgezogen. „Du hast was abbekommen.", stelle ich fest und gehe gar nicht erst auf seine Frage ein. „Das... uhm..." – „Moment, bist du etwa dazwischen gegangen?" – „Ich –" – „Scheiße, denkst du, du müsstest mich beschützen?!", frage ich aufgebracht und werde immer lauter. „Ich will deine verdammte Hilfe nicht! Ich komme ohne dich zurecht! Ich bin die letzten Jahre ohne dich klar gekommen, das ändert sich nicht, nur weil du plötzlich hier auftauchst!", rege ich mich auf. Ich schreie schon fast und mein Schädel brummt immer lauter und pocht immer stärker.
„Ich kann das erklären, du konntest nicht richtig laufen und –" – „Fuck, wen willst du verarschen?! Glaubst du echt, ich bin so blöd?!", falle ich ihm wieder ins Wort und er presst die Lippen aufeinander. „Ich wusste ja, dass du ein Arschloch bist, aber dass du jetzt auch noch so eine Situation ausnutzt, um wieder bei mir zu sein, ist echt das letzte! Ich habe dir so oft gesagt, dass ich dich nicht in meiner Nähe haben will! Was fällt dir eigentlich ein?!"
Harry blinzelt ein paar Mal und fast im gleichen Augenblick laufen ihm die Tränen über die Wangen. An seinem Kinn werden aus zwei Tränen einer und dann fällt diese zu Boden. Ich schnaube verächtlich und schüttle den Kopf. Ein bitterer Geschmack macht sich in meinem Mund breit und vor Wut zittert mein Körper. „Du bist wirklich das Letzte. Ich hätte dir viel zugetraut, aber nicht, dass du es ausnutzen würdest, wenn mich verprügelt werde." – „Ich habe nicht –" – „Und dann bleibst du sogar hier im Krankenhaus. Als würde es dich wirklich kümmern, wie es mir geht."
Ich sehe wieder zu meinem Bald-Endlich-Ex-Mann und mustere ihn abschätzend. Wie konnte ich je so blöd sein, mich in ihn zu verlieben? „Zwei Jahre hat es dich nicht einmal ein wenig interessiert wie es mir geht und jetzt tust du so, als würdest du dir sorgen machen. Fuck, wenn du denkst, dass ich dir verzeihe, nur weil du jetzt ein Veilchen hast, dann hast du dich geschnitten." – „Ich denke nicht –" – „Ich will deine Lügen nicht hören." – „Ich lüge nicht. Ich möchte es dir –" – „Was, erklären?" Ich lache laut und ignoriere das Schwindelgefühl, das langsam, aber sicher Kontrolle über meinen Körper erlangt.
„Ich scheiß auf deine Erklärung! Ich will, dass du mich in Ruhe lässt! Ich will nicht, dass du mit mir sprichst, wenn es nicht die Arbeit betrifft und schon gar nicht brauche ich deine Hilfe, bei sonst irgendetwas!" Ich schließe die Augen, aber das bringt nichts. Meine Kopfschmerzen werden immer stärker. „Ich wollte dir nur helfen, ich hätte dich doch nicht –", versucht er es schon wieder, aber ich schüttle den Kopf. Herr Gott, ich will diese Lügen nicht hören!
„Hör auf! Ich habe oft genug klargestellt, dass du nur noch auf dem Papier mein Mann bist. Und das auch nur noch ein paar Wochen!", stelle ich erneut klar. Mir tut alles weh und nun ist auch wieder der brennende Schmerz da, der sich von meinem Herzen ausgehend, überall in meinem Körper verteilt. Willkommen zurück.
„Verpiss dich einfach, Harry. Verschwinde ins Hotel uns komm mir nicht zu nahe." – „Louis" – „Ich will dich hier nicht haben. Ich will dich nicht mehr sehen und nicht mehr mit dir sprechen." Harry sieht zu Boden. „Ich wollte dir nur helfen, Louis." – „Ich will deine Hilfe aber nicht!", sage ich laut. Ich schreie schon fast und mein Kopf pocht schmerzhaft. Mein Magen zieht sich zusammen und Tränen steigen mir in die Augen. „Ich brauche deine Hilfe nicht! Du hast mich kaputt gemacht! Du hast mein Leben kaputt gemacht! Du kannst nicht einfach hier auftauchen und sagen, du willst mir helfen!" Harry schluckt und stumm laufen ihm Tränen über die Wangen. Ich schüttle den Kopf und lasse mich zurück in die Kissen sinken.
„Ich hasse dich, Harry Styles. Ich wünschte, ich hätte dich nie geheiratet. Ich wünschte, ich hätte dich nie kennengelernt."
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Was haltet ihr von der Situation? Was denkt ihr, wie Louis reagieren wird, wenn er erfährt, dass Harry tatsächlich die Wahrheit gesagt hat?
Love, L
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