☆Light - 32☆

Jennas Augen fingen an zu leuchten und auch Lethe schien kurz in eine Art Trance zu fallen. Skeptisch stand Stephen nur so da, bis der Engel aus seiner Starre erwachte und Jenna alleine abwesend zu sein schien.
"Was hast du mit ihr gemacht?", sprach Stephen ruhig und beobachtete seine Freundin.
"Ich habe nichts gemacht, lediglich hab ich sie in die richtige Richtung geschubst."
"Welche Richtung?", hakte der Magier weiter nach. Lethe schmunzelte leicht, als auch sie nachdenklich zu der Bändigerin sah. "Ich hoffe es hat funktioniert und sie findet zu sich selbst.", murmelte der Engel und verwundert zog Stephen seine Augenbrauen tiefer ins Gesicht. Er würde jetzt zu gerne wissen, was in Jenna vorging. Doch sein momentanes Wissen reichte nicht aus, die Erklärung Lethes zu verstehen. Er würde geduldig darauf warten, was ihm seine Freundin erzählen würde. Etwas anderes blieb ihm immerhin auch nicht übrig.

Während der Magier sorgenvoll seine Gedanken Jenna widmete, fuhr Lethes Blick durch den Raum und blieb an dem Dämon hängen, der nach seinem Wutanfall wieder zurückgekehrt war. Andras hatte sich anscheinend nach seinem Anfall einigermaßen beruhigt, blieb sicherheitshalber aber lieber in seiner Schattenwelt und beobachtete ruhig die Situation. Lethe wusste, dass der Dämon seine Liebe niemals verlassen würde, behielt es dennoch für sich, das Andras wieder hier war. Alleine Jenna selbst konnte die beiden Männer im Zaum halten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis beide sich an die Kehle springen würden und das war ein Problem, was nicht einmal der Engel lösen konnte.

~•~

Wo bin ich?, dachte Jenna, als sie verwundert ihre Augen öffnete, jedoch nichts außer Dunkelheit erkennen konnte. Sie stand in keinem Raum oder an einem Ort, sie blickte in absolute Leere. Sie fühlte sich augenblicklich unwohl und sah sich hilfesuchend um.
"Lethe?", ihre Worte hallten mehrmals zurück und verschwanden schließlich als ein nicht wiederkehrendes Echo. Jenna drehte sich um ihre eigene Achse, da sie plötzlich jemanden hinter sich vernahm.  Sie erschrak und stolperte zurück, als nicht wie zu erwarten der Engel, sondern ein Mann mittleren Alters hinter ihr aufgetaucht war. Allerdings entspannte Jenna sich sofort wieder, als dieser ruhig die Situation abwartete und freundlich lächelte.
"Mein Name ist Marek, freut mich, dich endlich kennenzulernen, Jenna.", begrüßte der Fremde sie höflich und verbeugte sich aufrichtig.
"Wo bin ich und woher kennst du meinen Namen?" Verwundert sah Jenna über ihre Schultern, um sich sicher zu sein, dass dort nicht noch jemand aufgetaucht war.  Die Tatsache, das Lethe nicht mehr bei ihr war, beunruhigte die junge Frau. Hoffentlich war ihr nichts passiert.
"Zwei Fragen und eine Antwort.", fing der Unbekannte an zu reden, während er da stand und Jenna nicht aus den Augen ließ. Unsicher verschränkte die junge Frau ihre Arme. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der Engel sie in eine Falle gelockt hatte, sowieso dieser Marek schien noch keine Anstalten zu machen, auf irgendeine Art und Weise bedrohlich zu sein.

Während Jenna ihren Gedanken verfallen war, fing Marek an zu schmunzeln und seine hellblauen Augen ließen sie keine Sekunde aus dem Blickfeld und als Jenna ihn erneut musterte, fielen auch ihr diese Augen auf. Irgendwoher kannte sie diese.

"Ich bin genau wie du, Jenna. Um genau zu sein, ich bin du und vor mir gibt es noch Hunderte andere.", fasste Marek sich kurz.
"Du bist ich?", verwundert sah sie ihren Gegenüber an und verschmitzt fing dieser an zu lächeln.
„Ich weiß das du Zweifel hast, ich kann es hören, wir sind miteinander verbunden musst du wissen." Ruhig tippte Marek an seine Stirn und herausfordernd dachte Jenna an irgendetwas, was nicht zur Situation passte.
"Ananas auf Pizza? Ich frag mich immer noch, wer auf die Idee gekommen ist!", erwiderte Marek auf ihren Gedanken. Jenna schmunzelte und auch Marek lächelte sie aufbauend an. Ja, aus irgendeinem Grund vertraute sie dem Fremden. So unglaublich, wie seine Erklärung auch klang, umso mehr Zeit verging, entspannte sich ihr Körper und ihre Zweifel wichen. Sie hätte schwören können, vor einem alten Schulfreund zu stehen, einem Bekannten oder vielleicht einem Familienmitglied?

"Du hast viele Fragen, am besten schenkst du mir dein Vertrauen und ich erzähle dir alles von Anfang an, einverstanden?, bot Marek ihr lächelnd an und langsam nickte Jenna auf und ab. Marek klatschte zufrieden in die Hände und im nächsten Moment änderte sich die Umgebung. Sie befanden sich nicht mehr in der völligen Dunkelheit, sondern in Jennas altem Avengerquartier. Mit einer der wenigen Orte, wo sie sich immer wohlgefühlt hatte. Auch wenn durch den Verlust Stephens negative Erinnerungen in ihrem Gedächtnis hafteten, hatte sie die Zeit genossen. Außerdem war am Ende alles gut gegangen, weswegen sich die positiven Gedanken in den Vordergrund schoben.

Marek lief ruhig durch Jennas Altes zu Hause. Jedes Detail hatte der Fremde projizieren lassen, immerhin war dieser Ort Geschichte. Die Bändigerin war live dabei gewesen, als Thanos ihr Zuhause zerstört hatte. Sanft strichen Mareks Finger über Jennas Anzug, der genau wie damals, an der Wand neben anderen Avengers Anzügen hing.
"Wie hast du das gemacht?", während auch Jenna jedes Detail der Illusion begutachtete.
"Ich habe gar nichts gemacht, wir sind in deinem Kopf Jenna. Das alles hier sind deine Erinnerungen. Ich habe lediglich den Ort gewechselt. Ich empfand es hier etwas gemütlicher zum Reden.", lächelte Marek und nahm auf einen der modernen Sessel platz, die in Mitten des Raumes standen.
"Was bist du Marek?" Jenna runzelte mit der Stirn, als sie sich auf das große Sofa ihm gegenüber setzte. Es war erstaunlich, wie echt sich alles anfühlte.
"Ich bin du und du bist ich. Zusammen sind wir das Eine, das Gleichgewicht, die Hüter der Elemente oder wie dich die Medien getauft haben, die Bändigerin. Im Laufe der Zeit haben uns die Menschen viele Namen gegeben, aber Bändigerin gefällt mir mit am besten, das muss ich zugeben.", grinste der Dunkelhaarige.
"Nun ja. Ich verstehe nicht mal die Hälfte von dem, was du da sagst und um ehrlich zu sein, ich habe momentan ganz andere Probleme."
"Wir hatten alle diese Probleme, Jenna. Jeder Einzelne von uns hatte seinen eigenen Kampf zu tragen. Es ist ein Fluch und ein Segen, die Welt im Gleichgewicht halten zu müssen und dennoch bleibt es ein Kampf, den man niemals gewinnen wird. Wo es das Licht gibt, wird es immer die Dunkelheit geben und jede Seite strebt nach mehr und wird das Gleichgewicht brechen wollen. Auch wenn ich dir in der Realität nicht helfen kann, können wir jedoch versuchen, dich aus unserer Erfahrung stärker zu machen."
Ein Wimpernzucken später und Marek war neben Jenna auf dem Sofa aufgetaucht. Die junge Frau zuckte zusammen, immerhin hatte sie mit der plötzlichen Nähe zu dem Fremden nicht gerechnet.
"Ich helfe dir, deine Geschichte zu verstehen und ich helfe dir, deine wahre Stärke zu finden." Mit diesen Worten nahm Marek Jennas Hand in die seine und als würden ihr und sein Geist verschmelzen, offenbarte er Jenna ihre Bestimmung.

~•~

"Als das Licht und die Dunkelheit sich formten, vergingen Hunderte Jahre in Frieden. Doch als Gott seine Schöpfung aus den Augen ließ, dauerte es nicht lange und die Herrscher beider Seiten kämpften seitdem um den Thron und die Herrschaft. Doch in ihrem Zorn erkannten sie nicht, dass niemals nur eine Seite existieren konnte. Beide Seiten waren zu schwach zum Gewinnen und zu stark, um aufzugeben. Jahre des Krieges vergingen und abgelenkt von ihrer Wut, zerstörten sie die Erde. Gottes Schöpfung war am Ende. Gefangen zwischen den Seiten kämpfte sie ums Überleben und nach jahrelangem Leid wurden ihre Gebete erhört. Um das Gleichgewicht wiederherzustellen, verbündeten sich die vier Elemente und entschieden sich, Menschen auszuwählen, die ein Teil ihrer Kräfte erhielten. Vier mutige Krieger mit dem Ziel, das Licht und die Dunkelheit zu vereinen, um den Frieden der Menschen wiederzugewinnen. Die 4. Elemente verteilten sich gerecht auf die Vier tapfersten Menschen der damaligen Zeit auf. Feuer entstand, um dem Zorn entgegenzuwirken.Wasser, um seine heilende Kraft zu entfalten. Erde, um das Zerstörte wiederherzustellen und schließlich Luft, um die Umgebung zu reinigen.
Das Auftauchen der Krieger blieb nicht lange unentdeckt und die streitenden Seiten versuchten die Elemente auf ihre Seite zu ziehen. Sie erkannten die Gefahr und taten alles, um noch mächtiger zu werden. Wasser, Erde und Luft unterstützten im bitteren Kampf das Licht. Doch das Böse manipulierte das Feuer und dessen eigene Gier sorgte dafür, dass dieser sich für die dunkle Seite entschied. Die anderen 3 Elemente fühlten sich hintergangen. Sie waren es, die das Gleichgewicht herstellen sollten und nun hatten sie ihr eigenes Gleichgewicht verloren. Damit die übrigen 3 Elemente sich nicht trennen würden, entschieden sie sich dazu ihre Kräfte zu vereinen und nur einem Krieger die Bändigungsfähigkeit zu geben. So wurde Liliane zur Kriegerin des Wassers, der Luft und schließlich der Erde. Gemeinsam mit dem Licht vereinigten sich die Elemente und schlugen das Feuer zurück. Die Wucht und die Stärke des Feuers war massiv, obwohl Feuer wärme spendet, zerstört es auch alles, mit dem es in Berührung kommt. Nach Wochen des Krieges schaffte die erste Bändigerin das unmögliche und schlug das Feuer zurück. Das Licht erklärte ihr das Risiko, doch da den Menschen nie wieder leid zugefügt werden sollte, nahm sie die Kraft des Feuers in sich auf, auch wenn diese von der Dunkelheit zerfressen war. Nach dem Kampf halfen die Elemente den beiden Seiten eine Einigung zu finden. Gerecht teilte sie die Welten des Lichts und der Dunkelheit auf und unter der Beobachtung der Elemente schafften es die Seiten ein friedliches Leben zu führen. Der Krieg war vorbei und Gottesschöpfung blickte dankbar empor zu der Bändigerin.
Die Geschichten werden seitdem erzählt, doch gingen mit den Jahren unter, aber nicht die Kraft des Bändigen. Am Sterbebett bat Liliane das Licht um ein letzten Gefallen. Ihren Kampf nicht als gewonnen zu betrachten, denn die Welt brauchte einen Gleichgewichtsbringer, der die Seiten zusammenhalten müsse. Ihr flehen wurde erhört und Lilianes Kräfte wanderten seitdem von Seele zu Seele. Vor dir zu mir und nach dir zu jemand anderes, es werden noch Tausende weitere folgen. Ich Marek Romano war ein Bändiger, genau wie du, Jenna."

Mit offenem Mund hatte die Bändigerin dem Fremden vor ihr zugehört. Die Geschichte klang unglaublich und obwohl sie diese zuvor nie gehört hatte, kam Jenna das alles so vertraut vor. Ihr Schicksal, warum sie so war, wie sie war, wurde ihr gerade bewusst und auch jetzt verstand sie, wieso beide Seiten einen so unglaublichen Einfluss auf sie hatten. Sie trug beide Seiten in sich und es war ihre Entscheidung, für welchen Weg sie sich entschied. Augenblicklich wurden Jennas Knie weich und Marek wechselte sofort zurück in ihre vertraute Umgebung, wo sie sich wieder aufs Sofa fallen ließ.

"Scheiße.", nuschelte Jenna und strich sich mit beiden Händen über die mittlerweile leicht schwitzige Stirn.
"Ich weiß, ich konnte mir damals auch schöneres Vorstellen!", las Marek im selben Moment Jennas Gedanken und während sie noch daran dachte, dass dieser dies nicht tun sollte, drückte er freundschaftlich ihre Hand.

"Aber warum ich Marek? Oder warum du? Wer entscheidet, wer der nächste Bändiger wird?"
"Die Wege des Schicksals sind unergründlich. Doch bis jetzt waren es immer Menschen mit einem reinen Herzen. Natürlich gab es Bändiger, bei denen die Dunkelheit überwiegend an Macht gewann und dann gab es Zeiten, an denen das Licht an Macht gewann. Es ist deine Entscheidung, Jenna. Verstehst du das? Deine Aufgabe ist es, das Gleichgewicht zu halten. Mal gewinnt das Licht an Platz und mal die Dunkelheit. Du musst das ausgleichen, was die andere Seite sich nimmt. Aber es kann nie ohne gehen, verstehst du das? Deswegen darfst du den Teufel nicht besiegen, Jenna. Der Abstieg der Dunkelheit bedeutet den Untergang der Welt. Auch wenn der Himmel nichts Böses vorhat, werden immer dieselben Machtkämpfe um die Elemente herrschen."

Augenblicklich hatte Jenna das Gesicht Stephens vor ihrem geistigen Auge, aber auch an Andras, dem blonden Dämon, musste sie denken und versuchte gerade diesen Gedanken schnell zu verbannen.  Wie sollte ausgerechnet sie eine Entscheidung treffen, wenn sie selber nicht einmal wusste, für wen oder besser gesagt, für was sie sich entscheiden sollte? Marek lächelte aufrichtig, als er Jennas Gedanken vernahm.

"Gefühle sind verwirrend, doch genau diese machen uns menschlich. Lassen uns gute, aber auch schlechte Entscheidungen treffen und dennoch, egal wie wir uns entscheiden, öffnet sich ein neuer Weg. Ein Weg mit neuen Entscheidungen und neuen Gefühlen. Doch das ist der Weg des Lebens.", mischte Marek sich erneut in Jennas Gedanken ein und seufzend blickte sie in die blauen Augen ihres Gegenübers. Dieselben reinen Augen wie ihre eigenen.

"Weißt du, dieses ganze Philosophieren ist anstrengend. Außerdem verstehe ich immer nur die Hälfte.", schmunzelte Jenna und hoffte von der aufkommenden Panik in ihr abzulenken. Doch Marek war anders. Er war sie, er war in ihrem Kopf ein Teil ihrer Seele. Jenna musste erst noch erkennen, dass sie vor ihm keine Geheimnisse haben konnte.
"Du hast Glück, Jenna. Du hast zwei mächtige Freunde auf deiner Seite. Zwei Männer, die unterschiedlicher nicht sein können und trotzdem zwei Männer, die alles für dich geben würden. Mach dir dies zum Vorteil!"
"So einfach ist das aber nicht. Ich will niemanden verletzen, aber ich weiß selber nicht, was ich will. Ich liebe Stephen, ich liebe ihn über alles. Aber gleichzeitig möchte ich nicht, das Andras traurig ist und wenn er mich ansieht, sehe ich den Schmerz in seinen Augen."
"Ich weiß, aber die Liebe ist so viel mehr als eine Beziehung. Das werden auch beide Seiten erkennen. Doch du musst mit dir im Reinen werden. Deine Gefühle blockieren deine Kräfte und solange dies der Fall ist, wirst du nicht in der Lage sein, den Teufel einzusperren."

"Einsperren?" Jenna hatte schon damit gerechnet, doch wollte es noch mal aus Mareks Mund hören. "Gott erschuf den Käfig, die Elemente den Schlüssel. Die Tür nach draußen ist momentan geöffnet, doch eine Tür kann wieder geschlossen und vorallem zugesperrt werden."
Immer wieder wiederholte Jenna die Worte in ihrem Kopf. Bis sie Marek entschlossen ansah.
"Und was muss ich dafür tun?"

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