☆Light - 27☆

Die Hölle.
Bevor Jenna überhaupt verstand, wo sie gerade war, durchfuhr ein Gefühl unglaublicher Angst ihren Körper. Die junge Frau konnte nichts sehen. Wusste nicht, was um sie herum passierte. Das Einzige, was sie spürte, war die Aura des Schreckens. Sie war so intensiv, hier existierte wahrlich das Böse in seiner reinsten Form. Sie hatte das Gefühl zu fallen oder zu schweben? Jenna wusste es nicht, dass einzige was in ihr herrschte, war die absolute Dunkelheit. Es war wie eine Substanz, die Jenna durchdrang und ihr die Brust zusammenpresste. Unterschiedlichste Empfindungen durchfuhren den Körper der jungen Frau, Wahnsinn, Verzweiflung, Trauer, Elend. Sie hatte das Gefühl, kaum noch atmen zu können und auf einmal erwischte sie sich dabei, wie sie daran dachte, für immer hier gefangen worden zu sein. Beinah gleichgültig, als würde dieser Ort ihr sämtliche Hoffnung nehmen, ja als hätte sie vergessen, für ihr Überleben zu kämpfen.

Plötzlich verschwand die Finsternis und auch Jennas Verstand fing wieder an zu arbeiten. Die Dunkelheit brach auf und ein hellgrauer Dampf flog auf die Bändigerin zu, bis der Dunst einen klareren Umriss annahmen und sie in das überdimensionale grinsende Gesicht Luzifers blickte. Doch dieses Mal sah er anders aus und trotzdem wusste Jenna, dass er es war, der Teufel. Sein Gesicht sah nicht mehr so vertraut menschlich aus, wie Jenna ihn auf der Erde kennengelernt hatte. Eine unmenschliche Ziegenkopfähnliche dämonische Gestalt hatte sich vor Jenna aufgebaut und lachte sie amüsiert aus. Auf der breiten Stirn erstreckten sich zwei große Hörner und ragten fast bis ins Unermessliche. Mit herablassenden Blick kam die furchteinflößende Gestalt auf Jenna zu und kraftlos hing sie in der Luft. Ihrem Feind völlig ausgeliefert.

„Ich hatte mir tatsächlich etwas mehr unter dir vorgestellt, Bändigerin.", durchfuhr eine unmenschliche dunkle Stimme Jennas Sinne und brachte ihre Trommelfelder zum Beben. Langsam sah Jenna auf und blickte in die blutunterlaufenen Augen vor sich.
„Fahr zur Hölle!", zischte sie kraftlos und auch wenn sie es sich nicht anmerken lassen wollte, kostete dieser kleine Satz Jenna unglaublich viel Kraft. Sie hatte das Gefühl, schon Jahre hier zu baumeln, ohne Essen, ohne Wasser. Weshalb sie zitternd zusammenbrach und ihren Körper in der magischen Kraft hängen ließ. Sie kniff wütend ihre Augen zusammen, als das gehässige Lachen Luzifers sie erneut wachrüttelte.
„Fühlst du dich nicht gut, Bändigerin? Wie fühlt es sich an, machtlos zu sein?", spottete der Teufel und wütend funkelte Jenna diesen an, erwiderte kein Wort, ihr Blick sprach Bände.
„Ich heiße dich in meiner kleinen Hölle willkommen, ich werde deiner Seele sämtliche Quallen der Hölle durchleben lassen, bis du mich anflehen wirst, dich endlich zu erlösen."

Jenna wusste nicht, was ihr das Bewusstsein geraubt hatte, doch als sie ihre Augen öffnete, spürte sie zuerst den Schmerz an ihrer Brust. Man hatte der jungen Frau ein Seil um den Brustkorb gebunden. Unbeweglich hing sie mit den Armen in der Schlinge und baumelte über eine unendliche Tiefe. Jenna hob den Kopf an und was sie sah, schnürte ihr die Kehle zu. Überall hingen Männer und Frauen ebenfalls an Seilen. Jedoch lief bei ihnen das Seil nicht unter den Armen her, die Schlingen schnitten sich tief in das Fleisch um dessen Hals. Doch sie waren nicht tot, ein leiderfülltes Stöhnen durchschlug die Stille. Der Anblick alleine war schon schlimm genug, doch als Jenna erkannte das diese bedauernswerten Geschöpfe noch lebten, wurde der sonst so starken Bändigerin schlecht und konzentriert kniff sie ihre Augen zu.

Direkt rechts neben Jenna hing ein Mann, der sie mit seinen glasigen Augen anstarrte. Verzweifelt trafen sich dessen Blicke und Jenna erkannte an dessen Uniform, dass dieser schon mehrere Jahre hier hängen musste. Vermutlich war dieser Mann während des Zweiten Weltkrieges gestorben und zum Untoten da sein in der Hölle verbannt worden. Jenna sah nach links in der Hoffnung etwas zu erkennen, doch sie konnte nicht einmal abschätzen wie weit dieser überdimensionale Galgen noch reichte. Wohin sie auch sah, überall hingen die Untoten, ein Anblick war schlimmer als der andere und erneut überkam sie unglaubliche Angst. Als sich Jenna nach Minuten endlich wieder gesammelt hatte, versuchte sie sich zu bewegen. Mit Erfolg, der Strick ließ ihr genug Freiraum und wahrscheinlich konnte sie sich sogar befreien. Doch was nützte ihr das? Sie baumelte irgendwo im Nichts, wusste nicht, wie tief es unter ihr war. Als plötzlich ein enormer Ruck durch den Strick ging. Der gewaltige Galgen über Jenna knarzte und langsam wurden sämtliche Stricke hinuntergelassen. Es dauerte Minuten, bis Jenna durch eine dichte Nebelbank brach und einen riesigen See unter sich erkennen konnte. Doch der See bestand nicht aus Wasser, nein, das war Blut! Panisch riss Jenna am Strick, wollte nicht mit den anderen Untoten in den See aus Blut ertrinken. Luzifer wollte sie leiden lassen, doch den Erfolg wollte Jenna dem Teufel nicht geben. Die Toten, die unter Jenna hingen, tauchten bereits ins Blut ein und mit aller Kraft bäumte die Bändigerin ihren Körper auf, um sich mit den Beinen am Strick hochzuziehen. Es schenkte ihr jedoch nur wenige Zentimeter und mit unkontrollierten Bewegungen versuchte sie den Strick um ihren Körper zu lösen.

Sie hörte bereits das Leiderfüllte gurgeln der anderen unter sich und sah die Luftblasen, die aus der dickflüssigen Blutlache hervorkamen. Mit einem weiteren kräftigen Ruck schaffte Jenna es tatsächlich, den alten Strick zum Reißen zu bringen. Tiefe Schnittwunden stachen in Jennas Fleisch und eilig versuchte sie an dem dünnen Seil hochzuklettern. Der Galgen sank immer schneller Richtung Blutsee und im aller letzten Moment hatte sie es tatsächlich geschafft. Wie ein Affe klammerte sie sich erschöpft um den breiten Galgen. Ihre Arme brannten, der Aufstieg war viel anstrengender gewesen, wie sie in lauter Panik erst wahrgenommen hatte. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete Jenna erschöpft, wie das Blubbern der Untoten nachließ. Jenna erschrak als erneut ein Ruck durch das riesige Folterinstrument ging und der gesamte Galgen wieder hochfuhr. Erst jetzt erkannte sie den Sinn dieser teuflischen Folter. Die Opfer wurden immer wieder in die blutige Lache getaucht, sie erstickten, doch sterben konnten sie nicht und das immer und immer wieder seit Jahren.

Verzweifelt schloss Jenna ihre Augen, als sie mit der enormen Konstruktion wieder hochfuhr. Müde lehnte sie ihren Körper auf den Balken, als eine gewaltige Sturmböe Jenna erfasste. Krampfhaft hielt sie sich am Holz fest, bis der Wind nachließ. Das gehässige Lachen Luzifers schien von überall zu kommen, bis dicht vor ihr, auf den Balken stehend, ein dunkelhaariger Mann im feinsten Anzug stand. Bevor Jenna reagieren konnte, umfasste Luzifer grob Jennas Hals und zog sie zu sich rauf.

„Du hast mich gerade genüsslich amüsiert. In dir steckt ja doch noch ein gewisser Kämpfergeist kleine." Mit einem breiten Grinsen funkelten seine dunkelroten Augen Jenna an und würde der Teufel ihr nicht die Luft abschnüren, hätte sie ihm die passende Antwort gegeben. Sein Griff lockerte sich, als er sie spielerisch leicht am Arm packte und wie eine Puppe vor sich hielt. Unter ihr baute sich die gewaltige Tiefe auf, wo sie wusste, dass sie irgendwann in dem Blutsee enden würde, sollte er sie fallen lassen.
Ihre Schulter schmerzte höllisch, als ihr gesamtes Körpergewicht am Arm hing, etwas, was der Teufel mit einem noch breiteren Lächeln auffasste.
„Ihr Menschen seid so schwach, ich weiß einfach nicht, was mein Vater an euch so faszinierend findet." Spöttisch zog Luzifer sie höher an sich heran und angewidert schloss Jenna ihre Augen, als er ihrem Gesicht mit seinem so teuflisch nah kam.
„Es ist beinah traurig, so ein hübsches Exemplar zu foltern. Doch vielleicht sollte ich dir das antun, was du meinen Kindern angetan hast!", raunte er in ihr Ohr.
„Tue nicht so, als hätten sie dir irgendetwas bedeutet!", krächzte Jenna und versuchte sich aus dessen Griff zu lösen. Tatsächlich zog er sie weiter an sich heran, sodass Jenna wenigstens ihre Zehenspitzen auf den Galgen abstellen konnte, um ihren Schmerz in der Schulter für einen Moment zu vergessen. Er hatte sie spielerisch mit einer Hand am Rücken gepackt und gleichzeitig versuchte sie halt an dessen Anzugjacke zu finden. Er grinste amüsiert, ja man sah ihm die Faszination an, wie er es genoss, die überhand zu haben. Ekel überkam Jenna, da sie dem Teufel so hilflos ausgeliefert war. Ein falscher Schritt oder eine falsche Tat und er würde sie fallen lassen und dabei würde sie sich sämtliche Knochen brechen, sollte sie auf die blutige Oberfläche treffen.

Luzifer grinste breit und konnte seine Augen vor dem unscheinbaren Geschöpf vor sich kaum lösen. Er hatte es tatsächlich geschafft und hielt die Verbindung zwischen der Licht und Schattenwelt in seinen Händen. Er konnte mit ihr machen, was er wollte und vor allem wollte er sie leiden lassen. Ihren schlimmsten Albtraum wahr werden lassen und niemand würde ihn dabei aufhalten. Er wollte ihr das antun, was ihre Vorfahren ihm angetan haben. Ihre blauen Augen funkelten ihn verachtend an und auch wenn er ihr bei Weitem, in seiner Welt, überlegen war fand er ihren Überlebenswillen beeindruckend. Die meisten Seelen, die in die Hölle kamen, waren schwach und hatten mit ihrem da sein abgeschlossen, doch bei der Bändigerin war es anders. Ja, sie hatte tatsächlich noch die Hoffnung aus der Hölle entkommen zu können. Weshalb in ihm immer mehr der Drang kam, sie höchst persönlich zu foltern, um ihr den letzten Willen zu rauben und er wusste genau, wie man bei ihr damit anfing.

Während Luzifer auf Jennas Vorwurf gar nicht einging, funkelten die beiden sich an. Luzifers Griff um die Bändigerin wurde von einem Moment auf den anderen lockere und eh Jenna verstand, fiel sie kopfüber den erheblichen Balken hinunter. Sah ein letztes Mal in das gehässige Gesicht des Teufels und während sie die gewaltige Tiefe hinunterfiel, erschien vor ihrem geistigen Auge das vertraute Gesicht Stephens. Ihre Erinnerung zeigte einen Moment ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Eine der ersten Stunden ihres persönlichen Trainings, als Stephen es sich zur Aufgabe gemacht hatte, sie in ihren Kräften zu unterrichten.
„Du kannst die Elemente bändigen. Feuer, Wasser, Erde und Luft. Dein Geist ist die Kraft und dein Körper das Element. Deshalb musst du nicht nur deinen Geist stärken, sondern auch deinen Körper. Um das Gleichgewicht zusammenhalten zu können. Verbinde dein Körper mit deinem Geist.", erklärte er ihr ruhig, während er nachdenklich um die junge Frau lief. Verwirrt hatte sie ihn damals angesehen. Sie, eine einfache junge Frau, plötzlich aus ihrem Alltag gerissen, sollte etwas schaffen, was so unmöglich klang. Doch sie hatte es geschafft, mit seiner Hilfe wurde sie zu dem, was sie heute war. Eine Kämpferin, ein Avenger. Sie würde so schnell nicht aufgeben, das hatte Stephen ihr beigebracht und für ihn würde sie kämpfen.

Während Jenna fiel, sammelte sie ihre Kraft. Wusste nicht, ob ihre Seele alleine dazu in Stande war, die Kraft ihrer Elemente auszuhalten. Doch auch wenn sie nur eine Chance hatte, musste sie es probieren. Sie mobilisierte ihre gesamte Energie, schloss ihre Augen und bevor sie unschön auf der Oberfläche des gewaltigen Sees aufschlug, sammelte sich dunkle Energie um ihren Körper und ein gewaltiger Blitz schoss aus ihren Händen Richtung Luzifer. Dieser beobachtete ihren unendlichen Sturz, als er im letzten Moment auswich und noch den Blitz auf seiner Haut spüren konnte, der an ihm vorbeischoss und mit einem lauten Knall über ihn zerbrach. Beinah hätte es ihn selbst vom Galgen gerissen, als er seine Hand schützend vors Gesicht hielt. Spürte das Brennen auf seiner Haut und als er das Blut an seinen Fingern sah, erkannte er, welch eine Kraft hinter dem Blitz steckte. Er wurde an der linken Gesichtshälfte getroffen und eine frische Wunde zog sich über seine Augenbraue, die augenblicklich in einer roten Narbe verheilte. Er konnte es nicht fassen, noch nie hatte eine Seele ihre Kräfte in der Hölle einsetzen können und vor allem hatte ihn noch nie jemand verletzt. Schon gar nicht hier in seiner Hölle! Doch viel Zeit zum Nachdenken blieb dem Höllenfürsten nicht, denn bevor Jenna auf den See aufschlug, öffnete sich ein riesiger Dimensionsspalt und von einem Moment auf den anderen war seine Gefangene verschwunden. Jenna hörte noch Luzifers unmenschlichen Aufschrei, als sie das Gefühl hatte, an der Schulter durch unzählige Dimensionen gerissen zu werden. Die gewaltige Energie zerrte an ihren Kräften und bevor Jenna das Bewusstsein verlor, hörte der Höllentrip auf und panisch riss sie ihre Augen auf. Sah zuerst an die Decke des Sanctum Sanctorum und schließlich in die vertrauten Augen, Stephens.

„Träume ich?", überkam es ihrer Lippen. Doch als Stephen sie mit unter Tränen unterlaufenen Augen an sich zog. Wusste sie, dass sie wieder bei ihm war, der Hölle scheinbar entkommen, wieder am Leben.

~•~

Mich würde eure Meinung brennend interessieren, wie findet ihr die Geschichte bis jetzt? Ich habe das Gefühl, dass sie nicht so gut bei euch ankommt, wie Shadow? Fortsetzungen werden generell nicht so oft gelesen, wie die ersten. Aber wenn ihr Verbesserungen habt schlagt sie gerne vor (:

Eure JanCas

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