9. Alte Freunde kehren zurück
Am nächsten Morgen wachte ich in meinem Bett auf. Verschlafen blinzelte ich. Ächzend setzte ich mich auf. An meine Hüfte klammerte sich was. Schlaftrunken drehte ich mich um. Kazutora schlief noch. Er umarmte mich so fest, als ob er mich beschützen wollen würde. Leise schnarchte er, während ihm etwa Sabber aus dem Mund lief.
Auch wenn ich sonst so kalt war, blieb mir bei dem Anblick nichts anderes übrig als zu Lächeln.
Das war mir viel lieber als Shuji, der mich während dem schlafen sehr oft unbeabsichtigt geschlagen oder getreten hatte.
Mit leichten grummeln öffnete Kazutora neben mir die Augen. Anscheinend hatte ich ihn durch meine vielen Bewegungen geweckt.
Als er mich erblickte lächelte er freudig. Es war unverkennbar wie sehr er mich liebte und wie wichtig ich ihm war.
Allein schon dafür hatte es sich gelohnt die Vergangenheit ruhen zu lassen, mich selber unglücklich zu machen, aber ihn auch, nur weil ich mich nichtmehr an ihn erinnerte befand ich schon als ziemlich gemein. Der Junge war schließlich auch ein Guter und ihm ging es so schon nicht besonders gut, da musste ich es nicht noch schlimmer machen.
„Es ist so schön endlich wieder neben dir aufzuwachen", lächelte er glücklich und kuschelte sich weiter in meinen Schoß.
Sanft strich ich ihm über den Kopf.
„Na los, lass uns aufstehen. Es ist schon spät".
Er zog kurz einen Schmollmund, stand dann aber doch auf.
Als wir runter kamen bemerkten wir, dass meine Eltern schon weg waren. Wundern tat es mich aber auch nicht, da es schon nach 12 war.
Im Kühlschrank suchten wir uns irgendwelche Reste zum Frühstück zusammen.
Nachdem wir fertig mit essen waren, verließen wir das Haus und begaben uns Richtung geheimversteck.
Als wir durch den Park gingen blieb Kazutora auf einmal stehen.
„Was ist los?", fragte ich verwundert über sein abruptes anhalten.
Er grinste breit.
„Wirst du gleich sehen, ich hoffe du freust dich."
Mit schiefgelegtem Kopf sah ich ihn an.
*Was hat er jetzt wieder vor?*
Nach kurzer Zeit tauchte Jemand hinter Kazutora auf. Ein Kerl mit langem, schwarzen Haaren und braunen Augen. Als er uns sah, setzte er ein breites Grinsen auf.
Mir blieb der Atem weg als ich ihn erkannte.
Sofort erinnerte ich mich an alles was früher war. Es war Baji, mein und Kazutora's allerbester Freund. Irgendwie war es so als hätte ich an ihn von allen die besten Erinnerungen, es war als würde nichts fehlen, anders als bei Kazutora, bei dem ich manchmal doch einige Sachen nicht wusste.
„Kei!", rief ich ihm freudig bei seinem Spitznamen, den ich ihm gegeben hatte und mit dem auch nur ich ihn rufen durfte.
Grade war es wie früher. Ich konnte meine Gefühle nicht steuern. Tränen liefen mir über die Wangen, als ich auf ihn zu lief und ihm in die Arme sprang. Schniefend drückte ich meinen Kopf an seine Brust.
„Kei! Bist du es wirklich?", zitterte meine Stimme. Mit glasigen Augen sah ich zu ihm hoch. Sein Ausdruck hatte sich schon seit er ein kleines Kind war nicht verändert. Ich kannte den Kerl schon so lange, dass ich gar nicht hätte sagen können, ob ich ihn schon immer gekannt hatte.
Auf dem Gesicht des Jungen zierte sich ein Lächeln.
„Natürlich bin ich es Yu. Ich bin so froh, dass du noch lebst", drückte er mich fest an sich.
Seine langen Haare kitzelten mich im Gesicht und sein vertrauter Geruch stieg mir in die Nase.
„Es tut mir so leid, dass ich mich nie bei dir gemeldet habe. Ich hatte nach dem Unfall mein Gedächtnis verloren und wusste gar nichts mehr. Erst dank Kazutora konnte ich mich wieder an dich erinnern. Du hast mir so gefehlt", schniefte ich während ich mir die Tränen aus dem Gesicht wischte.
„Hey Kleine, alles gut, jetzt bin ich ja da", gab er mir einen sanften Kuss auf den Haaransatz.
Als wir uns lösten sah Kei an mir vorbei. Er grinste leicht und ich wusste genau, dass Kazutora den er gerade ansah es ihm gleich tun würde.
„Na los Kazu, worauf wartest du?", lachte der Schwarzhaarige und breitete die Arme aus, bereit seinen Freund zu empfangen.
„Baji!", rief mein Freund grinsend, rannte an mir vorbei und endete bei Kei in einer engen Umarmung.
„Endlich bist du wieder zurück, ich hab dich so vermisst", hörte ich den Schwarzhaarigen wispern.
„Du hast mir auch gefehlt, sehr sogar. Aber es war alles meine Schuld. Sowas wird bestimmt nicht mehr vorkommen, ich hab inzwischen dazu gelernt."
Der Braunäugige lächelte sanft und strich ihm über den Kopf.
„Ich hoffe doch, so lange überleb ich nicht nochmal ohne dich."
„Kazu, da fällt mir grade was ein".
„Hm?", sah Kazutora ihn fragend an.
„Wollt ihr beiden nicht wieder zurück zu Toman kommen? Vielleicht vergibt Mikey dir, wenn er sieht, dass seiner Schwes...Au", fing Baji an, doch stoppte vor Schmerz. Kazutora war ihm mit aller Kraft auf den Fuß gestiegen und funkelte seinen besten Freund böse an.
„Ich werde niemals wieder zurück kommen, das habe ich mir geschworen", grummelte mein Freund vor sich hin.
*Was ist denn jetzt los? Warum springt er ihm so auf den Fuß? Wollte er, dass er aufhört zu reden? Aber warum? Etwa etwas, das ich nicht hören sollte oder weil er es selber nicht hören wollte*, verwirrte mich die ganze Situation. Noch nie, so weit meine Erinnerungen reichten hatten die beiden sich richtig doll gestritten, immer nur kurz.
„Schon gut, war ein Versuch wert", seufzte der Schwarzhaarige. „Ich wollte nur, dass alles wieder so ist wie früher und wir alle wieder zusammen sein können."
„Solange Mikey euer Anführer ist, werde ich dem nie zustimmen", lehnte der Gelbäugige sofort weiter ab, während sein Blick immer düsterer wurde.
„Schon gut, ich wollte auch nicht herkommen um zu streiten und dein Vorhaben war es wohl sicher auch nicht, also was wollen wir machen?", änderte Kei schnell das Thema und sah etwas hilfesuchend zu mir.
Tatsächlich konnte ich in Kei's Gegenwart auch nicht so kalt sein, wie ich es sonst war. Egal wie sehr ich es wollte, es ging einfach nicht, fast als würde er jegliche negative Energie aus mir herausziehen.
Ich überlegte, was wir früher immer gemacht hatten. Eigentlich hatten wir endweder auf Spielplätzen abgehangen, Auto's Angezündet, in der Spielehalle unser Geld verschwendet oder was gegessen.
*Für Spielplatz sind wir zu alt...Autos anzünden fällt auch raus, ich hab keine Lust auf Ärger und für die Spielhalle sind wir zu arm wenn ich uns so anschaue*.
„Wollen wir was Essen gehen?", fragte ich in die Runde.
„Solangs nicht zu teuer is, bin ziemlich knapp bei Kasse", murmelte Kei während Kazutora zustimmend nickte.
„Notfalls geht auch MC's", zuckte ich mit den Schultern.
Aus dem Augenwinkel sah ich wie mein Freund angewidert das Gesicht verzog. Kei dagegen war Feuer und Flamme, wie ich es mir schon fast dachte.
„Sehr gute Idee, gekauft", ignorierte der Schwarzhaarige den Gesichtsausdruck seines besten Freundes und lief los.
Der Junge neben mir seufzte, folgte uns dann aber doch ohne großes weiteres Murren.
Bei Mc Donalds angekommen bestellte ich mir Chicken Nuggets mit Pommes, Kei bestellte sich einen doppelten Cheeseburger und Kazutora nahm nur einen kleinen Milchshake.
„Selbst der schmeckt chemisch", grummelte mein Freund vor sich hin.
„Man Kazu, wie alt bist du? 15 oder 50?", lachte Kei ihn aus. Grinsend schmierte der Schwarzhaarige provokant etwas Ketchup von seinem Burger ins Gesicht.
„Bah! Baji, du Wixer!", sprang Kazutora mit erhobener Faust auf, während er aussah wie ein Faschingsunfall.
Ich lachte leise und betrachtete die Beiden. An sowas konnte ich mich auch zu gut erinnern, die zwei waren schon immer so. Irgendwo wie ein altes Ehepaar was dauernd stritt, aber wenn's drauf ankam waren sie fast eher wie Geschwister. Keiner von ihnen würde je zulassen, dass dem Anderen was passierte. Und ich war sowieso ihr heiligster Schatz, wenn mir früher Jemand blöd kam, hatte er es gleich mit Beiden zu tun.
Kei hatte früher mit mir Kampfsport gemacht und Kazutora war auch ohne fast so stark wie er, deshalb sah es meist schlecht aus für ihre Gegner.
„Man müsst ihr so übertreiben", rief ich aus, als ich mich wieder auf die Jungs konzentriert hatte.
Kei hatte inzwischen Kazutora's ganzes Gesicht mit Ketchup bekleistert und dieser hatte dem Schwarzhaarigen dafür den Rest seines Milchshakes drüber gekippt.
„Nie kann man wo mit euch hingehen, ihr seid echt wie zwei kleine Kinder. In all dem Jahren habt ihr euch nicht verändert", seufzte ich und schlug mir die flache Hand ins Gesicht.
„Ist doch gut, wenn alles noch so ist wie früher, du liebst uns doch deswegen", lächelte Kei und umarmte mich innig.
„Bah, du triefst!", beschwerte ich mich lautstark. Der triefende, klebende, nach Milch stinkende Kei, fand das aber nur noch amüsanter und drückte sich noch mehr an mich.
„Bah! Kazu, hilf mir!", rief ich Hilfesuchend nach meinem Freund.
Als ich zu ihm sah, saß er aber nur da und lächelte glücklich.
„Man jetzt grins nicht so blöd und hilf mir!"
Er stand auf und kam zwar auf mich zu, aber es sah nicht so aus als würde er mir helfen wollen. Stattdessen umarmte er uns beide und lehnte sich an Kei's Schulter an.
„Es ist genau wie früher", sah er aus wie ein kleines Kind. Kei und ich lächelten ebenfalls. Sanft strich ich Kazutora über den Kopf und drückte mich mehr an ihn.
Genau jetzt hatte ich wieder ein Gefühl wie früher. So vertraut, so familiär, so schön und so beschützt. Jeder von uns wusste immer, dass er sich auf die andern Beiden verlassen konnte.
Als wir fertig mit Essen waren, räumten wir unser Tablett und den Müll weg. Dann verließen wir den Fastfoodladen und gingen wieder zu dem angrenzenden Park.
Irgendwann blieb ich stehen und hielt Kei dabei am Jackenärmel fest.
„Kei, komm doch zu Walhalla", sah ich ihn bettelnd an.
Der große Schwarzhaarige seufzte.
„Nein, das geht nicht. Ich kann Mikey nicht alleine lassen, es reicht schon, dass Pah weg ist."
„Was ist mit Pah passiert?", fragte Kazutora leicht entsetzt, während er mit ein paar servierten sein Gesicht vom Ketchup befreite.
Er hatte ihn mal erwähnt als er mir von unserem früheren Freundeskreis erzählte, aber an viel erinnerte ich mich nicht, nur, dass er etwas dicklich war, aber seinen Charakter kannte ich nicht.
„Er hat Osanai von Möbius abgestochen und sitzt jetzt im Knast", erzählte der Junge.
„Das sieht Pah ähnlich, der Hellste war er ja noch nie", seufzte Kazutora.
„Egal, zurück zum Thema. Kommt ihr doch einfach zu Toman zurück. Ich kann bestimmt mit Mikey reden, wir kriegen das alles irgendwie geregelt, glaub mir."
„Ich kann ja auch versuchen mit diesem Mikey zu reden", brachte ich mich ein.
„Nein! Wehe du näherst dich ihm!", schrie Kazutora mich wütend an. Erschrocken wich ich zurück. So sauer hatte ich ihn noch nie gesehen.
Auch Kei sah ihn verwundert an.
„Aber warum denn nicht, schließlich ist sie..."
„Jetzt halt endlich die Fresse!", unterbrach er ihn sauer.
„Ich will nicht zurück, versteht ihr das nicht! Entweder du kommst zu uns oder das Thema hat sich erledigt!"
*Irgendwas stimmt hier nicht. Warum ist er so sauer und warum hasst er diesen Mikey so sehr? Da war bestimmt mehr als nur die Geschichte mit seiner Schwester, sonst wäre er nie so sauer. Kazutora ist nicht die Art Mensch die mir nachtragend vorkommt.*
„Ist ja gut", seufzte Kei etwas nidergeschlagen. „Ich muss jetzt eh los, wir haben bald eine Versammlung."
„Aber Kazu, wir schreiben, egal ob ihr bei uns seid oder bei Walhalla, ihr seid immer noch meine beiden Lieblinge", grinste er breit.
Zum Abschied umarmte ich ihn nochmal fest, dann ging er.
Kazutora stand schweigend neben mir mit etwas gesenkten Kopf.
„Alles ok?", fragte ich ihn. Er hob den Kopf, lächelte sanft und sah mich dann mit einem undefinierbaren Blick an.
Er nickte und zwang sich zu einem Lächeln.
„Ist es ok, wenn ich gehe...ich muss etwas allein sein und nachdenken".
Überrascht sah ich ihn an. Es passte nicht zu ihm, dass er mal alleine ohne mich sein wollte.
„Öhm...klar", gab ich ihm zur Antwort. Er umarmte mich sanft und drückte mir einen sanften Kuss als Abschied auf die Stirn. Mit leicht gesenkten Kopf und den Händen tief in den Jackentaschen vergraben, ging er davon.
*Was hat er nur? Hab ich was falsches gesagt? Ist er sauer auf mich?*, stellte ich mir lauter Fragen auf dem Weg nach Hause.
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Denkt ihr Kazutora fängt an sein Verhalten zu bereuen?🤔
Lasst gerne Feedback da, würde mich sehr freuen ^^
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