5. Was passiert mit mir?
Inzwischen war Montag. Der mit Abstand beschissenste Tag in der ganzen Woche. Genervt saß ich im Unterricht. Es war eh schon ein seltenes Bild mich hier zu sehen und jetzt fragte ich mich auch wieder wie zum Teufel ich auf diese verblödete Idee gekommen war, hier aufzukreuzen.
Während der Lehrer vorne an der Tafel etwas laberte was mich nicht die Bohne interessierte, biss ich am Ende meines Bleistiftes herum.
In meinem inneren betete ich, dass es irgendwas geben würde, was den Unterricht etwas spannender machen würde.
*Ich glaub ich hau nach der dritten Stunde wieder ab, das kann sich ja kein Mensch geben*.
Als würde ich erhört werden, hörte man auf einmal wie ein paar Schüler auf dem Gang zusammen geschlagen wurden.
Interessiert ließ ich von meinem Stift ab und blickte zur Klassenzimmertür, in der Hoffnung, dass die Party gleich hier weiter gehen wird.
Zu meinem Glück sollte ich nicht enttäuscht werden. Die Schiebetür wurde zur Seite geschoben.
Leicht grinste ich.
*Bin gespannt was da jetzt wieder für ein Monster an Kerl kommt.*
Im nächsten Moment streckte ein kleiner, blonder Junge seinen Kopf zur Tür hinein.
*Echt jetzt? Der Knirps hat für den Lärm gesorgt*, seufzte ich etwas enttäuscht.
„Nun komm schon, Takemitchy", rief er einen meiner Mitschüler mit einem zuckersüßen Lächeln.
*Wer ist er denn? Und was will er von Takemitchy? Der Typ ist doch so ein Waschlappen.*
Etwas genauer sah ich mir den Blonden an, der da gerade durch die Tür gekommen war. Seine Augen so schwarz wie die Nacht, sie hatten etwas sehr kaltes in ihrem tiefsten Inneren. Auch wenn er so freundlich rüberkam, so sagte mir mein Gefühl jetzt, dass man sich mit diesem Kerl besser nicht anlegen sollte.
Zudem kam er mir bekannt vor, aber ich hatte kein Bild zu ihm im Kopf.
*Vielleicht war er früher mal mein Gegner*, überlegte ich, beschloss aber nochmal Kazutora zu fragen ob dieser ihn kennen würde.
Der sichtlich verwirrte und überforderte Takemitchy war inzwischen auch aufgestanden und zu dem Jungen gelaufen.
„Bye bye", rief der Fremde mit den blonden Haaren noch ins Klassenzimmer, dann zog er die Schiebetür mit einem Ruck wieder zu.
*Was ein komischer Kerl*.
Am Nachmittag nach der Schule zog ich mich zuhause nur kurz um, dann lief ich wieder zum Versteck.
Mit Kopfhörern in den Ohren und sehr lauter Musik lief ich durch die Straßen. Das machte ich immer, damit ich meine Mitmenschen um mich herum so wenig wie möglich mitbekommen würde.
Leise sang ich den Text des Liedes in meinem Kopf mit. Für die Außenwelt starrte ich dabei wie immer emotionslos nach vorne.
An der Spielhalle angekommen, stieg ich über die Kette, die den Eingang versperrte und betrat das Innere. Suchend blickte ich mich um. Wie immer war es düster und voller Rauch hier drin. Es waren nicht grade viele der Gang da, nichtmal Shuji konnte ich grade auf seinem "Thron" erkennen.
Als ich mich aber genauer umblickte, fand ich den Jungen den ich suchte. Er stand gerade mit zwei anderen Mitgliedern zusammen und schien sich mit diesen zu unterhalten.
Ich nahm die Kopfhörer aus meinen Ohren und packte sie weg. Mit schnellen Schritten ging ich von hinten auf Kazutora zu.
„Komm mit", knurrte ich nur, packte ihn von hinten am Kragen seiner weißen Gangjacke und zog ihn mit mir nach draußen.
„Yuki, was gibts denn?", fragte er mich überrascht, aber dennoch kam es mir vor als wäre er nervös.
„Bei uns kam heute ein Kerl ins Klassenzimmer, blonde mittellange Haare, ziemlich klein für nen Kerl und schwarze ausdruckslose Augen, kennst du ihn?", überfiel ich ihn sofort.
Fragend zog er eine Augenbraue in die Höhe und schüttelte ruhig den Kopf.
„Nee, keine Ahnung"
Mit stechenden Blick sah ich ihn an und ging einen Schritt auf ihn zu.
„Er hat mir den Eindruck gegeben, als würde er auch zu einer Gang gehören, wundert mich also, dass du ihn nicht kennst. Also sag die Wahrheit!"
Verängstigt wich er etwas zurück. Seine Hände hatte er schützend vor sich gehalten.
„Yuki, ich liebe dich, warum sollte ich dich belügen. Ich war zwei Jahre nicht hier, ich hab keine Ahnung wie sich die Gangs entwickelt haben oder wen sie Neues bei sich haben".
„Ach ja und wo warst du?", fragte ich weiter nach. Kazutora gab mir zwar den Eindruck, dass ich ihm glauben konnte, aber dennoch hatte ich das Gefühl der Junge würde mir nur die halbe Wahrheit erzählen.
Als hätte er nicht damit gerechnet, dass ich diese Frage stellen würde, sah er mich überrascht an, dann drehte er seinen Kopf bedrückt weg.
„Tschuldige, aber ich will es dir noch nicht erzählen, du hast dein Gedächtnis verloren, du wüsstest keine Hintergründe und ich will nicht, dass du mich so siehst".
Während der Schwarzblonde das erzählte sah er immer trauriger aus. Fast tat er mir schon leid, aber das würde ich niemals zeigen.
„Wegen diesem Grund habe ich dich damals verloren und der Unfall ist passiert, ich will nicht, dass du dich daran erinnerst. Ich hab Angst, dass das gleiche wieder passieren wird, ich könnte es nicht ertragen dich noch einmal zu verlieren."
Kalt sah ich ihn weiter an, doch seufzte leise beim Anblick des Jungen.
„Schon gut, aber irgendwann werd ich es eh rauskriegen, also überleg dir besser ob von dir oder Jemand anderem", warnte ich, dann drehte ich ihm wieder den Rücken zu und ging nach drinnen.
Da Shuji auch nicht da war, setzte ich mich gemütlich auf seinen schwarzen Ledersessel.
Die Sache mit Kazutora hingegen ging mir immer noch nicht aus dem Kopf.
*Warum war er nicht da? Wo war er? Was genau war damals passiert?*
*Shuji weiß es bestimmt, ich ruf ihn mal an.*
Mit nur wenigen Bewegungen auf meinem Handy rief ich meinen besten Freund an.
Es dauerte nicht lang bis er ran ging.
„Na Prinzessin, da bin ich einmal nicht da und schon vermisst du mich", hörte ich sein Grinsen durch das Telefon ohne es zu sehen.
„Red kein Scheiß. Ich ruf dich nur an weil ich Informationen über Kazutora brauche".
„Uhh Achso, na dann lass mal hören, was willst du wissen?"
„Stimmt es, dass er zwei Jahre nicht da war."
„Ja", antwortete mein bester Freund knapp und kalt.
„Wo war er?", fragte ich sofort weiter.
Kurz blieb es leise.
„Shuji?", wollte ich mich vergewissern ob er noch da war.
„Das muss er dir selber sagen, da misch ich mich nicht ein".
Genervt seufzte ich laut ins Handy, so dass er es garantiert hören würde.
„Du bist echt keine Hilfe!".
Dann legte ich auf, bevor noch eine Antwort von ihm kam.
Zumindest wusste ich, dass Kazutora nicht gelogen hatte und er wirklich nicht da war, also kann es wirklich sein, dass er den blonden Jungen nicht kennen würde.
*Aber woher kenn ich ihn dann? An alle die ich innerhalb der letzten zwei Jahre kennenlernte konnte ich mich ohne Probleme erinnern und davor war immer Kazutora bei mir. Entweder war es vor seiner Zeit oder der Typ verheimlicht mir doch was. Vielleicht will er mich auch nur damit verunsichern dass er dauernd sagt er würde mich lieben, vielleicht stimmt es gar nicht und er sagt es einfach so.*
Genervt sprang ich wieder aus dem Sessel hoch.
*Wo steckt er nur?*
Wieder blickte ich mich in der Halle nach dem Jungen mit den schwarzblonden Haaren um.
Als ich ihn fand rannte ich wieder auf ihn zu. Wortlos zog ich ihn am Kragen von einer Gruppe Jungs weg mit denen er sich grade unterhielt.
„Yuki? Was ist jetzt?", fragte er überrascht und auch die andern Mitglieder sahen mich komisch an und Kazutora eher mitleidig. Wahrscheinlich dachten sie er hatte was angestellt und ich würde ihm jetzt seine gerechte Strafe erteilen.
Wortlos zog ich meinen anscheinend früheren Freund zur Hintertür raus.
„Man Yuki, was ist denn wieder?", jammerte er.
„Ich glaub dir nicht", sagte ich trocken und wartete auf seine Reaktion.
Wie zu erwarten sah der Junge mich entgeistert an, doch etwas in ihm schien nervös zu bleiben.
*Der verheimlicht garantiert was, sonst wär der nicht so nervös*.
„Was glaubst du mir nicht?", fragte er vorsichtig.
„Ich glaub dir nicht, dass du mich liebst, das könnte Jeder sagen um mein instabiles Gedächtnis auszunutzen".
Nachdem ich das ausgesprochen hatte sah er betrübt weg.
„Soll...soll ich es dir beweisen?", fragte er vorsichtig.
„Wenn du weißt wie von mir aus", gab ich kalt zurück.
Ein kleines Lächeln zierte sich auf sein Gesicht.
„Aber nur wenn du mich nicht schlägst dafür", lachte er leicht.
„Von mir aus".
Langsam kam Kazutora näher bis er direkt vor mir stand. Er war mindestens einen Kopf größer als ich, das fiel mir jetzt erst so richtig auf, nachdem er mir so nahe war.
*Warum kribbelt meine Haut denn jetzt so? Er ist mir doch nur näher gekommen.*
Mit einem leichten Lächeln was seine Lippen zierte beugte er sich zu mir runter. Zaghaft legte er seine Lippen auf meine.
*Spinnt der?!*
Am liebsten hätte ich ihn sofort weggeschubst und gefragt was die Scheiße soll, doch ich war wie gelähmt. Ich konnte mich nicht dagegen wehren. Es waren aber noch andere Gefühle in mir die viel stärker waren. Gefühle, die ihn unbedingt dabehalten wollten. Alles war so vertraut. Es war ganz anders als wenn Shuji mich küsste. Bei Kazutora spürte ich genau die Emotionen und die Liebe die von ihm ausgingen. Auch mir ging es nicht anders, mein Bauch kribbelte so stark, es war alles so vertraut, aber dennoch war dieses Gefühl lange nicht da gewesen und ich merkte jetzt erst wie unglaublich ich es vermisst hatte.
Als er sich löste war ich wie erstarrt. Das Gefühl hallte immer noch in mir weiter. Mein Körper hatte jetzt schon wieder Sehnsucht nach mehr, als wäre es mehrere Jahre her.
Kazutora hatte immer noch ein leichtes Lächeln im Gesicht. Als er aber die Augen öffnete, sah er mich im nächsten Moment wie erstarrt an.
„Yuki...du...du weinst", sagte er, als könnte er es nicht glauben.
Prüfend fasste ich mir ins Gesicht.
*Tatsächlich!*, konnte ich es nicht glauben.
„Quatsch, tu ich gar nicht!", protestierte ich natürlich sofort und drehte mich weg um die Tränen wegzuwischen.
*Scheiße, was ist denn jetzt los? Warum weine ich?!*, verstand ich meinen Körper nicht. Im nächsten Moment zog sich mein Magen zusammen und mein Herz begann zu stechen.
*Was zum Teufel ist hier los?!*
Erst zwei Arme die sich von hinten sanft um mich legten, ließen das Gefühl verschwinden. Mein Körper entspannte sich wieder und ließ sich etwas nach hinten fallen. Der Junge ließ es zu und verstärkte seinen Griff um meinen Körper noch etwas.
„Auch wenn du es vielleicht immer noch nicht glaubst, ich liebe dich wirklich und ich würde alles für dich tun. Es hat mich so glücklich gemacht dich wieder zu sehen, diesmal werde ich dich besser beschützen als damals", hörte ich seine sanfte Stimme an meinem Ohr.
———————————————————
Was glaubt ihr, warum verheimlicht Kazutora Mikey vor ihr?
Denkt ihr Hanma weiß mehr als er zugibt?
Würde mich sehr über Feedback freuen:)
Wünsche euch noch ein schönes Wochenende^^
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top