4. Eine Chance
„Die Zeit ist um", brummte ich kalt und griff schon nach der Türklinke der Hintertür, die in die Spielhalle führte.
„Wir waren früher zusammen, du warst meine Freundin, Yuki".
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Ich war wie erstarrt.
*Was? Ich soll seine Freundin gewesen sein? Ist das ein schlechter Film? Ich? Ich soll jemals dazu fähig gewesen zu sein Liebe zu verspüren, geschweige denn eine ernsthafte Beziehung führen zu können? Das glaubt er doch selber nicht! Der will sich doch wirklich nur an mich ran machen!*
Im nächsten Moment wurde mir ganz kalt. Ich fühlte mich, als hätte mich Jemand in den Gefrierschrank gestopft.
Gänsehaut zog sich über meinen kompletten Körper.
Plötzlich schossen mir lauter Bilder in den Kopf. Bilder die vorher nicht da gewesen waren. Momente in denen ich von Herzen gelacht und wirklich Spaß hatte. Bei allem war dieser Junge dabei. Auch sein Geruch kam mir jetzt so vertraut und beschützend vor.
Überfordert griff ich mir an den Kopf.
*Das kann doch alles nicht sein! Wollen mich denn jetzt alle verarschen?! Das kann doch unmöglich sein!*
„Yuki? Alles in Ordnung?", hörte ich die behutsame Stimme des Jungen. Im nächsten Moment legte sich eine warme Hand liebevoll auf meine Schulter.
Es fühlte sich diesmal so vertraut an, als würde ich es irgendwoher kennen. Mein Magen begann zu kribbeln, während mir immer heißer wurde.
Kurz verharrten wir so.
Fast wäre ich schwach geworden. Hätte mich meiner inneren Gefühle hingegeben, doch ich wollte das Gefühl nicht kennen, so einen Streich konnte ich meinem Gehirn auf gar keinen Fall durchgehen lassen!
„Lass mich in Ruhe! Ich hatte nie einen Freund! Ich glaube dir nicht!", schrie ich den Gelbäugigen an. Empört schlug ich seine Hand weg. Meine Augen funkelten ihn bösen an und gaben ihm zu verstehen, sich besser nicht noch einmal zu nähern.
Erschrocken sah Kazutora mich an. Er ging ein paar Schritte zurück und sah mich genauer an.
„Kann es sein, dass du dein Gedächtnis verloren hast?", sprach er die Wahrheit aus, die er jetzt auch erkannt hatte.
*Scheiße! Jetzt hat er es doch rausgefunden!*
„Pff, wie kommst du denn auf den Trichter?!", blaffte ich ihn an und drückte jetzt die metallerne Türklinke herunter.
Ich wollte nur noch weg. Weg von ihm. Weg von dem allen! Die Situation war mir eindeutig zu viel uns sichtlich unangenehm.
Im nächsten Moment wurde ich unsanft von der grauen Tür weggerissen. Sofort spürte ich die kalte Wand hinter mir.
Der Junge drückte mich mit seinen Händen fest dagegen.
Erst jetzt fiel mir auf wie sehr er zitterte.
*Es scheint ihn wirklich mitzunehmen. So viele Gefühle kann man nicht vorspielen!*
Kazutora war mit seinem Gesicht direkt vor mir und starrte mich mit seinen gelb leuchtenden Augen an.
„Wie ich darauf komme?! Du warst meine Freundin verdammt! Du bist direkt vor mir von der Klippe eines Berges gefallen, ich dachte du bist tot verdammt! Du kannst mir nicht erzählen, dass du es vergessen hast! Du musst dein Gedächtnis verloren haben, also streite es nicht ab!", schrie er mich verzweifelt an. Seine Trauer konnte ich deutlich in seiner zitternden Stimme hören. Fast könnte man denken er würde am liebsten anfangen zu heulen, doch versuchte krampfhaft stark zu bleiben.
Er tat mir unglaublich leid, falls das alles wahr sein sollte. Dennoch war es für mich immer noch besser einen gewissen Abstand zu halten, schließlich war der Junge für mich ein Fremder.
„Und wenn schon, was geht es dich an?!", blaffte ich ihn zurück an und schubste ihn kräftig von mir weg. Sauer funkelte ich ihn an, während ich seine Reaktion musterte, doch er ließ nur wieder traurig den Kopf hängen.
„Du warst meine Freundin, ich liebe dich nach all der Zeit noch immer. Ich hab nie damit aufgehört, obwohl ich immer dachte, dass du tot wärst. Ich verlange nicht von dir, dass du dasselbe mir gegenüber fühlst, aber lass mich dir helfen. Wenn du wirklich dein Gedächtnis verloren hast, tut mir das unglaublich leid. Es ist zwar besser als immer noch zu denken, dass du tot wärst trotzdem tut es mir unfassbar weh, dass du mich nicht erkennst", sagte er traurig, aber dennoch ruhig.
Ich glaubte ihm, dass er mir wirklich helfen wollte, doch die Frage war ob ich das auch wollte.
*Soll ich sein Angebot annehmen? Ich hätte somit die Chance mein Gedächtnis wieder herzustellen, aber will ich das wirklich?*
Zwar hatte ich zwei Jahre lang nach Antworten gesucht, wollte es unbedingt wissen, doch jetzt wo es wirklich so weit war machte es mir Angst.
*Was wenn mein Leben vorher richtig scheiße war? Will ich das wirklich riskieren? Will ich mir das wirklich antun?*
„Sag mir erst wie mein altes Leben war. Wenn es die Hölle war, will ich es gar nicht erst wissen!", brummte ich kalt. Mit allen Mitteln versuchte ich meine Visage oben zu halten, auch wenn es mir bei dem Gelbäugigen schwerer fiel als es mit lieb war.
Ein leichtes Lächeln zog sich über seine Lippen.
„Also wenn ich es damals richtig interpretiert hatte, ging's dir ganz gut, du warst immer eine nette Person und der Mittelpunkt unseres Freundeskreises."
„Wer gehörte noch dazu?", bohrte ich weiter nach.
„Außer uns beiden noch vier weitere Jungs. Baji, Pah, Mitsuya und Draken."
Nachdenklich nickte ich, doch zu keinem der Namen fiel mir etwas ein, egal wie sehr ich mich auch anstrengte.
*Wahrscheinlich war ich mit den Andern kaum zusammen sondern fast nur mit ihm*, erklärte ich es mir selber.
*Vielleicht wäre es doch besser mich mit ihm zusammen zu tun, er scheint wirklich eine Menge zu wissen und nicht gelogen zu haben. Dennoch sollte ich vorsichtig sein mit dem was er mir erzählt und was ich ihm anvertraue.*
„Ok, du darfst mir helfen, aber jetzt lass mich erstmal in Ruhe, ich muss über das alles nachdenken", sprach ich mit eiskalter Stimme zu ihm. Dann drehte ich ihm den Rücken zu und ging nun endgültig in die Spielhalle zurück, wie ich es davor schon zweimal vor hatte.
Mein Weg führte mich durch die halbdunkle Halle, bis ich wieder bei Shuji angekommen war.
Mit finsterer Mine setzte ich mich neben ihn, worauf mein bester Freund nur pervers zu grinsen begann.
„Hat ganz schön lang gedauert bei euch, war er gut?".
„Worauf willst du hinaus, Idiot?", brummte ich mit schiefen Seitenblick auf den groß gewachsenen Jungen. Shuji's Grinsen wurde immer breiter.
„Na auf den Sex zwischen euch".
Sofort fing er sich für diesen Kommentar einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf ein. Schmerzverzerrt zischte er auf.
„Ich hab nur mit ihm geredet, ich bin nicht so eine Hure wie du denkst", blieb ich mit meiner Stimme gefährlich ruhig.
„Das denk ich gar nicht, ich weiß nur dass er dein Typ ist", grinste er weiter. „Worüber habt ihr zwei Hübschen denn geredet?"
„Über meine Vergangenheit, er scheint sie zu kennen, ich weiß nur nicht, ob ich ihm vertrauen bzw ihm glauben kann".
„Tja Prinzessin, das musst du selbst rausfinden."
„Danke, so weit war ich auch schon", brummte ich kalt über den nicht grade hilfreichen Tipp meines besten Freundes.
Dass Kazutora mir vorhin mit Absicht den Namen Manjiro und dass er mein Bruder war verschwiegen hatte, konnte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ahnen...
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Was hat Kazutora nur vor?
Warum verheimlicht er ihr nur, dass sie einen Bruder hat?🤔
Über Feedback freue ich mich immer 🫶
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