25. Schlimmer kann es nicht kommen
~ 31. Oktober~
Heute war der Tag der Schlacht gekommen. Genau heute würde sich herausstellen, ob Kazutora bei uns bleibt oder bei Walhalla und auch welche Gang sich der anderen unterordnen muss.
Wenn wir grade schon bei Kazutora sind, wie versprochen hatte ich seit diesem Tag nicht mit ihm geredet oder ihn auch nur länger angesehen.
Ab und zu wenn er in meiner Nähe stand, kam es mir vor als wollte er mit mir sprechen, sich vielleicht sogar entschuldigen oder mir endlich sagen, dass er keine Zeit mehr alleine bräuchte, doch jedes Mal zog er zurück und schwieg. Doch immer sah er dabei irgendwie traurig aus. Ob es wirklich so war oder ob ich es mir einbildete weil ich es so wollte, konnte ich beim besten Willen nicht sagen.
An diesen Tagen saß ich oft bedrückt in meinem Zimmer. Meist kam ich schon mit einem Gesicht wie Sieben Tage Regenwetter nach Hause. Immer wenn dies der Fall war, klopfte es spätestens 15 Minuten später an meiner Zimmertür und Ema kam mit zwei Tassen Tee in mein Zimmer.
Während wir tranken, erzählte ich ihr immer davon und nicht einmal hatte ich das Gefühl sie würde mich nicht ernst nehmen. Sie hörte mir immer aufmerksam zu, anders als Mikey der oft bei der Hälfte meiner Erzählungen abdriftete und sich mit etwas anderem beschäftigte.
Ema aber machte immer das selbe. Sie hörte mir bis zum Ende zu, dann umarmte sie mich und sagte immer wieder mit einem Lächeln auf den Lippen:" Jungs sind immer wieder komisch, aber wir können nunmal nicht ohne sie, aber ihnen gehts genauso, deswegen wird er sich früher oder später einkriegen, merken dass er ein Idiot war und zurück kehren".
So blöd es vielleicht klingen mag, aber diese Worte von ihr gaben mir sehr oft Mut.
An vielen Tagen hätte ich ihn am liebsten vergessen, mir stattdessen jemand neuen an Land gezogen, aber es ging nicht. Ich liebte ihn dafür zu sehr und mich selber hasste ich aus diesem Grund, dass ich nicht loslassen kann und ihn immer noch hinterher renne wie ein Hund.
„Yuki, schau mal was ich habe", stieß Ema schlagartig meine Zimmertür auf. In ihrer Hand hatte sie zwei dickere Streifen Papier.
Erschrocken riss ich meine Kopfhörer aus den Ohren und sah sie an.
„Keine Ahnung, aber erschreck mich doch nicht so"
„Erschrecken trifft es ganz gut", grinste sie. „Ich hab uns zwei Kino Tickets für den neuen Halloween Film ergattert, passt doch, schließlich ist heute Halloween, da dachte ich, du würdest dich freuen".
Sofort sprang ich auf und umarmte sie.
„Wow wie cool, vielen Dank Schwesterchen", freute ich mich. Doch dann hielt ich inne.
„Sekunde, kommst du etwa mit?", fragte ich erstaunt, da ich genau wusste was für ein Angsthase Ema doch war.
„Ja, ich wollte dir einen Gefallen tun, die Jungs sind schließlich alle so beschäftigt, da muss ich mich als große Schwester doch wenigstens um dich kümmern. Ich hab aber nur welche für die Mittagsvorstellung, ich hoffe das macht nichts."
„Nein, absolut nicht, heute Nachmittag hätte ich eh nicht gekonnt. Ich freu mich total".
Ein paar Stunden später, nachdem ich mich fertig gemacht hatte, klopfte ich kurz bei Ema an der Tür und trat dann ein.
Sie saß mit ihrem Laptop auf den Beinen auf ihrem Bett.
In ihren Armen drückte sie einen rosanen Plüschteddy, den Draken ihr zum Geburtstag geschenkt hatte.
Fast immer wenn ich in ihr Zimmer kam und auch wenn sie schlief, drückte sie das Kuscheltier fest an sich.
Ich musste Lächeln bei dem Anblick. Es war mehr als klar, dass Ema und Draken sich liebten, doch Keiner von Beiden traute sich den ersten Schritt zu machen.
*So oft wie Ema mit geholfen hat, wird es wohl langsam Zeit, dass ich ihr mit Draken helfe.*
Sie drückte ein letztes Mal den Teddy an sich, dann klappte sie ihren Laptop zu und legte beides zur Seite.
„Ich bin fertig, wir können", lächelte sie und stand auf.
Schnell nahm sie noch ihre Handtasche von ihrem Schreibtischstuhl, dann gingen wir zusammen nach unten. Wir zogen uns unsere Schuhe an und gingen Richtung Kino.
Als wir angekommen waren, holten wir uns noch Snacks und Getränke. Im Kinosaal setzten wir uns auf unsere Plätze und machten es uns gemütlich.
Den ganzen Film über quatschte Ema immer mal wieder wenn sie sich erschrak, dabei klammerte sie sich fest an mich. Ich hingehen musste nur lachen und strich ihr immer wieder tröstend über den Kopf.
„Danke, dass wir den Film zusammen geschaut haben, auch wenn du Angst hattest", grinste ich, als wir nach Filmende aus dem Saal gingen.
„Ach so schlimm war der gar nicht", winkte sie ab, doch ich wusste genau wie sehr sie sich gruselte. Ich lachte und umarmte sie, dann machten wir uns auf den Heimweg.
*Ich hab wirklich die tollste Schwester überhaupt, alles ist gut, solange ich sie habe*, lächelte ich innerlich und stupste sie während dem Laufen mit dem Kopf an der Schulter an.
„Was hast du denn?", kicherte sie und strich mir über den Kopf.
„Ich bin einfach nur froh, dass ich dich und Mikey wieder gefunden hab. Ihr seid wirklich die besten Geschwister überhaupt", drückte ich mich lächelnd an Ema. Überrascht sah sie mich an, doch dann lächelte sie wieder.
„Ich bin auch mehr als glücklich, dass du da bist kleine Schwester, die zwei Jahre ohne dich waren echt schlimm".
„Und weil du mir so viel geholfen hast mit meinem Jungskram, werde ich dir bald auch helfen mit Draken."
Mit großen Augen sah sie mich an.
„Was...was willst du denn da helfen? Zwischen uns ist doch nichts", winkte sie mit hochroten Kopf ab.
„Du wirst rot Schwesterherz, du hast dich verraten, du magst ihn", grinste ich und wackelte dabei mit den Augenbrauen.
„Ja, vielleicht mag ich ihn ein bisschen", gab sie mit leichter Röte zu.
„Ha, ich hatte recht", grinste ich siegessicher über das ganze Gesicht.
„Wenn wir grade schon bei Jungs sind, schau mal, wer da kommt".
Überrascht schaute ich nach vorne. Nur wenige Meter entfernt kam uns Kazutora entgegen. Allein. Ohne Kei. Nichtmal seine Uniform hatte er an, was genauso wie bei mir ein sehr seltener Anblick war.
Der Junge sah irgendwie niedergeschlagen aus. Am liebsten hätte ich ihn gefragt was los ist, doch ich hatte es ihm versprochen. Ich tat so als wäre er gar nicht da und ging weiter.
„Yuki", wisperte er mir zu, als wir auf seiner Höhe waren. Wie vom Blitz getroffen blieb ich stehen. Ich sah zu Ema, doch die lächelte nur aufmunternd.
„Ich geh schon mal vor", sagte sie lächelnd und ging voran.
Ich dagegen blieb stehen, traute mich kaum zu atmen.
„Ja?", bekam ich dieses eine Wort grade so heraus.
„Tut mir leid, das alles", murmelte er.
„Schon gut, geht es dir jetzt wieder gut?", fragte ich leise und vorsichtig.
An der Bewegung seines Schattens sah ich, dass er nickte.
„Hab ich dir sehr weh getan?", fragte er mich plötzlich.
Die Frage überrumpelte mich. Sie brachte mich so sehr aus der Fassung, dass ich zu weinen began.
Schniefend nickte ich.
Im nächsten Moment spürte ich seine beschützenden Arme um mich. Seine Wärme ging auf mich über und ließ mich augenblicklich besser fühlen. Sein vertrauter Geruch den ich so sehr liebte stieg mir in die Nase.
„Es tut mir so leid Yuki, kannst du mir noch ein letztes Mal verzeihen?"
Sofort nickte ich wieder.
Genau darauf hatte ich so lange gewartet, mich gesehnt. Ich wollte unbedingt wieder bei ihm sein.
„Liebst du mich denn noch?", fragte er mich unsicher.
„Ja", antwortete ich mit Tränen erstickter Stimme. Sofort drehte ich mich um und sah ihn durch zwei glasige Augen an.
„Mehr als alles Andere".
Schnell legte ich ihn meine Lippen auf seine ehe er noch etwas fragen konnte. Ich spürte sein glückliches Lächeln und auch ich musste Lächeln.
*Jetzt ist endlich alles wieder gut. Alles ist beim alten*.
Im nächsten Moment hörte ich wie sich ein Motorrad mit hoher Geschwindigkeit näherte. Ich löste mich von Kazutora. Erschrocken zuckte ich zusammen. Im letzten Moment konnte der Junge mich grade noch in Sicherheit bringen.
„Was sind das denn für Gestörte?", beschwerte sich Kazutora sofort.
*Moment mal*.
Als ich genauer hinschaute, sah ich, dass das Shuji's Motorrad war. Der Vordere passte auch von der Statur zu ihm. Hinter ihm saß aber noch jemand Zweites. Dieser jemand hielt in seiner rechten Hand einen Baseballschläger.
Wahrscheinlich war es Kisaki, das vermutete ich zumindest.
*Was haben die Beiden nur vor?*
Ich schaute die Straße entlang.
Auf einmal hob Kisaki seinen Baseballschläger an.
Auf dem Bürgersteig ging ein Mädchen.
Aber es war nicht irgendein Mädchen.
Schnell löste ich mich von Kazutora und rannte hinterher.
„EMA! PASS AUF!", schrie ich so laut ich konnte.
Im nächsten Moment hörte ich den Aufschlag des Metallschlägers an ihrem Kopf.
Meine Schwester sank auf die Knie und fiel zu Boden.
„EMA!", schrie ich verzweifelt und rannte immer schneller.
„EMA! EMA! GEHT ES DIR GUT?!", hechtete ich sofort zu ihr und hob ihren Oberkörper an.
Auf dem Bürgersteig war schon eine große Lache an Blut das aus ihrer Wunde am Kopf drang.
Ihre Augen waren geschlossen, sie antwortete nicht.
„EMA!", schrie ich erneut.
„Der Krankenwagen ist gleich da", hörte ich Kazutora's Stimme neben mir.
„Danke", schluchzte ich, während ich meiner Schwester über die Wange strich in der Hoffnung sie würde aufwachen.
„Yuki", hörte ich eine schwache Stimme.
Auf einmal hatte ich wieder Hoffnung.
„Ema! Halt durch, der Krankenwagen ist gleich da!
Ema schüttelte den Kopf.
„Der wird nichts mehr bringen, hör mir lieber zu", sprach sie mit schwacher Stimme.
Meine Tränen tropften auf ihr Gesicht.
„Ich wollte dir nur sagen, was du für eine gute Schwester warst. Du, Mikey und Shinichiro wart immer alles für mich. Wenn ich nicht mehr da bin, musst du mir versprechen, dass du dich um Mikey kümmerst. Du weißt doch, er tut immer so hart, aber ist er noch wie ein kleiner Junge, bitte halt ihn auf, er darf nicht abrutschen, versprich mir das".
Immer mehr Tränen liefen mir die Wange runter untermalt von lautem Schluchzen
„Bitte sag Draken noch, dass ich ihn liebe. Ich wollte immer eine Familie mit ihm gründen, doch dazu wird es wohl nie kommen", sie lächelte schwach.
„Danke, dass ihr alle immer da wart für mich. Ihr seid mein ein und alles, ich liebe euch".
In dem Moment schlossen sich ihre Augenlider. Ema's Körper wurde schlaff. Ich strich ihr vorsichtig durch das Gesicht, es war eiskalt.
„Nein!", schrie ich laut. „Warum nur du?! Du hattest mit dem ganzen nichts zu tun! Warum musstest du wegen unserem Gangzeug leiden?! Wir haben dich da mit reingezogen ohne es zu wissen! Ema, es tut mir so leid!", schrie ich in den Himmel.
Kazutora umarmte mich immer fester, doch ich merkte auch wie er zitterte.
Kurz darauf kam der Krankenwagen an.
Hektisch sprang ich auf.
„Bitte! Bitte, retten sie meine Schwester!", rief ich verzweifelt, während es mir das Herz zerriss.
Einer der Ersthelfer kam zu mir, die Andern eilten zu Ema.
Ein Mann schüttelte den Kopf und sah mich mitleidig an.
„Nein!", schrie ich erneut und schlug auf den Boden.
Sie nahmen Ema mit und ich saß hier allein mit Kazutora auf der eiskalten Straße.
„Ich bring dich nach Hause", murmelte der Junge und zog mich vorsichtig auf die Beine.
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Sorry Ema😢
Hoffe ihr hattet Spaß beim lesen, bis zum nächsten Mal 👋
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