2. Der Neue in der Gang


„Musst du so nen Lärm machen?", knurrte ich angepisst. Ich wurde von einem nervigen Geräusch unsanft geweckt. Wenn ich es nicht wüsste, würde ich denken Shuji würde grade Frisbee mit seinen Tellern spielen und das Ziel ist dabei die Wand.

Grummelnd öffnete ich die Augen.

Das helle Licht der Sonne schien mir direkt ins Gesicht.
Knurrend schloss ich sofort meine schwarzen Augen und drehte mich murrend auf die andere Seite.

Es war gerade mal 10 Uhr morgens und das an einem Samstag.
*Was fällt dem nur ein!*, schimpfte ich über meinen besten Freund der es wagte mich mit so einem unsäglichen Krach und das viel zu früh zu wecken.

„Reg dich ab, Prinzessin, ich mach uns Frühstück", rief Shuji und wie es sich anhörte war schon mindestens einen Raum weiter.

„Jaja", nuschelte ich in sein weiches Kissen, in das ich gerade mein Gesicht wieder versteckt hatte.
Tief sog ich seinen Duft in mich auf. Er war so vertraut und beschützend. Auch wenn ich es ungern wollte, war er nunmal der Einzige den ich hatte, den ich wirklich mochte.

Oft fragte ich mich ob ich Shuji schon kannte bevor ich mein Gedächtnis verloren hatte, doch wissen konnte ich es nicht. Er sagte zumindest er hätte mich vorher nicht gekannt, aber keiner weiß ob sein Gegenüber wirklich immer die Wahrheit sagt. In den zwei Jahren bin ich sehr vorsichtig geworden wem ich glauben kann und hab dadurch großes Misstrauen gegenüber Jedem entwickelt.
Daher kam auch mein emotionsloses Auftreten. Es war mehr ein Schutzmechanismus um nicht verarscht zu werden als mein eigentlicher Charakter.

Angestrengt sah ich mich immer wenn ich bei ihm war in seinem Zimmer um, in der Hoffnung irgendeinen bekannten Gegenstand zu sehen, doch bis jetzt kam es nie dazu.

Auch jetzt sah ich mich wieder um, doch es hatte sich nichts zum letzten Mal geändert.

Er hatte eh nur ein Bett, einen Schrank und ein Regal in seinem Zimmer stehen. Alles in schwarz, wie man es von ihm wahrscheinlich erwarten würde.

*Werde ich mein Gedächtnis jemals wieder bekommen? Sollte ich vielleicht sogar aufhören es herausfinden zu wollen und es stattdessen einfach zu akzeptieren wie es jetzt ist? Vielleicht war mein Leben vorher ja nur noch schlimmer als dieses jetzt.*

„Yuuuuukiiiiii, Essen ist fertig", hörte ich den Schrei meines besten Freundes, der mir somit wenig Zeit gab weiter darüber  nachzudenken.

Brummend rekelte ich mich aus dem Bett, nahm mir aus dem Schrank ein weißes, viel zu großes Shirt von Shuji und zog dieses über. Dann ging ich zum Frühstückstisch.

„Steht dir gut, Prinzessin", grinste der Junge als er mich in seinem Kleidungsstück sah. Grinsend saß er schon am Tisch mit einer Tasse Kaffee in der Hand an dieser er im nächsten Moment nippte.

„Schnauze", brummte ich und setzte mich an einen der Stühle am Tisch.

Gedankenverloren rührte ich ewig in meinem Kakao. Erst ein Fingerschnippen holte mich in die Gegenwart zurück.

„Was is?", brummte ich genervt, dabei durchbohrte ich den Jungen mit meinem angepissten Blick.

„Das sollte ich eher dich fragen, Prinzessin", grinste er.

„Is egal", brummte ich leise, während ich weiter rührte.

*Kann er endlich mal aufhören mich dauernd zu durchschauen?*

„Ist es nicht, also sag jetzt"

Laut seufzte ich aus.
„Ich hab nur über meine Vergangenheit nachgedacht, das ist alles. Vielleicht wäre es besser ich würde die Wahrheit nie erfahren."

Shuji nippte wieder an seinem Kaffee und sah mich dann etwas mitleidig an.

„Kleine, ich kann dir leider nicht weiter helfen, ich kannte dich vor deinem Gedächtnisschwund nicht, also kann ich dir auch nichts dazu sagen."
Er machte eine kurze Pause es schien fast als würde er nachdenken.
„Wie ist das eigentlich passiert? Also mit deinem Gedächtnis?"

Zögernd sah ich ihn an. Bis jetzt hatte ich ihm nur erzählt, dass ich damals einen Unfall hatte, aber nicht was für einen. Shuji war zudem der einzige, neben meinen Adoptiveltern, der wusste, dass ich meine Vergangenheit nicht kannte.

Sonst hatte ich nie Jemandem genug vertraut dieses Geheimnis zu erzählen. Es würde einen Schwachpunkt zeigen und mich verwundbar erscheinen lassen.

Leicht seufzte ich.
*Komm schon, Yuki. Es ist Shuji. Wem solltest du es sonst erzählen?*

„100% weiß ich es selber nicht, aber ich bin von einem Berg gefallen und hab mir den Kopf aufgeschlagen. Seitdem weiß ich nichts mehr was davor war. Nichtmal warum ich damals dort hin gegangen war."

Der Junge hörte mir zu, sah aber dennoch so aus als würde er überlegen.

„Warst du seitdem nochmal dort?"

Als Antwort schüttelte ich den Kopf.

„Ich hab mal gehört, dass es hilft an Orte zu gehen die man kennt oder mit Personen zusammen ist die man vorher kannte."

Bedrückt seufzte ich.
„Das hab ich auch gehört nur bis auf den Berg weiß ich gar nichts auch nicht wer meine vorherigen Eltern waren, keine Geschwister, keine Freunde, nichts, ich weiß gar nichts."

Shuji lächelte und stand auf. Er stellte sich hinter mich und nahm mich sanft in den Arm.
„Sobald ich mal wieder etwas mehr Zeit habe, fahren wir zusammen zu dem Berg, in Ordnung?"

Mit weit geöffneten Augen sah ich ihn an.
„Das würdest du für mich tun?", überwältigte es mich. Er war zwar mein bester Freund, aber ich hatte nie erwartet, dass er mich freiwillig über eine Stunde zu diesem Berg fahren würde, nur damit mir geholfen ist.

„Aber sicher", lächelte er. „Nur jetzt geht es erstmal nicht, wir bekommen heute ein neues Mitglied. Weißt ja selber wie das ist ich muss den jetzt die ganze Zeit bewachen, wie er du drauf ist, ob er kein Verräter ist, wie stark er ist und der ganze Mist. Aber Kisaki scheint sehr überzeugt von ihm zu sein, vielleicht muss ich ihn also gar nicht so lange bewachen".

„Ja, verstehe schon."

„Der ist sogar ein richtiger Schönling, der würde doch wunderbar zu dir passen", grinste Shuji mit wackelnden Augenbrauen.

*Was hat er denn jetzt aufeinmal? Will er mich verkuppeln?*

„Nein Danke, kein Interesse", lehnte ich knapp ab und trank nun endlich von meinem Kakao, den ich inzwischen wahrscheinlich schon schwindelig gerührt habe.

Nach dem Frühstück fuhren wir dann los zur Spielhalle, weil wir diesen Neuen empfangen mussten.

Ehrlich gesagt scherrte mich das ganze einen Dreck, nur war es immer noch besser als allein irgendwo rum zu gammeln.

Als wir das Versteck von Walhalla betraten, begrüßten uns die schon bereits eingetroffenen Mitglieder. Hanma ließ sich in einem Sessel nieder, der etwas erhöht auf einem Podest stand.

Gelangweilt setzte mich auf die Lehne des Sessels und lehnte mich etwas zurück.

Die andern Jungs wussten wohl auch, dass gleich Jemand neues auftauchen würde. In Jeder Ecke der Spielhalle wurde getuschelt. Es hörte gar nicht mehr auf.

*Ist der berühmt oder was?*, murrte ich genervt, da ich bei dem Gequatschte echt keine Ruhe fand.

Nur wenige Minuten später ging die Tür auf.
Etwas Licht fiel in die düstere Halle.

Man hörte das Knarzen von Glasscherben unter Schuhsohlen.

Interessiert legte ich den Kopf schief und sah zur Eingangstür, die immer noch geöffnet war.

Zwei der Mitglieder schritten in den weißen Wallhalla Gangjacken voran.
Sie leuchteten von dem Sonnenlicht was ihnen in den Rücken schien. Hinter ihnen kam ein mir unbekannter Kerl herein.

*Wird wohl der Neue sein*.

Nicht gerade klein, aber dennoch deutlich kleiner als Hanma, schwarze Mittellange Haare mit blonden Strähnen und gelbe Augen. Seinen Hals zierte ein Tattoo, das einen Tiger darstellte. An seinem linken Ohr trug er einen Ohrring in Form eines Glöckchens, das bei jeder Bewegung seines Kopfes leise klingelte.

Ohne dass ich es erst merkte blieb mein Atem stehen und mein Herz schlug doppelt so schnell wie sonst.

*Was ist da los? Was soll das?! Warum reagiert mein Körper so komisch auf ihn?*

„Hey Prinzessin, alles in Ordnung? Du bist so blass", spürte ich Shuji's Hand an meiner Wange.

Hastig nickte ich.
„Ja, ich muss nur kurz an die frische Luft", sprang ich schnell auf.

Hinter mir hörte ich nur die Stimme von Kisaki, dem Anführer von Walhalla.

„Es ist mir eine große Freude dich bei Walhalla willkommen zu heißen, Kazutora Hanemiya."

*Kazutora, Kazutora, Kazutora, den Namen kenn ich doch irgendwoher! Wer ist dieser Kerl?! Kenne ich ihn etwa von früher? Kann er mir vielleicht helfen? Los, denk nach, Yuki. Denk nach!*.

Als ich zur Hintertür raus war würgte ich einen kleinen Teil meines Mageninhaltes heraus.

Zitternd ging ich auf die Knie.
*Was soll ich jetzt nur tun? Vielleicht kenn ich ihn auch gar nicht und mein Gehirn spielt mir einen ganz miesen Streich.*

Meinen viel zu schweren Kopf lehnte ich an die kalte, graue Außenwand des Gebäudes.

*Was ist hier nur los?*

Auf einmal ging hinter mir die Tür auf. Langsam drehte ich mich um und sah direkt in Shuji's Gesicht. Erst sah er mich an, dann das Erbrochene.

„Sag mir jetzt bitte nicht du bist schwanger".

„So ein Blödsinn!", schrie ich ihn an. „Und selbst wenn ich hab grad andere Probleme!",

„Ahh, meinst du Kazutora, ich wusste doch er würde dir gefallen", grinste der Blödmann überzeugt.

„Bitte, erwähn diesen Namen nicht!", hielt ich mir die Ohren zu.

Das Grinsen verschwand augenblicklich aus Shuji's Gesicht.

Er ging neben mir in die Hocke und legte einen ernsten Blick auf.

„Yuki, kennst du ihn? Kennst du ihn von früher? Erinnerst du dich an etwas?", wurde der Junge vor mir ganz aufgeregt, auch wenn er irgendwie versuchte ruhig zu bleiben.

„Ich...ich weiß es nicht, irgendwas löst der Name in mir aus, aber ich weiß selber nicht was...ich fühl mich, als wär ich komplett bescheuert".

„Dann geh doch einfach zu ihm und sprich ihn an"

„Nein, auf keinen Fall, es wäre auch besser, wenn ich jetzt nach Hause gehen würde", lehnte ich ab und ging sofort ohne mich nochmal umzudrehen.

Da man von hinten nicht mehr wegkam, musste ich noch einmal durch die Spielhalle. Da drin war es unglaublich dunkel und voller Rauch, so dass man oft kaum weit schauen konnte.

*Bitte sieh mich nicht! Bitte sieh mich nicht!*, betete ich nur während ich mich versuchte unauffällig an den Jungs vorbei zudrücken.

Als ich draußen war, schnappte ich erstmal nach frischer Luft.

„Hey, wie heißt du? Du hast dich mir noch gar nicht vorgestellt", hörte ich eine Stimme hinter mir.
*Bitte nicht er jetzt*, ich drehte mich um und natürlich stand der Junge mit dem Tigertattoo hinter mir.

Genervt drehte ich ihm wieder den Rücken zu.

„Muss mich auch nicht vorstellen", antwortete ich kalt und sah ihn über die Schulter hinweg an um seine Emotionen zu überprüfen.
Irgendwie schien er traurig zu sein, zumindest ließ er etwas den Kopf hängen.

„Tschuldige, aber du siehst einer früheren Freundin von mir sehr ähnlich, allerdings wurde mir gesagt, dass sie verstorben ist", sagte er bedrückt.

„Tut mir leid...wie heißt deine Freundin?".

*Warum frage ich das? Was interessiert mich dieser Vollpfosten? Vielleicht kenne ich ihn, aber auch nur vielleicht, die Chance ist ziemlich gering.*

„Yuki".

Als er meinen Namen aussprach wurde mir ganz kalt. Mein Körper begann sofort zu zittern.

*Ich nehm alles zurück! Ich muss ihn kennen, das kann kein Zufall sein! Aber warum sollte ich tot sein?*

„Hey, alles gut bei dir?", kam er vorsichtig näher als ich ihm nicht antwortete und legte mir die Hand auf die Schulter.

„Fass mich nicht an! Lass mich in Ruhe! Red nie wieder mit mir!", schrie ich ihn an, dann rannte ich panisch davon.

*Scheiße, jetzt hab ich doch Schwäche gezeigt! Ich dachte ich hätte endlich alle meine Emotionen ausgelöscht!*

Laut schnaufend lief ich davon. Meine Beine zitterten bei jedem Schritt. Ich ignorierte es. Immer weiter rannte ich.

*Was soll das alles?! Ich bin doch nicht tot! Was ist bitte passiert?!*

Als ich zuhause war knallte ich meine Tür hinter mir zu. Ich ließ mich mit dem Rücken an dem Holz hinabgleiten. Auf dem Boden zog ich meine Beine zu mir und umklammerte sie fest.

*Scheiße, streng dich an! Woher kennst du nur diesen Namen und diese Augen? War ich wirklich mit ihm befreundet?*

Ich schloss die Augen und versuchte mich zu konzentrieren. Vor mir erschien eine Silluette eines Jungen seiner Größer. Dieser jedoch hatte wesentlich kürzere Haare.

Langsam wurde das Bild etwas klarer. Seine Augen waren klar erkennbar. Sie waren gelb, leuchtend gelb. Sein schwarzes Tigertatoo zeigte sich an seinem Hals und genau wie der Junge dem ich heute begegnet war, hatte er ein Muttermal unter dem rechten Auge.

*Er muss es sein, ich muss ihn kennen kein Zweifel! Nur wie stand ich zu ihm? Waren wir wirklich Freunde?*

*Ich muss dringend versuchen mehr über ihn heraus zu finden.*

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Was denkt ihr? Wie standen die zwei früher zueinander waren sie Freunde oder Feinde?
Sagt Kazutora die Wahrheit oder lügt er sie an?

Lasst gerne Feeback da, würde mich sehr freuen 😊

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