16. Alles viel zu viel

Als wir zuhause waren gingen wir in Mikey's Zimmer oder besser gesagt in den alten Schuppen von Shinichiro und zockten noch etwas an seiner Konsole.

„Yuki? Weißt du eigentlich, dass du für mich wichtiger bist als du denkst", pausierte er auf einmal das Spiel. Auf seinem Gesicht war ein leichtes Lächeln, dennoch sah er ziemlich kalt aus.

„Wie meinst du das?", sag ich ihn verwirrt an.

Er lächelte schwach, wobei seine schwarzen Augen traurig aussahen.

„Ich hab mich immer mal wieder nicht unter Kontrolle, es fühlt sich an als würde eine dunkle Seite in mir das Handeln übernehmen. Die Einzigen, die das stoppen konnten waren du und Shinichiro und ihr Beide wart von einem auf dem anderen Tag nicht mehr da."

„Ja, ich erinnere mich an manche Situationen als Kind. Das mit Haruchiyo werde ich wohl auch nie wieder vergessen", sagte ich leise und sah die Szene vor mir laufen, genau wie bei einem Film. Zum Glück war damals Shinichiro gekommen, auch wenn selbst das schon zu spät war.

„Keine Sorge, ich pass schon auf dich auf, dass du keine Dummheiten machst", lächelte ich sanft und lehnte mich mit dem Kopf an seine Schulter.

„Ich sag zwar immer, dass ich Kazutora umbringen will, aber ich weiß auch genau dass es falsch ist. Wenn ich es jemals versuchen sollte, versprich mir, dass du mich aufhältst."

Ich nickte und war innerlich auch froh über diese Worte von ihm.
„Ja, das mach ich".

Im nächsten Moment ging die Tür auf. Ema streckte neugierig ihren Kopf durch den Spalt.

„Oh, ihr seid ja schon wieder zurück", sagte sie. Sie schenkte mir ein Lächeln und sah mich schief an.
„Na komm schon Yuki, geh mit Hina und mir zusammen shoppen".

„Ich weiß nicht ob das so was für mich ist", hob ich schnell abwehrend die Hände und winkte ab.

„Ach nun komm schon, das macht sicher Spaß", gab sie mir ein vertrauenswürdiges Lächeln. Grade als ich aufstehen wollte packte Mikey meine Hand.

„Nein Yuki, geh nicht, das ist deine Todesfalle!", rief er.

„Du willst doch nur nicht alleine zocken!", kam es von Ema.

„Stimmt doch gar nicht, ich bin nur um ihre Gesundheit besorgt!"

„Willst du damit sagen, dass ich gesundheitsschädlich bin?!"

Die Beiden lieferten sich einen hitzigen Schlagabtausch, bei dem ich die ganze Zeit von Einem zum Andern und wieder vom Andern zum Einem schaute.

„Ruhe jetzt!", hielt ich diese Diskussion nicht mehr aus.
„Ich komm mit, ich will mich selber überzeugen ob es so schlimm ist".

„Riesiger Fehler", brummte Mikey, ließ aber doch meine Hand los.

Triumphierend streckte Ema unserem Bruder die Zunge raus. Schnell packte sie meine Hand und zog mich mit sich. Wahrscheinlich hatte sie Angst, dass ich es mir vielleicht doch noch anders überlege.

Laut schlug sie die Schuppentür hinter uns beiden zu und betrachtete mich mit hochgezogener Augenbraue.

„Wenn du mitkommst, musst du aber was anderes anziehen".

Verwirrt sah ich an mir runter. Ich trug wie immer meine Toman Jacke und eine schwarze Jogginghose.

„Warum?", fragte ich nichts wissend.

„Naja weil du aussiehst wie ein Rowdy, ich will nicht in euren Ärger mit reingezogen werden".

Leise seufzte ich.

„Gut, da ist was dran, dann zieh ich mir was anderes an."

Schnell lief ich nach drüben ins Haus, die Treppe hoch in mein Zimmer. Ich öffnete den Schrank und blickte mich ratlos um.
Ich beschloss ein schwarzes Tshirt und eine weiße Nike Jacke darüber zu ziehen.

„Viel besser", atmete Ema erleichtert aus, als sie mich in für sie 'normalen' Klamotten sah.

Gemeinsam gingen wir los.

„Du, wie ist deine Freundin eigentlich?", fragte ich irgendwann da ich wie bekannt bei fremden Leuten sehr vorsichtig und kalt war.

„Sie ist wirklich ein Engel, sie ist glaub ich die netteste und vertrauenswürdigste Person die ich kenne", lächelte meine Schwester, was mich etwas beruhigen ließ.

Wenig später waren wir auch am Treffpunkt angekommen. Ema's Freundin war schon dort und wartete auf uns. Sie war ein zierliches Mädchen mit schulterlangen Haaren. Lächelnd kam sie auf uns zu. Zuerst umarmte sie Ema zur Begrüßung, dann wand sie sich mir zu.

„Ich bin Hinata Tatchibana, aber es reicht wenn du Hina sagst", lächelte sie und streckte mir die Hand entgegen.

„Yuki", sagte ich nur knapp und drehte mich etwas von ihr weg.

Etwas verwundert sah sie mich an.

Ich wollte selber gar nicht so kalt sein, aber irgendwie ging es nicht anders, es war wie ein Schutzschild, das sich automatisch aufbaute.

Das Mädchen lächelte mich nett an.
„Lass dir ruhig Zeit, Ema hat mir schon etwas von dir erzählt. Ich versteh schon, warum du nicht gleich jedem traust".

*Wow, wer ist sie denn? So viel Verständnis hat mir noch nie Jemand entgegen gebracht*, staunte ich und schaffte es sogar meinen Blick etwas zu erweichen.

Als wir durch die Läden gingen, schlurfte ich bestimmt immer einen halben Meter hinter den beiden her. Die Beiden, vorallem Ema blieb an jedem der Ständer bestimmt 5 Minuten stehen und betrachtete jedes Stück was ihr auch nur ansatzweise gefiel eine gefühlte Ewigkeit. Mit meinen Augen sah ich mich um, doch entweder waren die Sachen die es hier gab quietsch bunt oder mit so komischen Sachen bedruckt, dass sie sofort aus meinem Geschmack fielen.

*Wär ich nur mal bei Mikey geblieben und hätte mit ihm gezockt*, seufzte ich in Gedanken an die Konsole.
*Wie bin ich bloß auf so eine blöde Idee gekommen, dass ich gemeint hätte, ich könnte mit den Beiden shoppen gehen.*

„Yuki, alles gut? Du schaust dich ja gar nicht um", bemerkte Hina und sah mich verdutzt an.

„Alles nicht mein Stil", brummte ich. Schon im nächsten Moment wurde ich angerempelt, da sich schon wieder Jemand an mir vorbei drängelte. Es war bestimmt schon das 10. mal seit wir in diesem Laden waren und so langsam ging es mir gegen den Strich.
Genervt rammte ich den Jenigen zurück.

Auf einmal begann es neben mir zu schreien. Als ich meinen Kopf drehte, sah ich, dass ich wohl ausversehen ein Kind getroffen hatte, was durch meine Wucht zu Boden fiel. Es weinte und sah mich verängstigt an.

„Gehts eigentlich noch?! Wie wärs mit einer Entschuldigung?!", meckerte mich sofort eine Frau mit langen, schwarzen Haaren an, die zu dem Kind eilte und vor ihm in die Hocke ging.

Sehr sicher war es die Mutter. Kalt blickte ich zu ihr herunter.

„Halten sie lieber ihr Balg im Zaum", grummelte ich genervt und drehte mich um.
„Tut mir leid, Ema, aber ich warte draußen", richtete ich mich an meiner Schwester und ging ohne auf eine Antwort von ihr zu warten.

Schnell lief ich aus dem Laden vor die Tür. Ich steckte mir Kopfhörer in die Ohren und machte laut Musik an.
*Fuck, jetzt könnte ich seit langem wieder eine Zigarette vertragen*, grummelte ich Innerlich und bemerkte dabei erst wie lang ich schon keine mehr geraucht hatte und vorallem wie sehr mich das alles stresste. Nicht mal die Sache mit Kazutora hatte mich so sehr aus dem Konzept gebracht wie das eben.

*Das sind einfach viel zu viele Leute, damit komm ich nicht klar.*

Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich ein Tippen auf meiner linken Schulter spürte. Bereit zuzuschlagen drehte ich mich um. Kurz vor dem Gesicht meiner Schwester stoppte ich meine Faust.

„Tut mir leid"; murmelte ich schuldbewusst als sie erschrocken zurück wich.

„Alles gut, lass es einfach langsam angehen", hörte ich wie sie versuchte es zu akzeptieren.

Wir waren noch in drei weiteren Läden, in denen ich aber nie lang drinnen blieb, da mir das eindeutig zu viele Menschen waren.

Anschließend sagte mir meine Schwester noch, dass wir uns in einem Café mit Hina's Freund und Draken trafen. Irgendwie erleichterte mich die Tatsache, dass Draken auch da war, dann gab es wenigstens einen der mich verstand.

Als wir ankamen waren die zwei schon da.
„Dein Freund ist Takemichi?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue an HIna gerichtet, da ich nichtmal im Ansatz verstand, was man an der blonden Heulsuse mögen könnte.

„Ja", antwortete das Mädchen mit einem glücklichen Ausdruck auf dem Gesicht.

*So lange sie wenigstens was an ihm findet*.

„Yuki, was machst du denn hier?", fragte mich mein blonder Klassenkamerad.

„Sie ist meine Schwester und hat beschlossen uns heute zu begleiten", sagte Ema schnell, bevor ich ihn wieder in meiner kalten Art und Weise antworten konnte.

„Echt?! Wow, das wusste ich ja gar nicht."

„Musst ja ich nicht alles wissen", brummte ich und blickte ihn weiter emotionslos an.

„Genau wie in der Klasse", lachte Takemichi verlegen, während Ema mir nur einen bittenden Blick zuwarf mich zusammenzureißen.

Gemeinsam gingen wir rein. Es setzten sich Takemichi und Hina gegenüber von einander hin und Ema und Draken gegenüber. Ich dagegen saß alleine an der kurzen Seite des Tisches. Als wir bestellten, nahm ich einen Kakao, Ema und Draken jeweils ein Stück Kuchen und Hina und Takemichi gemeinsam einen großen Eisbecher.

Als unser Bestelltes ankam, rührte ich nur gedankenverloren in meinem Kakao. Die andern unterhielten sich angeregt, während ich still blieb.
Hina und Takemichi sahen sich die ganze Zeit verliebt an während sie ihr Eis aßen und lächelten dabei so zuckersüß, dass mir schlecht werden könnte.

Auch Ema warf Draken immer mal wieder verliebte Blicke zu und mir war es auch mehr als klar, dass die Beiden was voneinander wollten, auch wenn Ken das nie zugeben würde.

Traurig ließ ich meine Kopf hängen und erinnerte mich an vergangene Zeiten und Dinge die ich schon lange vergessen wollte.
*Genau das hätte ich auch haben können, wenn alles anders gekommen wäre*, sah ich traurig in meinen Kakao und musste dabei an Kazutora denken.

„Yuki, alles in Ordnung? Du weinst ja", sprach Hina mich an.

*Tatsache, ich wein wirklich*, merkte ich als ich mir prüfend ins Gesicht fasste.

Sie stand auf und wollte mich umarmen, doch ich stand schnell auf und sah sie kalt an.
„Ich weine nicht! Lasst mich einfach alle in Ruhe!", knurrte ich sie an, dann lief ich davon.

Ich rannte bis nach Hause, schmiss meine Zimmertür hinter mir zu und setzte mich mit dem Rücken an sie gelehnt dort hin.

*Ich will doch gar nicht mehr an ihn denken!*, meckerte ich mich selber an. Ich öffnete die Galerie meines Handys und scrollte durch meine Bilder. Es waren wirklich noch viele mit dabei, die von Kazutora und mir waren.

Sofort fing mein Herz wieder an zu schmerzen. *Ich würde dich immer noch lieben, aber es geht nicht...warum musstest du alles ruinieren...*

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Wer hasst noch Menschenmassen? 🙋‍♀️

Wünsch euch allen einen schönen Tag, auch wenn Montag ist.🙃😊

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