10. Mein Bruder?
Mit leicht gesenkten Kopf und den Händen tief in den Jackentaschen vergraben, ging er davon.
*Was hat er nur? Hab ich was falsches gesagt? Ist er sauer auf mich?*, stellte ich mir lauter Fragen auf dem Weg nach Hause.
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Der Park war heute auch unnatürlich leer. *Was ist heute nur los? Liegt irgendwas in der Luft?*
Plötzlich hörte ich einen lauten Schrei. Hinter einem Gebüsch. Er klang so als würde die Person Hilfe brauchen.
*Soll ich hinschauen? Ich bin nicht grade der Retter der Welt und das will ich auch nicht sein*.
Genervt ging ich weiter.
Der Schrei ertönte noch lauter. Ein Kind begann laut zu weinen.
*Mein Gott, ist ja gut*, grummelte ich innerlich, auch wenn ich jetzt echt keine Lust hatte den Held zu spielen.
Ich rannte los und sprang hinter das Gebüsch.
Vor mir tauchten fünf Gestalten auf.
„Hey, ihr Idioten!", rief ich kalt. Dort standen drei Kerle in weißer Uniform. Sie bedrohten eine Frau, der eine hatte sie gepackt, während ein weiterer ihr ein Messer an die Kehle hielt.
„Wer bist denn du Schlampe?", rief der erste laut.
„Führungsriege von Walhalla, noch mehr Fragen?", sah ich sie gelangweilt an.
„Ach du bist doch die Olle von Hanma oder doch eher von Hanemiya, schläfst dich wohl bei Beiden durch", grinste der mit dem Messer und kam auf mich zu.
„Schon süß, dass so ein zartes Pflänzchen wie du zur Führungsriege gehört, wahrscheinlich hast du dich da auch rein geschlafen."
Jetzt stand er direkt vor mir und grinste mich dreckig an.
„Wie wärs wenn du mit uns kommst, ich kann dich noch besser beglücken, als einer der Beiden", leckte er sich über den Mund.
„Wiederling", brachte ich nur kalt raus. Holte aus und schlug ihm blitzschnell mit der Faust ins Gesicht. Schmerzverzerrt schrie er auf und hielt sich seine blutende Nase.
Gelassen hob ich das Messer auf, dass er fallen gelassen hatte. Ich sah den breiteren Typ, der die Frau festhielt finster an.
„Lass sie laufen oder du bist der nächste."
Er grinste, ließ sie aber dennoch los.
„Vielen Dank", rief die Frau, packte ihr Kind am Handgelenk und zog es mit sich.
*Was hab ich mir nur dabei gedacht? So ein Scheiß!*
„Du dumme Schlampe, hast du sie noch alle", knurrte der Schwarzhaarige dem ich grade ins Gesicht geschlagen hatte böse.
Schneller als ich schauen konnte, lief er auf mich zu und rammte mich zu Boden.
Laut schrie ich auf, als ich mit dem Rücken aufkam.
„Runter du Penner!", knurrte ich und schlug mit dem Messer, das ich noch in der Hand hielt aus. Blut strömte aus seiner Schulter und bedeckte mein Gesicht, als ich ihm das Messer mit aller Kraft reinrammte.
„Ahh, du scheiß Miststück!", packte er mich an den Haaren und zog mich mit sich nach oben. Schnell trat ich ihm in den Bauch. Wieder spuckte er stöhnend Blut.
*Scheiße! Wo sind die beiden Andern*, blickte ich mich um. *Entweder sie waren abgehauen oder sie würden mich gleich aus dem Hinterhalt angreifen*.
Schon im nächsten Moment spürte ich Hände an meiner Hüfte. Keinen Augenblick später, drehte ich mich um und trat dem Angreifer in meiner Drehung eine rein.
*Fuck 3 gegen 1, da kann ich noch so gut sein die Typen sind verdammt zäh, früher oder später, wird mir die Kraft ausgehen*, fluchte ich.
„Wie unfair drei Kerle gegen ein Mädchen, schämt ihr euch nicht?", hörten wir eine Stimme näher kommen. Verwirrt drehten wir uns alle zu dem Fremden.
Ein schwarz gekleideter Kerl, nicht grade groß und mit blonden Haaren kam näher.
*Das ist doch dieser Mikey! Was will der denn hier?!*
„Was willst du denn hier, du halbe Portion?", knurrte der Typ mit der blutigen Nase und ging auf ihn zu.
Mikey aber lächelte nur breit. Er sprang etwas hoch, holte mit seinem Bein aus und trat seinen Angreifer mit einem Kick zu Boden.
Fassungslos sahen wir ihn an.
„Was ist das für ein Monster?! Lass uns verschwinden!", rannten die andern beiden ohne ihren Kumpel so schnell sie konnten davon.
„Gehts dir gut?", fragte mich der Blonde immer noch mit breitem Lächeln.
„Was interessiert es dich. Warum bist du überhaupt hier?", brummte ich kalt und setzte wieder meine emotionslose Gesichtsmimik auf.
„Wenn Kazutora dir schon nicht helfen kann, dann muss es halt wer anders".
„Du bist mein Feind, also sag warum".
Er kam näher.
„Man sollte nie zulassen, dass eine Frau verprügelt wird, egal zu wem sie gehört, das hat meine Schwester mir beigebracht".
„Interessiert mich nicht", brummte ich genervt.
*Was will der denn nur? Kann der sich mal verpissen?*
„Lustig, dabei bist du ihr vom Aussehen sehr ähnlich, sie war nur viel netter", grinste er.
„Aha und warum erzählst du mir das?"
„Eben weil du ihr sehr ähnlich bist, aber sie ist leider schon gestorben".
„Tut mir leid", brummte ich und drehte mich um, während ich mir durch die Haare fuhr.
„Warte, woher hast du das?", hielt er meine Hand fest. Angepisst schlug ich sie weg.
„Was meinst du?", knurrte ich genervt, da ich nicht länger bei diesem Typen sein wollte.
„Diese Narbe an deiner rechten Seite unter deinen Haaren. Woher hast du die?"
„Keine Ahnung", brummte ich und tatsächlich wusste ich es wirklich nicht, für mich war sie schon immer da und ich konnte mich nicht daran erinnern, wie ich sie bekommen hatte.
„Sag mal, wie...wie ist dein Name?", fragte er mich leise.
„Yuki, und jetzt lass mich in Ruhe!", wurde ich immer genervter.
Wieder hielt er mich fest.
„Du lebst noch...Yuki", als ich mich umdrehte, sah ich Tränen in seinen Augen.
*Was ist denn jetzt los? Was will der Irre von mir?*
„Hey, Hände weg von meiner Freundin!", hörte ich eine wütende Stimme.
„Kazutora!", rief ich, befreite ich mich von dem Griff dieses Irren und rannte zu meinem Freund. Beschützend stellte er sich vor mich.
„Alles in Ordnung?", fragte er mich knapp.
Ich nickte nur. Danach sah Kazutora wieder zu Mikey.
„Du kleiner Hurensohn wusstest es die ganze Zeit! Du wusstest, dass sie noch am Leben war und hast es mir verheimlicht!", schrie dieser Mikey und kam näher.
Kazutora lief auf ihn zu und wollte ihn schlagen, doch Mikey, fing den Schlag ab und drückte ihn auf den Boden.
„Sag schon! Gib es zu! Was hast du mit ihr gemacht, dass sie sich an nichts erinnert?!"
„Halt die Fresse, du hast mir gar nichts zu befehlen!", rief der Größere zurück. Tief grub er seine Hand in den Dreck und schmiss diesen Mikey in die Augen. Kurz ließ er locker. Kazutora reagierte sofort und schmiss ihn von sich runter.
Mikey sah mich an.
„Lass dich nicht von ihm reinlegen, Yuki. Ich bin dein Bruder und er ist ein Lügner!"
*Bruder? Kazutora hat doch gesagt meine ganze Familie ist tot*.
„Kazutora, was hat das zu bedeuten?!", rief ich.
„Hör nicht auf ihn, er will dir nur irgendeine Scheiße erzählen, damit du dich von mir trennst!", rief er mir zu.
*Was soll ich jetzt tun? Soll ich ihm glauben? Kazutora war schließlich immer da, auch schon in meinen alten Gedanken, aber dieser Mikey kam nie vor. Wäre er mein Bruder müsste ich mich doch gut an ihn erinnern oder?*
„Kazutora, hör auf so eine Scheiße zu reden! Lass meine Schwester da raus!", schrie der Blonde und rannte auf Kazutora zu. Blitzschnell trat er ihn zu Boden. Immer wieder schlug er auf meinen Freund ein, dass ihm das Blut über das ganze Gesicht lief.
„Schluss jetzt!", schrie ich. Der Blonde, der versuchte sich als mein Beuder auszugeben stoppte. Bittend sah er zu mir. Mit kalten Blick trat ich ihn von Kazutora runter. Ich half dem Schwarzblonden auf und nahm ihn in die Arme.
„Alles gut, ich glaub dir", strich ich ihm über den Kopf.
„Yuki, bleib hier! Du kannst mich doch nicht einfach vergessen haben?! Mich, Ema, Shinichiro und unseren Opa! Hast du etwa auch vergessen, dass Kazutora unseren Bruder umgebracht hat und schuld an deinem Unfall war!", schrie er. Tränen sammelten sich in seinen Augen.
*So viel Scheiß kann man sich doch nicht ausdenken. Sagt er etwa doch die Wahrheit? Aber warum sollte Kazutora meinen Bruder umbringen und mich fast und jetzt abstreiten, dass dieser Typ mein Bruder ist, schließlich war er früher schon mit mir zusammen und hat mich geliebt, das weiß ich. Und jetzt liebte er mich immer noch, so viele Gefühle kann man nicht vorspielen!*.
„Du lügst!", schrie ich ihn an. Der Blonde zuckte zusammen und ging auf die Knie.
„Kazutora, du Wixer ich bring dich um!", knurrte er böse. „Wenn du mir meine Schwester nicht freiwillig gibst, dann Zettel ich einen Krieg gegen Walhalla an in zwei Wochen. Wenn du nicht sterben willst, gib sie mir früher!"
„Kannst du alleine stehen?", fragte ich meinen Freund sanft. Er nickte leicht. Ich löste mich von ihm, doch er klammerte sich sofort an mich.
„Bitte, bleib bei mir, Verlass mich nicht", flüsterte er verzweifelt und ich spürte sein Zittern. Sanft nahm ich seine Hände von meinem Arm und küsste ihn sanft.
„Keine Sorge, ich bleibe bei dir, bin gleich wieder da".
Mit kalten Blick drehte ich mich um und ging auf Mikey zu. Kräftig holte ich aus und gab ihm einen kräftigen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht.
Geschockt sah er mich an, doch ich blieb weiter kalt.
„Du kannst nicht mein Bruder sein...ich erinnere mich nicht an dich und selbst wenn ich einen Bruder hätte, würde er nie wollen, dass die Person die ich liebe stirbt! Du bist einfach nur ein eifersüchtiges Stück Dreck, Kazutora hat dir sicher nie was getan, er hat mich schon immer geliebt!"
Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging zurück zu Kazutora. Sanft nahm ich seine Hand in meine und zog ihn mit mir.
„Lass uns gehen!", rief ich eilig und zog ihn mit zu mir nach Hause.
Zuhause angekommen sah ich mir sein Gesicht genauer an. Überall hatte er getrocknetes Blut, das ihm teilweise sogar den Hals bis zu seiner Brust runtergelaufen war.
„Du siehst wirklich schlimm aus. Tuts sehr weh?"
„Geht schon", murmelte er ruhig, auch davor schon auf dem Weg hier her hatte er kein Wort gesagt.
„Alles in Ordnung?", fragte ich ihn.
Stumm nickte er, doch an seinem Blick sah ich, dass gar nichts in Ordnung war. Er war vollkommen verängstigt.
Ich lotste ihn hinter mir her ins Badezimmer.
„Setz dich", sagte ich und zeigte auf den Rand der Badewanne.
Ohne ein Wort tat er was ich ihm sagte. Ich nahm ein Papiertücher und drehte den Wasserhahn auf. Laut fing das Wasser an zu plätschern. Ich hielt meine Tücher unter den Strahl, bis sie anfingen etwas die Feuchtigkeit aufzunehmen. Kräftig drückte ich sie etwas aus und begann dann mit den nassen Lappen sein Gesicht von den Blutspuren zu säubern. Die ganze Zeit schaute er dabei an mir vorbei. Seine Augen leuchteten auch gar nicht, so wie sonst, sie waren trüb und trostlos.
*Was hat er nur? Macht ihn dieser Typ mit dem was er sagt so fertig? Aber ich weiß doch, dass es nicht die Wahrheit ist, was dieser Mikey sagt.*
Inzwischen war sein ganzes Gesicht und sein Hals vom Blut befreit. Am Kragen seines Shirts stoppte ich, auch wenn das Blut noch weiter gelaufen war.
Sanft drückte ich ihn das nasse Tuch in die Hand.
„Den Rest solltest du besser selber machen. Ich warte so lange in meinem Zimmer auf dich", versuchte ich es mit einem aufmunternden Lächeln, doch er sah mich gar nicht an.
Behutsam strich ich ihm kurz durch die Haare, dann ging ich aus dem Bad und schloss die Tür hinter mir.
Ich ging rüber in mein Zimmer und setzte mich aufs Bett. Etwas kuschelte ich mich in meine Decke ein. Ich schaute auf Instagram und suchte Kei's Profil. Auf den älteren Bildern war fast nur er mit Kazutora zu sehen, auf den neueren dafür immer mit der Gang, auch mit diesem Mikey. Ich ging auf sein Profil und wollte die Bilder durchschauen.
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*Als ob der Anführer einer so großen Gang nichts zu posten hatte*.
Danach ging ich auf Kazutora's Profil. Sein letztes Bild ist 2 1/2 Jahre her. Natürlich war es wie zu erwarten mit Kei. Allgemein hatte er nur Bilder mit ihm oder von sich alleine hochgeladen.
*Er war mit mir zusammen, hat aber nie ein Bild mit mir veröffentlicht? Oder hat er sie etwa alle gelöscht nachdem er dachte, dass ich tot bin.*
Ich schaute noch etwas weiter durch Socialmedia. Ich suchte auch nach dieser Ema und Shinichiro, die angeblich ebenfalls meine Geschwister waren laut Mikey. Da ich aber ihren Nachnamen nicht kannte, fand ich sie nicht, auch Mikey folgte niemanden der so oder ähnlich hieß.
Seufzend löschte ich meinen suchverlauf und legte mein Handy weg.
*Wo bleibt er denn so lange?* fragte ich mich, da ich bestimmt schon 10 Minuten hier war.
Seufzend ging ich rüber zum Bad. Ich klopfte an die Tür, aber bekam keine Antwort.
„Kazutora?", fragte ich nach, doch wieder sagte er nichts.
Ruckartig riss ich die Tür auf und stürmte ins Badezimmer.
Leise schluchzend saß er in der hintersten Ecke.
„Hey, was ist los?", fragte ich so sanft ich konnte, denn Feinfühligkeit war nun leider wirklich nicht meine Stärke.
Er hört nicht auf zu weinen, hob nichtmal den Kopf, fast als hätte er mich nicht bemerkt.
Ich setzte mich neben ihn auf den Boden und strich ihm über den Rücken. Bei der ersten Berührung zuckte er heftig zusammen, rutschte sogar verängstigt von mir weg. Seine Augen waren weit aufgerissen. Seinen hektischen Atem spürte ich an meiner Hand und jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken.
„Ich bin es nur, Yuki", sprach ich sanft zu ihm in der Hoffnung ihn damit beruhigen zu können. Seine Atmung aber flachte nicht ab, sie wurde immer hektischer. Die Tränen liefen ihm über das Gesicht und ich sah wie er versuchte seine Finger verängstigt in die Fliesen zu krallen.
Als ich ihn berührte fing er stark an zu zittern. Ratlos nahm ich ihn in den Arm in der Hoffnung das würde wenigstens etwas helfen.
Seine Finger bohrten sich fest in meinen Rücken. Mein Tshirt tränkte er mit seinen Tränen und sein hektischer Atem war direkt neben meinem Ohr.
„Bitte, bitte, geh nicht weg! Du darfst mich nicht allein lassen! Ich hab so Angst wieder ohne dich zu sein!", schluchzte er aufgebracht.
„Ich bin da", sagte ich nur und strich über seinen Rücken.
Erst jetzt fiel mir eigentlich erst auf wie sensibel und traumatisiert er doch war. Wundern tat es mich nicht, schließlich hatte er damals meinen „Tod" mit eigenen Augen mit ansehen müssen. Dann kam jetzt noch dieser Mikey, der wahrscheinlich alles tun würde um ihn noch unglücklicher zu machen.
Vorsichtig half ich ihm sich aufzusetzen. Während ich ihn stützte gingen wir in mein Zimmer. Er legte sich gleich ins Bett und ich deckte ihn zu. Seine Finger verkrampften sich in der Bettdecke, doch er schloss allmählich die Augen. Erst als ich merkte, dass sein Zittern aufhörte, schloss ich ebenfalls die Augen.
Lange dauerte es nicht bis ich eingeschlafen war, doch wenn ich so zurück denke, war es mir lieber gewesen, ich wäre nie eingeschlafen.
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Im nächsten Kapitel wird wieder etwas Vergangenheit aufgeklärt^^
Habt einen schönen Tag ^^
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