Anfangen

Warnung:

Vulgäre Sprache (nur im geringen Maße)

„Guten Morgen“, begrüßt mich mein Freund mit heller Stimme, weshalb ich ihm einen gequälten Blick zuwerfe.

„Es ist vier Uhr. Am Nachmittag“, murmele ich, während ich bereits meinen Namen und die jetzige Uhrzeit auf den Zettel schreibe, der immer hier liegt und am Ende des Monats erneuert wird.

„Du siehst aber aus, als wärst du gerade aufgestanden“, scherzt Maurice und kichert.

Ich verstaue das Papier in einer Schublade und ziehe mir nun meine Jacke aus. Genauso wie Maurice trage ich ein schwarzes Oberteil mit dem Namen der Halle, in der wir uns befinden und schaue mich kurz um. Die Gäste befinden sich alle entweder auf der Bahn oder an den Tischen, wo sie essen.
Es wird erst gleich voll, wenn die Eltern Feierabend haben und mit ihren Kindern herkommen und sich alle Schlittschuhe ausleihen müssen.

„Ich habe gestern Abend noch lange gearbeitet und heute musste ich viel erledigen. Ohne die hier hätte ich diesen Tag nicht erlebt.“

Ich deute auf den Becher, den ich beim Ankommen einfach abgestellt habe. Der Kaffee darin dampft noch und ich spüre schon, dass ich wieder wach werde.

Maurice und ich haben uns hier schon vor einer ganzen Weile beworben und hatten Glück, dass wir beide den Job bekommen haben. Irgendwann stand ein Schild vor dem Eingang der Halle und dort stand, dass Aushilfen gesucht werden. Da Maurice und ich noch nicht viel Geld verdienten, dachten wir, dass das ein einfacher Weg ist, um unseren finanziellen Status zu verbessern. Seitdem arbeiten wir bei der Schlittschuhbahn.

Die Zeit vergeht ziemlich schnell und als ich mit dem nächsten Becher Kaffee zu Maurice zurückkehre, hat Maurice seine Jacke an und verabschiedet sich von mir, denn der Tag neigt sich langsam dem Ende zu und in der Halle sind nur noch wenige Leute.

Mein Blick wandert immer wieder zu den Türen, durch die die Gäste hereinkommen und die Halle wieder verlassen.
Und irgendwann betritt der Mann die Tür, auf den ich die ganze Zeit warte. Der Grund dafür, dass ich seit zwei Wochen die Spätschicht übernehme.

Ein Pärchen kommt zu mir und sie geben, als eine der letzten, ihre Schuhe ab. Die Halle schließt erst in einer Stunde und solange könnten die Besucher auch noch fahren, jedoch gehen viele schon um diese Zeit nach Hause, das das Laufen mit den Schlittschuhen nach einer Zeit auch ziemlich anstrengend wird.
Und als die beiden die Tür nach draußen öffnen, huscht ein junger Mann von draußen an ihnen vorbei, bedankt sich und zieht die Kopfhörer aus seinen Ohren.

Nachdem er das Kabel in seiner Jacke verstaut hat, setzt er sich auf eine Bank und öffnet die große Tasche, in der sich seine schwarzen Schlittschuhe befinden. Seine Jacke legt er neben sich und beginnt damit, die Schuhe zu wechseln.
Er kommt immer um die gleiche Zeit. Ob er jeden Tag kommt, weiß ich nicht, jedoch wäre es ein großer Zufall, wenn er immer dann käme, wenn ich arbeite. Vielleicht sollte ich Maurice fragen.

Der Mann steht auf und beobachtet kurz die drei Leute, die auf der Bahn ihre Runden drehen. So wie jedes Mal trägt er seine Mütze über den langen Haaren.
Er betritt die Bahn, macht vorerst nur kleine Bewegungen und fährt im langsamen Tempo ein Stück.
Seitdem ich ihn das erste Mal gesehen habe, geht er mir nicht mehr aus dem Kopf. Das ist komisch, denn ich habe noch nie mit ihm gesprochen.

Ein einziges Mal kam er zu mir und bat mich darum, die Musik lauter zu machen. Er hat mich gesiezt, obwohl er gar nicht so viel jünger aussah. Ich habe aber nur genickt und den Knopf weiter nach rechts gedreht.
Genau das tue ich jetzt auch und die anderen Leute scheint es nicht wirklich zu stören. Passend zu der Lautstärke der Musik, erhöht der Mann sein Tempo. Wirklich viele Runden dreht er aber nicht, denn er steht kurz darauf in der Mitte. Dort, wo keiner ist.

Gespannt spiele ich mit dem Stift, den Maurice vorhin verwendet hat, um die Uhrzeit einzutragen, als er gegangen ist.
In den zwei Wochen, die ich ihn jetzt schon beobachte, versucht er jedes Mal das gleiche. Mal gibt er früher auf, mal bleibt er bis zum Schluss.

Er atmet einmal tief ein und aus, holt Schwung und will sich drehen, doch setzte er sein Bein sofort wieder ab, da er die Balance verliert und beendet die Drehung.
Seitdem er angefangen hat, diese Drehung zu üben, hat er es noch nicht einmal geschafft.

Frustriert lässt er die Schultern hängen und zieht sich die Mütze in sein Gesicht. Ich drehe die Musik noch ein wenig lauter und sorge damit dafür, dass er sich aufrecht hinstellt.

Der Mann richtet seine Mütze wieder und versucht es noch einmal. Dieses Mal dreht er sich länger und in mir steigt die Euphorie und die Hoffnung, dass er es dieses Mal tatsächlich schafft, auf. Die Gefühle erlöschen nicht lange danach, denn der Mann fällt und liegt auf dem Boden.

Aus lauter Frust versucht der Mann auf dem Eis gar nicht aufzustehen, sondern macht es sich noch gemütlich.
Als er sich aufsetzt, streckt er sich einmal und stellt sich dann wieder auf seine Kufen. Langsam fährt er an die Begrenzung der Bahn und fährt neben der kleinen Wand her. Mit verschiedenen Fingern tippt er immer wieder, passend zu der Melodie des Liedes, auf den Rand der Bande, sein Blick fokussiert auf seine Füße. Kurz wirft er einen Blick hinter sich, biegt dann ab und will sich noch einmal drehen. Doch genauso wie die etlichen Male zuvor, scheint er über seine eigenen Beine zu fallen.

Wieder liegt er auf dem Rücken und wiederholt erneut die Bewegungen seiner Finger auf dem Boden, die er gerade schon über die Begrenzung tanzen lassen hat.
Ich erkenne an seinem Brustkorb, wie seine Atmung nicht mehr so sanft und ruhig ist, sondern immer schwerer wird. Dann beginnt er zu zittern und es scheint so, als würde er weinen. Die Finger bewegen sich nicht mehr, sondern sind ballen eine Faust.

Gerade, als ich mich um sein Wohlergehen erkunden will und die Tür öffne, bewegt er sich. Der Junge zieht sich die Mütze wieder über die Ohren und fährt los. Heute scheint einer der Tage zu sein, an denen er immer wieder anfängt.

Seine Schuhe tragen ihn einmal im Kreis, bevor er schneller wird und kurz von dem Boden abhebt, bis er unglücklich landet. Ich konnte nicht genau sehen, was passiert ist, doch steht er dieses Mal schneller wieder auf.
Verzweifelt legt er den Kopf in den Nacken und nimmt sich die Mütze von seinem Kopf, was dazu führt, dass seine Haare aussehen wie ein Vogelnest. Mit roten Wangen tritt er durch eine der Lücken in der Begrenzung und verlässt somit die Bahn. Die Kufen seiner Schuhe treffen auf den Boden, bevor er auf dem Gummi läuft, welches sich durch die Halle zieht.

Er hört heute früher auf, als ich es erwartet habe.

Bei der hölzernen Bank angekommen, lässt er sich auf diese fallen.
Ich drehe die Musik etwas leiser, woraufhin er an die Decke schaut und seine Ellenbogen auf den Knien abstützt. Kurz verweilt er so, schüttelt dann den Kopf und wechselt die Schuhe.

Leider muss ich meinen Blick von ihm abwenden, weil ein Gast seine Schuhe zurückgeben möchte und als ich diesem das Geld zurückgegeben habe und wieder in die Richtung schaue, in der ich gerade noch den Mann gesehen habe, muss ich feststellen, dass er verschwunden ist.

Ich weiß nicht, warum er diese Drehung nicht schafft, immerhin übt er sie beinahe jeden Tag. Ich würde zu gerne wissen, was ihn daran hindert, um ihm vielleicht helfen zu können. Obwohl das ziemlich unwahrscheinlich ist, da ich eine Niete auf dem Eis bin.

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Diese Geschichts für mich der Ersatz, dass ich dieses Jahr genau das nicht machen konnte. Es kommen ungefähr acht oder neun Teile, mal schauen.

Ich mag die Geschichte jetzt schon, obwohl nur das erste Kapitel fertig ist und es eigentlich, von der Idee her, ziemlich dem Standard entspricht.^^

Tschüssi <3

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