Kapitel 10
Irgendwann begann Hermione wieder zu Bewusstsein zu kommen. Ihr Kopf fühlte sich bleiern an. Sie rutschte etwas, als sie versuchte aufzustehen, aber ihre Arme ließen sich nicht bewegen.
Sie erstarrte. Der Nebel in ihrem Verstand schwand, als die Umgebung in der sie sich befand, alarmiert in sich aufzunehmen versuchte.
Das hier war nicht das St. Mungos. Sie war in einem dunklen Raum, gefesselt, ihre Arme an den Stuhl gebunden.
Sie sah sich genau um und notierte innerlich alles, was sie erblicken konnte. Es war das Schlafzimmer eines verlassenen Hauses. Ein uraltes Bett mit einem großen verstaubten Betthimmel befand sich zu ihrer Rechten. Das Licht war trübe, als es das verschmierte Glas und wuchtigen Vorhänge passierte. Es musste Stunden her sein, seit sie ihr Bewusstsein verloren hatte.
Eine erkaltete Feuerstelle lag zu ihrer Linken. Die schwere Tür, die aus dem Raum führte, war leicht geöffnet. Der Raum war seltsam kalt und klamm für einen Sommertag. Es war ein altes Zaubererheim, da war sie sich sicher. Das Gefühl von uralter, verflogener Magie hing über allem, wie ein Leichentuch.
Sie probierte ihre Handgelenkte leicht zu drehen, um die Seile zu testen. Diese schnitten zwar ihren Blutkreislauf nicht ab, aber die Knoten waren dennoch fest und bissen stark genug in ihre Haut, um sie nicht loswerden zu können. Sie verrutschte abermals in ihrem Stuhl. Wenn er alt war, wäre es möglich, dass er brüchig war. Sie zog mit ihren Armen stark an, um zu überprüfen ob er irgendwo morsch war.
Als sie sich drehte um ihre Fesseln zu prüfen, versuchte sie sich zu erinnern. Wer hatte sie entführt? Konnte es eine Rache dafür sein, dass sie das GWR durchgebracht hatte?
Es musste der Tee gewesen sein. Dessen Geschmack war ihr von Anfang an seltsam vorgekommen.
Pansy!
Pansy hatte den Tee auch getrunken.
Sie streckte ihren Hals und versuchte sich umzusehen, ob die Reporterin irgendwo hier im Raum war. Sie war allein.
Erneut versuchte sie sich zu konzentrieren. Ihr Gehirn fühlte sich immer noch etwas unscharf an. Pansy hatte sie ins St. Mungos gebracht, das war das letzte, an das sie sich erinnerte. Irgendwie waren sie wohl auf dem Weg dorthin entführt worden.
Sie zermarterte sich den Kopf, im Versuch, sich an irgendetwas anderes zu erinnern - irgendwelche Details, die sie vergessen hatte.
„Schon wach?"
Sie riss ihre Augen auf.
„Pansy?", keuchte sie und sah die Frau vor sich erstaunt an. Pansy Parkinson sah so zerbrechlich aus, als könne sie jeden Moment in tausend Teile zerspringen. Ihren Zauberstab hielt sie fest, mit einer ihrer Fäuste umklammert. Sie blicke hinunter zu Hermione mit einem unleserlichen Gesichtsausdruck.
„Geht es dir gut?", fragte Hermione, „was ist passiert? Wo sind wir?"
Pansys Gesicht veränderte sich ein wenig.
„Hast du es immer noch nicht kapiert?", ihr Tonfall klang beinahe mitleidig.
Hermione starrte sie an, dann weiteten sich ihre Augen.
„Pansy, was wird das hier?", fragte sie leise.
„Ich rette Draco", antwortete Pansy ihr angespannt.
„Weißt du", erklärte sie, als sie zu dem düsteren Fenster ging, „ich war immer in ihn verliebt, sogar schon vor Hogwarts. Ich war so sicher, dass wir irgendwann zusammenfinden würden. In der Schule habe ich wirklich alles getan, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Aber es hatte nie funktioniert. Ich meine, wir sind miteinander ausgegangen, aber für ihn war das nie etwas ernstes. Und dann, nach dem Krieg, habe ich gedacht, dass wenn ich nur lang genug warte, er nach einer Weile realisieren würde, dass ich immer für ihn da war und dass ich ihm wichtig bin, dass er ohne mich nicht Leben könnte - und dann würde er von selbst zu mir kommen. Und wir würden ein Paar werden, glücklich, bis ans Ende unseres Lebens. Ich bin sogar Journalistin geworden, weil ich dachte, dass das ein Zugewinn für seine Familie wäre. Hermiones Verstand raste. Pansy hatte sie entführt. Wegen Malfoy! Sie konnte nur nicht verstehen warum. Hatte Pansy den Eindruck, dass Hermione irgendeine Art Konkurrenz für sie darstellte und würde Malfoy davor 'retten' seine Blutlinie mit ihr zu beschmutzen?
Pansy fuhr fort zu reden und ihr Gesichtsausdruck öffnete sich, im Vergleich zu dem verschlossenen Ausdruck, den sie sonst trug.
„Aber irgendwann habe ich bemerkt, dass er meine Gefühle nie erwidern würde", sie seufzte, „also habe ich nach einer Weile beschlossen, dass ich damit leben könne. Es war genug ihn zu lieben und ihm dabei zu helfen, sein Glück zu finden. Ich bin mir sicher, dass du das sehr un-slytherin-artig von mir findest. Aber ich dachte, dass solange er glücklich ist, ich es ertragen könne."
Ihre Stimme wurde bitter als sie sich umdrehte und ihre Züge verzogen sich in das gleiche Grinsen, dass sie Hermione so oft während ihrer Schulzeit zugeworfen hatte.
„Als er helfen wollte, das GWR durchzubringen, habe ich zugestimmt zu helfen. Und das obwohl ich bereits vermutet habe, warum er das tat. Aber... als ich herausgefunden habe, dass er wegen dir stirbt...", Pansy versagte die Stimme und ein Moment der Stille entstand, bevor sie mit fester Stimme verkündete, „ich bin nicht seine Mutter. Ich muss seine Wünsche nicht respektieren. Ich kann damit leben, wenn er mich hasst."
Hermione starrte Pansy entsetzt an. Die Frau war verrückt. Sie hatten beide Draco nur ein paar Stunden zuvor gesehen. Ihm ging es gut!
„Pansy", sagte sie und versuchte ihre Stimme beruhigend klingen zu lassen, „ich verstehe nicht. Von was redest du?"
„Natürlich tust du das nicht", kam es bitter von Pansy, Tränen stiegen in ihre Augen, „und das ist der schlimmste Teil. Er geht für dich durch die Hölle und du bemerkst es nicht einmal.
„Warum denkst du, dass Draco stirbt?", versuchte Hermione es erneut und versuchte ihre Stimme immer weiter ruhig zu halten.
„Ich denke es nicht nur", schnappte Pansy, „ich weiß, dass er es tut. Und du wüsstest es auch, wenn du nur einmal lang genug von deinen Gesetzesentwürfen aufblicken würdest, um zu bemerken, dass er dich liebt."
Ihre Stimme hatte einen hysterischen Unterton bekommen.
Nachdem sie einige tiefe Atemzüge genommen hatte, wischte Pansy ihre Tränen weg und schien sich wieder etwas zu fassen.
„Draco ist ein Veela", erklärte sie, „nunja, zumindest zu einem Viertel. Aber das reicht offensichtlich aus. Und natürlich musste er ausgerechnet dich auswählen", sie sagte den letzten Satz scharf, dass es Hermione einen Schauer über den Rücken jagte.
Hermione starrte sie ungläubig an. Aber sogar obwohl sie glaubte, dass Pansy jeden Kontakt mit der Wirklichkeit verloren hatte, begannen die Zahnräder in ihrem Gehirn zu arbeiten. Die fehlenden Teile des Puzzles fielen alle plötzlich an ihren Platz.
Er kann es nicht sein, dachte sie.
Aber alles passte. All die Dinge die keinen Sinn gemacht hatten. All die seltsamen unerklärlichen Dinge, für die sie nie eine Antwort gefunden hatte.
„Aber er will dich nicht für sich beanspruchen", fuhr Pansy fort, „er lehnt es ab. Also stirbt er. Und das hier ist die einzige Option die mir noch bleibt."
Pansy machte einen Schritt auf Hermione zu, ihr Gesichtsausdruck wurde irgendwie reumütig.
„Ich zweifle daran, dass es dich besser fühlen lässt Granger, aber das hier ist nichts persönliches. Es ist nur die letzte Wahl die mir bleibt. Ich habe es zuerst mit weniger drastischen Methoden probiert, habe versucht zu helfen. Ich dachte, wenn ich dir genug Hinweise geben würde, würdest du es mit der Zeit selbst herausfinden, so, dass er dich nicht so einfach obliviieren kann. Aber jetzt ist es zu spät. Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich das hier nie getan hätte, wenn es irgendeinen anderen Weg gäbe."
Hermiones Herz fing heftig an zu pochen, als ihr dämmerte, was Pansys Worte implizierten.
Theos Kuss. Dass sie ihr den Prima Verde Jahresbericht gegeben hatte. Sogar das Bild von Draco im Tagespropheten. Die Klatscher...
Pansys Fingerabdrücke waren über all das verstreut. Subtile Manipulation. Der Versuch Hermione zum Innehalten zu bringen - sie dazu zu bringen Dinge in Frage zu stellen. Dann fiel ihr ein, wie Pansy sie dazu gedrängt hatte, sich näher an Draco zu stellen.
Hermione fühlte sich kalt. Wenn die Klatscher Pansys Idee von weniger drastisch waren...
„Was wirst du mir antun?" Hermione atmete tief durch und ihre Augen weiteten sich.
„Das findest du früh genug heraus", antwortete Pansy und sah hinab auf ihre Armbanduhr.
Hermione zog erneut versuchsweise an den Seilen. Sie verschoben sich nicht um einen Zentimeter. Sie hätte sich nie vorstellen können, dass Pansy Parkinson so gut in Entführung sein könne.
Tief durchatmend versuchte sie einem Gedankengang zu folgen. Sie zerbrach sich den Kopf, im Versuch, sich an alles zu erinnern, was sie über Veela-Bindungen gelesen hatte.
„Wenn Draco wirklich ein Veela ist und ich seine Partnerin bin, wird er dich dafür mehr als nur hassen, Pansy."
Pansy lachte bitter.
„Du weißt nicht einmal die Hälfte, Granger. Wenn er mich je wiedersieht, wird er mich wahrscheinlich töten." Tränen rannen über ihre Wangen und sie wischte diese ungeachtet mit der Rückseite ihrer Hand weg.
„Pansy", beschwor Hermione sie, „wenn du Draco wirklich retten willst, lass uns mit ihm reden. Ich... ich wusste nicht, dass ich seine Partnerin bin. Jetzt, da ich weiß, dass er stirbt, würde ich gerne helfen. Ich möchte helfen. Es gibt keinen Grund, dass du das hier tun musst. Lass uns einfach zu ihm gehen und mit ihm reden."
Pansy sah Hermione scharf an.
„Du denkst, dass ich verrückt bin, nicht wahr?", schaubte sie, „wahrscheinlich sieht es für dich genau so aus."
Sie legte ihren kopf schief und sah Hermione nachdenklich an.
„Vielleicht bin ich tatsächlich ein bisschen verrückt", kam es schließlich leise von ihr, „aber ich hoffe, dass du mir eines Tages glaubst, dass ich das alles hier nicht tun würde, wenn ich glauben würde, dass es irgendeine andere Möglichkeit gäbe. Ich habe es versucht...", ihre Stimme brach leicht, „wir haben keine Zeit mehr. Das ist meine letzte Chance. Ich tu das nicht, um dich zu irgendetwas zu zwingen, Granger. Ich tue es um ihn zu zwingen. Weil es das Einzige ist, das mir einfällt - die letzte Möglichkeit ihn dazu zu bringen endlich nachzugeben, bevor es zu spät ist."
Pansys Stimme zitterte. Als sie aufhörte zu sprechen sog sie noch einmal so scharf die Luft ein, dass es wie ein Wimmern klang, im Versuch ihre gefasste Fassade aufrecht zu erhalten.
Bevor Hermione irgendetwas antworten konnte, fühlte sie diese fremden Emotionen in ihr anschwellen. Es hatte sich angefühlt, als wären sie über die letzten paar Tage vergangen, aber dieses Mal brach der Zorn wie eine Welle über sie herein. Eine Sekunde später wackelte das Gebäude, als ob es eine Explosion gegeben hätte.
Pansy stolperte leicht, wirkte aber nicht überrascht.
„Genau pünktlich", merkte sie an, „man braucht drei Minuten, um von der Eingangstür zu diesem Raum zu gelangen."
Hermione konnte ihre Panik nicht mehr zurückhalten, als Pansy sich ihr näherte. Den Zauberstab hielt sie so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten und der Ausdruck von stählerner Entschlossenheit lag auf ihrem Gesicht.
„Es tut mir wirklich Leid, Granger. Ich hoffe für dich und Draco, dass es funktioniert", flüsterte sie mit zittriger Stimme.
Dann führte sie einen Schneidezauber auf beide von Hermiones nach oben gerichteten Handgelenke aus. Die Schnitte waren tief und Blut floss sofort aus den Wunden. Noch bevor der Schrei, der sich von Hermiones Lippen losgerissen hatte verstummt war, führte Pansy einen schnellen, geübten Anti-Gerinnungszauber durch.
„Es tut mir Leid", flüsterte Pansy erneut und griff in ihre Tasche. Sie zog ein Messer hervor.
Hermione wimmerte und versuchte vergeblich sich zu befreien. Sie versuchte mit all ihrer Kraft ihre Arme zu drehen, um mit dem Blut, das sie verlor, ihre Handgelenke so glitschig zu machen, dass sie entkommen konnte.
Mit einem schnellen Schritt näherte Pansy sich ihr und vergrub das Messer in Hermiones Bauch.
Hermione schnappte nach Luft und sackte dann zurück.
Als Pansy einen Schritt zurück machte, tropfte Blut von dem Messer. Sie warf noch einen nervösen Blick in Richtung Tür.
„Es tut mir Leid. Ich hoffe wirklich, dass du überlebst, Granger."
Dann griff sie in ihre Tasche, holte einen Portschlüssel hervor und verschwand.
Als Hermione weiter den leeren Platz anstarrte, den Pansy hinterlassen hatte, schien sich die Zeit bis ins unendliche zu dehnen. Bei der Menge an Blut, die sie gerade verlor, war ihr klar, dass sie das Bewusstsein innerhalb einer Minute verlieren würde. Aber diese Minute schien in ihrer Wahrnehmung bereits ewig anzudauern.
Sie hatte sich dem Tod noch nie so nahe gefühlt, selbst im Krieg nicht. Nicht einmal, als Bellatrix sie gefoltert hatte bis sie sich wünschte zu sterben. Tatsächlich nah, hatte sie sich ihm bisher noch nie gefühlt. Es hatte immer so viele andere Dinge gegeben, um die sie sich sorgen musste. Sie hatte einfach nie die Zeit dafür gehabt zu sterben. Es hatte auch nie genug Zeit gegeben um innezuhalten und nachzudenken, wie wahrscheinlich es war, dass sie in den nächsten paar Minuten sterben würde.
Aber hier zu sitzen, gefesselt an einen Stuhl, unfähig irgendetwas anderes zu tun als ihrem Blut zuzusehen, wie es auf den Boden tropfte um dort eine große Pfütze um ihre Füße zu bilden - es gab nichts anderes für sie zu tun, als nachzudenken.
Sie wollte nicht sterben.
Es gab noch so viele Dinge, die sie nicht getan hatte in diesem Leben.
Es gab Dinge... die sie immer noch sagen musste.
Sie wollte nicht sterben.
Sie versuchte sich selbst erneut aufzurichten und einen neuen Fluchtversuch zu starten. Aber... sie konnte sich kaum bewegen. Die Seile ließen ihr keinen Freiraum und sie war bereits so schwach von dem Schock und dem Blutverlust, dass sie kaum Kraft aufbringen konnte.
Ein Wimmern entschlüpfte ihrer Kehle.
„Hilfe", rief sie. Ihre Stimme zitterte. Jemand war irgendwo im Haus. Wenn man sie nur rechtzeitig finden würde, dann...
Die Phantomgefühle des Zorns und der Panik durchzuckten sie weiterhin, wie kleine Elektroschocks.
„Hilfe", wimmerte sie noch einmal leiser. Nicht einmal ihre Stimme schien noch richtig zu funktionieren.
Der Raum schwankte und die Ränder ihrer Wahrnehmung schienen sich zusammenzuziehen. Die Welt um sie herum wurde dunkler.
Ihr Kopf sackte zurück, als sie versuchte bei Bewusstsein zu bleiben.
Dann wurde die Tür aufgerissen und Draco Malfoy explodierte in den Raum. Er sah panisch aus und schien noch bleicher zu werden, als er sie erblickte.
„Granger", er flog geradezu durch den Raum. In Sekunden hatte er sie von den Stricken befreit und war dabei die Wunden an ihren Armen zu versiegeln, um die Blutung zu stoppen.
„Oh Gott Granger", er schien zu weinen, als er sie in seine Arme zog und in schneller Abfolge einen Spruch nach dem anderen auf sie legte, um die Messerwunde rudimentär zu heilen.
„Malfoy", fragte Hermione, ihre Stimme kaum noch mehr als ein Flüstern.
„Es tut mir Leid Granger. Es tut mir so Leid. Es ist alles meine Schuld", kam es heiser von ihm.
Hermiones Augenlider senkten sich langsam. Es war schwer auszuhalten...
„Granger. Granger! Hermione!", rief Draco scharf, "bleib wach! Du darfst nicht sterben!"
Hermione zwang sich ihre Augen zu öffnen um ihn anzusehen.
Er rang nach Luft, kurze panische Atemzüge, während er schnell aufeinanderfolgende Zaubersprüche über sie sprach, bevor er mit einem Diagnosezauber überprüfte, ob sie auch tatsächlich wirkten.
Hermione fühlte sich losgelöst, als würde sie irgendwie schweben - leicht rechts über ihrem tatsächlichen Körper. Es war ein seltsames Gefühl. Sterben ließ sie seltsam entrückt fühlen und ihre Gedanken flogen davon. Sie nahm die ganzen Zauber nicht mehr wahr, die Malfoy über sie legte.
Sie studierte sein Gesicht. Starb er auch? Er sah gerade in diesem Moment nicht wirklich so aus, als würde er sterben. Aber sie konnte nicht abstreiten, dass er etwas fiebrig wirkte. Auf der anderen Seite wusste sie auch nicht viel über Veela und zwischenmagische Bindungen. Vielleicht konnte man es jemandem der daran starb gar nicht so leicht ansehen.
Oder vielleicht war Parkinson auch einfach nur vollkommen durchgedreht und hatte versucht Hermione zu ermorden. Aber auf der anderen Seite... es war Malfoy der gekommen war. Nicht Harry oder Ron. Und er schien sehr verstört über ihren Zustand zu sein. Und dann waren da diese ganzen fremden Emotionen, die sie spürte - sie schienen den Kummer, die Angst und Wut widerzuspiegeln, die er offensichtlich verspürte, als er weiter versuchte sie zu retten. Vielleicht hatte Pansy...
"Granger!", Malfoys laute Stimme holte sie zurück, von wo auch immer ihre Gedanken hingewandert waren. "Ich muss dich ins St. Mungos bringen. Du hast zu viel Blut verloren. Granger, wie bist du hierhergekommen? Es würde zu lange dauern die Anti-Apparationsschutzzauber zu umgehen, die hier installiert sind. Es muss einfach einen schnelleren Weg geben.
Hermione versuchte nachzudenken.
"Ein Portschlüssel", erinnerte sie sich trübe.
Malfoy fluchte und sprach eine Reihe von Aufspürzaubern.
"Incendio!", schnappte er und zielte mit seinem Zauberstab auf die erkaltete Feuerstelle.
"Accio Flohpulver!", rief er in mehrere Richtungen.
Hermione konnte fühlen, wie sie verging. Sie griff den Stoff von Malfoys Roben, als könne sie sich an diesen in der Welt festhalten. Sie waren mit Blut durchtränkt.
"Verdammt!", kam es schluchzend von Malfoy. Er ließ sich zu Boden sinken und zog Hermione fester in seine Arme.
"Granger", flehte er und drehte ihr Gesicht mit zitternden Händen dem seinen zu. "Bitte, halte durch. Du musst leben. Du darfst nicht sterben. Ich kann dich nicht sterben lassen."
Hermione spürte, wie sie den Griff um seine Roben verlor und er bemerkte es auch. Er atmete ein paar Mal tief durch und strich dann vorsichtig über ihre Wange..
"Granger, ich weiß nicht, was ich sonst noch tun könnte", sagte er nach einem Moment in verzweifeltem Tonfall, "es gibt einen Weg, wie ich dich retten kann. Aber...", seine Stimme stockte, "es hat einen Preis."
Hermione sah einen Moment zu ihm auf.
"Bist du ein Veela, Malfoy", brachte sie flüsternd zustande.
"Ja", antwortete er ihr leise.
"Und du bist... mein Bindungspartner?"
"Ja", gab er zu.
Dunkelheit begann sie zu verschlucken und sie griff erneut nach seinen Roben. Ihre Hände zogen ihn nach unten, so dass sie in die unendlich wirkenden Tiefen seiner grauen Augen blicken konnte.
"Tu es, Malfoy", entgegnete sie fest.
Er starrte sie für einen weiteren Moment an und blinzelte dann. Als er seine Augen erneut öffnete, schienen sie silbern und seine Umrisse veränderten sich, sie wurden schärfer und kantiger. Die Magie im Raum schien sich um sie herum zu drehen und ein dröhnen erfüllte ihre Ohren.
Malfoy ließ seine Finger in ihr Haar gleiten und neigte ihren Kopf nach hinten um ihren Hals freizulegen. Er tauchte mit seinem Kopf gerade so tief ab, bis seine Lippen über ihre Haut glitten und seufzte leise.
"Ich hoffe nur, dass du mir hierfür vergeben kannst, wenn alles vorbei ist", flüsterte er.
Für einen Moment zog er sich zurück, als müsse er sich für das wappnen für das, was danach folgen würde. Dann zog er seine Lippen zurück und offenbarte damit zwei lange Fangzähne, die anstelle seiner Schneidezähne getreten waren. Mit einer schnellen Bewegung beugte er sich nach vorne und versenkte sie in dem Übergang von Hermiones Hals in ihre Schultern.
Sie schnappte nach Luft.
Es fühlte sich an, als würde reine Magie in ihre Venen injiziert werden. Ein kaltes Brennen breitete sich in ihrem Körper aus und schien anzuschwellen, bis zu dem Punkt, an dem sie sich dachte, sie müsse jeden Moment explodieren. Aber es wuchs weiter an, bis jede Zelle ihres Körpers sich anfühlte, als würde sie so angespannt werden, wie die Saiten einer Violine. Sie vibrierte geradezu von der Magie die sie auflud. Es fühlte sich so an, als müsse sie jeden Moment in all ihre Atome zerspringen. Und immer noch hielt Malfoys Biss an und seine Reißzähne pumpten mehr und mehr Magie in sie hinein.
Es war, als wäre ihr Kopf in Brand gesteckt worden. Ihr kam es vor, als würde eine Supernova in ihrem Gehirn explodieren. Die Wellen ihrer Magie nahmen ihr den Atem und fühlen sich gleichzeitig irgendwie vertraut an. Sie konnte spüren wie der Damm ihrer Magie unter der neuen Flut brach, die sie durchströmte und schließlich in ihr zerschmolz. Die unterschiedlichen magischen Strömungen vermischten sich in einem Wirbel, bis sie sich verbanden.
Danach, es konnten Minuten oder Stunden gewesen sein, die vergangen waren, während ihre Magie sich langsam erholte, wurde sie sich wieder ihrer Umgebung bewusst.
Sie starb nicht mehr. Aber, während sie sich immer noch irgendwie auf magischer Ebene umgestaltet fühlte, begann ihr Körper Aussetzer zu zeigen. Es war eine seltsame Dualität. Als ob irgendetwas den letzten Lebensfunken gepackt hätte und ihn davon abhalten würde, zu vergehen.
Plötzlich zog ein tiefes, gequältes Stöhnen ihre Aufmerksamkeit auf Malfoy, der sie immer noch fest in seinen Armen hielt. Aber jetzt kniete er beinahe, um nicht vornüber zu kippen. Seine Augen waren geschlossen und er war geradezu schockierend bleich. Wenn sie ihn nicht flach atmen gesehen hätte, hätte sie annehmen können, dass er tot wäre. Als sie ihn so ansah, begannen seine Schultern auf bizarre Art und Weise zu zucken. Plötzlich wurden sie nach hinten gerissen, was seinen Rücken sich unnatürlich krümmen ließ.
Ein weiteres Stöhnen löste sich von ihm und er zog Hermione noch enger an sich. Es war, als ob er von etwas besessen wäre. Sein Körper krümmte und zuckte unkontrollierbar. Es erinnerte Hermione an Lupin, als sie ihn im dritten Schuljahr bei seiner Transformation beobachtet hatte.
"Malfoy", flüsterte Hermione und griff hoch, um eine Hand auf sein Gesicht zu legen.
Der Kontakt ließ ihn stark erzittern, aber danach drückte er seine Wange für einen Moment gegen ihre Hand, als ob ihre Berührung ihn beruhigte.
Dann fiel er zu Boden und schrie.
Es war schrecklich. Er war gleichzeitig ein Mensch, aber auch nicht. Die schiere Agonie, die dieser Schrei enthielt, ließ Hermiones Herz erbeben. Das Geräusch riss nicht ab, es hielt an und an, bis seine Kehle irreparable Schäden davontragen hätte müssen. Aber er schrie weiter.
Sie wollte etwas tun, schaffte es aber kaum bei Bewusstsein zu bleiben. Sie konnte nur zusehen und fühlen, wie ihr Herz zerbrach.
Als er fortfuhr zu schreien, konnte sie sehen wie sich seine Augen weiteten und plötzlich zwei gigantische Flügel durch das Fleisch an seinem Rücken rissen. Als sie das taten, sproß eine Illusion aus weißen Federn aus seiner Haut, bis diese seinen ganzen Körper bedeckten. Nur sein Gesicht blieb frei, seine Züge scharf und Augen in glühend hellem Silber.
Er nahm Hermione und hielt sie fest in seinen Armen, als er stolpernd aufstand um ein paar unbeholfene Schritte zu machen. Die Flügel flatterten unstetig um ihn auszubalancieren. Er war immer noch totenbleich. Sie gegen seine Brust wiegend, spannte er sich an und... mit einem übermenschlichen Sprung stieß er sich von dem Fenster ab in die Luft,
Hermione hatte bisher immer angenommen, dass mit einem Besen fliegen bereits schnell war. Aber es war nichts, wenn man es hiermit verglich. Malfoy schnitt durch die Luft in einer unmöglichen Geschwindigkeit. Sie war davon überzeugt, dass sie so viele Gesetze der Physik brachen - dass nicht einmal Magie damit davonkommen sollte.
Nachdem sie hoch in den Himmel geschossen waren, bis sie eine schier wahnwitzige Höhe erreicht hatten, brachte Malfoy sie in einem steilen Winkel zu einem Sturzflug. Sie zischten über Land und Wasser wie eine Rakete, als sie nach unten beschleunigten.
Hermione bemühte sich wach zu bleiben, aber sie konnte spüren, wie sie langsam das Bewusstsein verlor. Der Faden, an dem ihr Leben hing, war straff gespannt.
"Granger", schnitt Malfoys Stimme plötzlich durch den Schleier, "bleib bei mir. Bitte!"
"Ich versuche es ja", murmelte sie und ließ sich gegen ihn sinken.
"Wir sind beinahe da", versicherte er ihr. Seine Flügel legten sich an, so dass der Sturzflug noch steiler wurde.
Sie schwankte zwischen Bewusstsein und Ohnmacht. Kämpfend zwang sie gerade rechtzeitig ihre Augen auf, um zu sehen, wie sie durch das Fenster von Purge and Dowse Ltd krachten.
Die Menge an Hexen und Zauberern die im Wartebereich saßen, sprengte auseinander, als Draco mit seiner Flügelspannweite von sieben Metern hereinplatzte. Sie schlitterten über den Boden, Holzstühle wirbelten durch die Luft und krachten laut gegen die Wände, bis sie beide schließlich in der Nähe der Wilkommenshexe zum Halten kamen.
"Retten sie sie!", bellte Draco, seine Flügel wirbelten und falteten sich schließlich, während seine Federn verschwanden und er sich wieder in einen Menschen verwandelte. "Sie stirbt."
Mehrere Heiler eilten auf sie zu, ihre limonengrünen Roben blähten sich zu riesigen Klecksen auf, bevor Hermiones Augen ihren Dienst verweigerten und alles schwarz wurde.
https://youtu.be/I3q04a1t0ng
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top