34. Kapitel
Luke's P.o.V.
Das ohrenbetäubende Dröhnen des Nummer eins Hits von Aqua riss mich unsanft aus meinen Träumen.
„Hast du immer noch nicht den Klingelton geändert?", brummte Zack unter mir mit seiner Stimme die stark an einen Grislibären im Stimmbruch erinnerte und zog mich enger an sich. Diese kleine Geste brachte mich zum Lächeln. Ich gab ihm keine Antwort auf seine sowieso nur rhetorisch gemeinte Frage. Um ehrlich zu sein, hatte ich einfach keine Ahnung, wie man einen anderen Klingelton einstellte, weshalb ich immer noch mit diesem schrecklichen Barbie Girl Lied durch die Gegend rannte.
Ich griff nach meinem Handy ohne meine Kopf von seiner gemütlichen Brust zu nehmen.
„Hm?", meldete ich mich verschlafen.
„Luke wo bist du zum Teufel? Hättest du nicht sagen können? dass du bei deinem Loverboy übernachtest? Dann hätte ich mich wenigstens drauf einstellen können! Aber so komm ich jetzt zu spät zur Schule und Mia muss ich auch noch in den Kindergarten bringen. Aber die weigert sich, weil sie unbedingt von dir gebracht werden will..." Manchmal bewunderte ich meine Schwester dass sie ewige Monologe abhalten konnte aber in Situationen wie diesen war es mehr als anstrengend.
„Das tut mir wirklich leid! Ich hätte nicht vor hier zu übernachten, ich bin wohl einfach eingeschlafen. Aber keine Sorge, ich mach mich sofort auf den Weg. Wie viel Uhr haben wir denn überhaupt?", fragte ich und rieb mir mit meiner anderen Hand über die Augen in dem Versuch irgendwie wacher zu werden.
„Halb acht. In nicht mal einer halben Stunde fängt die Schule an, ich bin gespannt wie du es schaffen willst in dieser Zeit dich fertig zu machen, einmal durch die halbe Stadt zu rennen um dann zur Schule zu sprinten." Ich hasste es, wenn sie mich mit diesem besserwisserischen Tonfall belehrte.
„Fuck! Warte mal kurz...." Ich nahm mein Handy vom Ohr und rutschte ein Stück hoch, sodass mein Gesicht über Zacks schwebte. Seine Augen waren geschlossen, doch ich wusste, dass er nicht schlief. Ich pikste ihm mit meinem Zeigefinger sanft in die Wange, blinzelnd öffnete er endlich seine Augen.
„Hey sag mal, hast du zufällig ein Auto?", erkundigte ich mich.
„Ja, warum?"
„Perfekt! Du bist mein Lebensretter!" Schnell drückte ich ihm noch einen Kuss auf die Lippen bevor ich mich wieder dem Telefonat widmete.
„Gibst mir mal bitte Mia?" Ich hörte ein Rascheln in der Leitung, daraufhin fragte ein leise Kinder Stimme sanft: „Luki?"
„Hallo Prinzessin! Wie fändest du es, wenn Zack und ich dich heute mit dem Auto in den Kindergarten bringen würden?"
„Wirklich?" Ich konnte förmlich vor mir sehen wie ihren Augen riesig groß wurden. Mia war schon immer vernarrt auf Autos, eine Tatsachen die ich gerne auf meine Kappe nahm, irgendwas von meinem Einfluss muss ja hängen geblieben sein.
„Ja, wirklich. Wir sind in einer Viertelstunde da. Okay?"
„Okay, Luki!"
„Bis gleich, Prinzessin." Grinste ich und beendete das Gespräch.
„Wir werden also Mia in den Kindergarten bringen?", spöttisch zog Zack die Augenbraun in die Höhe.
„Erfasst! Genau das werden wir tun."
„Und ich werde dazu gar nicht gefragt?"
„So sieht's wohl aus! Und jetzt hoch mit dir wir haben nicht ewig Zeit." Ich löste mich von ihm, stiege aus dem Bett und ließ seine Wärme, die mich gerade noch so schon ummantelt hatte, zurück. Ein kalter Luftzug um meine Lendengegend ließ mir bewusst werden, dass ich gestern nicht mehr dazu gekommen war mir etwas anzuziehen. So stand ich nun vollkommen entblößt in seinem Schlafzimmer. Ich begann damit meine Hose und meine Boxershorts vom Boden auf zu lesen und war mir Zacks stechenden Blick, der mich dabei auf Schritt und Tritt verfolgte, nur allzu bewusst.
„Könntest du vielleicht aufhören mir auf den Hintern zu glotzen und stattdessen deinen eigenen aus dem Bett bewegen?", forderte ich ihn grinsend auf, als es mir irgendwann zu dumm wurde.
„Könnte ich, aber wo bliebe denn da das Vergnügen?" Grinste er sein gewinnendes Siegerlächeln, dass ich so absolut nicht ausstehen konnte. Ich verdrehte bloß die Augen und wand mich von ihm ab. Ich beugte mich nach vorne und zog meine Unterhose wieder an, provokativ streckte ich dabei meinen Hintern in seine Richtung.
Ich konnte gar nicht so schnell gucken, da war er schon aus dem Bett gesprungen und hatte mir auf meinen Allerwertesten gehauen.
„Was ein Arsch.", schwärmte er.
„Komisch ich hatte gerade genau denselben Gedanken.", konterte ich.
Er ließ sich lachend wieder aufs Bett fallen.
„Hey nicht wieder hinlegen!", protestierte ich, als er es sich schon wieder in seinem Bett bequem machen wollte.
„Ich gebe dir den Schlüssel fürs Auto. Fahr schon mal vor und lass mich noch eine Runde schlafen.", grummelte er in sein Kissen.
„Das geht aber nicht. Ich hab keinen Führerschein.", gestand ich ihm und streifte mir meine Jeans vom Vortag über. Irritiert hob er seinen Kopf aus dem Kissen um mich anzusehen.
„Du hast wirklich keinen Führerschein? Warum das denn?"
„Ich bin noch keine Achtzehn." Außerdem fehlten mir sowohl die Zeit, als auch das Geld. Doch das sagte ich nicht, ich wollte es eher vermeiden Zack auf unsere finanzielle Situation aufmerksam zu machen. Gerade in Anbetracht der Tatsache, das seine Familie ziemlich gut betucht zu sein schien, hatte ich die Befürchtung, dass er es womöglich falsch verstehen könnte und denken würde, dass ich ihn um Geld anpumpen wollte und das war nun wirklich das letzte was ich wollte.
„Stimmt. Ich vergesse immer wieder das mein kleiner Luki noch Minderjährig ist."
„Haha. Sehr witzig, der Herr. Aber jetzt mal im Ernst, steh auf, ich brauch dich." Ich ging auf seinen Kleiderschlank zu und suchte mir ein passendes T-Shirt heraus. Da er nicht protestierte ging ich einfach davon aus, dass es für ihn in Ordnung ging.
„Sag das nochmal."
„Steh auf?" Irritiert zog ich mir sein Oberteil über den Kopf.
„Nein das danach." Er grinste, ich verdrehte die Augen.
„Ich brauch dich."
„Welch Balsam für mein geschundnes Herz." Melodramatisch griff er sich an seine linke Brust.
„Du bist so ein Spinner.", lachte ich.
„Komm schon, du stehst drauf.", zwinkerte er mir Grinsend zu.
Und wie ich das tat.
_____
„Ihr seid zu spät." Waren die ersten Worte die meine große kleine Schwester an diesem Dienstagmorgen an mich richtete. Sie stand mit vor der Brust verschränkten Armen auf dem Bürgersteig vor unserem Wohnhaus.
„Ich wünsche dir auch einen guten Morgen, meine liebe Caroline." Ich lächelte sie strahlend an und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Meine Schwester quittierte meine herzliche Begrüßung bloß mit einem skeptischen Augenbraun hochziehen.
„Wo ist denn unser kleiner Sonnenschein?", lenkte ich geschickt das Thema auf den eigentlichen Anlass dieses früh morgendlichen Treffens. Wie meine Schwester schon so treffend formuliert hatte, waren wir wirklich ein wenig spät dran, was zum größten Teil dem Herren, der immer noch hinter dem Lenkrad des kleinen VW Polos saß, zu verdanken war. Ganz Gentleman öffnete ich ihr die Tür und wies sie mit einer eleganten Handbewegung an ein zu steigen.
„Sie musste nochmal schnell rein. Beinahe hätte sie Lola vergessen.", erklärte sie mir, während sie sich auf der Rückbank niederließ. Wie aufs Stichwort trat Mia heraus und schloss die Haustür hinter sich, ihr kleines Stoffschaf dabei fest an sich gedrückt.
„Luki!", rief sie aus, hüpfte die wenigen Stufen der kleinen Treppe herunter und sprang in meine Arme.
„Na, kleine Maus."
„Ich bin aber doch gar keine Maus, Luki!", teilte sie mir empört mit.
„Ach, nein? Was bist du denn dann?", fragte ich interessiert nach, während ich sie zum Auto trug.
„Ein Schäfchen. Genau wie Lola." Ich setzte sie vorsichtig vorm Auto ab. Ich wusste aus Erfahrung, dass Mia gerne selber in Autos einstieg, obwohl es bei ihr eher ein reinklettern war bestand sie nun mal darauf. Nachdem Mia erfolgreich den Aufstieg gemeistert und Caro sie angeschnallt hatte, sprintete ich auf die andere Seite und ließ mich auf dem Beifahrersitz nieder.
Die Fahrt verlief zu Beginn recht schweigsam, was mich nicht wirklich störte, da es ein angenehmes Schweigen war. Doch Caro schien das anders zu sehen.
„Also... Erzählt doch mal, wie war euer Date?"
„Es war perfekt.", antwortete ich ehrlich. Zack warf mir einen kurzen Seitenblick zu, ich schenkte ihm ein liebvolles Lächeln.
„Habt ihr Schweinerein gemacht?", fragte Mia, mit der unschuldigen Begeisterung einer Fünfjährigen die gerade ein neues Wort gelernt hatte.
Zack verschluckte sich und hustete sich die Seele aus dem Leib. Caro und ich begannen zeitgleich zu lachen. Mia zog bloß ihre kleine Stubsnase kraus, wie immer, wenn sie etwas nicht verstand. Ich war mir sicher, dass sie in siebzig Jahren noch denselben verständnislosen Ausdruck aufsetzten würde, wenn sie ‚die Jugend von heute' nicht verstehen könnte.
„Kann man so sagen." Ich grinste. Zack sah mich mit einem Blick an, der zu gleichen Teilen Verwirrung, Unverständnis und Unglaube ausdrückte.
„Lange Geschichte. Erzähl ich dir wann anders." Er nickte nur und konzentrierte sich wieder auf die Straße.
„Meine Damen und Herren, wir haben unser Ziel erreicht.", verkündete Zack und hielt vor dem Kindergarten. Mia kicherte.
„Ich bring Mia schnell rein." Caro schnallte sich und Mia ab, öffnete die Autotür auf Mias Seite und stieg kurz nach der Kleinen aus dem Waagen. Die Wagentür wurde zugehauen und Stille trat für kurze Zeit ein.
„Hab ich dir schon Danke gesagt?"
„Wofür?"
„Na, weil du uns fährst."
„Das ist doch selbstverständlich.",winkte er ab.
„Für mich nicht." Ich lächelte ihn an.
„Hab ich dir schon gesagt, wie gut du in meinem T-Shirt aussiehst?", wechselte er verschmitzt grinsend das Thema.
„Nur so um die zwanzig Mal."Ich schmunzelte. „Aber du kannst es ruhig nochmal sagen." Er kam mir immer näher.
„Du siehst in meinem Oberteil wirklich verdammt gut aus.", flüsterte er. Seine Lippen nur noch wenige Zentimeter von meinem Mund entfernt.
„Ach, findest du?" Ich biss mir auf die Lippe um mein idiotisches Grinsen zu unterrücken. Es half nichts.
„Oh und ob ich das finde." Er legte seine Hand in meinen Nacken und küsste mich. Es war keiner dieser kleinen, unschuldigen Küsse wie wir sie heute Morgen ausgetauscht hatten. Dieser Kuss ging tiefer, war ergreifender. Dieser Kuss könnte locker mit denen von gestern Abend konkurrieren. Schweren Herzens löste ich mich wieder von ihm.
„Hör auf. Nicht hier.", brachte ich atemlos hervor.
„Warum?"
„Weil die uns alle angaffen." Ich warf einen Blick auf die Mütter, die in kleinen Grüppchen vor dem Kindergarten stand. Die meisten von ihnen blieben, nachdem sie ihre Bälger im Kindergarten abgeliefert hatten, immer noch davor stehen, um sich über den neusten Klatsch auszutauschen. Und eben diese gaffte nun in Zacks kleinen Polo zu uns herein.
„Lass die doch gaffen. Die sind bloß neidisch."
Ich ließ zu, dass er mich erneut küsste, hier vor all denn Tratsch Tanten, die sich bestimmt das Maul über uns zerrissen. Doch es war mir egal. Denn wie immer, wenn ich in Zacks Nähe war, seine Berührungen genoss, seine Lippen auf meinen spürte zählte die restliche Welt nicht mehr.
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