Ethan




Der Mann vor mich lächelte verschmitzt, auch wenn er seine Sorge nicht ganz aus seinen Augen verbannen konnte. "Na sprachlos Alex? Ich weiß, mich anzustarren ist fast unvermeidlich, aber ich muss dich jetzt leider unterbrechen." er zog an meinem nicht verletzten Arm, aber ich rührte mich nicht vom Fleck. Mein Gehirn war wie gelähmt. "Komm schon wir müssen weiter. Du blutest. Das muss untersucht werden. Bitte, Alex komm schon, nicht mehr weit und wir sind in meiner Wohnung." Ich schüttelte meinen Kopf und plötzlich fühlte sich mein Herz ganz schwer an. "Das kann nicht real sein Ethan. Du... du kannst gar nicht hier sein." Ich machte einen Schritt auf ihn zu und hob meine Hand um in zu berühren, doch er zog mich nur weiter mit sich. Ich wusste nicht wo wir langliegen, oder wie lange wir noch liefen, doch plötzlich blieb Ethan stehen und drückte eine Haustür auf. Als wir in seiner Wohnung waren, merkte ich erst wieder wie doll mein Arm und meine Schulter wehtaten. Hatte mich jemand angeschossen? Ich versuchte mir meinen Arm anzusehen, doch ich konnte mich kaum bewegen, weil auch meine Schulte ganz schön was abbekommen hatte. Ethan drückte mich vorsichtig auf eine alte Ledercouch und ich ließ mich in die Polster sinken. "Warte hier, ich hole meinen Verbandskasten und dann untersuche ich, wie schlimm deine Verletzungen sind, ok?" Ich antwortete nicht, sondern starrte nur an die Decke.

Das konnte alles überhaupt nicht sein. Er seufzte und verließ dann den Raum. Ethan war tot. Ich hatte gesehen, wie er gestorben war.

Die nächsten Stunden bekam ich gar nicht richtig mit. Meine Wahrnehmung war wie in Watte gehüllt und ich versuchte gar nicht dagegen anzukommen. Ich bekam nur am Rande mit, wie Ethan meine Wunde am Arm nähte, die Schürfwunde an meiner Schulte abtupfte und desinfizierte. Ich glaube ein paar mal hatte er versucht mir mir zu reden, aber ich ignorierte es einfach. Nach einer weile merkte ich, dass meine Wangen ganz feucht waren. Hatte ich etwa geweint? Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich damit angefangen hatte. Schritte waren zu hören gewesen und dann kamen zwei Personen in mein Sichtfeld. Ich beachtete sie gar nicht weiter, aber ich bekam ihre Unterhaltung mit. "Hast dir euer Wiedersehen anders vorgestellt was?!" Die Stimme dieser Person kam mir bekannt vor, aber ich machte mir nicht die Mühe sie zuzuordnen. "Halt die Klappe Stan und sag mir lieber was ich machen soll." Ethan fuhr sich durch die Haare und sah unglaublich verzweifelt aus. Ich hätte ihn am liebsten in den Arm genommen, ihn geküsst, aber es ging nicht, denn mein Stan war tot. "Mann, da kann man nichts tun, sie ist fast gestorben vor Trauer, als du gestorben bist. Sie war nur noch eine Hülle, von dem was sie mal war." Jetzt kam Stan auf mich zu und wischte meine Tränen weg. "Sie hat dich so sehr geliebt, dass du alles was sie ausgemacht hat mit dir genommen hast." Ich schluchzte und sah das erste mal seit Stunden durch den Nebel in Stans Augen. "Er...ist doch aber tot." Er zog mich in seine Arme und ich beschwerte mich nicht. "Hör zu Kleines. Manchmal erscheinen die Dinge anders als wir denken. Ethan musste von der Bildfläche verschwinden und du musstest glauben er sei gestorben." Ich wimmerte und sah nun zu Ethan. Er lächelte mich liebevoll an. Er trug sein Haar jetzt länger, es sah gut aus. "Ich bin jede Woche zu deinem Grab gegangen. Ich dachte, dass ich dich verloren hätte und du... du hast mich einfach verlassen." Jetzt machte ich mich von Stan los und stand mit wackeligen Beinen auf. "Ich habe dich so sehr geliebt Ethan. Wie sehr musst du mich gehasst haben, um mir so etwas anzutun?"

Ethan sah jetzt geschockt zu mir, machte einen Schritt in meine Richtung, doch ich wich zurück. Mein Herz krampfte sich zusammen als ich ihn so verzweifelt dastehen sah, doch ich war verletzt. Zu verletzt. "Ich habe dich jeden einzigen Tag vermisst, an dem ich nicht bei dir sein konnte, und verdammt Alexandra ich liebe dich so sehr, dass es mich fast umbringt dich grade so zu sehen." Mein Herz krampfte sich noch mehr zusammen und die tränen strömten immer noch über mein Gesicht. Er machte noch einen Schritt auf mich zu und dann noch einen. Langsam überbrückte er die Distanz zwischen uns. "Ich habe über dir gewacht, habe auf dich aufgepasst und musste mich zwingen nicht zu dir zu gehen und dich in die Arme zu nehmen und dich zu küssen. Dir zu sagen, dass ich noch nicht wieder zu dir zurück kommen kann, aber du doch bitte auf mich warten sollst." Jetzt stand er direkt vor mir und mein Herz klopfte so schnell wie das eines Kolibri. "Ich liebe dich Alexandra." Ich sah ihm in die Augen und dann sah ich ihn auf dem Asphalt lieben. Sah ihn sterben. "Ethan, ich dachte du seist gestorben. Ich habe getrauert und mir den Weg in mein Leben zurückgekämpft. Ich habe dich zu sehr geliebt, denn mein Leben machte keinen Sinn mehr ohne dich. Ich habe schreckliche dinge gemacht, also du nicht mehr da warst. Ich habe nichts mehr gefühlt. Unschuldige sind gestorben... durch meine Hand. Du liebst die Starke und Selbstbewusste Alexandra, aber die bin ich nicht mehr. Sie starb an deiner Seite." Traurig wand ich den Blick ab und wollte grade an ihm vorbeigehen, als ich eine Hand unter meinem Kinn spürte. Seine Berührung war Federleicht und ich sah wieder und diese atemberaubenden Augen, in die ich mich verliebt hatte, die ich dachte, nie mehr wiederzusehen. "Alex..." er flüsterte meinen Namen nur, aber die Nachricht, die in seinen Augen lag, war nur zu deutlich zu verstehen. Er würde mich nicht aufgeben, aber das musste er. Denn Menschen wie ich verdienten keine Liebe.

Ich lächelte wehmütig, ging dann aber, ohne noch ein Wort zu Ethan zu sagen, ein paar Meter von ihm weg. Stan räusperte sich und klatschte dann einmal in die Hände. "Na also, wenn das dann auch geklärt wäre, sollten wir vielleicht einmal auf die Tatsache zu sprechen kommen, dass jemand versucht Alex umzubringen, und darauf, dass es mit den anderen fünf toten zusammenhängen könnte." Wie konnte ich denn vergessen haben, dass jemand versucht hatte mich umzubringen? Interessiert setzte ich mich wieder neben Stan aufs Sofa und versuchte die angespannte Stimmung aufzulösen. "Na? Bin ich denn jetzt als verdächtige Raus?" Ich lachte leicht auf und sah Stan verschmitzt, der sich auf meine Worte hin versteifte. "Du hast sie verdächtig?" Ethans Stimme klang tödlich, wie damals, als er mich beschützte, doch jetzt sollte er mich doch nicht mehr beschützen. "Ich habe gar nichts, der Boss wollte, dass ich zu ihr gehe und sie darauf anspreche." Er klang wütend, aber auch unterwürfig? Was zur Hölle hatte ich bitte alles nicht mitbekommen.

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