Kapitel 50

Weihnachten 3

Als Adrian die Türe öffnete, stand sie schon vor ihm.
Lachend nahm er sie in die Arme, glücklich, dass sie auch Sehnsucht nach ihm zu haben schien.
„Hallo, Süße!" sagte er überglücklich und drehte sich mit ihr im Kreis. „Jetzt gehen wir tanzen!"
Ihr Lächeln zeigte ihm, dass sie auch Lust darauf hatte.

Eine halbe Stunde später betraten sie nach einem Marsch durch die winterliche Stadt, die in tausenden Lichtern erstrahlte, ihren Lieblingsclub.
Sie tanzten, unterhielten sich mit Freunden, lachten mit Gleichaltrigen, waren jung und abgehoben vor Glück.

Für den zweiten Weihnachtsfeiertag war die Diskothek überraschend gut besucht.
Zum Teil von Pärchen, die wie sie das Glück teilen wollten, zum Teil von einsamen Herzen, die nach eben diesem Glück suchten.
Alina hätte dem einen oder der anderen gerne ein wenig von ihrem abgegeben, sie war so randvoll damit.

Gegen elf betrat Patrick den Club, im Arm ein leichtbekleidetes, kicherndes, sichtlich angetrunkenes weibliches Wesen.
Er hatte es zu Hause nicht mehr ausgehalten, brauchte mal wieder etwas fürs Bett.
Seit Adrian als Begleiter für die regelmäßigen Jagden ausgefallen war, ließ Patricks Sexleben zu wünschen übrig.

Hin und wieder eine ältliche Kundin oder ein Mädel aus der kleinen Stadt, aber diese Eskapaden taugten nur zur rein sexuellen Befriedigung – wenn überhaupt.
Ein paarmal hatte er auch die Dienste von Escort-Ladys in Anspruch genommen, doch im Gegensatz zu den blumigen Versprechungen auf der Homepage der Agentur und den Darstellungen in Filmen waren die Mädchen zwar durchwegs schön, aber an Esprit mangelte es ihnen allen.

Dating-Apps brachten die gleichen Reinfälle, an so manchen Abenden hatte er nicht gewusst, wie er die Zeit rumkriegen sollte.
Natürlich war ihm klar, dass er eine Frau wie Alina suchte, sogar eine Beziehung, wie sein Bruder sie hatte.

Adrians Mädchen war für ihn absolut tabu, sie war seine kleine Schwester, was ihn aber nicht daran hinderte, eine Frau wie sie zu wollen.
Für den heutigen Abend hatte er sich für eines der Tinder-Mädchen entschieden, angeblich war sie Studentin, angeblich weit gereist und vielseitig interessiert.

Doch natürlich war auch sie wieder eine Enttäuschung.
Das einzige, das sie wirklich zu sein schien, war willig und an ihm interessiert.
Und das musste für heute eben genügen.

Eigentlich wollte er nur noch in den Club, um sie und vor allem sich selbst etwas anzumachen.
Sie hatte geschrieben, sie hätte ein Zimmer in der Altstadt – er hoffte, dass wenigstens das stimmte!

Doch kaum hatte er den Keller betreten, fiel sein Blick auf Adrian und Alina. Die beiden hatte er heute, am zweiten Weihnachtsfeiertag, hier nicht erwartet.

Er hatte sie in trauter Zweisamkeit unter dem Weihnachtsbaum vermutet – beschäftigt mit nicht so ganz heiligen Dingen.
Aber die zwei waren eben immer für eine Überraschung gut.

Das fand er auch so toll an dieser Beziehung.
Sie waren absolut unkonventionell.
Beide hochintelligent und doch albern wie zwei Teenager.
Dann wieder zwei sehr ernsthafte Erwachsene, die die Probleme der Welt ganz und gar nicht kalt ließen.

Manchmal versanken in Fachsimpeleien, denen kein Außenstehender folgen konnte – in der nächsten Minute versunken in einander, voll und ganz und total!
Alina zockte besser als mancher Kerl – er hatte noch nie eine Frau kennengelernt, die Computerspiele liebte.

Und sie schrieb sie auch noch!
Warum gab es denn nicht eine zweite Frau auf der Welt wie sie?
Warum hatte sein Bruder das einzige Exemplar dieser vollkommenen Gattung abbekommen?

Und jetzt stand das vollkommene Paar an der Theke, hielt Hof wie immer, und er stand ein paar Meter entfernt mit dieser angesäuselten Tussi im Arm.
Da hatte Alina ihn auch schon entdeckt.
Mit ihrer Intelligenz nahm sie die Situation in Sekundenschnelle wahr.

Sie winkte ihm freundschaftlich zu, flüsterte ein paar Worte in das Ohr von Adrian und bewegte sich lächelnd in seine Richtung.
„Hallo, Schatz!" flötete sie und warf sich an seinen Hals. „Hast du es doch noch geschafft! Und wer bist du?" fragte sie das angesäuselte Mädchen, das glaubte, im falschen Film zu sein.

„Cheyenne! Ich bin mit Patrick hier!" antwortete die Kleine betont selbstbewusst.
Alina lachte gekünstelt, stieß Patrick ihren Finger in die Brust.
„Ach, der Scherzkecks! Hat er sich wieder einen Spaß erlaubt! Du bist echt ein Schlimmer!"
Ihr Kichern schmerzte Patrick in den Ohren. „Aber schau! Der Thommy freut sich, dass du da bist!"

Sie schob Cheyenne in die Arme des Muskelprotzes, der sie dankbar anlächelte. Er mochte die Schöne, die die feste Freundin des jungen Gedacks zu sein schien, mittlerweile sehr.
Wo sie war, war immer etwas los!

Und für ihn und die Normalo-Männer war sie sowieso eine Nummer zu groß, das hatte er mittlerweile schon begriffen.
Aber im Dunstkreis des Superpaares fiel oft ein Mädel für ihn ab – und mehr wollte er ja gar nicht.

Patricks Date schien mit dem Arrangement einverstanden zu sein.
„Danke!" Patrick grinste Alina an.
Mittlerweile waren sie wieder bei Adrian angekommen, der ihm einen ordentlichen Knuff auf den Arm verpasste.

„Was wolltest du mit der Type?" fragte der jüngere Bruder entsetzt.
Er erinnerte sich nicht im geringsten mehr daran, dass auch es für ihn früher solche Mädchen gegeben hatte, wenn er nur etwas williges gewollt hatte.
Zum letzten Mal in der Nacht, bevor er Alina getroffen hatte.
Wenn der Alkoholpegel gepasst hatte, war jede Frau schön gewesen, wenn sie nur die Beine breit gemacht hatte.

Doch diese Zeit lag Jahrhunderte zurück.
Deshalb auch die echte Verwunderung, mit der er Patrick die Frage gestellt hatte.
„Sex!" antwortete der dann auch vollkommen offen.
„Und da gibt es nur noch so etwas auf dem Markt?" Adrian war vollkommen konsterniert.

Patrick zuckte nur mit den Schultern.
Doch Adrian wollte jetzt Patricks Problem nicht weiter besprechen, schließlich war das schönste Mädchen der Welt seines.

Er grinste sie an. „Na! Du hast ja die Biene recht bereitwillig an Thommy weitergereicht! Irgendwie beruhigt mich das!" zog er sie auf.
Er erinnerte sich noch zu gut, als er Alina in den Armen des Muskelprotzes vorgefunden hatte.

Alina kicherte, zeigte mit den Fingern etwas zwei Zentimetergroßes.
Adrian erstarrte theatralisch. „Das ist dein Kriterium bei der Männerwahl?" fragte er entsetzt.
„Logisch! Was hast du gedacht?" Sie griff ihm in den Schritt, was ihn natürlich zum Aufstöhnen brachte.

Zum Glück standen sie von den anderen Gästen abgewandt.
Er zog das freche Biest eng an sich, um sich an ihr zu reiben.
Nicht gerade vernünftig, aber heiß!

„Und woher kennst du Thommys Maße?" fragte er heiser.
Sie presste sich noch enger an ihn. „So unerfahren war ich auch nicht, dass ich den Unterschied nicht bemerkt hätte!" schoss sie zurück.

Adrian versuchte den Lachanfall zu unterdrücken, doch es gelang ihm nur zur Hälfte.
Seine Süße!
Sie hatte echt ein loses Mundwerk bekommen, und er fand es umwerfend.
Im Bett könnte sie noch ein wenig zulegen beim Dirty-Talk, da hätte er nichts dagegen.

Aber das würde schon noch werden - bei den Riesenfortschritten, die sie machte.
„Lacht ihr über mich?" fragte Patrick etwas beleidigt.
„Never, Bro!" japste Adrian.

Er schleppte sein Mädchen auf die Tanzfläche, einer ihrer Lieblingssongs wurde gespielt.

Als sie zurückkamen, fanden sie Patrick im Clinch mit einer schönen Frau, die auch Stil zu haben schien.
„Na also!" freute sich Alina. „Geht doch!"

Kurz darauf verließen sie den Club.

Sie hatten sich ausgepowert, hochgebracht, abgekühlt, hatten mit Freunden zusammen gelacht, hatten geschmust, Patrick gerettet – nun rief ein superbequemes Bett so laut nach ihnen, dass sie dem Ruf folgen mussten.

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