34 Glückliches Herz.
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„Als ich dich fragte, ob du ein bisschen Hilfe brauchst, da dachte ich daran ein Catering für das Essen aussuchen zu müssen", brummte ich müde.
Mittlerweile hatte ich mehrere Möbel bei Liam verschoben. Neben seinem ganzen Weihnachtsklimbim, den ich erst vor 10 Tagen mit ihm gekauft hatte, machte er sich jetzt Gedanken, wie er seine neue Wohnung aufteilen konnte. Schließlich hatte er uns alle zu seiner ersten Weihnachtsparty eingeladen.
Ein großer Baum stand am Fenster und ich war definitiv raus als es darum ging das Ding zu schmücken. Meine eigene Tanne hatte mich zu viele Nerven gekostet. Zum Glück wollte Liam das morgen zusammen mit seinem Sohn alleine machen.
„Ach, stell dich nicht so an", sprach er und bewarf mich mit einem Kissen auf dem sich das grinsende Gesicht eines Cartoon-Engels befand. „Endlich hast du auch mal Zeit, dass ich dich um Hilfe fragen kann."
Ich ließ mich schlapp in den Sessel fallen: „Gilt das auch für Niall und Louis?"
Liam rollte mit den Augen: „Niall hat gestern schon geholfen die Tanne hier reinzubringen und Louis hat tatsächlich schon den Caterer ausgesucht."
Nun schnaubte ich und meinte leichthin, dass wir am Besten schon einmal diäteten. Denn wer wusste, wie brutal der Fraß von Louis reinhauen würde. Ich machte mich jetzt daran ein paar Säcke voll mit Verpackungsmüll zusammenzusuchen und merkte so erst recht spät, dass Liam mich musterte.
„Was ist?", murrte ich und er seufzte tief: „Sei nicht so frustriert darüber, dass deine letzten Songversuche Müll waren."
„Sie waren gut!"
„Sie waren furchtbar, Harry. Du hast überhaupt kein Gefühl für Sprachrhythmus und Erzählweise", rieb mir Liam unter die Nase und frustriert trat ich den Sack mit dem Müll: „Ich verstehe das nicht, früher konnte ich das richtig gut."
Liam räusperte sich und sah aus, als säße er auf dem elektrischen Stuhl. Meine Augen durchbohrten ihn und er gab schließlich zu: „Nicht wirklich. Während der One Direction-Zeit hat dir Louis viel reingepfuscht, ohne, dass du es gemerkt hast."
Meine Augenbrauen wanderten bis zum Haaransatz und ich ließ Liam gestehen. Er erzählte mir, dass beim offenen Schreiben, Louis immer wieder Dinge hatte einfließen lassen. Sei es Formulierungen, Ideen und Teile, die den Songs einen besseren Zusammenhang gaben.
„Du hast das nur nie gemerkt, weil Louis das wirklich total geschickt gemacht hat. Und als du solo geschrieben hast... war Julian dabei und Julian... mag dich halt und hat... sich ganz vielleicht etwas mit Louis... ähm... sagen wir abgesprochen."
Regungslos starrte ich Liam an und das Erste, was ich sagte war: „Ich bringe Louis um!"
„Nein!", panisch griff mein Kumpel nach meiner Schulter. „Er hat es nicht gemacht, damit du dich schlecht fühlst. Im Gegenteil! Und außerdem ist es doch ganz und gar deine Musik."
„Bei dessen Schaffungsprozess man mich manipuliert hat!", brauste ich auf. Liam neigte leicht den Kopf: „Und es sind doch trotzdem deine Geschichten und Erfahrungen. Besonders im ersten Album. Ich meine, das Zweite und Dritte, da hat eindeutig jemand für dich geschrieben. Das haben wir alle gehört und du hattest deine Gründe, warum du das zugelassen hast."
„Ich hatte keine Zeit", antwortete ich, und jede Menge Druck im Nacken. Schwerfällig ließ ich mich in Liams Küche ziehen, wo er mir erst einmal eine Tasse Tee eingoss: „Ist doch in Ordnung. Ich meine, bei meinem Album hat mir Louis auch geholfen. Niall war damals auf Tour und hat sich am Ende den Sound angehört und mir Tipps gegeben."
„Haben sie uns echt so abgehängt?"
„So würde ich das nicht sagen", tröstete er mich. „Immerhin hast du den Grammy bekommen."
Ja, für ein Album, das ich nicht geschrieben hatte. Trotzdem fand Liam, dass ich weiterschreiben sollte, denn der Grundgedanke war ja nicht schlecht."
Verkniffen verzog ich das Gesicht und schrieb mir innerlich ein Memo, dass ich Louis so richtig in die Enge treiben würde. Vielleicht erpresste ich ihn emotional auch ein wenig, nur damit er an seinem schlechten Gewissen litt.
Während ich die Tage versuchte Weihnachtseinkäufe zu machen, natürlich mit Jerry im Windschatten, malte ich mir die schönste Rache aus.
„Ich will echt nicht mosern", merkte Jerry an, als wir bei Harrods waren, „aber du musst einen Zahn zulegen." Er sah über meinen Kopf hinweg und ich wusste sofort, was los war. Aktuell war Harrods voll, kitschig und stressig. Die Leute schoben aneinander vorbei, irgendwo flossen Tränen, Last Chrismas duddelte verzerrt irgendwoher und niemand schien den Geist der Vorweihnachtszeit zu huldigen.
Gerade das hatte mir die Möglichkeit gegeben etwas unerkannt zu bleiben. Jetzt war das natürlich wieder vorbei.
„Fans?"
„Nein, Fotografen. Wir nehmen eine Abkürzung hier raus, nächster Laden rechts, Harry." Da sagte ich nicht nein, denn Jerry war hier der Fachmann.
Halbwegs hatte ich sowieso alles. Isabells Geschenk hatte ich zuerst klargemacht. Danach folgte das von meiner Mum und Gemmas. Beide liebten ein langes Wochenende im Spa und das sollten sie sich auch gönnen. Wobei ich nicht wusste, ob meine Schwester ihr Geschenk überhaupt annahm.
Nachdem wir im Streit auseinandergegangen waren, hatte ich nichts mehr von ihr gehört. Mit meinem Psychologen Dr. Winterbottom hatte ich darüber gesprochen. Es tat gut weiter Sitzungen bei ihm zu haben. Und manchmal war ich danach so fix und fertig, dass ich meine Ruhe brauchte. Die Enttäuschung über Gemma saß tief und ich versuchte mich so gut es ging abzulenken.
Rudy leistete im Gebärdensprachkurs super stressige Arbeit. Er knallte uns voll mit weihnachtlichen Vokabeln und irgendwann verstand ich nicht mal mehr den Unterschied zwischen Tanne und Punsch.
Als wir Kurspause hatten und ich der Versuchung widerstand Louis stramm stehen zu lassen, weil Liam mir einen währenden Blick zuwarf, da bemerkte ich: „Was bist du denn so angepisst, Niall?"
Wir standen vor dem Punschtopf, den eine der Sekretärinnen im Kurs mitgebracht hatte und füllten unsere Becher. Gleich würden wir lernen, wie man auf Gebärdensprache Jingle Bells performte. Es roch nach Plätzchen, wir alle mitgebracht hatten. Zum Glück hatte Isabell den Backwahnsinn schon hinter sich.
Niall rieb sich über das Gesicht und beschwerte sich: „Noah war mit den anderen bei Bryan Adams auf dem Konzert!"
Wir drei blickten ihn unverständlich an, da er zu erwarten schien, dass wir betroffen reagierten. Da wir das nicht taten, schob er hinterher: „Bin ich der Einzige, der gern mitgegangen wäre und nicht gefragt wurde?"
Knapp zuckte ich mit den Schultern: „Hast du was gesagt?"
Natürlich hatte er das nicht, aber es erinnerte mich an die Cliquenbildung in der Schulzeit. Ich nippte am Punsch und erzählte: „Da war dieser Oscar Wilson, der Star unter den Gebärdendolmetschern. Er hat wohl das Konzert begleitet."
„Und er war fantastisch!", echauffierte sich Niall. „Ich höre seitdem von nichts anderem! Und niemand hat daran gedacht das Ganze auch mal zu filmen!" Geduldig ließ ich Niall meckern und bemerkte, dass sowohl Liam, als auch Louis entspannt den Blick schweifen ließen.
Das war der Moment, in dem ich zum Angriff überging.
Ich legte einen Arm um Nialls Schulter und stimmte ihm energisch zu, nur, um dann in einem Nebensatz fallen zu lassen: „Aber hey, das ist immer noch besser, als wenn du herausfinden würdest, dass du deine eigene Musik wahrscheinlich gar nicht selbst geschrieben hast!"
Niall blinzelte mich verwirrt an, während Liam erstarrte und ich setzte dramatisch hinzu und griff mir an die Brust: „Mein Herz weint vor Qualen, weil man mich manipuliert hat etwas zu schreiben, was gar nicht meinen eigenen Gedanken entspricht."
„Ich... wovon redest du?", sprach Niall und ich blickte Louis ins Gesicht.
Doch statt vor schlechtem Gewissen zu vergehen, rollte er nur mit den Augen: „Ja nun, sei lieber dankbar, dass man dich nicht ins offene Messer von schlechten Songs hat laufen lassen."
Er stieß mich in die Seite und übernahm es Niall aufzumuntern: „Komm Nialler, kippen wir uns den Punsch hinter die Binde und geben uns eine Dröhnung Jingle Bells."
Verdattert sah ich ihnen nach und Liam schüttelte den Kopf: „Nur fürs Protokoll, du wirst es nicht schaffen Louis in Gewissensbisse zu bringen."
„Ein Versuch war es wert", fand ich enttäuscht, doch dann blinzelte ich und fuhr zu Liam herum: „Er hat zu schnell reagiert, du hast ihn darauf vorbereitet, nicht wahr?"
„Na ja... also... vielleicht."
Wir kämpften uns zehn Minuten später durch den Weihnachtssong und zum Abschied bekam ich von Louis noch den Mittelfinger gezeigt als ich zu meinem Auto ging.
Tja, und da behauptete man, es sei toll Freunde zu haben. Scheinbar beklagte ich mich zu viel.
Isabell lachte nur darüber, als ich ihr erzählte was vorgefallen war. Wir schlenderten beide am Tag vor Liams Weihnachtsparty an der Themse entlang. Dick eingepackt machte uns die Kälte nichts aus.
Es war noch früh am Tag und nicht allzu viele Leute unterwegs. Trotzdem folgte Jerry uns im sicheren Abstand. Und damit er uns nicht belauschte, telefonierte er mit seiner Frau über die letzten Weihnachtsvorbereitungen. Mit ihm hatte ich es gut erwischt und Isabell hatte eine große Geschenketüte für ihn vorbereitet.
Meine Hand lag in ihrer und auch wenn wir dicke Handschuhe trugen, spürte ich ihre Wärme. Ihre Wangen waren knallrot angelaufen und sie wirkte etwas erschöpft. Es gefiel mir, dass sie jenen Schal trug, den ich ihr einst gegeben hatte. Auch, wenn sie gerade wegen diesem Schal die Rolltreppen heruntergestoßen worden war.
„Du bist wirklich nachtragend", sprach Isabell. „Komm, es ist lange her und Louis hat dir das nie unter die Nase gerieben."
„Stimmt", gab ich zu und zog sie zu mir. Es war so schön mit ihr schlicht spazieren zu gehen und keine Hektik im Nacken zu haben.
Isabell schlang den Arm um meine Hüfte und ich legte den meinen auf ihre Schulter. Wir blickten über das Wasser, zu den Schiffen und zu den großen Bauten. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich vor Weihnachten je so entspannt und glücklich gewesen war.
Denn mich erfasste eine merkwürdige, wohlige Ruhe.
Isabell sah mich an und schmunzelte: „Ich mag dein Gesicht."
„Ah, nur mein Gesicht?", ärgerte ich sie und sie grinste breit: „Na ja, ein paar Muskeln würden mir da auch zusagen. Im Großen und Ganzen bist du in Ordnung."
Jetzt lachte ich laut auf und zog sie noch näher zu mir. Wer hätte gedacht, dass ich mich mal fühlen würde, als hätte ich in Lotto gewonnen. Aber genauso war es.
Nach Weihnachten durfte ich mit dem Joggen wieder anfangen und ich freute mich darauf mit den Jungs ins Studio zu gehen. Einfach nur für uns. Mal schauen, was am Ende wirklich dabei rauskam.
»Du traurig, weil Deaf-Slam?«, gebärdete ich mit einer Hand und Isabell schüttelte den Kopf: „Nein. Die anderen werden sich schon gut um Bryan und seine Leute kümmern. Ich verpasse überhaupt nichts."
»Ich dachte, ist wichtig?« Mir fiel es immer noch schwer das Gesicht passend dazu zu verziehen. Mit der Mimik zu spreche war schwer. Manchmal kam ich mir albern dabei vor.
Isabell neigte leicht den Kopf: „Hm ja, aber die Party bei Liam ist auch wichtig. Ich freue mich sogar drauf. Aber ich schätze, auch zu ihm muss man keinen Nudelsalat mitbringen, oder?"
Automatisch erinnerte ich mich an Silvester, als Louis und Eleanor uns einluden. Auch damals wollte Isabell etwas mitbringen. Knapp verneinte ich: »Party wird nicht so groß. Eher klein.«
„Das ist gut", antwortete sie erleichtert. „In seiner Nachricht stand auch nur, dass wir alle einen Weihnachtspulli anziehen sollen."
„Ich ahne Schlimmes", auf die Idee war Liam sicher nicht alleine gekommen. Isabell sah das halb so alarmierend, denn sie erzählte mir, dass sie bereits vier Pullis gefunden hatte, die wir tragen konnten. Außerdem machten wir Schrottwichteln und sie erinnerte mich daran, dass wir zu Hause noch die Geschenke in Zeitungspapier einpacken mussten.
Als wir uns schließlich auf eine der zahlreichen Bänke fallen ließen, da lehnte sie sich an mich und eine ganze Weile genossen wir stumm den Ausblick.
„Übrigens, Arlo wird ausflippen, wenn er sein Weihnachtsgeschenk aufmacht", freute ich mich und Isabell lachte nervös: „Cal bringt dich um. Es ist ein verdammt großer Pool, den er da im Sommer aufbauen darf."
„Immerhin ist deren Garten keine Dauerbaustelle, wie meine", fand ich und setzte stumm hinzu, dass Cal froh sein sollte, dass ich für Arlo nicht Fluffy 2.0 gekauft hatte. Das Pony war mittlerweile eindeutig das Schätzchen von Mr Murray, Isabells alten Vermieter. Er hörte auch nur noch auf den alten Mann, Hundeschule hin oder her.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich zwei junge Mädchen, die nervös zu Isabell und mir hinsahen. Eifrig diskutierten sie, ob sie uns ansprechen sollten und ich rechnete schon damit, dass unsere gemütliche Zeit vorbei war.
Doch die zwei Mädchen überraschten mich.
Sie hoben die Hand und winkten wild, dann wandten sie sich kichernd ab. Im ersten Moment blinzelte ich und dann begriff ich, dass es sich so anfühlte, wenn Fans entschlossen einen schönen Augenblick nicht zu stören.
Sie begannen Rücksicht zu nehmen.
In meiner Brust schwoll mein Herz an vor Stolz. Nicht vor Stolz auf mich, sondern viel eher, weil ich mir klar wurde, dass mein Interview nicht all meine Fans wütend gemacht hatte. Manche begannen über meine Worte nachzudenken und gaben mir das, was mir immer gefehlt hatte.
Privatsphäre.
Mein Handy meldete sich und ich zog es aus der Manteltasche. Isabell und ich sahen auf den Namen und prompt schluckte ich. Meine Freundin bemerkte mein Zögern und löste sich von mir. Mit einem sanften Blick sprach sie: „Komm, geh dran."
„Ich weiß nicht, ich bin schon ziemlich sauer", sprach ich und wollte den Anruf meiner Schwester wegdrücken. Isabell sah das jedoch anders: „Sie hat wahrscheinlich eh schon Muffensausen dich anzuklingeln. Mach es ihr nicht unnötig schwer."
Tief seufzte ich und Isabell erhob sich von der Bank um zu Jerry zu gehen. Dieser nippte mittlerweile an einem heißen Kaffee. Ich nahm den Anruf an und hielt mir das Handy ans Ohr. Möglichst gleichgültig sprach ich: „Hallo Gemma."
Die Stimme meiner Schwester zu hören, machte mehr mit mir, als ich wollte. Denn mit jeder Silbe hörte ich ihr schlechtes Gewissen. Ich blickte zu Isabell und Jerry und lauschte den Worten einer aufrichtigen Entschuldigung, die sie mir ins Ohr stotterte.
So groß meine Wut auf Gemma auch war, ich wusste, wie es sich anfühlte, wenn man davon abhängig war, ob eine Entschuldigung angenommen wurde, oder nicht. Also ließ ich sie ausreden und beschloss, dass auch ich meiner Schwester die Chance gab, die ich damals bekommen hatte.
Gräm mit ins neue Jahr zu nehmen brachte schließlich Unglück. Und das konnte ich nicht gebrauchen.
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Hallo ihr Lieben!
Da sind wir, zum letzten Lesewochenende, ich bin ein wenig nervös, aber ich hoffe, ihr könnt die letzten Kapitel völlig entspannt genießen und wir finden einen runden gemeinsamen Abschluss.
Am Ende wartet wie versprochen das Gewinnspiel auf euch :)
Fühlt euch gedrückt <3
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