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Epiphany

Mein forschender Blick huschte zu dem Fenster durch welches die Sonnenstrahlen schienen. Ein weiterer Blick offenbarte mir, das wir es erst früh am Morgen haben - um genauer zu werden, kurz vor Acht.

Ich schlürfte zu der Stuhllehne wo meine Klamotten abgelegt wurden. Ich schlüpfte kurzerhand aus dem kuscheligen Hoodie den mir Taddl gestern geliehen hatte, und musste entsetzt feststellen, wie es mir beinahe schwer fiel.

Ich redete mir ein, dass es daran lag, dass der Hoodie einfach wärmer war als mein Shirt - und die Temperaturen nunmal stetig sanken. Die Vertrautheit welche an diesem Oberteil hing, und der Geruch Taddls der daran klebte, ignorierte ich in meiner These.

Schnell - um peinliche Situationen zu umgehen - wechselte ich die geliehene Jogginghose ebenfalls gegen meine Jeans vom Vortag. Dort fand ich dann auch mein mobiles Telefon auf, welches mit verpassten Anrufen meiner Tante bombardiert wurde.

Geprägt von Schuldgefühlen antwortete ich ihr mit einer schnell getippten Nachricht, inder ich mich entschuldigte und versprach, ihr später alles zu erklären.

Ich konnte nur hoffen, sie hatte ausreichend Schlaf gefunden und sich nicht die ganze Nacht mit unnötigen Sorgen gequält.

[❁❁❁]

Nach einem kurzen Badbesuch schlürfte ich die Treppen des modernen Anwesens hinunter, in der Hoffnung hier einen Hinweis auf den Aufenthaltsortes meines verschwundenen Freundes zu finden.

Und ich hatte beschlossen, das irgendetwas zwischen mir und Taddl war. Und mich dafür entschieden, dass Freundschaft die einzige Option wäre.

Aus der Küche hörte ich leise das Radio laufen, und mit meiner Vermutung dort Taddl aufzufinden, sollte ich Recht behalten. "Na? Meinst du es ist sehr klischeehaft, wenn ich jetzt sage, das ich uns Frühstück gemacht habe, da ich dich nicht wecken wollt?"

Lachend musterte ich ihn - und versicherte ihm schnell, das ich diese Geste nicht lächerlich sondern freundlich fand.

Daraufhin knurrte mein Magen, welchen ich gestern ziemlich vernachlässigt hatte.

Der Tisch war gedeckt mit verschiedenem Aufstrich, Toast lag bereit und Taddl bemühte sich arg darum, die Spiegeleier auf die Toasts fallen zu lassen.

Dann verfielen wir in ein gefräßiges Schweigen, und ich genoss es. Es tat gut einfach nur mit einem Freund da zu sitzen, zu essen, und das was so passiert ist im Kopf revue passieren zu lassen.

[❁❁❁]

"Du Manu?", suchte Taddl nach meiner Aufmerksamkeit, worauf er nur ein Brummen zurück bekam, da wir gerade zusammen Filme schauten und ich vollkommen fixiert auf das tragische Ende war.

"Ach vergiss es..", murmelte er nur, wodurch er nun doch meinen verwunderten Blick bekam. Stumm fragte ich ihn, mit meinem Gesichtsausdruck, was er sagen wollte.

Er verstand sofort was ich wollte, fing auch an seinen Kopf zu schütteln. Bis er mittendrin unsicher aufhörte.

"Okay, ehm.", stammelte er, beugte sich zu der Fernbedienung und pausierte. Eigentlich hätte ich jetzt angefangen mich zu beschweren, doch etwas sagte mir, dies besser zu lassen.

Still beobachtete ich jede Bewegung von Taddl. "Ich möchte dir etwas zeigen, Manuel. Komm mit."

Er stand auf und gab mir mit einer Handbewegung erneut ein Zeichen, zum mitkommen. Meine Neugierde war geweckt, weswegen ich ihm wie ein kleines Kind aufgedreht und aufgeregt folgte. Wir liefen in Richtung des Musikzimmers, indem ich früher gefühlt Jahre mit Taddl verbracht hatte.

Ich musste schwer schlucken, als wir tatsächlich davor stehen blieben. Taddl schien dies mitzubekommen, und er wirkte als hätte er keine andere Reaktion erwartet. Meine Hände fingen das schwitzen an, ohne das ich etwas dagegen hätte tun können.

"Komm einfach rein, wenn du soweit bist, hm?", bot er mir an, huschte in den Raum und vor meinen Augen fiel die Tür zu.

Ich konnte nicht genau angeben, wie lange ich tatsächlich vor der Türe gestanden hatte. Ich betätigte einige tiefe Atemzüge und brachte mich selbst dazu, mich zu beruhigen. Meine Reaktion war übertrieben, das war mir selbst bewusst. Und trotzdem fiel es mir schwer, meine Hand an die Türklinke zu legen, und runter zu drücken.

In diesen Räumlichkeiten hatten ich und Taddl damals einfach zu viel Zeit verbracht. Wir hatten unsere Freundschaft in diesem Raum zu stark geprägt, und zu wichtige Erinnerungen gemeinsam errichtet.

[❁❁❁]

Mein Atem verschnellerte sich, meine Gedanken spielten verrückt, ich verlor die Kontrolle über sie. Tatsächlich, hier hatte sich in den beiden Jahren nichts verändert. Bis auf eins: Das weiße, prachtvolle Klavier, mitten im dunklen Schwarz. Mehr als vorsichtig glitt mein Blick vom Klavier, zu dem Jungen welcher dort saß, und unser Lied spielte - doch wie? Wie kann es sein, das er sich immernoch an diese Melodie erinnert, ohne zu wissen das ich ich bin?

Die Melodie durchströmte meine Welt, die Noten spiegelten sich vor meinem inneren Auge und ich kannte jede einzelne Taste auswendig.

Als würde die Zeit in diesem Moment stehen bleiben, als wären nur wir beide hier. Ohne es zu merken, blendete ich alles aus. Blendete aus, was passiert war. Und vor allem warum es passiert war..

Eins wurde mir in diesem Moment klar, ich liebe ihn immernoch - und diese unterbewusste Erkenntniss sollte alles zerstören. Alles auf den Kopf stellen, und mir meinen Schlaf in den folgenden Nächten rauben.

[❁❁❁]

Ohne mein Dazutun fingen meine Beine an in die Richtung des Klaviers zu laufen. Fassungslos beobachtete ich Taddls Finger, wie er das Lied beendete welches wir zusammen erfanden.

Welches uns verbunden hat, welches für unsere Freundschaft stand.

Ich selbst konnte es nie vergessen, ich hab es so oft unter Tränen gespielt, dass ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich bisher mehr geweint hab beim spielen als bei allem anderen.

"Du kannst es zuende spielen, Manuel.", wisperte der Junge vor sich hin, sein Blick galt den Tasten. Aus dem Seitenwinkel in delm ich ihm sah, wirkten seine Augenlieder schwerer, und seine Pupillen schienen zu glänzen.

"Bitte."

Nur vorsichtig setzte ich mich neben ihn, er hatte von Anfang an genug Platz für mich gelassen. Meine zitternden Finger lagen nun auf den einzelnen Tasten und ich fing an, die nächsten Noten aus meiner Erinnnerung abzurufen.

Nach wenigen Sekunden nur fiel es mir leichter, ich erinnerte mich daran wie wir die Noten aufgeschrieben haben und wie stolz wir uns am Ende des Tages gefühlt hatten.

Ich erinnterte mich daran, wie wir beide am Klavier - genauso wie jetzt - saßen, und uns manchmal um die einzelnen Töne gestritten hatten. Meistens hatte er diese Diskussionen gewonnen, aber wir fanden schnell Kompromisse und kamen am Ende auf ein gemeinsames Ergebnis.

Während die Erinnerungen durch meinen Kopf schwammen, merkte ich nicht, wie ich aufhörte zu spielen. Die Strophe war zuende, die Melodie war verklungen und auch die Liebe zwischen Taddl und mir damals fand ein Ende.

Nun saßen wir beide zusammen da, keiner wagte es ein Wort zu sagen. Ich fühlte mich auf eine merkwürdige Art und Weise befreit, aber in jenem Moment zu sehr in der Vergangenheit gefangen um das real zu beurteilen.

Denn diese Situation war mehr surreal als alles andere in meinem Leben.

"Manuel, dich könnt ich immer wieder erkennen. Ganz egal was du auch an deinem Aussehen änderst - du hast eine Ausstrahlung wie kein anderer. Die hattest du schon immer.", flüsterte er, bis seine Stimme brach.

I'll be happy about some Feedback! <3

Was haltet ihr von dieser Veränderung? c:

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