49. Sorgen


Ich hatte meinen Blick gesenkt und biss mir auf die Lippe, sodass sich ein metallener Geschmack in meinem Mund breitmachte. Der Geschmack meines Blutes! Niall lag noch immer regungslos da, fast wie eine Leiche.

Justin strich mir über die Wange und ich musste mich echt zusammen reißen, ihm nicht hier und jetzt eine zweite Backpfeife zu verpassen. Ich konnte nicht fassen, dass ich ihm zugestimmt hatte, sein neues Spielzeug zu werden. Wie bin ich nur so weich geworden! Ich wollte zwar meinen Bruder beschützen, aber doch nicht im Austausch für meine eigene Würde als Mann!

Justin schien die Situation gerade zu amüsant zu finden, denn er summte fröhlich vor sich hin, was mich nur noch mehr aufregte. Auf einmal entfernte Justin sich von mir und ließ mich sogar frei. Verwundert schaute ich in sein Gesicht, auf welches sich ein Grinsen gebildet hatte.

,,Bist wohl überrascht, oder?",fragte er, worauf ich meinen Blick abwandte und so tat, als läge er damit total daneben. Doch Justin hatte mich natürlich sofort durchschaut, denn er meinte nur:,, Keine Sorge! Ich werde noch früh genug mit dir spielen, aber heute ist erst mal schluss! Immerhin bin ich ein vielbeschäftigter Mann!"

Ich interessierte mich recht wenig für seine Worte und wartete, bis er aus dem Zimmer verschwand. Gleich nachdem mein Stiefvater den Raum verlassen hatte; stürzte ich zu Niall ins Bett. ,,Alles in Ordnung?!", fragte ich meinen Bruder und half ihm hoch. Seine Augen starrten mich träge an, als wäre jede Lust am Leben darin verloschen. ,,Wie konnte er dir nur so etwas schlimmes antun!!!", sagte ich aufgebracht und ballte meine Hand zu einer Faust. Meine Fingernägel borrten sich hinein, doch dies war im Moment unwichtig. ,,Niall nun sag doch etwas? Hast du irgendwo Schmerzen?", fragte ich besorgt und wartete wieder eine Weile ab. Kein einziges Wort verließ seinen Mund.

Ich seufzte frustriert auf und wollte ihn gerade wie eine Braut hochheben, als etwas in seinen Augen aufglänzte.
Es war wie ein Schock für Niall, denn er schlug mir sofort meine Hände weg und sagte:,, Fass mich nicht an!" Ich war völlig überwältigt von seiner Reaktion. ,,Es tut...mir leid!", stotterte ich verwirrt und bekam nur einen wütenden Blick entgegen geworfen.

Niall drehte sich von mir weg und versuchte so viel von seiner nackten Haut zu verstecken wie er nur konnte. Es war ihm peinlich, das wurde mir sofort klar. ,,Du brauchst nicht so distanziert zu sein! Es ist mir egal was du für ihn machen musstest. Das was zählt, ist, dass es nun vorbei sein wird!", sagte ich ruhig und suchte erneuten Kontakt zu ihm, doch er rutschte noch weiter von mir weg.

Nach einer kurzen Stille, fragte er hoffnungsvoll:,,Meinst...du..das..ernst?" ,,Ja, das versprech ich dir!", entgegnte ich und strich ihm durchs Haar. Er zuckte kurz zusammen, doch bald genoss er es und entspannte sich.
,,Dein Bruder wird nun auf dich aufpassen! Vertrau niemandem außer mir!", erzählte ich ihm und er nickte. Danach weinte er leise vor sich hin und ich nahm ihn tröstend in den Arm. ,,All das, was er in dieser schlimmen Zeit durchmachen musste, sprudelte regelrecht aus ihm heraus. Ich schenkte ihm mein Gehör und meine Schulter zum Ausweinen.

Ich war froh, dass er diese nähe überhaupt zu ließ. Sanft strich ich über seine nackte und wunde Haut.
Er sagte zwar nach seiner Erzählung nichts mehr, aber mit jeder Berührung schien er ein wenig zutraulicher zu werden.

Nach einer Weile lösten wir uns voneinander und Niall hatte wieder dieses Funken Leben in sich. Vor Freude hätte ich ihn fast zu tode geknudelt, hielt mich aber zurück.

Ich half meinem Bruder auf ins Bad, wo ich begann ihn sauber zu machen, denn es stellte sich heraus, dass Justin trotz meiner Unterbrechung ziemliche gewütet hatte. Zuerst säuberte ich mit warmen Wasser seinen Körper, danach verarztete ich die Wunden, wobei man nun seinem ganzen Oberkörper in Bandagen wickeln musste.

Der Anblick tat mir im Herzen weh!
Nachdem ich mit ihm fertig war, half ich Niall beim Ankleiden. So wie es aussah, konnte er nicht alleine laufen. Dieser Arsch hat meinen kleinen Bruder wirklich total zerstört. Niall versuchte zwar stark zu wirken in meiner Gegenwart,jedoch bemerkte ich wie er jedes Mal, wenn ich den Blick abwandte zu Boden fiel. Wie konnte man sowas denn nicht bemerken, wenn ein lauter Knall genau hinter dir ertönte.

Auf jeden Fall stützte ich Niall den ganzen, langen Weg zur Schule über und passte extra gut auf, dass er sich nicht überforderte. Wir hatten schon die Hälfte des Schultages verpasst, was mich aber nicht störte. Die Lehrer ermahnten uns zwar, aber viel mehr taten sie auch nicht.

Was ich zu dieser Zeit, in der ich mir sorgen um Niall machte, noch nicht wusste, war, dass ich mir lieber etwas mehr Gedanken um mich selbst hätte machen sollen. Den nun lag ich in Jutins Fängen!

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