Kapitel 8
Erst war Live völlig aufgebracht nach Hause gefahren und hatte versucht sich dort zu beruhigen, doch schnell war ihr klar, dass sie andere Ablenkung brauchte. Nein, nicht nur Ablenkung sondern Arbeit! Also machte sie sich los ins Krankenhaus. Hilfe wurde dort immer gebraucht und niemand stellte Fragen, als sie schon so früh auftauchte. Natürlich war allen dort bewusst, dass Live eigentlich hätte in der Schule sein müssen, doch Alfred konnte sie im Geheimen davon überzeugen nichts Live gegenüber diesbezüglich zu erwähnen und ihr diese eine Tat zu gewähren. Manchmal wäre es für den alten Mann leichter, wenn alle wüsten was Live erlebt hatte, doch sie beharrte weiterhin darauf ihr Geheimnis zu hüten und niemanden weiter einzuweihen. Dabei wusste Alfred selbst gar nicht, mit welch starken Dämonen sich sein Schützling in Wirklichkeit herumschlagen musste. Ihm war natürlich nicht entgangen, dass irgendetwas in Lives Leben sich verändert hatte und dass es dem Mädchen seit dem schlechter ging, selbst wenn sie es nicht wahr haben wollte. Er hatte auch die neue Wunde an ihrem Arm bemerkt, jedoch hatte er ihr einst versprochen sie nie zu verurteilen und deshalb sagte er nichts und beobachtete Live nur sorgevoll aus der Ferne. Sie bekommt das schon wieder hin! Versuchte er sich selber zu beruhigen, insgeheim wissend, dass es eben nicht so war.
Nach der Schule fuhr Kader noch immer völlig verwirrt zu seinem Training. Eigentlich hatte er vorgehabt erst noch nach Hause zu fahren um sich dort fertig zu machen, doch als hätte er gewusst, dass er die Ablenkung des Sports schon so bald brauchen würde, hatte er am Morgen seine Klamotten mit eingepackt und während der Schulzeit im Auto gelassen. So fuhr er also direkt los, in Gedanken noch immer bei den blauen Augen, welche ihn so voller Panik angesehen hatten. Was macht dir nur solche Angst? Er versuchte seine Gedanken zu klären und sich darauf vor zu breiten, vielleicht jemanden seiner ehemaligen Schule zu treffen. Du packst das! Ermutigte er sich selbst und betrat die kleine Sporthalle. Sofort kam ihm das Geächze der Menschen entgegen, aus einer Ecke bellte ein Trainer Befehle seinen Schülern zu und laut war das Knarren der hin und her schwingenden Boxsäcke zu hören. Kämpfen. Was für andere Gewalt bedeutete hieß für Kader Freiheit. Dass war es, was er schon immer hatte tun wollen. Nicht nur um seine ständige Wut endlich los zu werden, sondern einfach auch um sich schützen zu können. Kader war noch nie in eine Prügelei verstrickt gewesen, doch seit er das erste Mal in seinem Leben wirklich Schmerz verspürt hatte, dass Verschwinden seines Vaters, brauchte er diesen Sport einfach. Es schützte ihn nicht nur gegen wirkliche Gewalt, sondern stärkte ihn auch mental. Seine Mutter war nicht der einzige Grund, weshalb er so war, wie er heute ist. Denn obschon er immer sehr beliebt war, hatte ihn doch nie jemand wirklich verstanden und alle hatten immer nur den coolen, Draufgänger in ihm sehen wollen, der er eigentlich gar nicht war.
,,Ach nein, was macht der Pisser denn hier?"
Genau das hatte Kader vermeiden wollen. ,,Steve!" gespielt freundlich drehte er sich zu dem Muskelpaket mit den braunen Schulterlangen Haaren um.
Steve Jonson, Kaders schlimmster Albtraum. Er kam bei allen gut an, nur bei diesem Typen nicht. Seit Kader an seiner 3. Schule neu war, hatte Steve versucht ihm das Leben dort zur Hölle zu machen. Tja, nur hatte Kader ihn eigentlich schamlos ausgenutzt, denn im Endeffekt wollte Kader ja von der Schule runter und so hatte er Steve seine Gemeinheiten aussehen lassen, als hätte Kader sie ihm angetan und nicht andersherum.
,,Was machst du hier? Schon von der nächsten Schule geflogen? Ging aber echt flott in ... zwei Tagen." Sein Gesicht verzog sich spöttisch. Was ihn in Kaders Augen noch hässlicher machte. Vielleicht hatte Steve viele Muskeln, doch sein Kopf war in Kaders Augen zu klein und somit ähnelte er eher einem Affen. Wenn Kader ihn sich so ansah, passten auch die grünen Augen, welche er gerne als Giftaugen bezeichnete nicht zu seiner doch eher hellen Haarfarbe usw. Kader war einfach kein Fan, dieses Protzzers. ,,Nun, ich trainiere hier, vergessen?" langsam wurde es Kader einfach zu doof. Durfte er nun nicht mehr hier sein, nur weil Mr. Ich denke, ich bin der schönste und dabei eigentlich völlig hässlich aussehe etwas gegen ihn hatte? Als würde ihn das interessieren.
,,Kader, hör mal, ich mag dich nicht ...!" Ach nein, das war ja was völlig neues. Genau das hatte Kader schon gewusst, als an seinem ersten neuen Tag plötzlich seine Schuhe verknotet waren. Sodass er strauchelte und hinflog. ,,und genau deshalb will ich, dass du hier verschwindest! Das ist mein Revier kapiert?" Bevor Kader realisierte was er tat fing er an mit lachen. Laut, sodass die beiden Jungen von einigen wenigen die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Manche starrten sie kurz genervt an und wendeten sich dann schnell wieder ihren Trainern zu, die ungehalten weiter mit dem Plan fortfuhren. Wieder andere musterten die beiden neugierig und vergaßen anscheinend kurzzeitig, dass sie hier nicht in einem Kino waren.
,,Dein Revier? ... Was bist du? Ein Köter? Das wird hier doch kein Wettpinkeln, wer mehr drauf hat! Mein Gott Steve, ich will einfach nur trainieren. Also lass mich durch!" damit drängte er sich an ihm vorbei und war schon dabei die Sache, sowie Steve einfach hinter sich zu lassen, als ihn etwas an der Wange traf. Sofort schoss Schmerz durch seine linke Backe und etwas benommen taumelte Kader nach rechts. ,,Mein Revier!" stieß Steve ihn zur Seite und lief zurück zu seinen Kumpels, welche ihn grinsend beobachtet hatten und nun mit diesem Wichser, wie Kader ihn gern beschrieb einschlugen. So würde Kader sich allerdings nicht abwürgen lassen. Er hatte es auf sich beruhen lassen wollen, doch das? Das ging ihm nun wirklich gegen den Strich! Und Kader war wütend, sehr wütend. ,,Hey Arschloch, ich bin besser!" er riss Steve an der Schulter zurück und ließ seine Faust in sein Gesicht krachen.
Erschrocken wich Steve nach dem knacken seiner Nase zurück, zögerte aber nicht seine Faust gleichzeitig in Kaders Magen zu treiben. Ächzend ging dieser in die Knie und wollte sich gleich wieder aufrappeln, um einen Gegenschlag zu starten und seinen Gegenüber bezahlen zu lassen. Doch nach einem kurzen Zeichen Steves droschen plötzlich drei andere Typen auf ihn ein. Kader hatte gerade noch genug Zeit um sich zusammen zu rollen, damit Kopf und Bauch geschützt wurden und dann lag er da und versuchte ruhig zu atmen. Klar, er hatte nicht kampflos aufgegeben, doch die drei anderen ließen ihm nicht genug Zeit um sich ihnen entgegenzustellen, sondern traten nur immer weiter gegen seine Arme am Kopf, seinen Rücken und seine Beine. Nur wenige Sekunden vergingen, als er verschwommen mehrere Trainer angerannt kommen sah, welche die Jungen von Kader weg zerrten und sie dabei lauthals anschrien. Ein paar Tritte mussten ihn am Kopf erwischt haben, realisierte er nun, als ihm Blut in die Augen lief. Diese waren im Gegensatz zu seiner aufgeplatzten Lippe verschont geblieben, wogen jedoch plötzlich immer schwerer.
,,Holt einen Krankenwagen!" schrie eine ihm unbekannte Stimme laut, zumindest konnte er sich nicht an den Trainer, welche sie gehörte erinnern, bevor alles um ihn herum schwarz wurde.
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