Kapitel 73

Es war so dunkel, dass die zwei Mädchen kaum etwas sehen konnten, doch Live konnte sich noch ganz genau an den Weg in den Keller erinnern, sodass sie Alexa durch die Gänge letzte, als hätte sie in ihrem Leben nie etwas anders getan. ,,Du weißt wirklich wo wir hin gehen?" Alexa konnte der ganzen Sache nichts abgewinnen. Es war dunkel, kalt, roch furchtbar und sie glaubte das irgendwas über ihre Füße lief. Aber wahrscheinlich wäre es besser, gar nicht zu wissen, was genau es war. ,,Ja! Es ist zwar Jahre her, aber ich erinnere mich, als wäre es erst gestern gewesen und jetzt halt den Mund, sonst wissen sie schon vorher, dass wir da sind!" Genervt verdrehte Live die Augen und scheuchte Alexa weiter. Diese verdrehte ebenfalls nur die Augen, hielt Live aber abrupt fest. ,,Hör doch!" Live versuchte zu erhören was Alexa meinte und dann erklangen die Schreie. Männlich und eindeutig Kader. ,,Das ist er!" Live riss sich von Alexas Hand los und rannte in die Dunkelheit. Leise fluchend folgte Alexa ihr so gut es ging, bis sie an eine Kellertür ankamen. Davor stand ein Fass. Mit vereinten Kräften schoben die beiden dieses zur Seite und betraten dann den Keller. ,,Bitte, verdammt lassen sie mich endlich gehen!" Kader brabbelte vor sich hin. ,,Kader!" Erleichtert rief Live seinen Namen und hockte sich dann vor, ihn sodass Kader zu ihr hinunterschauen musste. ,,Live? Du ... du solltest nicht hier sein, bitte geh! Was wenn sie wiederkommen, du bist hier nicht sicher!" Kader zerrte an seinen Fesseln, doch nichts brachte etwas. ,,Ich bin nicht allein, keine Sorge. Wir sind hier um dich zu befreien. Alexa hilf mir!" Live machte sich daran Kaders Fesseln zu lösen. Nur langsam näherte sich Alexa. Sie schaute auf den Boden, nicht sicher wie Kader reagieren würde. ,,Hey." ,,Was machst du hier? Du hast mir die ganze Scheiße doch erst eingebrockt! Du und Holly, ihr habt sie doch beide nicht mehr alle!" Wütend stemmte Kader sich erneut gegen seine Fesseln, wurde allerdings nur wieder zurück gerissen. ,,Kader, Alexa hilft uns, wir haben das geklärt. Ich weiß alles. Es ist alles O.k., wir holen dich hier raus!" beruhigend sprach Live auf ihn ein. ,,Ich wusste nicht wer das andere Mädchen ist oder aus welchem Grund sie diesen ganzen Mist mitmacht. Sie hat mir nie ihren Namen verraten." Alexa schaute entschuldigend zu Kader und wollte sich soeben, an seine Handfesseln machen, als sie die Schritte hörten. ,,Scheiße, haut ab, los!" Kader schubste Live leicht mit dem Fuß, welche ihn panisch anschaute. Sie hatte verstanden wer da kam und nun war es zu spät. Sie saßen in der Falle, hatten keine Zeit mehr zu flüchten. Alexa zog Live hinter einen Stapel Kisten und zeigte ihr still zu sein. Als würde das Mädchen, das nicht schon selbst wissen.

,,Hallo Junge, du bist ja noch da, wie ich sehe." Lachend betrat Lives Vater, gefolgt von seiner Frau den Keller. ,,Wo sollt ich denn auch sein, sehr lustig." Kader verdrehte die Augen. ,,Nun, mir hat ein Vögelchen gezwitschert, das unser Blümchen und unsere Helferin vor der Prüfung abgehauen sind." Live begann zu zittern und Alexa hatte schon Angst, dass das Mädchen jeden Moment umkippen könnte. ,,Tja, wissen Sie. Ich hocke hier schon ne weile, also sorry, aber ich hab Live schon einige Tage nicht gesehen, was natürlich nicht heißt, dass ich nicht zu meinem Mädchen zurück will, aber ...!" Kader gab ein röchelndes Stöhnen von sich, als die Faust ihn im Magen traf. ,,Du kleiner Dreckskerl. Wo ist sie? Wo hat sie sich versteckt? Sie war hier das weiß ich genau!" Kader lachte nur kalt auf. ,,Sie werden nie wieder auch nur in ihre Nähe kommen! Es ist vorbei! Ihr krankes Spiel, ist endlich vorbei und sie werden für das, was sie Live angetan haben für eine lange, sehr lange Zeit noch einmal extra ins Gefängnis wandern." Er konnte einfach nicht aufhören. Am liebsten hätte Live den Junge, welchen sie so sehr liebte geschüttelt. Wie konnte er sie nun auch noch provozieren? Wie konnte er sich über sie lustig machen, wohl wissend, zu was ihre Eltern fähig waren. ,,Wart nur ab, dir werden hören und sagen noch vergehen! Sie ist unsere Tochter! Und wir können mit diesem kleinen Miststück machen was wir wollen!" Erneut landete die Faust ihres Vaters in seinem Bauch. ,,Schatz, bring mir doch die Peitsche, mir scheint, wir haben dem Jungen nicht genug Schmerzen beigebracht." ,,Ich glaube nicht, dass Holly mich so versehrt haben will." Live konnte die Angst aus Kaders Stimme heraushören. Doch ihre Mutter lachte nur auf. ,,Oh, das kleine Blondchen werden wir gleich nach dir entsorgen. Erst werden wir sie zusehen lassen, wie du langsam und qualvoll verblutest, dafür, dass du unsere Tochter angefasst hast und danach legen wir sie um. Das Mädchen war nur Mittel zum Zweck und sie war so dumm, zu glauben, wir würden dich je lebend wieder gehen lassen. Genau wie sie!" Die Peitsche knallte auf den Boden und Kader zuckte unmerklich zusammen. Er hatte Angst, wirklich, doch er konnte Live nicht einfach verraten, also biss er in Erwartung der Schmerzen die Zähne zusammen.

Lives Mutter hob die Hand, um zum Schlag auszuholen. ,,Stopp! Hört auf! Ich bin hier! Ich bin hier! Also lasst ihn gehen!" Live entriss sich Alexa und kam hinter den Kartons hervor. ,,Lasst Kader gehen und ich werde bleiben. Aber wenn ihr ihm jetzt etwas antut, dann war es das! Die Polizei ist schon auf dem Weg hier her. Sie wissen wo und wie sie uns finden können!" ,,Live nein! Tu das nicht, bitte!" Sie schaute noch nicht einmal zu ihm, als Live sich ihren Eltern entgegenstellte. ,,Ich bin euch vor so vielen Jahren entkommen und auch damals habe ich überlebt. Ihr habt mich nicht brechen können! Ihr werdet es auch dieses Mal nicht schaffen. Aber ihr werdet Kader nicht dasselbe antun wie mir! Meine Narben sind selbst nach all den Jahren noch nicht verheilt und doch lebe ich! Also lasst ihn gehen! Von mir aus krieche ich auch auf Knien vor euch hin, wenn ihr das wollt, aber ihr werdet nie wieder jemanden verletzen. Nicht Kader, nicht Alexa oder ihren Dad! Eure Machenschaften nehmen hier und jetzt ein Ende! Es hat mit mir begonnen und es wird auch mit mir enden!" Live liefen die Tränen stumm über die Wange. Sie schluchzte nicht, zitterte nicht, noch nicht einmal ihre Stimme hatte gewackelt und noch immer schaute sie nicht zu Kader. ,,Live bitte! Tu mir das nicht an!" Aber sie ignorierte ihn. Sie blickte nur die Monster ihrer Albträume an. Sie waren echt, sie waren real und standen vor ihr, in Fleisch und Blut. ,,Hallo Blümchen." Mit einem lüsternen Grinsen trat ihr Vater einen Schritt vor und Live schluckte. Das war der Moment, vor welchem sie immer Angst gehabt hatte. Beim letzten Mal hatte man sie retten können, doch nun? Was tat sie, wenn ihre Eltern sie in ein anderes Land mitnahmen. Dann war sie verloren. Live würde nie wieder Sonjas und Franks Stimmen hören, würde nie wieder mit Kaders Bruder Jon lachen. Sie hätte nie die Möglichkeit Kader und seine Mutter wieder zusammen zu bringen, weil sie das Geheimnis kannte, welches Kader nie herausfinden sollte. Live hatte doch gerade erst angefangen sowas wie eine Freundschaft mit Alexa zu beginnen. Doch all das war nun egal. Also schloss das Mädchen die Augen. Schluckte die Angst und Sorgen hinunter und erwiderte dann den Blick ihrer Eltern kalt. ,,Lasst sie gehen und ich gehöre wieder ganz euch."

,,Nein! Das kannst du nicht machen Live! Was war mit niemand bringt uns je wieder auseinander? Gib jetzt nicht auf! Bitte! Live, ich liebe dich!" Kader schrie sie an. Brüllte und zerrte gegen die Fesseln, doch sie wollten einfach nicht nachgeben. Langsam drehte Live ihren Kopf in Kaders Richtung. ,,Ich liebe dich auch. Aber nur so, kann ich dich beschützen. Es tut mir leid." Erneut lag ihr Blick, auf ihren Eltern. Kader brüllte, schrie und rüttelte. Sie waren nicht diesen Weg gemeinsam gegangen, nur damit Live nun aufgab. ,,Bitte, Live! Wir finden eine Lösung!" Doch keiner hört ihm mehr zu. ,,Wir haben dich vermisst!" Lächelnd lief Lives Mutter aus sie zu und schloss ihr Kind in die Arme. Live rührte sich nicht. ,,Du warst unartig Blümchen, du weißt was das heißt oder?" Live nickte träge. Plötzlich erschien alles so schwer und träge auf ihren Schultern zu sein. ,,Gut, dann nimm es!" Die Frau reichte Live ein Messer und zitternd, nahm das Mädchen es an. ,,Erst wenn sie raus sind." Live schloss die Augen und holte zitternd Atem. Sie könnte es nun einfach beenden. ,,Live bitte, Live tu das nicht! Sieh mich an! Tu es nicht! Denk an unser gemeinsames Leben, denk an unsere Zukunft! Du wolltest doch Kinder? Du wolltest mit mir leben. Bitte Live!" Kader schluchzte, aber Lives Aufmerksamkeit, glitt nicht von ihren Eltern ab. ,,Alexa, mach ihn los und dann verschwindet." Live merkte, wie sich hinter ihr etwas bewegte, dann hörte sie, wie Kaders Fesseln gelöst wurde und sah, dass das Mädchen bei ihrem Freud hockte. Alexa redete leise auf ihn ein und Live wünschte er würde einfach gehen und es ihr nicht noch schwerer machen, als es sowieso schon war. ,,Kader, du wirst jetzt mir raus gehen. Ihr werdet in Sicherheit bleiben und keiner von euch wird zurückschauen. Es ist vorbei. Wir haben verloren."

Kader wehrte sich gegen Alexa, doch das Mädchen grub ihre Nägel hart in seine Haut. ,,Wir gehen jetzt, los! Das ist ihr Kampf Kader, du kannst Live dabei nicht helfen!" Also riss sie den Jungen einfach hinter sich her, in die Dunkelheit der Flure, nach draußen, wo noch immer die Sonne gleisend hell am Himmel schwebte und die Jugendlichen zu verhöhnen schien. ,,Ich sollte bei ihr sein. Ich muss sie beschützen!" ,,Kader du hast gerade einmal eine Boxershorts an, bist seit fast einer Woche da unten gewesen! Selbst wenn du wolltest, du hättest nicht genug Kraft. Live ist stark, sie wird das schaffen. Mir gefällt das auch nicht. O.k.? Denn ich fange gerade an dieses Mädchen zu mögen, aber wir können nicht einfach Gott spielen, da rein spazieren und denken wir hätten eine Chance, gegen diese Monster. Live hat bevor wir herkamen, deine Familie, ihre Adoptiveltern und die Polizei informiert. Sie werden bald hier sein. ,,Wenn es da noch nicht zu spät ist!" In Kader kochte es. Er hätte sich nicht einfach aus dem Keller schleifen lassen sollen. Er hätte mehr Wiederstand leisten sollen. Notfalls auch Gewalt Alexa gegenüber ausführen sollen. Denn während Kader nun wieder frei war, wurde Live erneut in ihre ganz eigene Hölle gesperrt und wer weiß, was sie ihr dort unten antaten? Völlig in seinen Gedanken, wurde Kader plötzlich unsanft von Alexa aus diesen gerissen. ,,Schau doch Kader, da kommen sie. Sie werden Live retten!" Und tatsächlich, am Ende des Horizonts konnte Kader die Blaulichter sehen. Live würde überleben. Es war noch nicht zu spät. 

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