Kapitel 68

Ausgeruht wachte Kader am nächsten Morgen auf. Live lag noch immer an ihn gekuschelt da und klammerte sich regelrecht an seinen Oberkörper. Vorsichtig drehte Kader sich ein wenig in ihren Armen, um Live ja nicht zu wecken und beeilte sich in das angrenzende Bad zu verschwinden. Kader wusste nicht, was er von der Szene mit seiner Mutter gestern Abend zu halten hatte, dass Live gelogen hatte, war ihm verständlich, sie hatte ihm nur nicht sagen wollen, dass sie mit seiner Mutter geredet hatte. Dennoch verstand Kader einfach nicht, welchen Beweggrund seine Mutter hatte. Generell fragte er sich wovon seine Mutter überhaupt geredet hatte. Doch Kader wollte und konnte einfach nicht zugeben, dass er ihr Gespräch gestern Abend gehört hatte. Er war kurz nachdem Live verschwunden war aufgewacht und wollte wie sie gesagt hatte sich was zu trinken holen. Danach hatte er Live schnappen wollen und ihr Spiel zuvor noch einmal wiederholen wollen, doch dann hatte er ihre Stimme gehört. Und obwohl er die beiden wirklich nicht hatte belauschen wollen war es unmöglich gewesen nicht hin zu hören. Jetzt geisterten jedoch lauter Fragen in seinem Kopf umher und er wusste nicht, was er tun sollte. Vielleicht könnte er mit Inka darüber reden oder Live fragen, wie sie die Situation sah, nur müsste Kader dann eben zugeben, dass er das Gespräch belauscht hatte. Seufzend verlies Kader das Badezimmer, schaute noch einmal zu Live, welche nun halb ausgestreckt in seinem Bett lag und lief in die Küche, um Inka beim Frühstück machen zu helfen. Die zwei mussten gleich noch zur Schule, doch Kader wollte Live ein wenig Ruhe gönnen. Die letzten Tage waren Nervenaufreibend genug gewesen.

Doch in der Küche traf er nicht wie erwartet auf Inka, sondern auf seine Mom, welche in einem Jogginganzug in dieser herum hüpfte und scheinbar Frühstück vorbereitete. Inka stand daneben und erteilte seiner Mutter Befehle, worauf sie achten musste. Ina White, die wohl sturste Frau dieses Planeten, gleich nach Kaders Freundin, nahm Befehle einer Angestellten an. Wäre Kader nicht so sprachlos, er würde die Szene glatt aufnehmen, nur um später auch ja einen Beweis dafür zu haben, dass all dies wahrhaftig geschehen ist. Kader musste wohl ein Geräusch gemacht haben, denn plötzlich fuhren die beiden Frauen zu dem Jungen um und starrten ihn überrascht an. ,,Du bist schon wach!" Beinah klang der Ausruf seiner Mutter freudig, doch obwohl Kader das Gespräch zwischen ihr und Live am Abend zuvor gehört hatte, konnte Kader einfach nicht verstehen, wie seine Mutter nun weitermachen konnte, als wäre nie etwas gewesen. Kader starrte die Frau vor sich noch immer an, als käme sie von einem anderen Planeten. Seine Mom hatte noch nie, nicht einmal in der Zeit, als sein Vater noch da gewesen war solche Klamotten getragen. Was wollte sie damit bezwecken? ,,Was hast du da an?" War das einzige, was Kader herausbrachte. Er beachtete nicht einmal Inka, welche nun ebenfalls stocksteif da stand und Kader anstarrte. ,,Ich ... also ... hast du Hunger? Ich versuche Pancakes zu machen." Seine Mutter versuchte ihn anzulächeln, scheiterte aber dennoch kläglich an dem versuch ihn anzuschauen. Kader wollte gerade wütend etwas entgegnen, als er spürte, wie sich jemand an ihn schmiegte. Sofort umfing Lives Geruch ihn. ,,Pancakes klingen doch gut oder nicht, Kader?" Die Aufforderung was nettes zu sagen, war so deutlich, das Kader sofort schluckte. Natürlich, Live würde nicht aufhören die Wut und Verletzung von ihm zu nehmen. ,,Natürlich, ich liebe Pancakes." Auch wenn, Kaders Stimme steif klang und er nicht einmal den Blick von seinem Mädchen hob, hörte er überdeutlich, wie seine Mutter erleichtert ausatmete. Live schenkte ihm ein lächeln, und hauchte einen sanften Kuss auf seine Lippen. ,,Sei nett!" Damit löste Live sich von ihrem Freund und umarmte Ina und Inka herzlich. ,,Also, wie kann ich helfen?" Natürlich verfrachteten die zwei Live sofort auf eine Bank und ließen das Mädchen nicht mithelfen, doch Kaders Herz machte erneut einen Sprung, als er sah, wie jeder in seiner Familie Live akzeptierte. Dann kam plötzlich Jon angerannt und krabbelte sofort auf Lives Schoß. Er flüsterte ihr etwas zu. Live warf den Kopf in den Nacken und begann herzlich an zu lachen. Kader konnte nicht glauben, dass das mürrische Mädchen, welches Live einst gewesen war wirklich nun lachte, mit ihm, mit seiner Familie. Kader lächelte verträumt und bekam nicht mit wie seine Mutter ihn dabei beobachtete.

,,Kader ist glücklich, so schaut er seit die zwei zusammen sind. Es gab immer seine Höhen und Tiefen, doch Live hat ihm dieses Strahlen wiedergebracht." Inka stellte sich neben die Frau, welche nicht wusste was sie denken sollte. Ihren Sohn so frei, von der ständigen Wut zu sehen, erfüllte sie mit Freude und gleichzeitig durchfuhr sie ein Stich, als sie an die Zeit dacht, die sie verloren hat. ,,Ich hätte da sein sollen. Ich hab alles in seinem Leben verpasst. Kader hat recht, ich bin eine schlechte Mutter." Doch Inka neben ihr schüttelte den Kopf. ,,Nein, das sind Sie nicht Ma'am. Sie haben Fehler gemacht, natürlich, aber es ist noch nicht zu spät. Das wäre es erst, sollte ihm oder Ihnen etwas passieren. Noch können Sie ihm wieder eine Mom sein. Der Weg wird nicht leicht, doch ich weiß, dass Sie Kader über alles lieben. Sie müssen diese Liebe nur zulassen." Die Hausfrau wand sich dem Essen zu und füllte einen Teller voll mit den süßen Köstlichkeiten. ,,Live, ich hoffe wir sehen uns bald wieder." Ina setzte sich mit an den Tisch und beobachtete das strahlende Mädchen leicht. ,,Wahnsinnig gern. Ich werde mit meinen Adoptiveltern reden, Sonja und Frank werden nichts gegen Besuch haben und zudem haben sie Kader auch schon in ihr Herz geschlossen." Lächelnd strahlte Live Kader an, welcher sich in dem Moment neben sie setzte. ,,Ach ja? Haben sie das? Na ich glaube ja Sonja wartet nur darauf, dass sie mich hochkant aus dem Haus werden kann, weil ich was dummes gesagt habe." Live lachte und schaute ihn noch immer an. ,,Nichts kann uns mehr trennen, schon vergessen? Das liegt hinter uns. Keine Alexa oder Holly mehr. Nichts und niemand. Auch meine Eltern nicht." Nun wirkte das Mädchen ernst, beinahe in der Vergangenheit gefangen und Ina White konnte nur zwischen den Zeilen lesen. ,,Also waren sie es ..." Die Frau konnte es nicht aussprechen und auch Live wagte es nicht, etwas in diese Richtung zu sagen, also nickte sie nur und bestätigte Ina somit ihren Verdacht.

Danach herrschte kurz Schweigen und Kader merkte, wie Live sich leicht anspannte. Am liebsten hätte er seine Mutter angeschrien, wie sie nur jetzt mit diesem Thema kommen konnte, doch er hielt sich zurück. Live hätte das nicht gewollt und so beherrschte er sich. Er griff nur Lives Hand und drückte ihre einen Kuss auf den Kopf. ,,Also wer will Pancakes?" Dankbar für die Ablenkung nickte er Inka zu und lud Live, Jon und sich den Teller voll. Der kleine Lockenkopf wartete schon sehnsüchtig auf die süßen Teilchen, denn seit Live ihn immerzu mit Süßigkeiten belud, kannte der Kleine nichts Anderes mehr und aß auch hauptsächlich nur noch süße Speisen. Doch sollte seine Mom nun wirklich jeden Tag da sein, würde dies sich auch schnell wieder ändern. Sie aßen Schweigend, doch das erste Mal hieß Live diese Stille willkommen. Alles würde sich eines Tages ändern. Nur noch ein paar Monate und all dies wäre vorbei. Sie wäre frei, raus aus der Schule, weg von all dem Druck und raus in der Welt. Endlich würde Live machen können, was sie schon immer wollte, endlich hatte sie Zeit für das war sie liebte. Kinder. Alles war schon geklärt und dann, in ein paar Monaten würde Live endlich ihre Ausbildung zur Krankenschwester machen können. Natürlich im St. Paulus. Jeder wollt sie dort und als Live die Zusage bekommen hatte war alles andere egal gewesen. Sie durfte Arbeiten. Endlich, dort wo sie schon immer hinwollte.

,,Woran denkst du?" Kader schaute zu ihr, als die zwei zur Schule fuhren. ,,An unsere Zukunft." Live lächelte und Kader beließ es dabei. Für ihn stand fest, dass er Live nie wieder würde gehen lassen. Vielleicht würde sich alles zum Guten wenden. Noch wusste er nicht, wie er die Situation mit seiner Mutter sehen sollte, aber am wichtigsten war für ihn nur das Mädchen neben ihm. Live war alles was zählte und Kader würde bis ans Ende der Welt gehen, solange er nur bei ihr sein konnte. ,,Unsere Zukunft. Das klingt gut." Live lachte glucksend und schaute aus dem Fenster, als würde in den Wolken schon alles geschrieben stehen. Und wahrscheinlich war es das auch. 

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