Kapitel 66

Live hatte keine Angst das Schulgebäude zu betreten. Das erst Mal seit langem, freute sie sich auf diesen Tag. Denn sie war nicht allein. An ihrer Seite stand Kader und offensichtlicher, als sie vor aller Augen zu küssen, hätte Kader sein Statement nicht abgeben können. Die zwei waren wieder zusammen und niemand, nicht einmal eine hinterhältige Alexa konnte sie nun trennen. Den Blick, welche diese ihnen beim Betreten des Raumes zuwarf hätte Live am liebsten für immer im Kopf behalten, doch wozu sich auf dieses Niveau hinab begeben? Kader grinste und Live lief einfach stur weiter. Sollten doch alle wissen was los war, Live war endlich wieder bei dem Menschen, welchen sie liebte. ,,Also, das war doch ganz cool, für den ersten richtigen Auftritt." Kader lachte leise auf und ließ sich neben Live auf seinen eigentlichen Platz fallen. ,,Was soll das denn bitte heißen? Was hast du vor White!" Live musterte ihn misstrauisch von der Seite. Das konnte nichts Gutes verheißen. ,,Ich und was vorhaben? Wo denkst du hin. Ich bin doch ganz brav!" Live zog die Augenbraue hoch und musterte ihn verstohlen. ,,Na klar, du und brav, dass ich nicht lache! Die Frage ist wohle eher wo denkst du hin?" Doch Kader schwieg und grinste nur. ,,Kader, was hast du vor?" Ihre Stimme verriet eindeutig, die Panik, doch Kader rückte mit keinem einzigen Wort heraus. Also blieb Live nichts Anderes übrig, als sich bei Unterrichtsbeginn der Tafel zuzuwenden und Kaders Worte aus dem Kopf zu bekommen.

Kader grinste leicht vor sich hin. Ihm war schon klar, dass Live seine Idee nicht gefallen würde, doch er musste einfach allen klarmachen, wie sehr er das Mädchen an seiner Seite liebte, wie sehr sie ihm gehörte und dass Kader Live nie wieder würde gehen lassen. Live war ein Teil von ihm, sowie es seine Wut war und das hatte er nun auch endlich verstanden und akzeptiert. Niemand konnte ihn verändern und er konnte das auch nicht, weil es immer einen Grund gab warum etwas so war, wie es ist. Also schwieg Kader und versuchte Live mit leisen Bemerkungen von seinem Vorhaben abzulenken. Die Zeit verging wie im Flug und plötzlich stand schon die Mittagspause an. ,,Gehen wir?" ,,Wohin?" Kader lachte auf, bei dieser nervösen Frage von Live. ,,Na zum Essen oder willst du dich schon wieder vor allen verstecken?" Live musste an ihren Deal damals denken, damit Live zustimmte ihm Nachhilfe zu geben. Damals, wie das klang, dabei waren erst ein paar Monate seitdem vergangen. In Kaders Augen blitzte es auf. Er dachte genauso daran, wie Live es tat. ,,Ich verstecke mich vor niemandem!" Mit gestrafften Schultern lief Live hocherhobenen Hauptes an Kater vorbei und begab sich auf den Weg zum Speisesaal. Kader lachte hinter ihr und folgte Live noch immer grinsend. Vor dem Speisesaal hatte er sie wieder eingeholt und ergriff ihre Hand. ,,Wie machen das gemeinsam. So wie vorher auch. Das Lächeln, welches Live ihm dafür schenkte ließ Kaders Herz höherschlagen. Er wünschte, dass Live nur noch wegen ihm so strahlen würden. ,,Zusammen." Live nickte ihm zu und dann betraten sie gemeinsam den Saal. Der Lärm, welcher ihnen entgegenschlug ignorierend reihten sie sich in die Schlange ein.

Live fühlte sich unbehaglich spürte sie doch die Blicke der anderen auf sich. Kurz schloss sie die Augen um ihr rasendes Herz zu beruhigen. Es würde alles gut werden. ,,Weißt du, dass ich dich liebe." Kader lehnte sich sachte zu ihr hinab. ,,Ich liebe dich." Erwiderte Live. Kader konnte die Angst in ihrem Blick sehen. Für ihn war es nicht selbstverständlich, dass Live diese Worte erwiderte. Er wusste, wie viel Kraft es sie kosten musste und noch nie war er so stolz auf sie gewesen wie in diesem Moment. ,,Hey hört mal alle her!" Schrie Kader da plötzlich und Live krallte sich an seinem Arm. ,,Was tust du?" Aufgebracht stierte sie ihn an, doch Kader strich nur beruhigend über ihre Wange. ,,Vertrau mir." Dann wand er sich an alle im Saal. ,,Ich glaube ihr alle kennt dieses Mädchen, Live Kamson. Mich solltet ihr auch kennen und falls nicht, hi ich bin der Neue. Was ich eigentlich sagen will, ..." Sein Blick glitt zu Live, obwohl er noch immer laut zu allen sprach. ,,... Ich bin hierher gekommen, mit dem Glauben so schnell wie möglich wieder von hier zu verschwinden, doch Live hat mir das unmöglich gemacht, denn sie hat mich schon vom ersten Moment an in ihren Bann gezogen und ich bin froh darüber hier zu sein. Denn ich liebe dieses Mädchen und jeder, der auch nur denkt sie noch einmal rumschubsen oder beleidigen zu können, der bekommt es mit mir zu tun. Klar?" Dann beugte er sich zu Live und küsste sie erneut, vor aller Augen. In der Cafeteria war es totenstill, wie noch nie, doch es kamen keine dummen Sprüche oder Kommentare, beinahe schien es so, als hätten alle akzeptiert, dass es Live und Kader nun nur noch im Doppelpack gab. Live löste sich leicht zitternd von Kader. Tränen glänzten in ihren Augen und Kader dachte schon, sie würde ihn von sich schieben und aus dem Saale stürmen, doch stattdessen hauchte sie einfach nur ein leises ,,Danke." Den Blick, welchen sie dabei aufgesetzt hatte war so warm und voller Liebe, dass Kader sich fragte, ob er diese Liebe von Live überhaupt verdient hatte.

Live fühlte sich den ganzen Tag so leicht, beinahe schwebend. Nach der Schule fuhr Kader sie zu ihrer Schicht ins Krankenhaus, während er zum Training fuhr und sie danach wieder abholte, um zu Inka zum Abendessen zu fahren. Sie fand es nicht sonderlich toll, dass Kader trotz seiner völlig verkrustet und verschrammten Hände zum Boxen fahren wollte, doch Kader meinte er brauche das. Die letzten Tage hatten ihn so rasend gemacht, dass er diesen ganzen Druck ablassen musste. Live ließ ihn gehen, ungern, doch vielleicht brauchten sie beide auch ein wenig Auszeit voneinander. Also konzentrierte Live sich auf ihre Arbeit und blendete alles drum herum aus.

Endlich wieder trainieren und auspowern, Kader musste dringend wieder Dampf ablassen und da kam ihn dieser kurze Moment gerade gelegen. Seit er sich mit Live wieder vertragen hatten rasten seine Gedanken am laufenden Bande. Warum sollte Holly sie vor den Machenschaften ihrer Eltern warnen und im nächsten Moment war sie es selbst, welche Live und ihm das Messer in den Rücken rammte? Die ganze Situation erschien ihm schleierhaft, doch egal in welche Richtung Kader seine Gedanken schob ihm wollte sich einfach keine Lösung offenbaren. Und der Gedanke, welcher sich immer mehr in seinem Kopf festsetzte wollte ihm nicht in den Sinn kommen. Nicht einmal Holly traute er dies zu. Das Mädchen war eindeutig eifersüchtig auf Live, das hatte er im Krankenhaus ganz genau gesehen, doch wäre sie auch wirklich so durchtrieben das Leben eins anderen in Gefahr zu bringen, nur um wieder an Kader heranzukommen? Wo ihr doch klar war, dass dieser Live eindeutig liebte? Genervt von seinen Gedanken schlug Kader immer fester zu und spürte es nur, als seine Hand wieder begann zu schmerzen. Er sollte sein Temperament wirklich unter Kontrolle bringen. Bevor er sich und anderen noch mehr schadete. Um Atem ringend beendete er sein kleines Training, zog sich um und fuhr schon etwas eher zum vereinbarten Zeitpunkt zum Krankenhaus, vielleicht würde Live etwas eher Schluss machen, damit die beiden noch lernen konnten. Es wollte Kader immer noch nicht in seinen Kopf, dass er bald wirklich die Schule abschließen würde. Noch etwas, dass er Live verdankte, denn hätte er Live nicht kennen gelernt, hätte er weiter seine Noten in den Dreck gezogen, nur um irgendwie eine Reaktion aus seiner Mom heraus zu bekommen. Vor dem Krankenhaus angekommen wartete Kader einige Sekunden, bis sein Herz, welches noch immer leicht raste sich wieder beruhigt hatte. Gerade als er sich zum Eingang begeben wollte, sah er wie Holly wütend telefonierend aus dem Krankenhaus gewatschelt kam. Sie sah stink wütend aus und schrie schon beinahe in ihr Handy. Kader konnte leider nicht verstehen was sie sagte. Also schlüpfte er unauffällig aus seinem Wagen und schlich versteckt hinter einer anderen Karre zu dem Mädchen hinüber. Noch hatte Holly ihn nicht entdeckt. ,,Es ist mir egal, was diese Bitch macht! Ich will dieses Miststück nicht mehr in der Nähe meines Freundes sehen!" Danach war für einige Minuten stille und Kader lauschte angestrengt, um ja nichts zu verpassen.

,,Was soll das heißen? Her Gott, ich dachte Sie wollen ihn auch nicht mehr bei ihr sehen? Dann kümmern sie sich auch um das Problem, ich weiß doch nicht warum Blondchen zu dämlich ist um ihn um den Finger zu wickeln!" Erneut Schweigen. Kader verstand kein einziges Wort was Holly da sprach. Mit wem redete sie und vor allem über wem? ,,In drei Monaten sind sie raus aus der Schule! Bis dahin sollten sie sich was überlegt haben! Er gehört mir, klar? Wenn ..." Anscheinend wurde Holly von ihrem Gesprächspartner unterbrochen, denn sie stoppte noch immer aufgebracht. Kader stellte erschrocken fest, dass sich ihre Stimme entfernte und sah, wie sie auf einen Wagen zu lief. Dort konnte er sie nicht mehr belauschen. Kader wand sich um, blickte zum Krankenhaus und schätzte die Entfernung, würde er es schaffen hinein zu gelangen, ohne dass das blonde Mädchen ihn sehen würde? Ratlos blickte er sich um, fand aber keine andere Möglichkeit. Also straffte er seine Muskeln und sprintete so leise wie möglich los, als Holly sich ihrem Wagen widmete. Jetzt oder nie! Das Mädchen bemerkte ihn nicht in ihrer völligen Rage, doch Kader schnappte noch ein Wort auf, welches ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Holly hatte Lives Namen gesagt. Also steckte sie doch irgendwie in dieser ganzen Sache mit drin, aber warum? Wirklich nur um wieder an Kader heran zu kommen. Könnte sie wahrlich den Tod eines anderen Mädchens in Kauf nehmen? Wenn dem so wäre, dann hatte Kader sich völlig in seiner quasi Ex-Freundin geirrt. Sollte er mit Live über das eben gehörte reden? Doch so schnell der Gedanke gekommen war, verwarf Kader ihn auch wieder. Er wollte Live nicht unnötig beängstigen. Nicht, wo sein Mädchen auch schon genug mit Dr. Tors zu tun hatte.

Genervt, da der Fahrstuhl einfach nicht kommen wollte sprintete Kader die Treppen rauf und erlebte beinahe das nächste Mal einen Herzanfall. Denn als er oben auf der Kinderstation ankam, erblickte sie einen hageren Mann, welcher ihn aus kalten durchtriebenen Augen durch eine runde Nickelbrille anblicke. Dr. Tors war hier und wie beim letzten Mal musterte er Kader, als wäre dieser ein schmutziger Parasit, welcher sich hier eingenistet hatte. Ein merkwürdiger Schauer überfiel ihn und ließ Kader frösteln. Schnell unterbrach er den Blickkontakt wand sich ab und betrat die Krankenstation. Er und Live mussten unbedingt reden, aber zuerst wollte er in Erfahrung bringen, ob es seiner Freundin gut ging.  

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