Kapitel 42

,,Wo wirst du jetzt hin gehen?" beinahe wehleidig stand Live mit Kader an der Tür. Er würde gehen und irgendwas an dieser Tatsache störte sie, aber sie konnte einfach nicht herausfinden was es war. Es war komisch gewesen ihn an diesem Frühstückstisch sitzen zu sehen, wo es doch eigentlich nur Sonja Frank und sie gab. Genauso wie es merkwürdig war, plötzlich eine Familie zu haben. ,,Ich weiß es noch nicht. Aber ich glaube ich fahre nach Hause. Meine Mom kann mich nicht einfach rausschmeißen. Ich glaube so scheiße ist nicht mal sie." ,,Kader!" Live verzog das Gesicht und versuchte ihn nicht mitleidig anzusehen. Sie hasste es doch selbst so angesehen zu werden, warum blickte sie also ihn auf diese Weise an? ,,Schon gut. Ich meine es eigentlich nicht so. Aber manchmal, ... ach egal. Ich sollte wirklich gehen." Seufzend fuhr er sich durch die Haare. Kader sollte gehen, bevor er etwas tat, dass sie beide nicht wollten und sich eigentlich doch so sehr danach sehnten. Diese ganze Situation war merkwürdig. Alles zwischen ihnen. Live konnte nicht ihre Vergangenheit loslassen und Kader war zu viel einfach egal. ,,Ich werde einfach schauen wie es zuhause läuft. Ansonsten weiß ich ja, wo ich jetzt untertauchen kann." Grinsend blickte er ihr direkt in die Augen. ,,Untersteh dich!" lachend schob Live ihn ein Stück aus der Haustür hinaus auf den Weg, welcher zum Haus führte. ,,Was? Live Kamson schmeißt mich raus? Oh Live, mein Herz!" theatralisch griff er sich an seine Brust und verdrehte die Augen, was Live ein Lachen entlockte. ,,Du Spinner, außerdem ist das Herz auf der anderen Seite." Damit schloss sie die Tür und lehnte sich noch immer Grinsend dagegen.

Kader lachte so laut, dass sie es noch immer durch die Tür hören musste. Er fühlte sich irgendwie befreit, als hätte er seine Last in den letzten Stunden verloren. Geteiltes Leid, war eben nur halbes Leid und doch wusste er nicht was mit Live war, wieso es ihr so schlecht ging. Seufzend ging er zu seinem Auto. Kader sollte wirklich gehen, vermutlich machte Jon sich ebenfalls schon lauter sorgen um ihn oder er hatte es nicht einmal mitbekommen. Er schüttelte den Kopf. Nein, er durfte nicht wütend auf seinen kleinen Bruder sein. Der Kleine konnte immerhin nichts dafür und Kader würde ihn nie dazu zwingen sich zwischen ihm und seiner Mutter zu entscheiden. Außerdem wusste er sowieso wie Jons Entscheidung aussehen würde. Denn mit einer Sache hatte Inka recht. Wenn der Junge sich zwischen dem Held oder der eigenen Mutter entscheiden müsste, wäre es immer die Erzeugerin. Egal, wie schlecht sie manchmal war, egal wie wenig Zeit sie da war. Sie war die Königin und Kader hasste es dies zugeben zu müssen.

Müde, genervt, wütend und gedemütigt. Seufzend setzte Alexa sich am späten Nachmittag auf. Natürlich war Kader bei ihr gewesen und sie verstand es nicht. Wie konnte er nur Gefallen an diesem Mädchen finden? Was war so besonders an dieser Live, dass er ihr noch nicht einmal einen Blick geschenkt hatte? Kaders Ruf war ihm schon längst hervorgeeilt und ehe er auch nur einen Fuß in die Schule hatte setzten können wussten alle schon über ihn Bescheid. Kader White, aka Bad Boy der Schule, Partytyp und Randalierer, der nichts anfackeln lässt. Doch diese Version welche nun hier durch Willow streifte passte überhaupt nicht in das Bild, dass sie alle von ihm hatten. Verdammt, selbst Live hielt ihn für einen schrecklichen Menschen und doch war er gestern Nacht die ganze Zeit bei ihr gewesen. Nachdem Alexa bemerkt hatte, dass Live auf ihr Auto schaute war sie gefahren. Wahrscheinlich würde in der Nacht sowieso nichts mehr passieren, also war sie nach Hause gefahren um zu schlafen. Nur um eine neue Nachricht von Ihnen vorzufinden.

Gut machst du das. Warum nicht gleich so? Ich will dass du etwas tust. Warte auf meine Anweisungen! –D

Als würde Alexa nicht sowieso nur darauf warten, was Sie ihr sagten, dass sie tun sollte. Eine Sache nerviger und dümmer als die andere. Seufzend betrat sie die Küche um sich Kaffee zu machen. Ihre Mutter war wie immer nicht zuhause. Vermutlich war sie wieder auf einer ihrer Shoppingtouren mit ihren komischen Tussi Freundinnen, welche Alexa immer behandelten als wäre sie ein kleines Kind. Bald würde sie wieder losfahren müssen um gelangweilt vor Lives Haus hocken zu müssen. Sie war es leid und wütend ballte Alexa die Fäuste. Nur noch ein wenig, dann würde es bald hoffentlich endlich vorbei sein. Sie wusste nicht mehr wie lange sie das schon vor sich hergesagt hatte. Der Punkt war nur, dass es nie zu Ende zu sein schien. Kopfschüttelnd wand sie sich vom Fenster, trank ihren Kaffee und stieg in den Wagen. Meckern würde nichts nützen. Ihr half ja doch keiner aus dieser Miesere.

Als Kader zuhause ankam hörte er lautes Geklappere aus der Küche. Er wusste gar nicht, dass seine Mutter kochen kannte. Oder vielleicht hatte sie auch schon jemand neuen eingestellt und dieser Gedanke schmerzte deutlich mehr, als sie persönlich gleich dort anzutreffen. Doch als er die Küche betrat schaute er nicht schlecht, als plötzlich Inka, in Schürze vor ihm stand. ,,Träume ich?" Nun hatte die Frau ihn bemerkt und grinste ihn an. ,,Na ich hoffe doch, dass du eher von jüngeren Frauen träumst, aber ich fühle mich geschmeichelt, mein Schatz." Zwinkernd kam sie auf ihn zu und Kader fiel Inka um den Hals. ,,Wie ... was?" Kader konnte nur vor sich hin stottern. Er hatte gedacht sich wieder mit seiner Mutter auseinandersetzten zu müssen, doch dass Inka nun hier war überraschte ihn unglaublich. ,,Wie ...!" versuchte er noch einmal und schob die Frau wieder von sich. ,,Deine Mutter hat ihre Meinung in letzter Sekunde geändert. Ich war schon im Wagen und wollte zum Hotel fahren, da kam sie raus und bat mich plötzlich zu bleiben. Vielleicht haben deine Worte sie doch umgestimmt." Herzlich grinste Inka ihn an und sprühte selbst vor lauter Freude. ,,Wo ist sie?" kurz schaute er sich um, doch eigentlich war ihm schon klar, dass sie weg war. Ihr Auto hatte nicht vor der Tür gestanden. Kurz zuckte Bedauern in ihm auf, aber als er Inka wieder vor sich sah, waren die Bedenken wie weggewischt. Er brauchte seine Mutter nicht. Er hatte Inka und seine Mutter hatte sich dafür entschieden sie hier zu lassen. ,,Sie ist weg Kader." Kurz zuckte Inka bei den Worten zusammen, fing sich dann aber wieder und machte das Essen weiter. Es schien alles wie immer zu sein, dennoch hatte sich etwas gänzlich verändert und Kader freute sich darauf ab sofort mehr mit Live zu tun zu haben.

Die Tränen rannen nur so aus ihren Augen und sie war froh, dass die Schminke Wasserfest war. Bevor sie im Flugzeug war, musste sie unbedingt dafür sorgen, dass sie nicht verheult aussah. Was würden sonst andere von ihr denken, immerhin hatte sie ein Image, das würde ihr auch ihr Sohn nicht kaputt machen. Zittrig holte Ina White Atem. Es hatte sie verletzt zu sehen, wie sehr Kader diese Hausfrau liebte. ,,Sie wird immer eine bessere Mutter sein, als du es je warst." Immer wieder musste sie an diese Worte denken, welche er ihr so verhasst vor die Füße geworfen hatte. Aber sie konnte es einfach nicht. Kader erinnerte sie so sehr an seinen Vater. Seinen Vater, den der kleine Junge so sehr geliebt hatte und dabei gar nicht gesehen hatte, was er ihr alles angetan hatte. Noch immer zierten die Narben seiner Anfälle ihren Körper. Doch vor Kader hatte sie dieses Geheimnis immer bewahrt und sie würde es auch bis ins Grab mit sich nehmen, wenn sie ihren Jungen damit vor der Wahrheit beschützen konnte. Nur ansehen konnte sie ihn nicht. Ina hatte geglaubt Kader könne glücklich werden, wenn sie ihm nur genug Geld zum Leben gab, doch dass er sein Herz so leicht und einfach einer anderen Frau angeboten hatte. Dass er eine andere Frau als seine Mutter betrachtete zerfraß sie. Sie hatte es nicht anders verdient, dafür hatte sie ihren Sohn zu sehr verletzt, das war ihr klar als sie die Wut über die Kündigung von Inka in seinen Augen gesehen hatte. Vielleicht konnte sie seinen Hass auf sich damit etwas lindern, dass sie der anderen Frau doch nicht kündigte. So gerne wäre sie geblieben, so gerne hätte sie ihn nur ein einziges Mal in den Arm genommen, so wie es früher war. Doch ihr Mann hatte ihr nicht nur das Herz gebrochen, sie gedemütigt und zerstört. Nein, er hatte ihr auch das eine genommen, was sie je geliebt hatte, ihren Sohn. Kader wurde immer mehr wie sein Vater und Ina hatte Angst, dass er andere ebenso behandeln könnte, wie es ihr Mann getan hatte. Doch sie musste ihm vertrauen und das tat sie. Allerdings musste sie gehen, damit sie beide wieder leben konnten. Sie tat das hier für ihn, für den Sohn, welchen sie verloren hatte. Kader wollte es nicht sehen und wahrscheinlich hatte sie es ihm selbst völlig falsch gezeigt, aber der Grund warum sie tat, was sie tat war der, dass sie ihren Jungen beschützen wollte. Ina White wollte ihn beschützen von dem Monster von Vater den er hatte und Kader dürfte nie erfahren, dass sein Vater gar nicht so weit entfernt lebte. Es würde ihn zerstören und verletzten, dass wusste sie, also schwieg sie und ertrug die Schande, welche sie erbrachte.          

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