Kapitel 4

Mit jedem Meter, den Kader sich seinem Haus näherte wurde er nervöser. Obwohl er mit seinen 18 Jahren schon lange kein kleiner Junge mehr war, so wünschte er sich doch noch immer, dass er nach Hause kam und alles in Ordnung wäre. Doch sowohl seine Schullaufbahn, als auch seine Familienverhältnisse lagen seit diesem einen Tag in Schutt und Asche. Er hatte aus diesem Tag gelernt und war geworden, was seine Mutter nie gewollt hätte. Früher meinte sie es wäre nur der Anflug einer Rebellion, der Versuch sich in der nahenden Pubertät zurecht zu finden. Doch Kader wusste es besser. Es war nicht die Pubertät gewesen, die ihn so kalt und hart hat werden lassen. Denn diesen Wandel seines Wesens hatten ganz allein seine Eltern zu verantworten. Sein Vater, welchen er verfluchte, hatte sie sitzen lassen. Er war einfach aus Kader seinem Leben verschwunden, ohne Erklärung, ohne Abschied, war einfach weg und dann hatte er den Grund von seiner am Boden zerstörten Mutter gehört.

,,Ich bin schwanger." Hatte sie weinend gekrächzt.

Und Kader? Kader war wütend weg gerannt, wie sein Vater. Er war die Straße hinunter gerannt, gelaufen bis er nicht mehr atmen konnte und hatte sich dann irgendwo in einen Garten fallen lassen. Er hatte nicht geschrien, nicht geweint, er hatte nur immer und immer wieder auf den Rasen eingeschlagen, hatte die stummen Tränen im eigenen Leib gespürt. Die Wut ließ ihn blind werden, machte ihn rasend und dann, auf einmal saß er nur völlig ruhig da. Schaute den Rasen an, in welchen er mit seinen kleinen Fäusten ein Loch geschlagen hatte. Sein schlechtes Gewissen plagte ihn, schließlich war es nicht sein Garten gewesen, den er da verunstaltet hatte. Doch dann, war etwas mit ihm passiert. Wieso sollte eigentlich er sich schlecht fühlen? Nein! Das verantwortete nur sein Vater. Also war er wieder nach Hause gerannt. Seine Mutter lag noch immer auf dem Boden und weinte, bekam ihren Sohn gar nicht mit, welcher sie in die Arme nahm und versuchte zu trösten.

Seit diesem Tag, hatte sich ihre so gute Beziehung drastisch geändert. Plötzlich war seine Mutter mit Inka, einer Hausfrau angekommen und hatte so gut wie nicht mehr mit Kader geredet. Und dann, ... dann war da plötzlich Jonny, Jon sein 8 Jahre jüngerer Bruder. Kader hatte versucht den kleinen Grünäugigen zu hassen, doch er hatte ihn seit dem ersten Moment an, in dem er diesen kleinen Kerl hatte halten können geliebt. Er hatte eine Bezugsperson in ihm, jemanden zum reden, auch wenn der Kleine noch nichts verstand, es machte ihm nichts aus und so waren Kader und sein kleiner Bruder ein Herz und eine Seele geworden, könnte man sagen. Nur sah seine Mutter das nicht so, für sie zählte nur noch Jon und sie tat so, als würde es Kader nicht mehr geben, was er überhaupt nicht verstand, schließlich hatte er sich damals um sie gekümmert, versucht ihr zu helfen, als es ihr schlecht ging.

Schnell schüttelte Kader den Kopf um die Erinnerungen an damals zu verbannen und parkte den Mercedes vor der Einfahrt der großen weißen Villa. An Geld mangelte es wenigstens nicht. Doch Geld konnte keine Liebe einer Mutter ersetzen. Die Tür des Autos knallte mit viel zu starker Wucht zu und dann schritt er die kurzen Stufen zum Eingang herauf. Seine Laune sank sofort auf den Nullpunkt, denn da kein weiteres Auto auf dem Platz stand, wusste er, dass seine Mutter nicht da war. Typisch!

,,Ich bin zuhause!" noch bevor Kader überhaupt einen Schritt in das Anwesen machen konnte wurde er von einem kleinen schwarzhaarigen Lockenkopf fast umgerannt.

,,Kader!" schrie dieser nun glücklich und streckte die Arme nach ihm aus.

Lachend hob Kader seinen Bruder hoch und wuschelte ihm durch die Haare.

,,Hey Kumpel, du bist langsam alt genug, da wird man eigentlich nicht mehr getragen. Was sollen denn die Mädchen von dir denken?"

,,Bah Mädchen, was interessieren die mich denn? Außerdem bin ich erst 10, also kannst du mich ruhig noch weiter rum tragen!" erwiderte der Kleine nur. Kader setzte ihn in der Küche ab, wo Inka schon Essen kochte.

Diese schüttelte lachend den Kopf, wobei ihre langen blonden Haare hin und her schwangen. Kader wusste gar nicht mehr, wie es ohne sie gewesen war. Er liebte diese kleine, etwas rundlichere Frau, als wäre sie seine Mutter und ihre grün-braunen Augen schienen immer zu wissen wie er sich fühlte. Zumindest hatte seine Mutter in einem Punkt mal das Richtige für ihn getan.

,,Wie war dein erster Tag? Ich hoffe doch du hast sie nicht schon gleich beim ersten Tag verschreckt!" ihr leichter russischer Akzent ließen ihre Worte ein wenig wie eine Drohung wirken, doch das liebevolle Lächeln auf ihrem Gesicht verriet ihm was anderes.

,,Oh, dann sollte ich wohl lieber nicht erzählen, dass ich nackt auf den Tischen getanzt habe?" witzelte Kader und duckte sich vor dem Tuch welches nach ihm geworfen wurde.

,,Also wirklich, Kader!" ihr Lachen ließ sie leicht wippen und in ihren Augen funkelte es.

,,Nein, keine Sorge Inka, ich war ganz lieb und habe keine Dummheiten begannen, noch nicht!" schob er schnell hinterher um deutlich zu machen, was er eigentlich vor hatte und Inka seufzte nur nachdenklich.

,,Ich weiß doch, dass du willst, dass sie mit dir spricht, aber Kader so bekommst du ihre Liebe auch nicht, mein kleiner Junge!" liebevoll strich sie ihm über die Wange und Kader lehnte sich seufzend in diese Berührung.

,,Nur einmal, es würde mir nur dieses eine Mal reichen!"

,,Ich weiß, doch du gehst den falschen Weg." traurig schaute sie zu dem Kind hinauf. ,,Essen ist schon fertig, nicht dass du mir hier noch weg klappst, du bist sowieso viel zu dürr!" damit machte Inka sich wieder an die Arbeit, nicht wissend welche Leere sie damit bei Kader hinterließ.

Sofort verhärteten sich seine Züge wieder und die Kälte, welche augenblicklich die Wärme von Inkas Hand vertrieb ließ ihn leicht frösteln. Denk nicht weiter daran, irgendwann wird sie es dir sagen. Irgendwann.

,,Komm Kader, spiel was mit mir!" zerrte es an seinem Shirt.

,,Sorry Kumpel, aber ich muss noch mal in die Stadt. Ich will mir eine Arbeit suchen!" damit erhob Kader sich, schnappte sich zwei Sandwiches aus dem Kühlschrank und ließ seinen kleinen Bruder sitzen, ehe er erneut den Weg in die Stadt antrat.

Er liebte es den Weg durch den kleinen Wald zu fahren, wo ihr Anwesen stand. Hier draußen fühlte er sich frei und nicht eingeengt. Kader hatte die kleine Wohnung geliebt, in welcher er vorher mit seiner Mutter und seinem Vater gelebt hatte, dort war er wirklich glücklich gewesen, hatte Freunde in der Nachbarschaft gehabt, doch dann hat seine Mutter sich nur noch in die Arbeit gestürzt und wollte unbedingt in eine Villa ziehen, welche sie vielleicht 5 Mal im Jahr für ein paar Stunden sah.

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