Kapitel 30
,,Kader, meinst du wirklich mit schwänzen wird es besser?" Inka stand über ihn gestützt am Rand seines Bettes und starrte auf ihn hinab. ,,Lass mich Inka, ich will da nicht hin!" ... ich will Live nicht sehen, weil ich es nicht ertragen könnte zu sehen wie sehr ich sie verletzt habe. Seufzend wand die Hausfrau sich ab und lief in Richtung Zimmertür. Wenn Kader so drauf war, das wusste sie mittlerweile hatte es sowieso keinen Sinn zu versuchen ihn eines besseren zu belehren. ,,Weißt du Kader, ich hatte eigentlich gehofft, dass du verstanden hast, dass die Willow School deine letzte Chance ist. Was auch immer am Dienstag passiert ist, lass es am Dienstag, immerhin ist heute schon Freitag und drei Tage schwänzen, will ich einfach nicht unterstützen. Willst du deinen Abschluss denn nicht schaffen? Was soll aus dir werden meine Junge?" Natürlich hatte Inka bemerkt, dass etwas am Dienstag geschehen war, aber sie wusste nicht was und das sollte auch so bleiben, wenn es nach Kader ginge. Kader wollte wirklich gern zur Schule gehen, er wollte mit Live reden, lachen und sie weiterhin so necken, wie sie es bei den gemeinsamen Stunden oft getan hatten, aber er hatte es versaut, mal wieder und Live würde ihm bestimmt nicht einfach verzeihen. Nicht nachdem er auch noch so dreist gewesen war und im Krankenhaus aufgetaucht ist. Ob sie wohl an ihn dachte? Seufzend setzte Kader sich auf. ,,Es tut mir leid Inka, okay? Ich fühle mich nicht gut und will gerade einfach nicht vor die Tür. Mom kommt doch heute oder nicht? Da kann ich dir genauso gut im Haus helfen, damit für Miss Perfect alles gut aussieht." ,,Kader!" wütend starrte die kleine Frau nun wieder von oben auf ihn hinab. ,,Ich weiß es stört dich, dass sie kommt und ich hätte mir auch ein wesentlich entspannteres Wochenende gewünscht, aber hier geht es nicht um wollen! Sie wird nur heute bis Sonntag da sein, bitte mach es nicht schwerer als es ohnehin schon ist, wenn nicht mir zu liebe, dann bitte für Jon. Du weißt er liebt sie und könnte es nicht ertragen zu sehen, wie sehr du sie eigentlich hasst." Wenn es nur so einfach wäre diese Frau wirklich zu hassen. Denn eigentlich wollte Kader sie eigentlich nicht hassen und das wusste Inka auch, dennoch machte es seine Mutter ihm wirklich nicht einfach. Stumm nickte Kader nur. ,,Von mir aus, aber ich gehe erst wieder am Montag zur Schule. Inka mir geht es wirklich nicht gut!" sein Kopf brummte und tausend Dinge flogen gleichzeitig in seinem Kopf hin und her. Krank war er nicht, das sah man ihm schließlich an, doch er wollte einfach nicht auf Live treffen, beziehungsweise sie weiterhin verletzen und das würde er auf die ein oder andere Weise tun. ,,Wie du willst Kader." Kopfschüttelnd verschwand die Frau aus seinem Zimmer. Sie liebte diesen Jungen, doch langsam musste Kader lernen was es heißt Verantwortung zu übernehmen.
Zuerst war es gar nicht so schlimm wie gedacht nicht auf Arbeit zu gehen, aber dann setzten die Erinnerungen ein und Live wusste nicht mehr wo oben und wo unten war. Sie vermisste die Kinder schrecklich, doch traute sich nicht wieder dort aufzuschlagen. Nicht nachdem Alfred sie aus dem Krankenhaus geschmissen hatte. Insgeheim hatte Live noch immer die Hoffnung gehabt, dass er sich bei ihr melden würde, aber nachdem nun schon zwei Tage komplett verstrichen waren, in denen sie immer zuhause gesessen hatte und keine Nachricht bei ihr ankam, gab sie diese fast gänzlich auf. Doch sie wäre nicht Live Kamson, wenn noch immer ein Teil in ihr darauf wartete, dass sich der alte Mann bei ihr melden würde. Sie konnte ihn ja verstehen, es galt in erster Linie die Kinder zu schützen, jedoch hätte Live sich zumindest eine Versöhnung mit ihm gewünscht. Sie kannte Alfred nun schon seit einigen Jahren und dass er nicht einmal irgendwie reagierte, sich meldete, anrief oder etwas schrieb machte sie krank. Nun saß sie hier in der letzten Chemiestunde kurz vor dem Wochenende und stierte völlig gefrustet auf den noch immer leeren Platz neben sich. Auch Kader hatte sie seit drei Tagen nicht gesehen. Vermutlich war es auch besser so, versuchte sie sich einzureden. Dennoch schlug ihr verräterisches Herz schneller, wenn sie nur an seine Augen dachte, die sie für einen kurzen Moment angesehen hatte, als wäre sie das Wichtigste auf der Welt für ihn. Er hatte sie eindeutig küssen wollen, da war sie sich sicher und Live hätte es sogar zugelassen, glaubte sie. Eigentlich war sie sich nicht sicher, ob sie das schon gekonnt hätte, aber sie wünschte es sich. Verzerrte sich mit jeder Faser ihres Körpers nach Kader, seiner Nähe, seinem Duft. Als säße er noch immer direkt neben ihr, konnte Live sogar seine Augen auf sich spüren, was sachte Schauer über ihren Körper jagte.
,,Verflucht!" wütend knallte sie die Faust auf den Tisch, wodurch es schlagartig ruhig um sie herum wurde. Erst da bemerkte sie, dass der Unterricht eigentlich noch im vollen Gange war und sie nun Herr Fischer, sowie der Rest der Klasse komisch anstarrten. ,,Miss Kamson, wollen Sie etwas zu dieser Redoxreaktion beitragen?" etwas wütend, aufgrund der Unterbrechung funkelte der rundliche Lehrer sie mit seinen dunklen Augen, welche fast beinahe schwarz wirkten an. ,,Psycho!" kicherte Alexa sofort leise, verzog das Gesicht in Lives Richtung hin und drehte mit dem Finger an ihrer Schläfe um ihr zu bedeuten, dass sie durchgeknallt war. Live wurde sowohl vor Scham, als auch Wut rot und murmelte eine leise Entschuldig in Richtung des Lehrers. Seufzend drehte dieser sich wieder zur Tafel um und fuhr damit fort verzweifelt den desinteressierten Schülern seinen Stoff zu übermitteln. Die Hälfte der Klasse saß sowieso nur in seinem Kurs, weil sie irgendein Fach noch schlechter konnten als Chemie und sahen hierin nur noch ihren letzten Ausweg. Alexa gab noch ein spöttisches Lachen von sich und wand sich dann grinsend wieder ab. Seufzend ließ Live sich tiefer in ihren Stuhl sinken. Immerhin musste sie diese Blamage nur noch 15 Minuten aushalten, dann könne sie in Ruhe nach Hause fahren, Lea besuchen und dann hätte sie heute Abend ihren ersten Filmeabend. Bei dem Gedanken daran stahl sich ein friedliches Lächeln auf ihr Gesicht. Nach fünf Jahren würde sie das erste Mal gemeinsam mit Sonja und Frank einen ganzen Abend lang verbringen. Etwas Gutes hatte es, dass Kader sie am Dienstag so weit zum Zusammenbruch getrieben hatte, denn seit dem lief es in ihrer Familie so gut, als wären die letzten Jahre gar nicht gewesen und sie schon immer ein Herz und eine Seele. Langsam ging es Bergauf und das genoss Live in vollen Zügen.
Genervt starrte Alexa auf ihren grellen pinken Nagellack und versuchte ihre Beine still zu halten. Sie wollte so unbedingt weg von hier, aber ihr war gleichzeitig bewusst, dass sie Live heute die ganze Zeit im Auge behalten musste. Wieder. So wie die letzten Tage schon. Es ödete sie an. Lives Leben ödete sie an. Dieses Mädchen machte nichts anderes als gleich nach der Schule nach Hause zu fahren und dort blieb sie, ehe sie sich im Dunkeln davon schlich um vor irgendeiner Gasse mit einer dummen Katze zu spielen, während sie diesem komischen Vieh ihren ganzen aufregenden Alltag, als welchen vermutlich nur sie ihn empfand, zu erzählen. Noch eine Minute, dann würde sie in ihren Wagen springen und wie jeden Tag dasselbe machen. Es frustrierte Alexa zutiefst, dass sie keine Zeit mehr für ihre Freundinnen oder shoppen hatte, generell hatte sich einfach alles geändert und an allem war mal wieder Live schuld. Die Zweifel welche immer wieder hoch kamen wurden weniger, je mehr sie sich darauf konzentrierte das andere Mädchen zu hassen. Dennoch nagte es an ihr, dass Kader White ihr Alexa Stock diese dämliche Live Kamson vorzog. Sie kannte Live nun schon seit so vielen Jahren und schon immer war sie nicht ganz richtig im Kopf gewesen wie ihr schien. Nachdem Alexa wusste, warum dem so war konnte sie es sogar verstehen, trotzdem stellte Live eine Bedrohung dar, welche es galt zu vernichten. Sie durfte einfach ihren Vater nicht aus den Augen verlieren, er war das einzige, was sie dazu brachte, ihre Ziele zu verfolgen und die Aufträge von Ihnen auszuführen.
Endlich klingelte es und Live stürmte aufgebracht aus dem Raum. Sie wollte einfach nur weg von hier. Der leere Platz neben ihr erinnerte sie an Kader und er war wirklich die letzte Person, an welche Live denken wollte. Wieso konnte er nicht einfach wieder aus ihren Gedanken verschwinden? Sie kannte ihn doch immerhin gar nicht, wie hatte dieser ungestüme und direkte Junge sie also so berühren können? Im Endeffekt hatten sie zwar bei der Nachhilfe ein wenig rumgeblödelt und waren sich auch gewiss näher gekommen, doch außer dass seine Mutter anscheinend kein Interesse an ihm hatte, er einen kleinen Bruder namens Jon hat und die Hausfrau, welche viel eher wie eine Mutter für ihn war liebte, wusste Live nichts über ihn. Er sah lediglich gut aus, ließ aber genau wie sie selbst eigentlich niemanden an sich heran. Kopfschüttelnd verließ Live das Schuldgebäude, als es genau in dem Moment anfing wie aus Eimern zu schütten. Binnen kürzester Zeit war Live bis auf die Haut nass und obwohl die Temperatur wie immer im Sommer eigentlich sehr warm war, begann sie zu frösteln. ,,Auch das noch! Heute möchte irgendwie alles schief gehen oder?" wütend riss Live ihr Rad aus dem Ständer und versuchte nicht gleich eine Bruchlandung auf dem Parkplatz der Willow School hinzulegen. Wie hatte sich eigentlich alles so schnell von wunderschön wieder in eine Katastrophe verwandeln können? Sie hatte in Kader einen Vertrauten gefunden, doch er hatte sie verletzt und innerhalb weniger Minuten war sie auch plötzlich ihre Arbeit losgeworden. Zumindest konnte sie ihr Verhältnis zu Sonja festigen und stärken. Dennoch wog der Gedanke an ihre Arbeit schwerer als alles andere. Wenn man ihr die Wahl ließe würde sie alles auf der Welt dafür eintauschen, glaubte sie. Während ihr Herz heimlich immer wieder diesen einen bestimmten Namen in ihrem Inneren rief. Doch Live ignorierte es, schob die Gedanken an ihn immer wieder weg.
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