Kapitel 23
Schnell rannte Kader ihr nach. ,,Live ..." er riss sie am Arm zu sich herum doch Live ließ ihm gar keine Chance sich zu erkläre. ,,Was Kader? Hast du mich verascht oder ist es nicht so?" wütend funkelte sie ihn an. Kader wusste nicht was er sagen sollte, er wollte nicht lügen und eigentlich wusste er ja selber nicht warum er immer so tat als wäre er dumm und könnte keine guten Noten schreiben. Er wäre eigentlich wie Live immer nur im Unterricht tätig, total clever und käme auf die merkwürdigsten Ideen, doch er hatte schon seit langem nicht mehr versucht gute Noten zu bekommen, einfach damit seine Mutter sich vielleicht Sorgen machte und ihn endlich beachtete. Nichts davon hatte ihm letztendlich geholfen. Unbeholfen schaute er nun auf dieses Mädchen vor sich hinab und wusste nicht, wie er es ihr begreiflich machen konnte. Also schwieg er und ließ Live somit genug Platz für Interpretationen. Es wäre sowieso egal gewesen, was oder wie er es gesagt hätte. Der Schaden war bereits angerichtet. Mit einem Schnauben wand Live sich ab und wollte wütend davon gehen, doch Kader hielt sie an der Hand zurück. Sofort traf seine Wärme sie und Live stockte der Atem. Wenn sie nicht so wütend gewesen wäre, dann hätte sie sich vielleicht auch in diesem Gefühl verlieren können, doch jetzt machte die Wut, die Enttäuschung alles zunichte. Er hatte mit ihr gespielt. Am Anfang hatte sie das schon geglaubt, doch in den letzten Wochen, war etwas geschehen, womit sie nicht gerechnet hatte. Live hatte begonnen Kader auf irgendeine Art und Weise zu vertrauen und das obwohl sie wusste, dass er sie letztendlich verletzten würde. So wie es immer alle taten.
,,Lass mich in Frieden!" ihre Stimme war zittrig und nur ein leises Krächzen. Sie hatte wirklich gedacht Kader würde ihr nichts vormachen, wo er doch ebenfalls der Meinung war, dass die beiden etwas verband. ,,Live, es tut mir leid, ich ... ich wollte ...!" Erneut brach er ab. Aufgebracht drehte Live sich wieder zu ihm um und stieß ihn nach hinten. ,,Was Kader? Was wolltest du? Hat es dir Spaß gemacht mich für dumm zu verkaufen? Oder war es irgend so eine Wette, ob du es schaffst mit dem Psycho Live Kamson Zeit zu verbringen?" Tränen glitzerten in ihren Augen und ihr Gesicht war rot vor Wut. Verblüfft konnte Kader sie einfach nur ansehen. ,,Nein, Live, so ..." doch sie ließ ihn gar nicht ausreden. ,,Weißt du ich hab es so satt, dass alle immer denken sie könnten mich wie Dreck und Abschaum behandeln! Ich dachte du wärst anders! Du hast mir vorgemacht du könntest mich verstehen und ich dachte wirklich es könnte funktionieren. Aber insgeheim bist du doch nur wie alle anderen sagen, du machst dich über Menschen lustig und verspottest sie. Hältst dich für was Besseres und die Gefühle anderer sind dir scheißegal. Ich verstehe dich nicht Kader. Ich dachte ...!" ein ersticktes Lachen drang tief aus ihrer Kehle und ihr gehetzter Blick huschte immerzu hin und her ,,Ich dachte wirklich ... eigentlich weiß ich es gar nicht. Im inneren habe ich immer gewusst, dass du mich verarscht. Aber ich hatte mir wohl gewünscht es wäre anders, dass mich endlich jemand versteht. Dass ich endlich von diesem Glauben, die ganze Welt wäre schrecklich los kommen würde. Dass Du mich verstehen könntest. Aber ich habe mich getäuscht mal wieder. Ich hätte dir nie vertrauen dürfen, Kader White und doch habe ich es getan. Doch damit ist jetzt Schluss! Das war die letzte Nachhilfestunde, die ich dir je geben werde und wag es dir auch nur mich in der Schule anzusprechen!" Lives Stimme wurde immer kälter und ihre Augen funkelten beinahe schwarz.
,,Live, lass es mich erkläre, bitte!" eindringlich sah er sie an, dieses wunderschöne und starke Mädchen, gezeichnet von ihrer Vergangenheit, dass nun so rasend auf ihn war. Wieder einmal fühlte Kader sich ihr verbunden, dieses Mal stärker als je zuvor. Denn er war genauso impulsiv wie Live. Seine Gefühle übermannten ihn und ließen gar keine klaren Gedanken mehr zu. Er durfte Live nicht verlieren, auch wenn er sie nicht hatte, noch nicht. Aber er brauchte sie, genauso wie Live ihn brauchte. ,,Nein Kader! Kein verdammtes Wort, könnte diesen Schmerz lindern! Ich bin einfach schon zu oft verletzt worden. Und du hast noch mehr meiner Zeit verschwendet. Zeit die ich hätte im Krankenhaus verbringen können, bei Menschen denen ich wirklich etwas bedeute! Nur für dich habe ich all meine Schichten geändert! Wegen dir! Für nichts und wieder nichts!" nun stahl sich doch eine Träne aus ihren Augen und ehe Kader registrierte was er tat hob er die Hand und wischte sie behutsam von ihrer Wange. Doch Live wich nur wie ein getretener Hund zurück. In ihren Augen rang blanke Panik mit der Wut, die er hervorgerufen hatte. ,,Nicht ...!" ihre Stimme brach. ,,Ich will ... ich will dich nicht mehr sehen. Lass mich einfach in Ruhe! Sprich mich nicht an und am besten schau mich auch nicht an! Vergiss einfach, dass ich existiere. Das könnt ihr doch eh alle am besten." damit ging sie und ließ Kader vor dem großen, dunklen Gebäude, welches über ihm thronte wie ein wütender Gott, zurück. Kaders Schultern sackten in sich zusammen und verzweifelt fuhr er sich durch die Haare. ,,Fuck!" Er sah ihr nach, unsicher ob er ihr folgen sollte oder nicht. Sie war so wütend und aufgelöst gewesen, das hatte er nicht gewollt. Sie hatte doch nie herausfinden sollen, dass er nur so tat als ob. Eigentlich wusste er nicht einmal so genau, was er sich erhofft hatte, dass sie hiermit ihre Meinung über ihn ändern würde? Denn wenn es so gewesen war, dann hatte er Live soeben nur einen Grund mehr geliefert ihn zu hassen. Einige Minuten blieb Kader noch stehen, ehe er langsam zu seinem Auto ging. Was hatte er nur getan? Er hatte sie behandelt wie alle anderen auch! Wütend schlug er seinen Kopf gegen den Fahrersitz und ließ ihn dann erschöpft aufs Lenkrad fallen. Was konnte er eigentlich nicht zerstören?
Noch immer aufgewühlt kam Live einige Minuten später in ihrem geliebten Krankenhaus an und betrat schnell die Kinderstation. Am liebsten wäre sie nach Hause gefahren. Doch sie konnte die Kinder einfach nicht schon wieder im Stich lassen. Vor allem nicht wegen diesem verdammten Kader White, der ihr noch immer unaufhörlich durch die Gedanken geisterte. Also war sie hergekommen, rang sich für alle ein freundliches, aber doch mechanisches Lächeln ab und tat als wäre dieser Tag nicht grausam gewesen, als hätte dieser Junge, den sie angefangen hatte zu mögen nicht gerade ihr Herz gebrochen. Als hätte sich ihre Welt nicht gerade erneut um einiges verdunkelt.
Eigentlich wollte Kader zum Training fahren, doch ehe er sich versah parkte er plötzlich vor dem St. Paulus Krankenhaus und sah zu dem Gebäude hinauf. Wenn er das tat, was er in Begriff war zu tun, dann würde sie ausrasten, dass wusste er. Vermutlich würde sie ihn noch mehr hassen und weitere Dinge an den Kopf werfen. Doch er konnte ihr einfach nicht fern bleiben, alles in ihm schrie nach diesem Mädchen. Er musste es ihr erklären, Kader konnte gar nicht anders, denn er musste diese Sache klarstellen. Also betrat er das Krankenhaus, ignorierte diesen ätzenden Geruch von Desinfektionsmittel und fuhr mit dem Fahrstuhl in die Kinder – und Jugendstation, der Ort, welcher ihm inzwischen ebenfalls so vertrau war. Doch wie sollte er nun vorgehen? Einfach nach ihr fragen? Hier warten? Genervt fuhr er sich durch die Haare, wie immer wenn er bemerkte, dass er einfach handelte ohne zu überlegen. Vermutlich sollte er einfach schnell wieder gehen, bevor ihn auch nur jemand entdeckte und ihr bescheid gab.
,,Kann ich Ihnen helfen?" ein älterer Mann im Schwesternkittel stand vor ihm. ,,Ähm ... ja, ich suche ... also ... ist Live da?" brabbelte er nervös vor sich hin. Mit gerunzelter Stirn betrachtete der Mann den Jungen. ,,Waren Sie nicht erst neulich hier?" Sofort wurde Kader sich wieder bewusst, dass man noch immer ein wenig seiner Blessuren sehen konnte. Sein Auge krönte noch immer ein leichtes Veilchen, nur seine Lippe war zum Glück nicht mehr geschwollen und auch sonst verspürte Kader so gut wie keine Schmerzen mehr. Ein Hoch auf die Medikamente! ,,Ja, ist sie nun da?" entgegnete er nur knapp. ,,Ja schon, aber ich glaube Sie sind der Grund warum sie gerade nicht wirklich ... naja sie selbst ist." Im Gesicht des Mannes spiegelt sich zwar keinerlei Abscheu Kader gegenüber, doch der Vorwurf war deutlich aus seiner Stimme heraus zu hören. Und das machte Kader irgendwie wütend. Wie konnte dieser fremde Mann sich einfach so in ihre Angelegenheiten einmischen? Als hätte Live ihm je erzählt, was sich zwischen den beiden abgespielt hatte. ,,Wer sind Sie, ihr Vater?" aufgebracht versuchte Kader seine Stimme zu beherrschen. ,,Ich glaube es ist besser, wenn Sie jetzt gehen!" etwas wie Schmerz huschte über sein Gesicht, doch Kader ließ sich nicht so einfach abwimmeln. ,,Nein, ich will sie sehen!" blaffte er wütend los und war drauf und dran den Mann vor sich einfach zur Seite zu stoßen, um die gesamte Station nach dem braunhaarigen Mädchen abzusuchen.
,,Vielleicht will ich dich aber nicht sehen!" erklang ihre Stimme plötzlich wütend hinter dem Mann. Sofort legte sich Kaders Stimmung wieder. ,,Live hör mich an!" ,,Nein, Kader, ich hab dir gesagt du sollst hier nie wieder her kommen, geh!" aufgebracht zeigte sie mit der Hand zum Ausgang und erneut glitzerte es verdächtig in ihren Augen.
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