Kapitel 1

,,Kann mir jemand sagen wie man diese Formel auflöst?" hoffnungsvoll schaute Mr. Miller der Mathelehrer der Klasse 11b in die Klasse.

,,Wieso fragen sie nicht einfach Live? Die weiß doch sowieso alles!" Alexa lachte hämisch los und Live versuchte sich augenblicklich noch kleiner zu machen.

Wieso konnte sie nicht einfach den Mund halten und musste immer auf Live aufmerksam machen? Wieso ließen sie sie generell nicht einfach in Frieden? Verworren rasten Lives Gedanken immer wieder im Kreis und drehten sich um sich selbst.

,,Na wenigstens gibt es überhaupt jemanden der hier was weiß, sonst würden Sie als Klasse nämlich ziemlich doof da stehen!" wütend schob der Lehrer seine Brille zurecht und blickte in die Klasse. ,,Also Miss Kamson würden sie dann bitte ihren Kameraden Mal zeigen wie es geht, wie immer?"

Wiederwillens erhob Live sich also und lief vorsichtig nach vorne als sie plötzlich stolperte und der Länge nach auf dem Boden landete. Wie schon so oft hatte Camila, Alexas beste Freundin ihr ein Bein gestellt und sofort war Live wieder das Gespött der ganzen Klassen. Aber sollte sie das nicht langsam eh gewohnt sein? Dennoch versetzte es ihr wie immer einen Stich und erneut fragte sie sich warum niemand sie annahm und noch immer alle ihre Witze auf Lives Kosten rissen.

,,Sofort zum Direktor!" aufgebracht starrte Mr. Miller Camila an, langsam reicht ihm dieses ständige Theater, verstand er es doch auch nicht wirklich.

,,Ist schon gut!" winkte Live nur ab, ignorierte das Gelächter und ging vor zur Tafel um die Aufgabe in wenigen Sekunden zu lösen.

Zufrieden nickte ihr der alte Lehrer zu und entließ Live somit wieder auf ihren Platz, auf welchen sie sich erleichtert fallen ließ. Nur noch dieses Schuljahr und dann wäre es endlich vorbei, sie könnte raus aus der Schule und endlich ihre Ausbildung beginnen. Völlig in Gedanken versunken merkte Live somit gar nicht, dass die Stunde schon längst vorbei war, bis plötzlich alle um sie herum sich erhoben und versuchten so schnell wie möglich aus dem Raum zu kommen. Seufzend packte auch Live ihre Sachen und verließ endlich die Schule.

Ich fragte mich manchmal wie ich es überhaupt so lange durchgehalten habe, doch mit meinem Ziel fest vor Augen, werde ich auch das letzte Jahr noch durchstehen.

Noch völlig in Gedanken lief sie durch die Flure und beobachtete all die anderen Schüler, für diese schien alles so einfach zu sein und Live verstand einfach nicht was sie falsch machte. Doch manches würde sich wohl nicht einmal ändern wenn sie sich allen anpasste. Sie war eben noch immer Live.

Müde schloss sie ihr Fahrrad ab und fuhr über den Parkplatz der Willow School. Vorbei an knutschenden Pärchen, den ganzen Gruppen, lachenden Schülern und Sportlern. Obwohl diese Schule für ihre Harmonie stand, so fühlte sich Live noch immer nicht wie ein Teil von ihr, genauso wenig wie von dieser Stadt. Tief im Innern verlangte es sie nach einem anderen Ort, doch gleichzeitig war ihr bewusst, dass sie nie wieder dorthin zurück kehren könnte, denn dieser Ort barg ein großes Verbrechen und existierte nur noch in ihren Gedanken –Sie würde es nicht überstehen noch einmal dorthin zurückzukehren.

Nein, denk an was anderes! Jetzt heißt es nur weiter nach vorne blicken und endlich die Zukunft sehen. Denk an deinen Grundsatz!

Wie immer versuchte Live ihre Gedanken zurück zu drängen und sich nicht zu erlauben an ihre Vergangenheit zu denken, zwar eher schlecht als recht, doch wenn sie sich jetzt ihnen hingab, würde alles weitere keinen Sinn mehr machen.

Nach wenigen Minuten hielt sie vor dem St. Paulus Krankenhaus und stellte das Fahrrad ab.

Dann wollen wir Mal!

Mit einem aufgesetzten Lächelnd betrat sie das Krankhaus und begrüßte alle freundlich, ehe sie in die Umkleide ging um sich für die ehrenamtliche Arbeit fertig zu machen, welche sie schon seit fast 3 Jahre auf der Kinderstation tätigte. Ihre langen braunen Haare band Live schon völlig gewöhnt schnell zu einem Zopf zusammen und zog die schlichte, sterile weiße Kleidung des Krankenhauses an. Noch schnell Hände desinfizieren und dann lief sie schnell die paar Treppen zur Kinderstation hinauf. Schon von weitem konnte sie die ersten Kleinen schreien hören und plötzlich war das Lächeln nicht mehr vorgetäuscht, wie immer wenn sie hier war. Denn die Arbeit mit den Kindern machte ihr wirklich Spaß, endlich konnte sie sich um jemanden kümmern und ihnen helfen. Das war es, was Live machen wollte, Menschen helfen und alles für ihr Wohlbefinden tun.

,,Na, Schule endlich fertig?" lachend kam Conny, eine junge rothaarige Krankenschwester auf sie zugelaufen und umarmte sie kurz. ,,Deine Schützlinge warten schon auf dich und haben quengelnd nach dir gefragt!" somit war sie auch schon wieder verschwunden ohne dass Live ihr eine Antwort hätte geben können.

Diese schüttelte nur grinsend mit dem Kopf. Schließlich war sie von Conny nichts anderes gewohnt. Schnell waren die Gedanken an Conny und die Schule verschwunden, als sie durch den langen Flur des Krankenhauses die kleinen Gestalten auf sich zulaufen sah.

,,Ihr sollt doch nicht auf den Fluren rennen!" hockte sie sich lachend in die kleine Schar von Kindern, welche sie stürmisch umarmten und sofort begannen Fragen zu stellen.

Es verwunderte Live immer wieder, wie sehr die Kinder sie doch liebevoll umfingen, dabei sahen sie sich jeden Tag. Und doch spürte sie jedes Mal durch diese kleinen Kinder, welche sie doch eigentlich erst noch kennen lernte eine wohlige und geborgene Wärme in ihrem Inneren. Sie gaben Live die Liebe, welche sie nie für möglich gehalten hatte.

,,Die Kleinen sind unverbesserlich, sobald sie dich hören stürmen sie los. Als wären sie wirklich gesunde Kinder!" theatralisch kam nun Alfred, einer der wenigen Pfleger, aus dem Kinderspielzimmer.

Man sah ihm seine harte Arbeit anhand einiger grauen Haare und seinen leichten Falten im Gesicht sichtlich an, dennoch war er mit seinen mehr als 50 Jahren einer der nettesten und engagiertesten Pfleger. Er sorgte sich um die Kinder als wären es seine eigenen und somit musste man ihn einfach ins Herz schließen.

,,Im Herzen sind sie ja auch gesund." erwiderte Live lächelnd und strich den Kleinen über ihre Köpfe.

,,Live erzählst du uns eine Geschichte?" begannen diese nun an ihrem Shirt zu ziehen und ließen auch nicht mehr locker.

,,Was wollt ihr denn hören?" fragte sie lächelnd und lief mit ihnen zurück ins Spielzimmer.

Alfred blieb lächelnd im Flur stehen und schaute der kleinen Schar welche Live in ihre Mitte genommen hatte nach. ,,Langsam fängt auch sie an wieder aufzutauen."

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