27. Träume werden wahr
Langsamen Schrittes näherten wir uns dem Berg und je weniger man von ihm entfernt war, desto mehr Details konnte man erkennen.
Schneestürme tobten in weiter Höhe, sodass sich die Nadelbäume hin und herwogen und vermutlich ächzten unter dem Druck. Doch man hört nichts davon, denn das ganze schien hunderte Meter über dem Boden zu passieren, auf dem Hera und ich standen. Das, was dort oben geschah, schien die Welt hier unten nicht zu beeinflussen und existierte nur für sich selbst.
Die Spitze des Berges, welche wie eine Vulkanöffnung aussah, war nur manchmal zu sehen, denn hohe Wolken bewegten sich vom Wind getrieben, wie im Strudel um den Berg von Polaris herum.
Auch Hera blickte hinauf zur Spitze und meinte nachdenklich:
„Ich habe noch nie da hochgeschaut"
„Nein?" fragte ich überrascht. Ich hatte gedacht, dass man sich im Reich der Sterne als Lichtkind blind auskennen würden. Außerdem schien diese Welt nicht sehr vielfältig zu sein. Es gab zwar mehrere Orte, doch an sich war es dort überall einsam, leblos und irgendwie gleich.
„Ich habe es nicht als notwendig erachtet" antwortete sie schulterzuckend auf meine unausgesprochene Frage und nahm mich dann doch bei der Hand. Etwas nervös blickte ich mich um, es sollte uns doch keiner so sehen, oder?
Aber mein Magnet schien sich ihrer Sache sicher zu sein, denn sie hielt mich weiter fest und ging dann entschlossenen Schrittes auf eine Öffnung im Berg zu, die wie ein dunkler Höhleneingang aussah. Ein wenig gruselig wirkte es schon, als wir wie durch einen schwarzen Vorhang in das kalte Innere des Berges gingen.
Doch drinnen wirkte es plötzlich ganz anders. Alte Steinplatte lagen auf dem Boden einer mittelalterlichen Halle, die hunderte Meter lang und breit zu sein schien. An den Wänden flackerten schwebende große Kerzen und schwach leuchtende weiße Säulen in der Mitte, die wie Bäume herumstanden, erleuchteten den Raum ein wenig. Doch die Säulen schienen nur zu Dekoration da zu sein, denn wenn ich nach oben blickte, hörten sie einfach auf und erreichten nicht mal im Ansatz die Decke. Durch die große Öffnung sah man Sterne funkeln, als wären sie ganz nah.
Was allerdings am beeindruckendsten war, war eine Art Nebel, der sich um unsere Beine schlang, sodass ich meine Füße schon nach wenigen Sekunden nicht mehr sehen konnte. Der Nebel leuchtete in grün, gelb und blau und erinnerte mich an die Polarlichter. In Wirklichkeit, also auf der Erde, hatte ich sie noch nie gesehen, aber ich konnte mir gut vorstellen, dass dieser Nebel von ihnen inspiriert war. Polarlichter und Polarstern passten nun mal irgendwie gut zusammen.
Ich ging einen Schritt in die Halle hinein und man konnte gar nicht erkennen, was in der Ferne noch alles sein würde, weil dort die Polarlichter zu stark leuchteten.
„Wow", flüsterte ich und wusste gar nicht wohin ich zuerst schauen sollte, da der Polarlichtnebel sich am laufenden Band veränderte und die Farben sich wie Wellen überschlugen.
Ich hatte Heras Hand losgelassen und berührte vorsichtig eine leuchtende Säule. Dort wo mein Finger den leuchtenden Stein traf, erstrahlte das Licht noch heller und als ich meine ganze Hand auflegte, war das Licht so hell, dass ich meine Augen zukneifen musste.
Hera folgte mir und lachte leise:
„Man merkt einfach sofort, dass du ein Mensch bist und noch nie hier warst"
„Weil ich so neugierig bin?" fragte ich wissend und nahm meine Hand von der Säule.
Sie nickte: „Ja, nicht mal ein neu erwachtes Lichtkind würde darauf kommen hier in der Halle von Polaris etwas anzufassen"
„Ist es denn verboten?" fragte ich nun etwas unsicher. War mein Verhalten etwa unhöflich gewesen?
„Dafür gibt es keine Regel" erwiderte Hera nur und stupste mit dem Finger ganz vorsichtig eine schwebende Kerze in unserer Nähe an, die daraufhin leicht hin und her schaukelte.
„Ich schätze mal, das hast du auch noch nie gemacht?" fragte ich sie neckisch lächelnd und sie grinste „Da hast du Recht. Ich hab aber auch noch nie einen Menschen ins Reich der Sterne gebracht"
Obwohl das hier für mich ganz neu war und die magischen Wachspunkte an meinem Handgelenk immer noch warm pulsierten, fühlten ich mich nicht mehr überfordert. Ich hatte sogar das Gefühl, als wäre ich schon einmal hier gewesen.
„Wo sind denn eigentlich alle? Die Lichtkinder, Polaris, Yildun und so?" fragte ich Hera, weil ich wieder verwundert darüber war, dass sich hier sonst keiner außer uns aufhielt. Dies war doch der einzige Eingang in den Berg und war dazu noch an die Alle angebunden?
„Wo alle anderen sind, weiß ich nicht, aber Polaris ist irgendwo dort hinten in der Halle" antwortete sie und zeigte in die Ferne, wo die Polarlichter funkelten.
„Na dann los würde ich sagen" meinte ich und stupste ihr in die Seite. Meine Neugierde stieg von Minute zu Minute. Ich wollte endlich das Lichtkind kennenlernen, das für all das hier verantwortlich war.
„Auf geht's" meinte Hera ebenfalls und zusammen gingen wir in die gefühlt endlos lange Halle hinein.
Die Polarlichter schien sich uns anzupassen, denn nach einigen Metern warf ich einen Blick über die Schulter und sie umrankten nun auch den Eingang, sodass er fast nicht mehr zu sehen war. Es war ein wenig wie in einem Horrorfilm, aber da ich wusste, dass Hera bei mir war, verspürte ich keine Angst und ging einfach weiter.
Die Säulen schien keinem Muster zu folgen, ihre Platzierung schien zufällig zu sein, sodass es auch vorkam, dass einige Meter lang nur die schwebenden Kerzen unsere Umgebung erhellten. Als dann wieder eine Säule auftauchte, war ich dann doch ganz froh und berührte sie sacht mit meinem Zeigefinger.
Während wir gingen, sagte Hera kein Wort. Ich hatte das Gefühl, dass das hier eine Art heiliger Ort für Lichtkinder war, in dem man sich respektvoll verhielt und nicht sprach. Obwohl Lichtkinder im Allgemein sehr schweigsam zu sein schienen.
Also ging ich auch einfach neben Hera her und folgte ihr in die Halle. Bis sie plötzlich stehen blieb und leicht den Kopf zu Boden neigte und nach meiner Hand griff.
„Dort ist Polaris" erklärte sie mir leise und obwohl ich ihr Verhalten vermutlich hätte kopieren müssen, konnte ich nicht anders und starrte suchend nach vorne, um dieses besondere Lichtkind zu sehen.
Vor uns hatten sich die Polarlichter geteilt und gaben die Sicht frei auf einen alleinstehenden steinernen Thron in der Mitte der Halle. Es sah aus, als würden die Bodensteinplatten hinaufgewachsen sein, um diesen Sitz zu bilden. Der Thron wirkte kalt und einsam, aber so stabil, dass ihn nichts umreißen könnte.
Auf dem Thron saßs ein Lichtkind und ich vermutete sehr stark, dass das Polaris war.
Es hatte die Gestalt eines kleinen blonden Mädchens, vermutlich elf Jahre alt, in einem roten Kleid. Doch die Augen des Kindes waren weiß, sie schien keine Pupillen zu haben. Es wirkte eher so, als wären die Augen aus purem Licht.
Außerdem schwebten goldenen und bunte Lichtpartikel um den zierlichen Körper herum.
Polaris wirkte leblos, doch als sich die Hand des Mädchens bewegte, war mir klar, dass mein erster Gedanke mich getäuscht hatte.
„Polaris ändert immer wieder seine Gestalt und sieht so gut wie nie zweimal gleich aus" meinte Hera leise und ein Blick zu ihr verriet mir, dass sie ihren Kopf wieder gehoben hatte.
„Komm" sie umfasste meine Hand und ging ein paar Schritte mit mir weiter. Heran zum Thron aus Stein, bis uns nur noch etwa zehn Meter von Polaris trennten.
Ich spürte, wie Heras Hände ganz warm wurden und ich erkannte, dass sie wieder anfing zu glitzern. Sie sah mit ihren wieder leuchtenden Haaren aus wie mein Schutzengel von damals.
Doch zu meiner Erleichterung verwandelte sie sich nicht weiter in Licht, sodass ihre Hand weiterhin festblieb und ich sie halten konnte.
Hera räusperte sich kurz und sagte dann mit fester Stimme, die daraufhin leicht an den Wänden widerhallte:
„Es ist mir eine Ehre euch Froy zu bringen, Polaris. Mein Name ist HR 8832 und ich bin Froy's Magnet"
Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, blieb ich still und beobachtete Polaris Reaktion. Das Mädchen blinzelte kurz, stützte sich dann mit den Händen auf der Sitzfläche ab und rutschte mit einem schwungvollen Satz herunter. Nun stand sie vor dem Thron und wirkte nun nicht mehr so verloren, nicht mehr umgeben von dem ganzen Stein.
Sie streckte ihre rechte Hand nach uns aus und öffnete gerade den Mund, als wollte sie etwas sagen, doch dann ging auf einmal ein Ruck durch ihren Körper, das Licht in ihren Augen erlosch, die Lichtpartikel verschwanden und sie fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden.
HR 8832 keuchte neben mir entsetzt auf, was mir den Eindruck gab, dass das hier nicht passieren sollte und ich eilte so schnell ich konnte zu dem leblosen Kind hinüber und warf mich zu ihr auf den Boden.
Mit meinen Fingern tastete ich an ihrem Hals nach einem Puls, doch da war nichts. War sie tot? War Polaris tot?
„Was ist hier los?" rief ich zu meiner Begleiterin, die zu mir lief und verzweifelt neben mir stand.
„Ich weiß es nicht. Polaris kann nicht sterben" sie hielt sich schockiert die Hand vor den Mund.
„Oh doch, das kann er" sagte plötzlich eine dunkle Stimme und ich schaute mich verwirrt um.
Hinter uns stand plötzlich ein Mann mit braunen Haaren und Bart, der einen langen schwarzen Umhang trug. Sein Gesicht glitzerte und ihn umrankte, wie gerade eben bei Polaris, auch ein außergewöhnliches Leuchten.
„Yildun" sagte Hera und drehte sich zu der Gestalt um. Ich legte das Kind wieder vorsichtig auf den Boden und stand auch auf.
„Was meinst du damit?" fragte Hera und wirkte durch Yilduns Anwesenheit irgendwie erleichtert. Sie hoffte wohl, dass dieses Lichtkind wusste, was hier passierte.
Yilduns Stimme war ruhig und bestimmt, als er antwortete: „Polaris kann nur hundert Jahre leben, dann stirbt der Körper"
„Hundert Jahre?! Ich bin seit dutzenden Jahrhunderten ein Lichtkind und Polaris war immer lebendig, wenn ich zurückgekehrt bin" rief Hera etwas verwirrt aus.
„Ach und du hast dich nie gewundert, warum Polaris anders aussah? Was hast du denn gedacht, warum Polaris mal das oder mal das war, HR 8832? Damit ihr das Gefühl habt, Polaris sei wie ihr?" fragte Yildun ein wenig abschätzig und sein Umhang wurde durch einen Luftzug bewegte.
„Ich... ich versteh das nicht" stammelte Hera und blickte zu dem toten Mädchen herunter. Ich folgte ihrem Blick und sah etwas, was mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
„Sie ist ein Mensch" sagte ich tonlos und deutete auf ihre Hand „Sie hat die gleichen goldenen Wachspunkte wie ich"
„Sie war ein Mensch" korrigierte mich Yildun und führte dann fort, was ich schon erkannt hatte „Sie ist mit ihrem Lichtkind durch ein Portal gekommen und dann hierher, um ihren Platz einzunehmen"
Und auf einmal rutschte mir das Herz in die Hose und ich erkannte was gerade passierte.
Das alles war eine Falle. Polaris brauchte, um zu existieren, einen menschlichen Körper. Dieses Mädchen im roten Kleid war nun tot und der einzige Mensch in der Nähe war ich.
Auch Hera schien das alles langsam zu verstehen, denn sie schaute mich schockiert an. Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte, also fragte ich nur tonlos: „Wusstest du davon, Hera? Hast du das geplant?" Ich hatte eh keine Chance zu fliehen, ich war machtlos den Mächten des Himmels gegenüber.
Hera fing an zu weinen und schüttelte den Kopf:
„Nein, bitte glaub mir Froy, ich wusste davon nichts. Ich bin doch nur Polaris Anweisungen gefolgt"
Ich wusste nicht, ob ich ihr glauben sollte, also drehte ich mich zu Yildun um.
„Dann bist du also derjenige, der die Fäden in der ganzen Sache zieht"
Yildun nickte: „Es ist ein kleines Opfer, was ihr Menschen bringen müsst. Alle hundert Jahre einen von euch uns zu überlassen, ist doch nicht zu viel verlangt. Wir schenken Millionen von euch ein schönes Leben. Und es reicht jetzt auch, es ist Zeit, dass du dein Platz einnimmst, Polaris"
Mit diesen Worten hob er seine linke Hand und eine unglaubliche Kraft warf mich nach hinten, sodass ich auf dem leeren Thron landete. Ich schrie auf, weil ich das Gefühl hatte, die Luft würde aus meinen Lungen gedrückt werden. Doch der Druck hielt mich gefangen und nagelte mich am Stein fest.
Plötzlich spürte ich wie etwas meine Hände umschlang und an die Armlehnen zog. Es waren einfache Seile, die mich wie von Zauberhand an den Thron fesselten, auch noch als der Druck auf einmal verschwunden war. Die Seile sahen zwar normal aus, aber sie waren so fest wie der Stein um mich herum. Ich rüttelte mit aller Kraft an ihnen und mir schoss das Blut vor Anstrengung in den Kopf. Mein Herz pochte so wild, dass ich Angst hatte es könnte explodieren. Doch es half nichts, ich konnte mich aus eigener Kraft nicht von diesen magischen Seilen befreien.
Auch Hera eilte zu mir und wollte versuchen die Seile zu lösen, doch ihre Hände gingen einfach durch das Seil hindurch, sie konnte es nicht berühren.
„Was hast du getan!?" schrie sie Yildun, dem Kurator von Polaris, entgegen und wollte auf ihn zu rennen, doch er streckte wieder die Hand aus. An Heras Gesicht sah ich, dass sie wohl gerade den gleichen Druck auf ihrer Lunge spürte wie ich gerade.
„Kein Lichtkind kann diese Fesseln lösen. Und beruhig dich endlich, HR 8832, ich habe das Gefühl, dass du bei den Menschen nur verweichlichst und deine Aufgabe vergisst. Dieser Junge sorgt dafür, dass wir weiter existieren können"
„Und wenn ich nicht weiter existieren will?" keuchte HR 8832 atemlos und Yildun schnaubte:
„Das hast nicht du zu entscheiden. Außerdem geht es hier nicht nur um dich"
Dann setzte er seine Kraft anders ein und zwang Hera sich vor mir hinzuknien. Ich konnte in Heras Augen sehen, dass sie das alles gerade nicht freiwillig trat. Und auch Yilduns Adern im Gesicht traten hervor, Hera schien sich mit aller Macht gegen ihn zu wehren. Letztendlich schlugen ihre Knie aber doch auf dem Boden auf. Neben ihr lag das tote Mädchen und begann ganz langsam sich in Sternenstaub aufzulösen.
Yildun behielt seine Hand weiterhin auf Hera und kam dann an meine linke Seite. Direkt neben dem Thron blieb er stehen, sodass ich genaue Sicht auf seinen Arm hatte, mich aber weiterhin nicht befreien konnte.
„Arthur?!" keuchte ich plötzlich auf und starrte auf Yilduns Hand an dem ein Siegelring thronte. Ich kannte diesen Ring nur zu gut und er sah genauso aus wie der von meinem Studienfreund.
„Ich... ich kenne dieses Bild" stotterte ich und mir schoss aus dem Nichts eine Erinnerung an einen Traum in den Kopf. Dort hatte ich auf einem Thron in einer mittelalterlichen Halle gesessen und Arthur stand genau dort wo Yildun nun war.
Ich blinkte in Yilduns Gesicht und mit Schrecken sah mit an, wie es sich langsam veränderte und die Gestalt zu Arthur wurde. Nur sah er allerdings ganz und gar nicht menschlich aus. Nicht so wie ich ihn kennengelernt hatte. Sein halber Körper bestand nur noch aus Licht und sein Gesicht war über und über mit Glitzer bedeckt.
„Machen wir es uns einfach, wenn es eh schon zu spät fürs Verstecken ist" sagte Yildun nun auch mit Arthur Stimme.
Die ganze Zeit war Arthur ein Lichtkind gewesen. Und nicht nur irgendein Stern, sondern Yildun. Er war nie wirklich ein wahrer Freund von mir gewesen, sondern nur auf der Erde um ... warum war er eigentlich da gewesen?
Auch Hera schaute schockiert zu Arthurs Gestalt: „Du warst das?!" sie schien ihn genauso schnell erkannt zu haben wie ich.
„Du wusstest, dass Arthur ein Lichtkind war?" fragte ich Hera perplex und sie nickte:
„Natürlich wusste ich das, aber ich dachte das wäre ein Zufall und dass eben ein anderer Student sein Magnet wäre. Ich konnte doch nicht ahnen, dass Arthur der Kurator ist"
„Nein, dass hättest du tatsächlich nicht ahnen können" sagte Arthur und zwang Hera weiterhin auf dem Boden zu bleiben „Ich hatte aber geahnt, dass du eventuell versagen könntest, weshalb ich schauen musste, ob du deine Aufgabe auch erfüllst, HR 8832"
„Dann war dieses Mädchen, die totkranke Freundin, von der du gesprochen hast?" schoss es mir in den Kopf. Arthur war manchmal nicht zur Universität gekommen, weil er sich um die besagte Freundin kümmern musste.
„Exakt, die Zeit wurde knapp und ihr Körper kam dem Zerfall ziemlich nah. Irgendwie musste ich sie noch am Leben erhalten. Aber wie wir alle wissen, hätte ich dich, Froy, nicht einfach zwingen können, mit mir ins Reich der Sterne zu kommen, um deinem Schicksal zu folgen. Du und Hera wart noch nicht soweit und nur ihr konntet für dich ein Portal öffnen"
„So wie es ein unwissendes Lichtkind vor mir getan hat" sagte Hera verächtlich und Arthur nickte:
„Es ist Froy's Schicksal Polaris zu sein, daran hättest du nichts ändern können, HR 8832. Sein Leben lang hatte er visionäre Träume und Vorausahnungen. Frag ihn doch, warum er das hier alles kennt. Er hat im Traum gesehen, dass das passieren wird"
Hera schaute mich fragend an und ich nickte hilflos, Arthurs Worte schien zu stimmen. Schon öfters war es passiert, dass ich etwas geträumt hatte und es dann irgendwie in Wirklichkeit geschehen war. Und auch diese Szene hatte ich in gewisser Weise schon einmal gesehen.
„Bitte lass ihn gehen" flehte Hera Arthur an und fing an zu weinen. Es brach mir das Herz das mit anzusehen und ich warf mich auf dem Thron hin und her, doch ich konnte nicht entkommen.
„Nein" antwortete Arthur kalt und legte seine Hand auf mein Gesicht, ohne dass ich mich dagegen wehren konnte. Vor Schreck keuchte ich auf und ein Ruck durchfuhr meinen Kopf.
Ich spürte wie sich etwas in meinen Augen veränderte und als ich sie nach wenigen Sekunden wieder öffnete, nachdem Arthur seine Hand weggenommen hatte, war Hera verschwunden. Es schwebte nur noch ein Wirbel aus Farben und Licht vor mir herum. Als ich zu Arthur schaute, sah dieser aber ganz normal aus. Beziehungsweise wie seine Lichtkind Gestalt.
„Was ist mit mir?" fragte ich verwirrt und mein Kopf fühlte sich plötzlich so schwer an. Ich lehnte ihn an den Stein, schloss meine Augen und es fühlte sich so an, als würde die Kälte des Steines in mich übergehen.
Als ich die Augen wieder öffnete, erfasste mein Blick winzige Partikel, die von der rechten Seite meines Blickfeldes kamen und vor meinem Gesicht zur linken wanderten. Überall um mich herum flog dieses glitzernde Licht herum. Ich wunderte mich erst, warum der Sternenstaub, als das infizierte ich es, bei mir blieb. Jedoch war es so schön anzusehen und fühlte sich normal an. Dieses Glitzern war ein Teil von mir, war es schon immer gewesen. Ich hatte es nur vorher nie gesehen. Wie konnte ich so blind sein, wenn diese Schönheit doch die ganze Zeit direkt vor meinen Augen gewesen war?
„Nein, Froy!" hörte ich auf einmal den Lichtwirbel, der eindeutig nicht zu mir und meinem Körper gehörte, vor mir rufen, aber ich verstand nicht, wie das sein konnte.
„Lies HR 8832" flüsterte Arthur mir vorgebeugt ins Ohr. Ich ging seiner Bitte nach und obwohl meine Hände weiterhin an den Thron gebunden waren, kam ich irgendwie das Leuchten vor mir zu fassen. Als ich den Widerstand im Lichtwirbel berührte, schossen sofort Bilder in meinen Kopf.
Ich sah einen sportlichen Jungen mit schwarzen und blauen Haaren und ich sah noch etwas. Ich sah Ellie, meine Exfreundin. Ich beobachtete sie beim Turnen, beim Lernen und beim Reden mit Isla. Aber ich sah auch wie sie weinte und sich in Arbeit vor Verzweiflung ertränkte.
Ich spürte wie meine Hände sich erwärmte und diese Wärme aus meinem Körper hinausfloss.
Allerdings verstand ich das alles nichts und plötzlich waren die Bilder in meinem Kopf weg und ich berührte auch nicht mehr den Lichtwirbel vor mir.
„Warum Ellie, Froy?!" flehte das Licht in meine Richtung und ich hörte, wie ein Schluchzen ertönte.
„Schick ihn zu den Menschen, Polaris" flüsterte Arthur wieder ins Ohr und ich nickte. Ich musste es einfach tun, es war meine Aufgabe.
Zu meiner rechten bemerkte ich wie ein See sich formte, da aus dem Nichts ein Wasserfall begonnen hatte von der Decke hinabzufallen. Ich wusste, dass das der Ausgang unserer Welt war, also dachte ich daran, dass das Licht vor mir dorthin solle, um zu seinem Magneten zu kommen.
Der Lichtwirbel erhob sich und nahm mit sich ein lebloses Mädchen, das ebenfalls zu Licht wurde und ich bemerkte, wie Arthur mit seiner Kraft die beiden zum Wasser schob. Seine Kraft bestand aus grünem Licht und sein ganzer Körper wurde von diesem Schimmer um wabert. Das grüne Licht strömte aus seinen Händen heraus und vermischte sich nahezu mit dem Lichtwirbel.
Ich beobachtete mit gleichgültigem Blick wie das Licht mit dem Mädchen im Wasser verschwand. Auch das grüne Licht von Arthur war weg. Nur als ich auf meine Hände blickte, wurden diese von grün leuchtenden Ringen gehalten. Meine Arme fühlten sich so schwer an, ich wollte sie dort auf der Armlehne liegen lassen. Warum sollte ich die Ringe durchbrechen wollen? Es gab für mich keinen Grund dafür.
„Es ist getan. Wir haben nun viel Arbeit vor uns, Polaris. Es warten viele Lichtkinder darauf gelesen zu werden" sagte Yildun, in der Gestalt des blonden Jungen, und nickte mir zu, sein Umhang wehte umher und das bunte Licht um uns herum erstrahlte noch heller als zuvor.
Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte, eigentlich fühlte ich gar nichts.
Auch konnte ich mich an kaum noch etwas erinnern, was in den letzten Stunden passiert war.
Ich spürte nur, dass die seltsamen golden Punkte an meinen Handgelenken nicht mehr warm waren, sondern kalt wie der Stein und ich. Und aus irgendeinem Grund wusste ich, was das zu bedeuten hatte: Das Portal war geschlossen und für immer verschwunden.
Ende Buch Nr. 1
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top