11. Im Krankenhaus

Das Erste, was ich wahrnahm, obwohl ich noch nicht mal richtig wach war und die Augen geschlossen hatte, war das gleichmäßige Piepen eines mir unbekannten Geräts und der Geruch nach Desinfektionsmittel.
Verwirrt öffnete ich die Augen und erschrak, weil über mir ein weißes Ding baumelte.
Hastig wollte ich mich aufsetzten, doch da mein Rücken anfing höllisch zu schmerzen, ließ ich es sein und drehte nur meinen Kopf hin und her.
Und jetzt erkannte ich auch, was das Ding über meinem Kopf war, es war eine Schlaufe, die an meinem Bett befestigt war, um sich aufzurichten.
Ich drehte meinen Kopf zur Seite und schaute in den Raum, der mich mit seiner Helligkeit fast anschrie.
Ich lag in einem von sechs weißen Betten, die in einem kleinen Saal mit Nachttischen aufgestellt waren. Das hier musste ein Krankenhaus sein.
Wie war ich hierhergekommen?
Mein Gedächtnis war getrübt und ich hatte Probleme mich zu erinnern, was passiert war. Welcher Tag war heute?
Etwas benommen versuchte ich weitere Details im Raum zu erkennen und stellte so fest, dass das Bett gegenüber von mir und die zwei am Fenster belegt waren. Das Piepen, was ich gerade eben wahrgenommen hatte, kam von Bett gegenüber von mir, wo ich nicht sehen konnte, wer dort lag. Das Geräusch kam von einem Herzmesser und schlug bei jedem Schlag aus.
Am Fenster lag eine junge Frau mit einem Kopfverband und schien zu schlafen, während sich ihr gegenüber, eine Person mit langen schwarzen Haaren, wo ich nicht zuordnen konnte, welches Geschlecht sie war, leise mit einem blonden und schlanken Krankenpfleger unterhielt.
Als dieser beiläufig zu mir herübersah und meinen Blick bemerkte, lächelte er. Dann flüsterte er der Person am Fenster etwas zu und kam zu mir hinüber.
„Mr Badger, schön dass Sie wach sind" begrüßte er mich und ich bewegte mich leicht, um ihm die Hand zu geben, doch bei der kleinsten Bewegung, zuckte meine Brust zusammen und erstarrte in der Bewegung. Es fühlte sich an, als hätte in stundenlang intensiven Sport gemacht.
Als der Krankenpfleger meine Bemühungen bemerkte, hob er leicht die Hände „Keine Sorge, Sie müssen sich ausruhen. Mein Name ist Mr Rather" er nickte mir zu.
„Welcher Tag ist heute?" fragte ich ihn und gähnte leicht, ich hatte komplett mein Zeitgefühl verloren.
„Es ist Samstag der 7. September, 9 Uhr um genau zu sein" antwortete er mir freundlich und beobachtete mein Gesicht. Es schien, als würde er etwas prüfen.
„Wie bin ich hierhergekommen?" versuchte ich es weiter und drückte mich mit meinen Händen leicht an der Matratze ab, um in eine sitzende Position zu gelangen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich nicht meine Privatklamotten trug, sondern ein weißes Oberteil. So wie es aussah musste ich im Krankenhaus übernachtet haben.
„Die Nachtschicht hat berichtet, dass sie heute Morgen um 2:30 Uhr bei uns eingeliefert wurden, mit dem Krankenwagen" er schaute auf seinen Zettel, den er bei sich hatte und erklärte mir was vorgefallen war. Dabei flüsterte er extra, damit die anderen Leute im Saal nicht zu viel mitbekamen:
„Sie hatten hohes Fieber, eine Platzwunde am Hinterkopf und mehrere Prellungen. Zudem haben Sie fantasiert und waren so gut wie nicht ansprechbar. Der Arzt hat Ihre Wunde genäht und dafür gesorgt, dass Sie Schmerzmittel bekommen. Dadurch war es nur logisch, dass Sie mindestens heute Nacht noch bei uns blieben"
Mein Kopf musste genäht werden? Erschrocken fuhr ich mit meiner Hand über meinen Hinterkopf und spürte tatsächlich etwas, was sich nicht normal anfühlte.
„Lieber nicht zu viel anfassen, sonst muss es wieder genäht werden" warnte mich der junge Arzthelfer vor und ich ließ die Berührung sein.
So langsam fiel mir auch ein, wie das alles passiert war, ich hatte mich mit Edgar geprügelt. Aber warum nochmal?
„Zuerst hatte der Arzt vermutet, dass sie Alkohol oder Drogen zu sich genommen hatten, doch die Tests fielen negativ aus. Ihre Wunden sehen nach einer Schlägerei aus" versuchte er mir zu erklären, weil er bemerkte, dass meine Erinnerung mich teilweise im Stich ließ.
Doch das wusste ich wieder und nickte deswegen.
„Habe ich den Krankenwagen gerufen?" fragte ich nach und sah auf meine Hände, die ganz bleich aussahen.
Mr Rather schüttelte den Kopf und schaute auf seinen Zettel:
„Nein, ein Mädchen war bei Ihnen und hat Sie mit zu uns gebracht. Ihr Name lautet Hera und nachdem Sie unter Narkose eingeschlafen sind, ist sie gegangen. Aber sie hat Ihnen diesen Zettel hiergelassen" er deutete mit einem Nicken rechts neben mich.
Ich drehte meinen Kopf in die entsprechende Richtung und sah tatsächlich auf meinem Nachttisch einen Brief legen.
Hera.
Mehrere Bilder schossen mir in den Kopf. Wie sie im hohen Gras saß, vor mir her joggte in der Dunkelheit, wie Edgar sie am Arm festhielt und schließlich, wie sie wie eine Göttin aus Licht vor mir stand.
Ich tastete fast blind nach dem Umschlag, weil ich mich nicht so viel bewegen konnte und wollte und bekam ihn zu greifen. Er war leicht, vermutlich nur ein Papier drinnen.
Ich faltete ihn auf und zog den Zettel heraus. Dort stand geschrieben:

Hallo Froy,
ich hoffe, dass es dir jetzt wieder besser geht. Die Ärzte meinten es würde dauern, bis du wieder aufwachst.
Behalte unser kleines Geheimnis erstmal lieber für dich.
Wenn du wieder bereit bist, ruf mich an
Liebe Grüße
Hera

Dort drunter stand Heras Telefonnummer.
„Und ich habe fantasiert, meinten Sie?" fragte ich den Krankenpfleger vorsichtig, unsicher über das, was ich gestern anscheinend gesehen hatte.
Er nickte „Ja, Sie haben viel von Sternen gesprochen, von brennenden Feldern und davon, dass die Zeit angehalten wurde"
„Und ich habe sicher keinen Alkohol getrunken?" fragte ich noch einmal nach.
„Die Tests sagen nein. Ihre Vorstellungen können aber durch das Fieber gekommen sein, Fieberträume in Wachzustand sozusagen"
„Verstehe" ich nickte. Aber insgesamt half mir das leider nicht weiter. Ich konnte immer noch nicht sagen, was gestern wirklich gesehen war und was ich mir wegen meiner Verletzung eingebildet hatte.
„Wie lange muss ich noch hierbleiben?"
„Da diese Hera den Ärzten erklärt hat, dass Sie alleine wohnen, hielten sie es für besser, wenn Sie heute den Tag bleiben. Um 15 Uhr haben Sie einen Kontrolltermin für die Fäden, wenn dann alles in Ordnung ist, können Sie im Prinzip gehen"
„Im Prinzip?"
„Die Wirkung des Schmerzmittels von heute Nacht hält immer noch an, das wird sich allerdings in den nächsten Stunden ändern, dann werden Sie auch selbst besser einschätzen können, wie gut es Ihnen geht.
Ich muss nun zu den nächsten Patienten. Hier mit diesem Knopf können Sie rufen, falls etwas. Besuch können Sie auch jederzeit empfangen. Bis später"
Mit diesen Worten verabschiedete er sich und verließ das Zimmer, nachdem er kurz bei meinem Gegenüber vorbeigeschaut hatte.
Erschöpft ließ ich mich ins Bett sinken und hielt Heras Nachricht nach oben über meinen Kopf.
Unser Geheimnis sollte ich bewahren? Dass sie wirklich ein Stern war?
Am liebsten hätte ich in mein Kissen geschrien vor Frustration. Mich verwirrte die Tatsache, dass ich nicht wusste, was real war und was ich mir eingebildet hatte.
Aber ich war nicht alleine in diesem Zimmer, ich konnte nicht ausrasten.
Aber ich war auch nicht bereit Hera anzurufen, dafür war ich mir zu unsicher.
Frustriert nahm ich meine Arme herunter und drückte den Zettel auf meine Brust.
Leider hatte der Arzthelfer Recht gehabt, das Schmerzmittel würde nicht mehr ewig in meinem Blut bleiben. Ich spürte, wie meine Arme vor Anstrengung anfingen, obwohl ich nichts tat, zu pulsieren und meine Rückenknochen knackten bedrohlich, als ich mich auf die Seite hievte.
In der Spiegelung der Metallstangen von meinem Bett, sah ich mein Gesicht. Meine eine Gesichtshälfte war lila-rot angelaufen und mein Auge umzog ein grüner Kreis. Dort war ich von Edgar getroffen worden.
Ich wollte mich so nicht sehen und schloss die Augen.
Bevor ich einschlief, dachte ich daran, dass ich Ellie gerne bei mir haben würde, doch meine Gelenke waren schon im Traum versunken und rührten sich nicht mehr. Auch meine Gedanken ließ ich ruhen und beruhigte sie damit, dass ich ja später meine Freundin anrufen könne.
Dann schlief ich ein.

Ich träumte wieder von den brennenden Feldern, doch diesmal waren nur Hera und ich da. Hera war außerdem kein blutüberströmter Zombie mehr, sondern ich sah sie in dem Outfit, in dem ich sie gestern Nacht gesehen hatte.
Mit einem Eimer Wasser löschte sie die Flammen um uns herum und als ich auf ihre Handgelenke sah, bemerkte ich, dass sie gerötet waren.
„Wer war das Hera?" fragte ich sie besorgt.
Sie drehte sich um und lächelte, während sie einen weiteren Eimer auf die brennenden Grashalme ausschüttete, die knisterten und dann unter der Last des Wassers umknickten.
„Das ist nicht wichtig, es ist vorbei"
„Ich muss dich rächen" versicherte ich ihr meine Entschlossenheit und auf einmal war das gesamte Feuer aus.
Hera kam zu mir und strich mir übers Gesicht:
„Du musst mich nicht rächen, das bringt nichts. Ich bin schon oft gestorben und habe schon schlimmeres überstanden"
„Ich will nicht, dass du stirbst, HR 8832" flüsterte ich und lehnte meine Stirn gegen ihre. Ihre Hände wanderten in meine.
„Ist das alles echt?" fragte ich sie flüsternd und als ich meinen Blick wieder auf sie richtete, leuchteten ihre Augen Gold und ihre Haut glitzerte. So wie ich sie in der Gasse gesehen hatte.
„Natürlich" antworte sie und ihre Hände wuschelten durch meine Haare.
Dann kam sie ganz nah an mein Ohr heran und ich hörte ihren Atem. Es schien als würde sie mir etwas sagen wollen, aber bevor ich ihre Worte vernehmen konnte, wachte ich auf.

Eine Gänsehaut wanderte über meinen Körper und mir war plötzlich so heiß.
Entschlossen schwang ich die Deck zurück und versuchte vorsichtig von meinem Bett aufzustehen. Neben meinem Bett war eine Tür, die vermutlich in ein kleines Badezimmer führte.
Etwas unsicher berührten meine Füße den kalten Boden, unsicher über ihre Standhaftigkeit. Als ich mir dann aber doch sicher war, stand ich vorsichtig auf und ging mit kleinen Schritten ins Badezimmer.
Auch dort vermied ich es in den Spiegel zu sehen.
Gefühlt brauchte ich ewig, aber jede Bewegung tat irgendwie weh und zwangsweise ließ ich mir Zeit, da ich keine Lust hatte, aus Versehen umzufallen und mich noch weiter zu verletzten.
Als ich endlich fertig war, schleppte ich mich wieder ins Bett und fand auf einem Stuhl einen Stapel mit meinen Klamotten wieder. Sie waren dreckig und blutverschmiert. So wurde mir auch erst richtig bewusst, was für ein Schaden Edgar bei mir angerichtet hatte.
Aber man musste dazu sagen, dass ich ihm sehr ähnliche Dinge angetan hatte. Aus ehrenhaften Gründen allerdings. Und trotzdem war es Körperverletzung. Wir könnten beide richtig Probleme bekommen, wenn einer den anderen anzeigen würde.
Was der Idiot wohl gerade tat? Hoffentlich ist er nicht auch hier im Krankenhaus.
Als ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, blickte ich mich noch einmal prüfend im Zimmer um. Edgar war aber zum Glück nicht zusehen, denn mein Gegenüber stellte sich als Jugendliche heraus.
Ich fummelte mein Handy aus meinen Sachen heraus und suchte die Nummer meiner Freundin, als ich sie gefunden hatte drückte ich auf Anrufen.
Es klingelte ein paar Mal bevor sie ranging:
„Hey Sugar, alles gut bei dir?" fragte sie direkt, weil ich sie so gut wie nie anrief.
„Naja, nicht so ganz" antwortete ich und strich mir durch die Haare. Dabei zuckte ich kurz zusammen, als ich die genähte Stelle an meinem Hinterkopf berührte.
„Was ist denn los?"
„Ich bin im Krankenhaus"
„Was?! Was ist passiert?" rief sie entsetzt aus.
„Ich ähm ich hab mich gestern mit einem Studenten geschlagen und dann musste heute Nacht mein Hinterkopf genäht werden" erklärte ich etwas zerknirscht.
„Hast du Alkohol getrunken, Froy?" fragte Ellie nachforschend.
„Natürlich nicht, die Ärzte haben sogar Tests gemacht" erwiderte ich.
„Soll ich vorbei kommen? In welchem Krankenhaus bist du denn?" fragte sie und mir wurde bewusst, dass ich das gar nicht wusste. Ich blickte mich um und entdeckte dann auf dem weißen Shirt was ich trug ein kleines Bändchen. Dort stand in kleinen schwarzen Buchstaben der Name
„Ich bin im Ashford Hospital"
„Alles klar, ich bin in einer Stunde bei dir" rief sie und ich hörte es im Hintergrund rascheln.
„Das ist schön" meinte ich ehrlich und lächelte. Ich schaute auf die Uhr und bemerkte, wie spät es schon war. Ich musste viele Stunden geschlafen haben.
„Wenn du da bist, hab ich auch einen Kontrolltermin, vielleicht kannst du da mit kommen" erklärte ich hier.
„Das bekommen wir hin. Bis gleich. Ich liebe dich"
„Ich liebe dich auch"
Dann legte ich auf.

Die Stunde bis zu Ellies Ankunft verbrachte ich mit purem an die Decke starren und nachdenken. Ich versuchte mich an jedes Detail zu erinnern, was Hera zu mir gesagt hatte.
Ich wusste noch, dass sie mir erneut bestätigt hatte, dass sie ein Stern ist. Um genauer zu sein die Seele eines Sterns. Und dass die Lichtkinder auf die Erde kommen, um Energie von uns zu bekommen. Hatte sie mich nicht auch Magnet genannt? Warum nochmal?
Mir fiel es nicht mehr ein.
Hera hatte mir auch davon erzählt, dass sie schon oft wiedergeboren wurde. 70 Jahre habe sie angeblich in ihrem letzten Leben in Deutschland gelebt.
70 Jahre.

Das war für einen Menschen fast ein ganzes Leben, sie musste ihren Seelenverwandten in einem jungen Alter kennengelernt haben.
Aber für sie waren 70 Jahre nur ein Funke ihres Lebens.
Sterne „leben" mehrere Milliarden bis einige Billionen Jahre. Eine unvorstellbare Zeitspanne für einen Menschen.
Hera hatte auch erzählt, dass die Seelen der Sterne erst zur Erde kommen, wenn ihr Leben sich dem Ende zuneigt. Da kommt bei mir die Frage auf, wie lange HR 8832 noch zu leben hatte und wie viele Jahre bzw. Energie sie durch die Liebe eines Menschen bekommt?
War das alles überhaupt logisch?
Ich sagte schon immer über mich selbst, dass ich die Dinge hinter dem Tellerrand sehen wolle und jetzt tat ich es. Oder?
Es kommt mir zu gut vor, dass ich derjenige bin, dem HR 8832 von ihrer wahren Identität erzählen darf. Ich darf die Wahrheit erfahren und so viele Fragen stellen, wie ich will.
Das ist zu schön, um wahr zu sein. Und deswegen zweifele ich.

Als Ellie eintraf, kam sie direkt zu mir, umarmte mich vorsichtig und gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Stirn.
Den Zettel von Hera hatte ich vorerst in meinen Rucksack gestopft. Wo mein Fahrrad war, wusste ich nicht.
„Was ist denn passiert, Sugar?" fragte sie und setzte sich auf den Stuhl neben mich, während sie zärtlich meine Hand streichelte.
„Ich war Sterne gucken und auf dem Rückweg habe ich gesehen wie Edgar, auch ein Astronomie Student, Hera belästigt hat. Und da musste ich eingreifen, ich konnte das nicht zulassen" erklärte ich ihr und bis jetzt entsprach das alles noch der Wahrheit.
„Hera belästigt, das ist wirklich schlimm. Aber war nicht sie diejenige, die dir so seltsame Sachen erzählt hat?"
„Ja," ich stockte und sponn mir dann eine Lüge zusammen: „aber sie hat sich entschuldigt und gemeint, dass das nur ein blöder Spruch von ihr gewesen war"
„Verstehe, also habt ihr euch versöhnt?" fragte meine Love nach. Ich konnte nur nicken.
„Und was hat Edgar dir angetan, dass dein Kopf genäht werden musste?" sie versuchte die Stelle an meinem Hinterkopf zu sehen.
„Er hat mich einerseits gegen eine Garage gedrückt und mich geschuppst, sodass ich auf den Beton gefallen bin. Und naja blaue Flecken habe ich am ganzen Körper, nicht nur im Gesicht"
Sie nickte mitfühlend und streichelte weiter meine Hand.

Plötzlich kam der Krankenpfleger Mr Rather durch die Tür und steuerte zielstrebig auf mein Bett zu. Dann lächelte er uns freundlich an:
„Mr Badger, wie ich sehe haben Sie Besuch. Sind Sie Hera?"
Ellie schaute mich verwirrt an und ich erklärte schnell: „Hera hat den Krankenwagen gerufen"
Meine Freundin nickte und streckte dann dem Krankenpfleger ihre Hand entgegen, der sie schüttelte:
„Ich bin Ellie Odds, Froys Freundin"
„Freut mich Sie kennenzulernen, Rather mein Name. Ihr Freund hat jetzt den Besprechungstermin mit dem Arzt. Sie können aber gerne mitkommen, wenn Mr Badger das möchte"
Ellie schaute mich fragend an und ich verstand ihren sorgenvollen Blick nicht:
„Natürlich kann sie mitkommen"
„In Ordnung, dann würden wir Sie ins Zimmer den Flur runterbringen wollen. Können Sie laufen oder sollen wir einen Rollstuhl holen?" fragte der Pfleger mich.
„Ich kann laufen, schließlich sind meine Verletzungen nicht so schlimm" antworte ich und bedeutete Ellie an, mir beim Aufstehen zu helfen.
Sie reichte mir ihren Arm und ich hievte mich vorsichtig aus dem Bett in meine Schuhe.
Als ich stabil stehen konnte, folgten wir beide Mr Rather aus dem Zimmer den Flur hinunter. Es war das erste Mal, dass ich bewusst durch diese Gänge ging. Wer weiß wie ich heute Nacht in mein Zimmer gekommen war, bestimmt auf einer Liege.
Der Flur war sehr hell und bestand nur aus Türen, Schildern und einfachen Bildern an den Wänden. Anscheinend waren wir im dritten Stock und ich schätze mein Zimmer als eine Art Übergangszimmer ein. Die Jugendliche mit dem Herzmesser war nämlich verschwunden gewesen, als ich wieder aufgewacht war und ich vermutete, dass sie nun ein eigenes Zimmer bekommen würde.

Dann schritten wir durch eine Tür in einen kleinen Raum mit einer Liege, auf die mich setzen sollte, während Mr Rather Ellie einen Stuhl anbot und dann meinte, dass wir noch kurz auf den Arzt warten müssten.
Dann verließ er den Raum und wir blieben alleine zurück.
Wir schwiegen uns erst an, bis Ellie das Schweigen brach:
„Ich glaub, ich hab dich noch nie im Krankenhaus bzw. beim Arzt gesehen" sie lächelte nachdenklich und versuchte die Situation aufzulockern.
„Das sollte auch eigentlich nicht passieren" meinte ich schulterzuckend.
„Doch, ich bin immer für dich da, auch wenn du krank bist und wenn sowas passiert"
„Ich weiß was du denkst Ellie, ich hab dich enttäuscht" sprach ich meine Gedanken endlich aus und schaute zur Seite.
Entrüstet schüttelte sie den Kopf und kam zu mir:
„Nein Froy, ich bin nicht enttäuscht. Ich war überrascht, aber du hast Hera vermutlich vor einem Übergriff gerettet. Das ist ehrenhaft, nicht etwas wofür du dich schämen musst"
„Aber deine Prinzipien..." versuchte ich es weiter. Ich wusste, dass sie Gewalt ablehnte und sie wusste auch, dass das in gewisser Art ein früherer Teil von mir gewesen war. Ein Teil, den ich gerne vergessen und streichen würde.
„Scheiß auf meine Prinzipien. Es ist eben passiert und das bedeutet nicht, dass ich deswegen verlasse" sie nahm mich fest in den Arm und ich erwiderte es zaghaft.
Als sie wieder losließ und zu ihrem Stuhl zurückkehrte, sagte sie noch einmal eindringlich:
„Jeder macht mal Fehler, Froy. Und was du gestern getan hast, war kein Fehler. Rede dir das bloß nicht ein"
Ich nickte und fasste nachdenklich an mein Ohr. Erst jetzt fiel mr auf, dass meine Ohrringe und mein Piercing weg waren.
In diesem Moment kam eine Frau herein und stellte sich unser als leitende Ärztin vor. Sie habe mich gestern auch genäht.
„Wie geht es Ihnen denn jetzt?" fragte sie mich und notierte, was ich ihr erzählte.
„Naja, es fühlt sich so an, als hätte ich schlimmen Muskelkater und ich bin etwas unsicher auf den Beinen. Ansonsten geht es"
„Verstehe, apropos Sport. In ihrem Zustand sollten Sie die nächsten drei Wochen keine sportlichen Aktivitäten betreiben"
„Auch kein Fahrrad fahren? Ich komme so zur Uni"
„Kurze Strecken sind in Ordnung, aber überanstrengen Sie sich nicht. Zu ihren Flecken am Hals und im Gesicht: Diese werden in den nächsten Tagen verschwinden, wir konnten keine inneren Verletzungen feststellen. Kühlen Sie am besten Ihr Auge, dann geht es schneller"
„Was ist eigentlich mit meinen Piercings, wo sind die hin?" nickte ich die Anweisungen ab.
„Wir haben Sie entfernt, weil wir die Sorge hatten, sie könnten Ihre Haut aufreißen. Vor allem bei ihrer Nase hatten wir Sorge, die sich zum Glück aber nicht bestätigt hat. Unsere Krankenpfleger müssten Ihren Schmuck in einen Beutel zu Ihren Sachen getan haben.
Jetzt würde ich aber gerne die Naht untersuchen, um zusehen, ob alles funktioniert hat"
Mit diesen Worten stand sie auf und schaute mit Hilfe einer Brille und einer Lupe meinen Kopf an. Sie tastete einige Stellen ab und ich zuckte kurz zusammen. Nach wenigen Sekunden war sie aber schon wieder fertig und ließ von mir ab:
„Es scheint alles in Ordnung zu sein. Wenn Sie sich selbst bereit fühlen, können Sie nach Hause. Ich schreibe Ihnen noch Schmerzmittel auf und kommen Sie bitte am Dienstag noch einmal her, um die Fäden ziehen zu lassen"
„Ich darf wirklich einfach gehen?" fragte ich noch einmal nach.
Die Ärztin nickte: „Wenn es Ihnen gut geht, dann ja"
„Und was ist mit meinen Fantasien? Denken Sie ich bin verrückt?" fragte ich ernsthaft nach. Ich wollte es von ihr hören.
„Nein, ich glaube Sie haben wegen dem Fieber fantasiert. Wir haben keine folgenden Schäden an ihrem Gehirn festgestellt"
„Du hast fantasiert?" fragte Ellie etwas besorgt und ich nicke.
„Anscheinend schon, ich kann mich aber nicht erinnern"
„Fühlst du dich denn bereit nach Hause zu gehen?"
Ich überlegte kurz und nickte dann.
„In Ordnung, dann sehen wir uns am Dienstag. Bis dahin" verabschiedete sich die Ärztin und gemeinsam verließen wir den kleinen Besprechungsraum.
Im Badezimmer zog ich mir meine normalen Sachen wieder an und schulterte meinen Rucksack.
Love stützte mich die ganze Zeit während wir aus dem Krankenhaus gingen und auf den Weg nach Hause machten.
Den Zettel von Hera, der in meinem Rucksack war, vergaß ich keine Sekunde. 

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