Alltagsaufregung
Ein Tag wie jeder Andere.
Stress umschließt mich wie schwarzer Teer, lässt mich nicht los, klebt an mir und droht mich zu ersticken.
Okay, ich weiß, ich steigere mich nur in meine winzigen Alltagsprobleme hinein, gebe ihnen viel zu viel Aufmerksamkeit, viel zu viel Raum in meinem Leben.
Dabei bin ich doch eigentlich ganz zufrieden, setzte mich nur selbst unter Druck und setzte mir nur selbst imaginäre Grenzen.
Ich bin selbst mein größter Feind, selbst wenn ich das meistens nicht wahrhaben will und die Schuld stattdessen lieber auf Andere schiebe.
Aber darum soll es heute nicht gehen, es geht um diesen ganz normalen Tag, der war wie jeder Andere.
Der Himmel weinte schon seit Stunden und dicke, schwere Tropfen fielen klatschend auf die bunten Regenschirme der Leute, tropften auf die hohen, eng nebeneinander stehenden Häuser und bedeckten die schmutzigen Straßen.
Ein ohrenbetäubendes Prasseln war zu vernehmen, wollte bereits seit den frühen Morgenstunden nicht mehr aufhören.
Ich hatte keinen Schirm dabei, würde spätestens, wenn ich am Supermarkt, meinem Ziel an diesem kalten Abend, ankam, vollkommen durchnässt sein.
Genervt zog ich die Kapuze meines schwarzen Pullis weiter nach vorne, sodass mir der Regen weniger ins Gesicht fiel.
Ich beeilte mich, hatte noch Einiges zu tun; Hausaufgaben, Aufräumen, Kochen, meine Tasche packen und mit meiner armen Freundin schreiben, die gerade Liebeskummer hatte, sich den ganzen Tag im Bett verkroch, romantische Filme sah und die schlimmste Zeit ihres Lebens durchmachte.
Ich sah schon die grellen, bunten Werbeplakate und die halb zerstörten Einkaufswägen am Eingang des Ladens, beschleunigte meine Schritte noch einmal, wobei die gelbe Stofftüte, die mit leeren Plastikflaschen gefüllt war, an meiner Hand unruhig hin und her schaukelte.
Ich schlüpfte durch die Tür, die sich viel zu langsam vor mir öffnete, und schnappte mir einen roten Korb.
Was wollte ich nochmal holen?
Achja, Eier und Joghurt und Äpfel.
Und vielleicht machte ich auch noch einen Abstecher zu den Schokoladenregalen.
Umständlich quetschte ich mich neben einem schlecht geparkten Einkaufswagen durch den viel zu engen Gang und kippte dabei fast irgendwelche Flaschen hinter mir um.
Kopfschüttelnd ging ich weiter.
Die Leute konnten aber auch nicht aufeinander achtgeben, nein sie dachten immer nur an sich selbst.
Na gut, ihr habt Recht, das mit dem Einkaufswagen hätte auch ein Missgeschick sein können.
Möglichst schnell schnappte ich mir die benötigten Dinge und schlenderte zum hässlichen, grauen Pfandflaschenautomaten.
Dann nahm ich die erste Wasserflasche aus dem Beutel und schob sie in die Öffnung.
Ich wartete einen Moment, doch der Automat warf sie wieder hinaus.
'Kennt die Marke nicht.', las ich leise grummelnd die Worte, die auf dem Display erschienen, und steckte die Flasche stur erneut in den Automaten.
Wieder klappte es nicht.
Beim dritten Mal wippte ich bereits unruhig mit dem Fuß und kaute auf meiner Unterlippe.
Ich pustete Luft in die Flasche, aber er wollte sie einfach nicht nehmen und hinter mir räusperte sich eine ältere Frau, die ebenfalls wartete.
Ist ja schon gut, ich mach ja schon.
Ich seufzte laut, versuchte ein letztes Mal erfolglos diese verdammte Flasche loszuwerden, von der ich mir ganz sicher war, dass ich sie hier gekauft hatte und dass dieser geistreiche Automat die Marke kennen musste.
Danach steckte ich sie einfach zurück in meine verblichene Tasche, weil sich hinter mir bereits eine lange Schlange gebildet hatte.
Unruhig befestigte ich eine meiner blonden Locken hinter meinem Ohr und begann die nächsten Flaschen in die Öffnung zu stecken, bis ich endlich fertig war und meine Tasche leer war.
Ich drückte auf den kleinen, grünen Knopf und zog schnell meinen Bon heraus, um die wartenden Leute nicht weiter aufzuhalten.
Zum Schluss blickte ich den Automaten noch einmal wütend an.
Wir haben jetzt Krieg, mein Lieber.
Hoffnungsvoll schaute ich auf die Anzeige des nächsten Automaten, aber natürlich prangte dort mit dicken, roten Buchstaben das Wort "voll", sonst hätte sich kaum niemand hier angestellt.
Dann eben nicht.
Ich stellte die unwillige Flasche neben den Automaten auf den von staubigen Fußabdrücken geprägten Boden und zerknüllte die Stofftasche, bevor ich zur Kasse ging.
Entweder diese Automaten hassten mich oder ich war einfach der ultimative Pechvogel.
Vielleicht auch Beides.
An der Kasse brauchte ich mal wieder viel zu lange, um das Kleingeld aus meinem von Kassenzetteln überfülltem Poirtmonaie zu fischen, wobei mich die Kassiererin, eine stark geschminkte, brünette Dame mittleren Alters mit einem kühlen Blick, genervt musterte.
Irgendwie waren doch alle in Eile.
Jeden Tag, jede Woche, jedes Jahr aufs Neue hetzten wir durch das Leben, erfüllten Aufgaben und vergaßen dabei meist an die wichtigen Dinge zu denken, denn im kleinen Chaos des Alltags geht alles Unscheinbare, Wertvolle unter.
Deswegen nahm ich mir vor, dass ich das Beste aus meinen Tagen machen, dem Pfandflaschenautomaten das nächste Mal nett zureden, meine einsame Freundin öfters besuchen, anstatt ihr nur zu schreiben, und meiner Mutter, gleich wenn ich Zuhause war, sagen würde, dass ich sie liebte.
Letzteres weil es stimmte, damit sie es nicht vergaß und weil diese Welt diesen Funken Liebe und Menschlichkeit brauchte
und das nicht nur von mir.
Denn wir waren nicht so wie der Pfandflaschenautomat.
Wir waren keine Maschinen und wir hatten Herzen.
Herzen die man mit Gefühlen und Zeit und Erinnerungen füllen
konnte,
sollte,
musste?
***
Ja, ich geb es zu, dass ist nicht die spannenste Story, aber irgendwie wollte ich das gerade niederschreiben, (ungefähr wie ich das erlebt habe,) und vielleicht findet ihr euch ja ein bisschen darin wieder oder werdet davon zum Nachdenken angeregt.
Bis dann :)
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