Das leben ist kein Film

Manchmal fühlt sich das leben an wie ein Film, doch dann fällt die ein, dein leben ist kein Film und genau dann passiert etwas, das dir wirklich klar macht, das es wirklich dein leben ist und kein Film. 

"Wie geht es deinem Arm? " fragt Kellin und deutet auf den verband, der noch immer um meine Schnittwunde gebunden ist. "alles bestens!" lächle ich. "Übrigens du hast das letzte mal etwas in meinem Wagen vergessen!" mit etwas besorgtem Blick reicht er mir ein dunkles Bandana. Ich erinnere mich, das ich es um meinen Arm gewickelt hatte, als ich mich das erste mal wieder selbst verletzt hatte. Ein paar Momente sind wir still und sehen uns einfach nur an. 

"Wieso glaubst du, das du falsch bist?" fragt Kellin und ich habe keine Ahnung wo von er spricht. "Was?" "Als ich dich geküsst habe, bei uns zuhause und du meintest es ist falsch. Als ich dann gesagt habe, das es nicht falsch ist, da hast du gesagt, du bist falsch! Warum?" er streicht mit über die Wange. "Ich bin nicht gut!" murmle ich und schaue auf das offene Feld vor uns. Ich schüttle meinen Kopf, als ich jemanden sehr bekanntes dort auf uns zukommen sehe. "Du bist gut!" meint Kellin und streicht mir ein paar Haare aus dem Gesicht. "Wieso hast du dich nicht gewehrt, als diese Jungen dich verprügelt haben?" Ich antworte nicht. "Du denkst, du hast es verdient!" ich konnte nichts sagen. Erstens es stimmte was er sagte, zweitens der Mann der mir jede Nacht das leben zur Hölle macht, kommt gerade auf uns zu. 

"Franky?" Kellin nimmt mein Gesicht zwischen seine Finger und dreht es in seine Richtung. "Aussteigen!" ruft es von draußen und jemand klopft stark gegen die Fahrerscheibe. Kellin dreht sich um und lässt das Fenster runter. "Mein Sohn sollte in seinem Bett liegen! Er ist immer noch Krank!" knurrt Klaus. "Er wirkt gar nicht krank auf mich!" grinst Kellin neckisch. "Er ist es aber!" zischt mein Stiefvater und Kellin sieht mich an, als erwarte er das ich sage    -ich bleibe- . Doch das kann ich nicht sagen. Ich kann gar nichts sagen, ich verlasse einfach den Wagen und folge meinem Stiefvater nachhause. 

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Das Wochenende vergeht schnell, ich rede mit niemandem, verlasse mein Bett nicht und am Montag morgen, fühle ich mich auch nicht in der Lage mein Zimmer zu verlassen. 

"Schatz, bist du etwa noch in deinem Zimmer?" ruft meine Mutter und ich wundere mich, warum sie  überhaupt zuhause ist. 

Sie kommt in mein Zimmer setzt sich auf mein Bett. "Geht es dir gut?" fragt sie. "Nein!" sage ich -Ich will sterben- füge ich in meinen Gedanken noch hinzu. "Bist du immer noch Krank?" fragt sie und legt ihren kühlen, langen  Finger auf meine Stirn. "Könntest du mich bitte einfach in ruhe lassen?" frage ich und drehe mich von ihr weg. 

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Als ich auf die Uhr sehe ist es drei Uhr am Mittag. Es klopft an meiner Tür. "Schatz, du hast besuch, dein Freund Billy ist hier!" meint meine Mutter und öffnet meine Tür einen Spalt weit. Ich tue so als würde ich schlafen, denn egal was ich sagen würde, sie würde ihn in mein Zimmer schicken und wenn ich schlafe lässt sie mich hoffentlich in frieden. Und genauso ist es, sie schließt die Tür wieder und verschwindet. 

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Nur eine Stunde später werde ich wieder durch ein klopfen gestört. "Kann man mich nicht einmal in ruhe lassen?" schreie ich und ziehe meine Decke über den Kopf. "Schatz, du hast Besucht!" meint meine Mutter. "Wieso bist du eigentlich den ganzen Tag zuhause?" frage ich genervt und werfe die Decke ans ende meines Bettes. "Ich dachte, mein Sohn ist noch immer Krank und Klaus muss diese Woche wieder mehr arbeiten, also lasse ich meinen kranken Sohn nicht allein!" erklärte sie, mit verletztem Gesichtsausdruck. "Tut mir leid!" entschuldige ich mich. "Auf jeden Fall hast du Besuch!" brummt sie und stößt die Tür komplett auf. Mein Zimmer ist komplett abgedunkelt und das Licht, das aus dem Sonnendurchfluteten Flur in mein Zimmer kommt schmerzt in meinen Augen und ich kann meinen Besucher nicht erkennen. "Du solltest hier wirklich mal wieder lüften!" lacht eine mir mittlerweile sehr bekannte Stimme. "Kellin?" frage ich leise. Mein Herz schlägt auf einmal so schnell und laut, das er es hören muss. 

Schick ihn weg! Er darf nicht hier sein! 

Ich drehe mich um, hoffe er glaubt ich schlafe und verschwindet sofort wieder. Doch ich vergesse meine Decke wieder um mich herum zu wickeln und ich trage kein T-Shirt, dabei ist mein Rücken übersät mit blauen Flecken und Kratzern. Er schaltet das kleine Licht auf meinem Nachttisch an, alles ist still. "Gott, wer hat dir das nur angetan?" Ich kann seine Finger auf meinem Rücken spüren, ganz leicht, er zittert. "Du hättest bei mir bleiben sollen, im Auto!" Tränen rennen über meine Wangen und er streicht mir sanft über meinen Arm. Ich kann spüren wie seine Lippen sich an mein Ohr legen. "Ich weiß, das du wach bist!" flüstert er. 

Ich drehe mich zu ihm um  und kaue auf meinem Lippenpiercing herum.  "Was tust du hier? was wenn meine Mutter rein kommt?" frage ich und fühle mich schon wieder wie in einem beschissenen Teeniefilm. Aber mein leben ist kein Film! Es wird wieder etwas passieren, das alles kaputt macht! 


Außerdem verdienst du ihn nicht! Du verdienst all das nicht! 

"Wenn interessiert es, ob deine Mutter rein kommt, oder nicht?" lacht er und streicht mir ein paar Haare aus dem Gesicht. "Mich! Es interessiert mich, Kellin!" Ich setzte mich auf und lehne mich an die Kopflehne. Kellin streicht über ein paar Blätter, die auf meinem Nachttisch liegen. "Sag meinen Namen nicht so!" er nimmt eines der Blätter in die Hand. Ich liebe es zu zeichnen, aber jedes mal wenn ich anfange, werden die Bilder düster und sie enden auf meinem Boden, oder meinem Schreibtisch, meinem Stuhl, oder meinem Nachttisch. 

"Wie denn?" ich rolle mit den Augen. "Nicht so!" er nimmt ein anderes Blatt. "Wie denn?" frage ich lauter. "Du hast echt Talent!" "Wie soll ich deinen Namen sagen?" frage ich laut und etwas ungeduldig. "Sag es nicht so genervt! Sag es liebevoll, als hättest du mich gern!" er legt das Bild zur Seite. "Ernsthaft, was ... warum ... wenn interessiert es, wie ich deinen Namen sage?" "Mich! Mich interessiert es!" grinst er und setzt sich neben mich. "Du hast mich doch gern, oder?" Mein Gehirn scheint sich komplett aus zu schalten. "Was wenn meine Mutter rein kommt?" frage ich. "Kell?" ich kürze seinen Namen ab, aber spreche ihn so liebevoll aus, wie ich nur kann.  Er sieht mich lächelnd an und streicht mir über die Wange. "Sie kommt schon nicht rein!" lacht er und lässt sich schräg über meine Beine fallen. "Wie kannst du das wissen?" frage ich und er legt seinen Zeigefinger auf meine Lippen.  "Sie denkt ich bin mit dir zusammen, also wird sie uns Freiraum lassen! Außer sie ist so eine totale Glucken Mutter!" grinst er. Warte! Hatte er eben gesagt meine Mutter glaubt wir seien  -zusammen- , in einer Beziehung? Meine Mutter weiß nicht einmal das ich auf Jungs stehe! Sie würde das nicht verstehen! Und sie würde mit Klaus darüber sprechen und der würde weiß Gott was mit mir anstellen!

"Du hast ihr gesagt wir wären ein Paar?" sämtliche Farbe weicht aus meinem Gesicht, nicht das sich die Farbe groß verändern würde, aber ich spürte wie die Farbe von Bleich zu Kalkweiß wechselte. "Das war nicht nötig! Sie hat mir so einen Blick zu geworfen!" er sieht etwas Stolz aus, dann mustert er mein Gesicht. "Warum hast du ihr nicht gesagt, das du Schwul bist?" mein Herz rutscht in meine, viel zu weite Schlafanzug Hose. "Sie weiß es wirklich nicht?" lachend setzt er sich wieder auf. "Sag mir nicht, du steckst noch immer fest! Ich meine das ist echt Scheiße!" "Ist das ein Problem für dich?" frage ich und klinge panischer als geplant. Er legt seine Hand auf mein Bein. "Für mich ist es kein Problem, aber ich denke, es würde dir viel besser gehen, wenn du es deiner Mutter erzählen würdest! Es würde dich befreien!" "Hast du es deiner Mutter gesagt?" frage ich mit scharfem Ton. Ich sollte wirklich meine Klappe halten, wenn ich nicht vorher über meine Worte nachdenke. Denn hätte ich nachgedacht, wäre mir in den Sinn gekommen, das seine Mutter starb als er elf Jahre alt war.  

Sein Kiefer ist verspannt und er sieht auf meine nackten Zehen. "Ich hatte nie das recht mit ihr darüber sprechen zu können!" er schluckt laut hörbar. "Tut mir leid!" sage ich. "Tut mir leid! Tut mir leid!" entschuldige ich mich laut. "Ist okay!" er kneift in meinen großen Zeh. "Hast du es nicht satt, alles vor jedem zu verstecken?" fragt er mich, ich nestle am Bund meiner hellblauen Schlafanzughose herum, suche nach einer Antwort die ich ihm geben kann, ohne alles preis zu geben. "Tut mir leid!" entschuldigt er sich. 

"So du warst also heute nicht in der Schule?" fragt er nach einigen stillen Minuten. "Billy hat gesagt, du bist Krank!" "Ich bin nicht Krank!" murmle ich. "Also, hast du nur eine Arbeit geschwänzt, oder so?" "Ist doch völlig egal!" lache ich. "Du weißt, das du so deine Zukunft zerstörst?" "Wer bist du? Meine Mutter?" knurre ich und ziehe meine Knie an, er lacht. "Nein, aber du hast echt Talent und wenn du nicht zur Schule gehst, wirst du es nie einsetzten können!"  "Ich habe meine Gründe, warum ich nicht in der Schule gewesen bin!" zische ich und umklammere mein Kopfkissen, dann lege ich mich hin. Ich lege mich auf den Bauch und tu so als würde ich schlafen. "Franky?" fragt Kellin mit sanfter Stimme. "kell?" frage ich und er legt sich neben mich. "Was ist mit deinem Rücken passiert? Und mit deinem Hals letzte Woche? Und sag mir nicht, es kommt von den Jungs die dich verprügelt haben, denn das sind Kratzer und die haben dich nicht gekratzt, außerdem sind die Kratzer frisch!" er streicht über meine Wange. Ich bin überfordert, meine Gedanken rasen zu schnell. 

"Ich bin die Treppe runter gefallen. ... ich bin ausgerutscht... Eine Katze hat mich angegriffen! Ich bin einfach ein Tollpatsch!" Die Worte sprudeln nur so aus mir heraus, er setzt sich auf und an seinem Blick kann ich erkennen, das er mir nicht glaubt. Verdammt nicht einmal ein unterbelichteter Elch würde mir glauben!

"Was, bist du von der Treppe in ein Müllauto gefallen?" ruft er und ich bete das meine Mutter ihn nicht hören kann. Er steht auf und tritt zurück, als wäre ich ansteckend, oder als würde er mich mit jeder seiner Berührungen verletzten. 

"Frank, rede mit mir! W... War er das?" seine Augen werden weit und es sieht aus, als würde er gleich weinend auf dem Boden zusammensacken. "Wovon redest du?" frage ich, meine Stimme hat keinen Ton mehr. "Dein Stiefvater, war er das?" "Ich weiß nicht wovon du redest!" schreie ich und setzte mich auf. Ich wünsche mir das er verschwindet! Ich will das er geht! 

Ich muss meine Augen schließen, will nicht das er meine Tränen sieht. "Warum kannst du es mir nicht einfach sagen?" fragt er, sein Ton wird wieder etwas sanfter. "Warum bildest du Mauern um dich herum?" seine Stimme ist kaum noch mehr als ein flüstern. Ich kaue auf meinem Lippenpiercing und lasse mich nach hinten fallen. Ich sage doch, mein leben ist kein Film! Es passiert immer etwas, das es zerstört! Mein leben ist kein Film, glückliche Momente vergehen! 

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