Zuhause

Wir alle blickten mit einer gewissen Angst in das Rohr, in dem ein immer größer werdender Schatten erkennbar wurde und die Spinne ankündigte. Den Wächtern war es bereits zu viel und sie warfen sich auf den Boden, wobei sie sich mit Heu bedeckten, damit sie wohl von der Spinne nicht entdeckt werden. Das kümmerte uns aber wenig, da wir uns natürlich alle um die immer näher kommende Spinne sorgten. Dann war es soweit. Ihr Kopf ragte aus dem dunklen Rohr und ihr langes spitzes Horn direkt über ihren Augen sah sehr gefährlich aus. Dies galt auch für ihre kräftigen Mundwerkzeuge. Schon jetzt wusste ich, dass wir keinesfalls zu nah an sie gehen durften, da ein Biss von ihr sehr schmerzhaft werden würde. Ihr übriger Körper war nun ebenfalls sichtbar und so erkannten wir ihren hellrot gefärbten Körper, von dem sechs gelb-lila gestreifte Beine ausgingen, wovon sie nur die vorderen vier zum Krabbeln benötigte. Allerdings war es nicht ihr Aussehen, das mich so beschäftigte, sondern ihre Größe. Wer dachte, Spinnen wären kleine Krabbler, sah sich hier gewaltig getäuscht. Sie war nämlich genauso groß wie Nachtschweif! Daher war ich doch zunächst starr vor Schreck. Die anderen waren auch von ihrer Größe verängstigt und warteten ab. Nur Frostine stellte sich ihr mutig entgegen und prahlte: "Mir machst du keine Angst! Ich werde dich mit meinem Eisstrahl wegpusten!" Anstatt dass die Spinne sich bereit zum Ausweichen machte, grinste sie und starrte das Glaziola intensiv an. Ich fragte mich, was das werden sollte, da merkten wir, wie Frostine sich schwer tat, einen Eisstrahl abzuschießen. Sie war geschockt: "Was? Mein Eisstrahl geht nicht." Nachtschweif murmelte: "Oh nein. Das war der Aussetzer." Die Spinne lachte: "Ganz recht! Wie gut, dass du gerade eben deinen Eisstrahl an meinem Spinnennetz verschwendet hast." Frostine war sehr erzürnt, immerhin konnte sie ihren kraftvollsten Angriff nicht mehr benutzen. Aufgebracht sprach sie zu uns: "Wir sind in der Überzahl! Wenn wir sie alle gleichzeitig angreifen, ist sie erledigt. Auf geht's!" Gegen ihren Vorschlag war nichts einzuwenden, daher attackierten wir die Spinne mit allem, was wir hatten. Allerdings wich sie meiner Lichtkugel und auch Traunfugils Spukball problemlos aus und spinnte sogar noch ein Spinnennetz, in das Nachtschweif und Frostine bei ihren physischen Angriffen hineinliefen. Erst jetzt sah ich, dass der Frontalangriff ein großer Fehler gewesen war. "Nein!", schrie ich, als ich Nachtschweif und Frostine gefangen im Spinnennetz sah. Sie versuchten sich aus diesem zu befreien, aber weil sie offenbar keine Attacken einsetzen konnten, klappte es nicht. Immer noch davon geschockt ging ich einige Schritte zurück. Wir konnten es uns kein weiteres Mal leisten, so ins offene Messer zu laufen. Daher versuchte ich einen neuen Plan zu finden, aber die Spinne gab mir keine Zeit. Sie begann plötzlich auf die Decke zu krabbeln und versuchte sich genau über mir in Position zu bringen. Überrascht, dass ein so großes Pokémon an der Decke spazieren konnte, stieg meine Furcht weiter, sodass ich jetzt einfach eine Mondgewalt-Attacke auflud und abschoss. Ich atmete auf, als die Lichtkugel die Spinne traf, aber trotzdem krabbelte sie einfach unbeirrt weiter. Mein Herz raste immer schneller. Meine Attacke war ja völlig nutzlos. Noch dazu war die Spinne jetzt genau über mir und ließ sich auf mich fallen. Ich schrie und lief weg. Dabei achtete ich natürlich nicht auf die Umgebung und so spürte ich, wie ich in etwas klebriges lief. Ich war ins Spinnennetz gelaufen. "Lia!", rief Nachtschweif entsetzt, der genau neben mir in der Luft hing. Auch Frostine war nicht erfreut und meinte: "Wie kannst du nur so blöd sein und ins Spinnennetz laufen?" Ihr wütender Blick machte mir nun klar, dass ich wirklich Mist gebaut hatte. Wie konnte ich nur blind ins Netz gehen, wo ich doch gewusst hatte, dass es da war. Wütend über meinen eigenen Fehler sah ich bedrückt zum Boden. Nachtschweif, der mir wohl schon verziehen hatte, gab sich wieder optimistisch: "Wenigstens haben wir noch Traunfugil. Er wird es schon schaffen." Er musste es schaffen. Daher sah ich gespannt auf das Kampfgeschehen. Aber was war denn mit dem Geist los? Er war ja völlig verängstigt und hatte sich in der Röhre versteckt. Da fiel mir wieder ein, was er zu mir gesagt hatte. Er war ein ängstlicher Geist und hatte sich, als die Menschen wegen dem Mondstein gekommen waren, auch versteckt. Irgendwie erinnerte er mich an mich. Ich war auch eher ein ängstliches Wesen und traute mir ebenso wenig zu. Aber in diesem Fall musste er über seinen eigenen Schatten springen. Unser Leben hing davon ab.

Der Geist, der die ganze Zeit zitternd auf den Boden gestarrt hatte, blickte auf uns. Als sein Blick dann auf mich traf, war er bestürzt. Er ertrug es nicht, mich so hilflos zu sehen und genau dieses Gefühl gab ihm die nötige Portion Mut, um jetzt aus der Röhre herauszutreten und sich der Spinne zu stellen. Diese lachte ihn aus und nannte ihn einen Feigling, doch den Geist ließ das kalt und er feuerte eine Spukball-Salve ab. Die Spinne war von diesem Angriff zu überrascht und konnte gerade den ersten Bällen nicht ausweichen. Um den Geist noch mehr zu motivieren, rief ich ihm zu: "Das war ein super Angriff! Mach weiter so!" Er hörte auf mich und attackierte die Spinne weiter, doch auch wenn die meisten Spukbälle ihr Ziel nicht verfehlten, so machte es ihr erstaunlich wenig aus. Der Geist wirkte nun erschöpft und konnte es auch nicht glauben, dass seine Angriffe nicht wirklich effektiv gewesen waren. Doch die Spinne ließ ihm keine Zeit zum Durchatmen und versuchte ihn mit ihrem Giftstachel zu stechen. Ganz knapp nur wich der Geist der Attacke aus. Aber es war jetzt schon abzusehen, in welche Richtung der Kampf lief. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihn die Spinne erwischen würde. Auch Nachtschweif und Frostine bemerkten das, was ich ihnen am übermäßigen Schwitzen ansah. Es war wirklich ein ganz schlimmes Gefühl nur zusehen zu können. Der Geist hatte jetzt einen neuen Plan, denn er schwebte nun genau vor dem Kopf der Spinne, wobei seine Augen rot glühten. Erstaunlicherweise regte sich die Spinne in diesem Moment kein bisschen und schien wie... hypnotisiert zu sein. Davon waren auch Nachtschweif und Frostine beeindruckt. Wir alle hofften, dass der Geist damit erfolgreich war und fieberten mit. Er schien sie jetzt wirklich in seine Kontrolle gebracht zu haben, da er als Test die Spinne im Kreis drehen ließ. Es funktionierte, was ihm ein kleines Lächeln ins Gesicht brachte, doch offenbar ließ in diesem Moment die Konzentration nach, denn die Spinne schüttelte plötzlich ihren Kopf und packte dann mit ihren Mundwerkzeugen zu. Das geschah zu schnell für den Geist, in den sich die Spinne nun festgebissen hatte. Vor Schmerzen begann er zu zappeln und zu schreien, aber er konnte sich nicht von ihrem Biss befreien. Das wollte ich mir nicht länger ansehen und wollte mit einer Lichtkugel dazwischen gehen, doch auch ich stellte fest, dass das Spinnennetz mich lähmte und ich somit keine Attacken aufladen konnte, was mich frustrierte. Wie sollte das nur enden? Der Geist wirkte hilflos, da sah ich, wie eine Fackel, die eigentlich an der Wand hing, plötzlich zu schweben begann und auf die Spinne zukam. Das bemerkte sie und erschrak, wodurch der Geist endlich von ihrem Käferbiss befreit war. Nachtschweif jubelte: "Das ist es! Feuer ist ihre Schwachstelle!" Ängstlich krabbelte die Spinne vom Geist weg und bat ihn, sie zu verschonen. Dass sie tatsächlich um Gnade bettelte, wunderte uns schon ein bisschen, allerdings war es zu verstehen, dass sie nicht unbedingt gebrutzelt werden wollte. Also stellte der Geist die Bedingung: "Nur wenn du uns gehen lässt." Die Spinne hatte keine andere Wahl und willigte ein. Zur Sicherheit ließ er die Fackel noch vor der Spinne schweben, um das Spinnennetz in Ruhe zerstören zu können und uns zu befreien. "Ein herrliches Gefühl, sich wieder frei bewegen zu können.", freute sich Nachtschweif und bedankte sich beim Geist. Dieser sah aber sofort nach mir und fragte mich: "Geht's dir gut?" Ich nickte glücklich und antwortete: "Dank dir schon." Zufrieden darüber meinte er dann, dass wir langsam verschwinden sollten. Wir riefen die ängstlichen Wächter herbei, die sofort laut aufschrien: "Ahh! Sie lebt ja noch. Wir dachten, ihr hättet sie besiegt?" Wir lachten und waren etwas verwundert, dass sie wirklich nichts mitbekommen hatten. Dann verließen wir den Raum und waren erleichtert, das überstanden zu haben.

Still gingen wir weiter den vereisten Tunnel entlang, da sagte Frostine: "Eigentlich ein Jammer, dass wir Ariados nicht angezündet haben. Schön knusprig hätte es bestimmt sehr gut geschmeckt." Ob das Eispokémon das wirklich ernstgemeint hatte, wusste ich nicht, aber wie man bei diesem ekligen Gestank im Tunnel überhaupt ans Essen denken konnte, verstand ich nicht. Auch die anderen ignorierten diese überflüssige Bemerkung und sahen lieber auf das, was vor uns war. Vor uns führte nämlich eine Treppe nach oben, die wir ohne zu zögern hinaufliefen. Freude machte sich in uns breit, als wir den lila Nebel über uns sahen. Wir waren aus der Villa entkommen. Doch die Freude war nur für kurze Dauer, denn der Wald war nicht gerade sicherer. Ich versuchte mich zurechtzufinden und merkte schnell, dass mir die Umgebung vertraut vorkam. Um uns herum waren nämlich erstaunlich wenig Bäume und auch der Boden war matschig. Hier gefiel es mir wirklich nicht. Daher schlug ich vor, wieder in den tieferen Wald zu gehen. Nachtschweif war von meinem Vorschlag irritiert: "Wieso denn? Es scheint doch so, als würde es hier aus der Welt gehen." Doch ich berichtete ihm von meinem Erlebnis und schilderte ihm, wie ein grünes Licht mich ins Verderben gestürzt hatte. Nachtschweif und Frostine schienen sich sehr für das mysteriöse Licht zu interessieren, aber ich konnte es ihnen auch nicht sagen, was es genau war. Hier wusste der Geist mehr: "Das war ein Irrlicht. Sleimoks, die im Sumpf leben, benutzen es, um ahnungslose Pokémon anzulocken." Diese Erkenntnis vergrößerte meinen Hass auf die Sleimoks noch mehr. Jetzt kam Nachtschweif auf unsere Mission zu sprechen und fragte mich, ob wir diese Welt überhaupt schon verlassen konnten. Schließlich hatten wir den Wächter noch nicht befragt. Doch ich schüttelte nur den Kopf und erzählte, dass es keinen Wächter mehr gab. Niemand konnte uns mehr etwas über die Menschen sagen. Nachtschweif knurrte entsetzt und fragte verzweifelt: "Aber was sollen wir dann tun? Wie sollen wir die Menschen finden?" Bei dieser Frage räusperte sich der Geist. Wir sahen ihn gespannt an. Wusste er etwa doch etwas? Wir lauschten ihm: "Nun ja, ich hatte mich ja im Schrank versteckt, als sie den Stein genommen haben. Und dabei konnte ich ein Gespräch mithören. Ich wusste zwar nicht, wovon sie da geredet haben, nur bekam ich mit, dass der lilane Stein wichtiger war als alle anderen Steine. Nur mit diesem Stein würden sie nämlich ihren Plan verwirklichen können." Wir waren überrascht. Das war ja doch eine ganze Flut an Informationen. Gleichzeitig waren sie aber verwirrend. Wieso war ausgerechnet der lila Stein so wertvoll für die Menschen? Und wieso stahlen sie die anderen Steine überhaupt, wenn sie sie nur verkauften? Ich war ratlos, genau wie Nachtschweif. Er fragte den Geist weiter: "Und weißt du auch, was das für ein Plan sein soll? Oder wo sie die Steine hinbringen?" Der Geist versuchte sich zu erinnern: "Hm... über den Plan weiß ich nichts mehr, aber ich habe noch gehört, dass sie den Stein nach Grünstadt bringen wollten." Nachtschweif zuckte mit den Ohren: "Grünstadt? Diese Stadt liegt wie die Siedlung in der Nähe unseres Waldes. Nur auf der anderen Seite." Na das waren doch mal gute Neuigkeiten! Jetzt hatten wir wieder ein Ziel. Auch wenn es wieder einen weiten Weg bedeutete. Noch dazu mussten wir erstmal den Ausgang dieses Finsterwaldes finden, was allein schon schwierig werden dürfte. Wenn wir ihn doch schon verlassen hätten! Plötzlich wurde mir schwarz vor Augen und alles begann sich um mich zu drehen. Ich wusste nicht, wie mir geschah, doch im nächsten Moment war wieder alles normal. Nach diesem komischen Vorfall schüttelte ich mich kurz, da fiel mir auf, wie ich plötzlich in der Sandwüste stand, direkt vor dem Finsterwald. "Was zum?", rief ich schockiert und bemerkte auch, dass Nachtschweif und die anderen nicht mehr neben mir standen. Ich verstand die Welt nicht mehr und dachte schon, dass ich endgültig den Verstand verloren hätte. Da realisierte ich erst, was gerade geschehen war. Ich hatte mir gewünscht, aus dem Finsterwald zu fliehen und wie durch Magie, wurde mir dieser Wunsch gewährt. Aber war das möglich? Ich war doch keine Zauberin. Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden, und so wollte ich mich wieder zurück teleportieren. Mir wurde wieder schwarz vor Augen und im nächsten Moment war ich tatsächlich wieder bei Nachtschweif. Sie alle sahen mich mit riesigen Augen an und schienen es nicht zu glauben. Ich konnte es ja auch nicht. Nachtschweif rief dann erfreut, der wohl die Antwort darauf hatte: "Das war Teleport! Und das ist die Lösung für alle unsere Probleme. Überleg doch. Damit können wir ganz einfach an jeden Ort gelangen, den wir schon kennen." Er hatte recht. Ich freute mich unheimlich, fragte mich aber, ob das für uns überhaupt etwas bringen würde. Ich konnte nämlich doch nur mich teleportieren. Oder etwa nicht? "Aber kann ich euch überhaupt mitnehmen?", fragte ich unsicher. Das konnte mir keiner beantworten. Nachtschweif meinte dazu: "Wir sollten es ausprobieren. Am besten wir berühren dich dabei. Vielleicht klappt es ja so." Ein guter Vorschlag, doch bevor wir endlich aus dieser Welt verschwinden konnten, kam nun der Abschied. Dabei sah ich betrübt zum Geist. Es tat mir so leid, ihn zu verlassen; schließlich wusste ich, wie sehr er hier unter seiner Mutter litt. Der Geist konnte meinen Blick deuten und sprach nun selbst, wobei seine Stimme ziemlich zittrig war: "Ähm... ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber könnte ich vielleicht... euch begleiten?" Damit hatte ich nun nicht gerechnet und war daher zunächst sprachlos. Aber natürlich stand die Antwort sofort bei mir fest, denn er hatte mir nicht nur geholfen, Nachtschweif und Frostine zu befreien, sondern er war mir auch richtig sympathisch geworden. Daher lächelte ich ihn an. Er freute sich riesig und war froh, für die nächste Zeit weit weg von seiner Mutter zu sein. Für Nachtschweif und Frostine war es auch in Ordnung und so probierten wir auch gleich meine neue Fähigkeit aus. Die Wächter, der Geist, Nachtschweif und Frostine; sie alle waren um mich herum versammelt und berührten mich, während ich mich konzentrierte. Nicht mal eine Sekunde verging und wir waren woanders. Sofort fühlte ich das weiche Gras unter meinen Füßen. Endlich! Frostine fragte sich: "Wo sind wir hier?" Nachtschweif lächelte wie ich zufrieden und sprach: "Zuhause."

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