Willkommen zurück
Mein Lächeln blieb nicht lange unentdeckt und so hörte ich bereits jemanden rufen: "Seht nur! Lia lebt!" Die Nachricht verbreitete sich wie ein Feuer und schien eine Welle der Freude auszulösen, was mich noch breiter grinsen ließ. Ich öffnete meine Augen, setzte mich aufrichtig hin und sah dann in die vor Freude strahlenden Augen meiner Freunde. Dabei blieb mein Blick an einem Augenpaar hängen. Seine roten Augen, die noch ganz feucht waren, funkelten mich an. Hatte er etwa geweint? Für einige Momente starrte er mich regungslos an; vermutlich konnte er nicht glauben, dass ich noch lebte. Dann aber schien er es zu realisieren und er lief auf mich zu. Da ich noch am Boden saß, konnte er mich gut mit seinen Pfoten umarmen. Er drückte mich ganz fest, was auch mir unglaublich gut tat. Wie oft hatte ich schon geglaubt, ich würde ihn nie wiedersehen? Umso schöner fühlte es sich jetzt an, ihm ganz nah zu sein. Bei der Umarmung fiel mir jedoch auf, dass er weinte. Dann flüsterte er mir ins Ohr: "Ich dachte, ich hätte dich für immer verloren." Er sprach mir aus der Seele, daher sagte ich ihm das Gleiche. Nachtschweif löste sich dann aus der Umarmung und sah mir mit einem eher ernsten Gesichtsausdruck in die Augen. "Was hast du dir dann dabei gedacht, als du in die Höhle gestürmt bist? In deinem Zustand war das viel zu riskant! Du hättest dabei ganz leicht sterben können." Ich spürte, dass er von mir eine gute Erklärung haben wollte, da er wirklich kein Verständnis für mein riskantes Manöver hatte. Das konnte ich ihm nicht einmal Übel nehmen; mich hätten schließlich in der Höhle wirklich die Kräfte verlassen können, wodurch Frostine mich dann töten hätte können. An meiner Erklärung schien aber nicht nur Nachtschweif Interesse zu haben, denn ich spürte nun sämtliche Augen auf mich gerichtet. Daher begann ich zu erzählen: "Also nachdem Hellschatten eingefroren war, mussten wir ja was tun. Irgendjemand musste das Glaziola schließlich in die Höhle locken, sonst würde der Spuk nie enden. Also habe ich das gemacht. Aber ich hätte das natürlich nie gemacht, wenn ich da nicht auch lebend wieder rauskommen würde. Mein Plan war es, sobald der Eingang zugeschüttet war, mich zu teleportieren." Die Pokémon um mich herum waren über mich erstaunt. Das mir bekannte Guardevoir fragte mich dann aber: "Wie konntest du dich aber in einer Höhle teleportieren? Das klappt doch für gewöhnlich nicht." Das Guardevoir hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Genau dieser Gedanke war auch meine größte Befürchtung bei dem Plan. Die anderen warteten geduldig auf meine Antwort, also erzählte ich weiter: "Ich gebe zu, dass ich spekuliert habe. Ich dachte mir, wenn mich nur wenige Meter vom Höhlenausgang trennen, würde es vielleicht klappen. Und so war es dann auch." Alle blieben erstmal stumm, bis dann Blubella meinte: "Dann warst du bereit, dein Leben auf's Spiel zu setzen, nur um das Glaziola zu stoppen?" Obwohl es sich verrückt anhörte, hatte sie vollkommen recht, weshalb ich nickte. Dann begannen alle plötzlich zu klatschen. Ich wurde ganz rot dabei, da mich das wirklich beeindruckte. "Du warst so mutig!" oder "Du bist eine richtige Heldin, Lia!" waren nur paar der Ausrufe, die ich hörte. Nur Nachtschweif klatschte nicht; er war nicht sonderlich begeistert, dass ich so mit meinem Leben spielte. Das konnte ich wirklich gut verstehen; ich würde genauso reagieren, wenn er etwas Waghalsiges machen würde. Zu viele Sorgen machte ich mir um ihn. Daher ging ich jetzt auf ihn zu und drückte ihn. Dabei entschuldigte ich mich bei ihm. Er sah, dass es mir leid tat, und nahm meine Entschuldigung an, indem er mich noch fester umarmte. Ich lächelte ihn an: "Und außerdem war ich mir wirklich sicher, dass es klappen würde." Nachtschweif lächelte mich nun auch an und verkündete mir die Botschaft: "Dank dir haben wir es auch wirklich geschafft! Frostine ist besiegt!" Ich freute mich natürlich, war aber gleichzeitig traurig, dass wir sie jetzt nicht zurückverwandeln konnten, da sie ja eingesperrt war. Nachtschweif deutete meinen getrübten Gesichtsausdruck richtig und zeigte mir mit seiner Pfote auf den Höhleneingang. Was? Wie konnte das sein? Ich glaubte es nicht, was ich da sah. Der Höhleneingang, der eigentlich von Steinen zugeschüttet sein sollte, war teils zu sehen. Mit anderen Worten, man konnte durch eine kleine Öffnung hindurchgehen. Eine schlimme Befürchtung machte sich in meinem Kopf breit, doch noch bevor ich etwas sagen konnte, schweifte mein Blick ein paar Meter seitlich vom Höhleneingang ab und blieb an einem lila Wesen hängen. "Frostine ist ja kampfunfähig!", platzte es aus mir raus. Raichu sagte stolz: "Nicht schlecht, was?" "Aber wie habt ihr das geschafft?", fragte ich immer noch verwundert. Cresselias helle Stimme antwortete: "Als du noch bewusstlos warst, hat sie es tatsächlich geschafft, sich durch die Steine zu kämpfen. Wir bemerkten natürlich, wie sich die Steine bewegten, und ahnten, dass sie gleich draußen war. Wir machten uns alle bereit und haben sie dann mit einem Attackenfeuerwerk empfangen. Seitdem liegt sie hier." Ich war wirklich beeindruckt und näherte mich dem leblosen Körper von Frostine. Auch wenn sie bewusstlos war, hatte ich ein wenig Angst näher an sie heranzutreten. Als ich dann genau vor ihr stand, betrachtete ich sie genau. Trotz ihrer dunkellila Färbung sah man ihre zahlreichen Wunden und Schrammen vom Kampf. Nachtschweif tauchte neben mir auf und stellte fest: "Du hättest sie sehen sollen, kurz nachdem wir sie bewusstlos geschlagen haben. Da hatte sie doppelt so viele Wunden." Nachtschweifs Worte waren eindeutig. Ihr Körper begann sich sehr schnell wieder zu heilen, was bedeutete, dass wir uns beeilen mussten. Cresselia sprach besorgt zu mir: "Wir hoffen, du bist stark genug, um dich mit ihr zu teleportieren." Ihre Worte ließen mich meine Schmerzen wieder in den Vordergrund rücken. Ich fühlte mich total leer und ausgebrannt; die Attacken, die ich in der Höhle eingesetzt hatte, hatten das letzte bisschen Kraft in mir aufgebraucht. Trotzdem blieb mir keine Wahl. Wenn ich es jetzt nicht schaffte, mich zu teleportieren, waren all meine Bemühungen umsonst. Außerdem wollten wir ja unsere Freundin wieder haben. Während ich meine Kräfte nochmal sammelte, erzählten mir die anderen, dass sie derweil die Verletzten in die Höhle bringen werden, um sie zu versorgen. Sie verabschiedeten sich dann von mir und so begann ich mich mit Frostine zu teleportieren.
Schwer keuchend sackte ich zusammen. "Ich kann nicht mehr!", stöhnte ich vor Erschöpfung und lag am Boden. Es war echt frustrierend, so nah am Ziel zu sein, aber selbst die paar Meter, die mich vom Eingang zu Team Diamants Versteck trennten, vermochten im Moment zu viel für mich zu sein. Ich blickte neben mich auf Frostine. Ihre Wunden waren auf den ersten Blick gar nicht mehr zu erkennen, so schnell hatte sie sich schon geheilt. Gleich würde sie wieder aufstehen, dachte ich mir, was mir noch einen weiteren Kraftschub gab. Ich rappelte mich auf, was ich unter lauten Schmerzensschreien geradeso schaffte, doch beim nächsten Schritt, Frostine mit Psychokinese in den Keller zu tragen, knickten meine Beine wieder ein. "Nein!", schrie ich wütend und begann lautstark zu weinen. Mir wurde bewusst, dass mich mein Körper nun endgültig im Stich lassen würde und ich es deshalb nicht schaffen würde. In diesem Augenblick war ich so wütend auf mich selbst. Ich würde versagen. Wegen mir war alles umsonst. Vulkanus war umsonst gestorben. Nur weil ich es nicht auf die Reihe bekam! Mein lautes Schluchzen wurde dann bemerkt und zwei Menschen kamen auf mich zu. Ihre lila Jacken verrieten mir, wer sie waren. Es waren eine junge Frau und ein junger Mann. Beide erkannten mich und wussten sofort über Frostine Bescheid. Die Frau sagte: "Du siehst ja völlig geschafft aus. Ruhe du dich hier aus, wir werden das Glaziola ins Labor tragen." Sie lächelte mich an und gab mir einige Beeren, die sie in ihrer Jackentasche aufbewahrte. Dann verschwanden sie auch schon mit Frostine im Haus. Verblüfft über die letzten Sekunden verschwand meine Wut. Wer hätte gedacht, dass die Mitglieder von Team Diamant so freundlich sein konnten? Ich verspeiste die Beeren und war froh, dass wir unsere Frostine bald wieder haben würden. Das brachte mich zum Lächeln. Nach diesem harten Kampf im Wald, wo ich schon schlimmste Befürchtungen gehabt hatte, war es einfach wunderbar, es geschafft zu haben. Wer hätte auch ahnen können, dass ein einzelnes Pokémon uns so gefährlich werden würde. In dieser Sekunde erzitterte der Boden und ein dumpfer Knall erklang aus der Ferne. Ich erschrak. Das klang fast so, als wäre ein Haus in sich zusammengestürzt. Da erinnerte ich mich wieder an Dragoran. Es sah wohl so aus, als hätte ihn Team Diamant noch nicht einfangen können, was wirklich keine große Überraschung war. Wir hatten an Frostine selbst gesehen, wie schwer es war. Weil es mich nun interessierte, ob Frostine schon wieder normal war, beschloss ich, mal nach ihr zu sehen, vor allem da es mir nun durch die Beeren ein wenig besser ging. Schließlich sollte Frostine beim Erwachen auch jemanden haben, der sie kannte. Langsam ging in ins Gebäude hinein und stieg vorsichtig die Treppen hinab. Bei jeder Stufe hatte ich Angst, dass mich meine Beine nicht mehr tragen würden, weshalb ich mich an der Lehne festhielt. Nachdem ich das geschafft hatte, folgte ich dem Gang bis zum Zimmer. Voller Vorfreude, Frostine wieder zu sehen, ging ich ins Zimmer. "Lia!", hörte ich sofort ihre Stimme und sah sie glücklich am Boden liegen. Auch ich sah sie erfreut an und begrüßte sie: "Willkommen zurück! Gut siehst du aus. Kein Vergleich zu vorher." Ihr Lächeln verschwand und sie schien nachzudenken: "Um ehrlich zu sein, weiß ich gerade nicht so recht, was passiert ist. Wo sind Hellschatten und Nachtschweif? Waren die nicht auch hier?" Ich trat näher an sie heran und streichelte ihr über den Kopf. Wie sollte ich es ihr sagen? Offenbar hatte sie keinerlei Erinnerungsvermögen an ihre Zeit, in der sie nicht sie selbst gewesen war. Ich blickte zum Laser, vor dem Frostine immer noch lag. Der Polarfuchs bemerkte meinen Blick und sie schien sich plötzlich wieder zu erinnern: "Der Laser! Er hat mich doch erwischt. Aber das bedeutet ja... oh nein!" Ihr Blick wurde blass und sie war beängstigt. Sie konnte sich wohl noch gut an Dragoran erinnern, der außer Kontrolle geraten war, und wusste daher, dass das mit ihr auch geschehen sein musste. Dann sah sie mich bestürzt an und sprach: "Was habe ich Schlimmes angestellt? Habe ich jemanden verletzt? Habe ich welche getötet?" Sie schien sich wirklich viele Sorgen zu machen, sodass ich nichts über den harten Kampf im Wald erzählte. Stattdessen streichelte ich sie weiter und sagte ihr: "Das spielt doch keine Rolle. Du warst nicht du selbst und kannst daher nichts dafür. Wichtig ist, dass du wieder bei uns bist. Wir haben dich vermisst." Ich unterstrich meine letzten Worte mit einem sanften Lächeln. Zufrieden gab sich Frostine jedoch nicht. Sie war untröstlich, dass sie unter Umständen schreckliche Dinge getan hatte, von denen sie noch nichts wusste. Da ich immer noch in der Hocke stand und mein Körper sich wieder äußerst schwach anfühlte, legte ich mich zu ihr auf den Boden. Leider konnte ich dabei ein schmerzbedingtes Stöhnen nicht verhindern. Den langen Ohren von Frostine entging das natürlich nicht. Sie sah mich nun von Kopf bis Fuß ganz genau an und war schockiert: "Du hast ja überall Blutflecken! Sag nichts, es ist meine Schuld, oder?" Das Eispokémon blickte mich unglücklich an und wartete nur darauf, dass ich ihr recht gab. Ich antwortete ihr aber: "Soll ich dir sagen, wer wirklich schuld ist? Die Menschen!" Automatisch sahen wir uns zu den Menschen im Raum um. Während der Professor uns gar nicht beachtete und vertieft in einen leuchtenden Bildschirm blickte, sah uns das junge Menschenpaar lächelnd an. Die Frau sagte uns: "Es tut uns wirklich aufrichtig leid. Uns ist erst jetzt klar geworden, dass Verres größenwahnsinnig war." Von diesen Worten war ich sehr beeindruckt. Sie schienen es wirklich zu bereuen. Auch Frostine traute ihren spitzen Ohren nicht. Sie flüsterte zu mir: "Nanu? Haben die etwa einen Sinneswandel gehabt?" Ich nickte. "Hätten sie den mal früher gehabt.", beschwerte sich der Polarfuchs. Der junge Mann überreichte uns dann noch ein paar Beeren und die Frau kam mit einer großen flauschigen Decke zu mir. Sie deckte mich mit ihr zu und erst in diesem Moment bemerkte ich, wie unterkühlt ich eigentlich war. Durch die großen Schmerzen hatte ich das wirklich nicht bemerkt. "Danke!", sagte ich zur Frau, die mein Zittern wohl bemerkt hatte. Sie verstand meine Worte natürlich nicht, wusste aber, was ich meinte, denn sie lächelte mich an: "Das ist wohl das Mindeste, was wir für euch tun können." Dann verschwand das Menschenpaar, um den anderen Mitgliedern mit dem Fangen von Dragoran zu helfen. Frostine war darüber wenig verwundert: "Diese Flaschen. Vermutlich müssen wir ihnen beim Fangen auch noch helfen." Ich kommentierte dies nicht; viel lieber kuschelte ich mich in die Decke. Frostine stand dann auf und befragte mich nach Hellschatten und Nachtschweif. Ich erzählte ihr, dass sie in der Höhle der Guardevoirs waren. Natürlich standen ihr die Fragezeichen direkt ins Gesicht geschrieben, aber trotzdem ließ ich sie erstmal im Dunkeln. Ich sagte ihr, dass wir bald zu ihnen gehen würden. Frostine schien sich sehr zu freuen, ihre Freunde wieder zu sehen, und wollte natürlich sofort aufbrechen. Doch da ich mich vor dem Teleportieren noch etwas ausruhen wollte, bat ich sie noch um etwas Zeit. Frostine war einverstanden, denn auch sie hatte gerade beim Stehen gemerkt, dass sie noch etwas müde und kraftlos war. So legten wir uns auf den Boden - ich natürlich ganz fest eingemummelt in der Decke - und aßen noch ein paar Beeren.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top