Weitere Gefahren

Einige Augenblicke saß ich jetzt schon auf dem Waldboden und während ich mir kaum Gedanken um meine Wunden machte, dachte ich ständig an das hinterhältige Zoroark. Ich war so wütend auf ihn. Wie konnte er mir das antun, mich für einige Minuten im Glauben zu lassen, dass er Nachtschweif war. Die riesige Freude, die ich in diesem kurzen Augenblick verspürt hatte, ließ mich alle meine Ängste und Sorgen vergessen. Um so schmerzhafter, dass ich schon wieder enttäuscht wurde. Ich blickte nun niedergeschlagen in die schwarze Dunkelheit. Erst in diesem Moment wurde ich mir meiner Lage bewusst. Ich war im Nirgendwo. Die ganze Flucht vor den Vögeln hatte mich tief in das Innere des Waldes getrieben. Ich hatte keine Ahnung mehr, in welcher Richtung die Sandwüste war. Noch dazu hatte ich auch Sonnfel und Lunastein verloren; Dank Zoroark. Im Nachhinein ärgerte ich mich, dass ich ihn entkommen ließ. Schließlich hatte er Nachtschweif, Frostine und die Wächter allesamt getroffen und wohl in eine Falle gelockt. Wenn ich ihn besiegt hätte, hätte ich ihn zwingen können, mir zu verraten, wohin er sie verschleppt hatte. Ich war so dämlich! So war ich jetzt verloren im Wald.

Auf einmal sah ich in der Ferne ein grünes Leuchten. Es war sehr weit entfernt, sodass ich nicht sagen konnte, ob das ein Pokémon oder was anderes war. Aber weil ich eh verloren war und nicht wusste, in welche Richtung ich gehen sollte, entschied ich mich, mal nachzusehen. Je näher ich kam, desto mehr erkannte ich, dass es eine kleine punktförmige Lichtquelle war, die in der Luft schwebte. Was war das nur? Meine aufkommende Neugier ließ mich zügiger voranschreiten. Ich hatte den grünen Lichtpunkt beinahe erreicht, da bewegte er sich plötzlich von mir weg. Mir kam das seltsam vor, doch weil ich inzwischen die Vermutung hatte, dass das Licht mir was zeigen wollte, folgte ich ihm. Mit der Zeit bemerkte ich, dass die Bäume immer weniger und der Boden immer feuchter wurde. "Hier hatte es offenbar erst kürzlich geregnet", dachte ich mir und war froh, dass ich den Wald langsam verließ. Jedoch beunruhigte mich der immer weicher werdende Boden. Sollte er nicht, je näher ich der Sandwüste kam, trockener werden? Doch das genaue Gegenteil war der Fall und so war es nun Schlamm, durch den ich stapfte. Es wurde sogar so schlimm, dass meine Beine ein Stück in ihm versanken. Ich fragte mich langsam selbst, ob das eine gute Idee war, dem Licht zu folgen, und spielte daher mit dem Gedanken einfach umzukehren. Es machte zudem nicht den Anschein, dass es hier zur Sandwüste ging. Meine Beine gerieten immer tiefer in den Boden hinein und als mir auch das Gehen immer schwerer fiel, hatte ich genug. Ich drehte um, aber weil meine Beine bereits zur Hälfte eingesunken waren, kam ich nur langsam vorwärts. Mit viel Mühe kämpfte ich mich voran, konnte mein schneller werdendes Sinken aber nicht verhindern. Es wurde immer schlimmer und Panik breitete sich in mir aus. Die klebrige Pampe hatte jetzt meine langen Beine völlig verschluckt und ich versuchte mit meinen Armen weiterzuschwimmen. Aber zu meinem Entsetzen brachte das an dieser Stelle gar nichts mehr. Ich steckte fest. Von da an verlor ich jegliche Kontrolle über mich und vor Todesangst begann ich nun zu schreien und wild mit meinen Armen um mich zu schlagen, um dem Tod doch noch zu entkommen. Vergeblich. Stattdessen sank ich immer tiefer. Dennoch gab mein Körper nicht auf und versuchte alles. Nur noch mein Kopf ragte jetzt aus dem Wasser heraus und da wusste ich, dass meine letzte Minute angebrochen war. Ich schrie noch einmal alles aus meinem Körper heraus, bis auch das nicht mehr klappte. Mein gesamter Körper befand sich unter Wasser und wartete. Darauf, dass ich es doch überleben werde. Dafür hatte ich extra tief Luft geholt. Ich spürte allerdings, wie schnell sich meine Lunge leerte. Nein! Ich will nicht sterben. Nicht so. Ich habe dafür viel zu viel getan, um jetzt so zu enden. Mein Ausbruch aus dem Labor soll nicht umsonst gewesen sein. Ich will doch so gerne bei meinem Nachtschweif sein. Aber das letzte bisschen Sauerstoff war verbraucht und ich merkte, wie mein Bewusstsein schwand.

...

Langsam begann ich meinen Körper wieder zu fühlen und ich öffnete meine Augen. Ich war im Wald. Aber... wie war das möglich? Ich müsste tot sein. Als meine Augen dann auf Sonnfel und Lunastein trafen, wurde mir alles klar. Ich ließ mich mit dieser Erkenntnis wieder auf den Rücken fallen und konnte mein Glück kaum fassen, noch am Leben zu sein. Die Wächter schienen nun bemerkt zu haben, dass ich aufgewacht war und waren auch erfreut: "Man sind wir froh, dass du endlich aufgewacht bist. Wir hatten schon gedacht, wir kamen zu spät." Da hatten sie auch nicht ganz unrecht. Es war wirklich sehr knapp gewesen. Doch wie hatten sie mich überhaupt gefunden? Sofort fragte ich sie das. Lunastein erzählte: "Deine lauten Schreie waren nicht zu überhören gewesen. Wir folgten deiner Stimme und sahen dich dann im Sumpf, in dem du schon fast versunken warst. Dann haben wir dich mit Psychokinese gerettet." Dafür war ich ihnen sehr dankbar. Ohne sie wäre ich definitiv tot. Die Wächter wollten nun wissen, wie ich überhaupt in diese Lage gekommen war und wieso ich nicht bemerkt hatte, dass hier ein Sumpf war. Ich konnte mir auch nicht wirklich erklären, wieso ich das erst viel zu spät erkannt hatte. Es war einfach alles so schnell gegangen. Schließlich berichtete ich ihnen, dass ich einem sonderbaren Licht gefolgt war. Die Wächter waren darüber sehr aufgebracht und meinten, wie ich nur so leichtsinnig sein konnte, einem unbekannten Licht zu folgen. Mir war inzwischen selbst klar, dass das eine dumme Entscheidung von mir gewesen war, aber weil ich nicht länger über meinen offensichtlichen Fehler reden wollte, fragte ich sie, wieso sie im Wald einfach verschwunden waren. Sonnfel erzählte mir: "Das war wirklich komisch. Wir sind dir nämlich die ganze Zeit dicht gefolgt, bis du auf einmal verschwunden warst." Verwirrt sah ich ihn an. "Was meinst du mit "verschwunden"?", fragte ich nach, da sich das äußerst seltsam anhörte. Lunastein versuchte es mir zu erklären: "Es stimmte. Du hast dich urplötzlich in Staub aufgelöst." Ich dachte nach und glaubte nun, die Antwort zu kennen. Ich sagte: "Das muss dieser Zoroark gewesen sein. Er muss eine Illusion von mir erschaffen haben und muss sie beim Gehen direkt hinter mich gesetzt haben. Ihr seid dann ständig der Illusion gefolgt, die euch dann von mir weggeführt hat." Die Wächter waren über diese Theorie überrascht und fragten mich, wie ich denn darauf kam. Da erzählte ich ihnen dann von der Begegnung mit dem Trugbild-Pokémon und wie es versucht hatte, mich in eine Falle zu locken, indem es sich als Nachtschweif ausgab. Auch die Wächter begriffen schnell, was das bedeutete. Zoroark hatte Nachtschweif und Frostine getroffen. Doch wo hatte er sie hingebracht? Es quälte mich, die Antwort nicht zu kennen. Die Wächter rätselten derweil über Zoroark: "Ob er wohl zu den Menschen gehörte? Vielleicht hat er sie nur in eine Falle gelockt, damit sie sie fangen können." Der Gedanke war mir noch gar nicht gekommen. Konnte das wirklich sein? Zoroark hatte mir nicht den Eindruck gemacht, als würde er für die Menschen arbeiten. Aber das bedeutete sowieso nichts, denn er hatte mich die ganze Zeit nur belogen. Ich wusste nichts über ihn. Abgesehen davon, dass er ein Idiot war. Aber wenn die Menschen ihn wirklich dazu benutzt haben sie zu fangen, wieso hatten sie es nicht bei der Pyramide getan? Frostine war dort nämlich eingeschlafen und auch Nachtschweif hätten sie ebenso leicht fangen können. Wieso hatte es also Zoroark gebraucht? Zudem müssten die Menschen diese Welt schon lange verlassen haben. Das heißt eigentlich, dass er unmöglich zu ihnen gehören konnte. Frustriert stöhnte ich auf. Es war alles so verwirrend. Das machte doch alles keinen Sinn. Um wirklich dahinter zu kommen, musste ich Zoroark finden. Deshalb rief ich: "Auf geht's! Wir müssen weitergehen." Die Wächter sahen mich erstaunt an und als ich dann aufstehen wollte, merkte ich, wie schwach ich war und das Gleichgewicht verlor. Die Wächter reagierten aber schnell und fingen mich auf. "Was sollte das denn werden? Wieso hast du es so eilig?", fragte mich Sonnfel verständnislos. Ich reagierte empört: "Das fragt ihr noch? Wir müssen doch herausfinden, wo Nachtschweif und Frostine hingebracht wurden. Sie sind bestimmt in Gefahr." Lunastein versuchte mich zu beruhigen: "Keine Sorge, wir werden das schon noch tun. Du musst dich zuerst aber noch ausruhen. Hier, nimm das." Mit weit aufgerissenen Augen sah ich, wie er Beeren dabei hatte und sie mir gab. Ohne länger zu überlegen, aß ich sie. Es tat so gut! Aber wie war er nur an die Beeren gekommen? Im Wald gab es wohl kaum welche. Lunastein bemerkte meinen Blick und erzählte mir, dass er in der Pyramide ein paar Beeren für den Notfall mitgenommen hatte. Während ich weiter genüsslich aß und schon spürte, wie meine Kräfte allmählich wieder aufgefüllt wurden, fragte mich Sonnfel, wen ich vorhin mit "Frostine" gemeint hatte. Ich hatte ihnen in der Tat nie von ihr erzählt, also erklärte ich ihnen, dass wir sie in der Eiswüste gefunden hatten und sie uns von da an begleitete. Das schien sie sehr zu verwundern. Lunastein schilderte seine Bedenken: "Aber soweit ich die Eiswüste in Erinnerung habe, leben da nur grausame Pokémon, die sich gegenseitig zerfleischen und aufessen. Bist du dir also sicher, dass man dem Glaziola vertrauen kann?" Was sollte denn die Frage? Auch wenn seine Eindrücke von der Eiswelt stimmten, Nachtschweif und ich wurden ja beinahe selbst verspeist, so hatte ich trotzdem großes Vertrauen in sie. Ich berichtete ihnen dann sogar davon, wie sie uns das Leben gerettet hatte. Die Wächter blieben zu meiner Verwunderung dennoch skeptisch und wollten mir ein schlechtes Gewissen einreden, dass wir sie besser in der Eiswüste lassen hätten sollen. Ab da war für mich die Unterhaltung zu Ende, da das eine Frechheit war, wie sie über Frostine redeten. Die Wächter kannten sie schließlich nicht einmal. Also sollten sie da ihre Klappe halten. Weil mir aber die zerstrittene Stimmung schon bald zu schaffen machte, sprach ich ein neues Thema an, das mich sehr Interessierte: Wo und wer war der Wächter des Mondsteins. Ich erfuhr, dass es Zwirrfinst war, der angeblich in einer Villa hauste. Und das war ein gutes Stichwort, denn ich hatte die letzte Beere verschlungen und war nun bereit, nach dieser Villa zu suchen. Optimistisch meinte ich: "Da es sich bei Zwirrfinsts Villa wohl kaum um eine kleine Waldhütte handelt, sollte sie eigentlich nicht allzu schwer zu übersehen sein." Die Wächter lachten leicht und stimmten mir da zu. Gemeinsam versuchten wir uns mit solchen Späßen die Angst zu nehmen, die dieser unheimliche Wald überall mit seiner Finsternis versprühte.

Dann konnten wir es zwischen den Bäumen erahnen. "Seht ihr das? Wir haben es gefunden!", rief Sonnfel begeistert. Mit großen Augen sahen wir nun auf die Villa, die wirklich nichts mit einer Hütte zu tun hatte. So ein großes Haus hatte ich noch nie gesehen. Der Mondtempel war dagegen mickrig. Dafür sah die Villa viel unfreundlicher aus. Das Haus war komplett in schwarz gestrichen, was das Haus in der Dunkelheit noch schwerer zu erkennen machte. Es sah auch schon äußerst alt aus, was man gut an beiden Türmen sehen konnte, die einmal ganz links und einmal ganz rechts hoch in die Luft ragten und sogar durch den lila Nebel hindurchgingen, denn ihnen fehlte bereits der ein oder andere Ziegel. Beleuchtet wurde das Gemäuer durch Fackeln, die uns auch das Eingangstor zeigten. So wie die Villa aussah, musste man zwangsläufig Angst bekommen sie zu betreten, doch zum Glück hatten wir nichts zu befürchten, da Zwirrfinst auf unserer Seite war. Wir wollten uns bereits auf zum Eingang machen, als plötzlich ein lautes Knarren zu hören war. Es war die Tür, die jetzt aufging, und weil wir nicht wussten, wer es war, beobachteten wir ihn versteckt hinter einem Baum. Es war schwierig ihn zu erkennen, doch als er nahe an uns vorbeigegangen war, gab es keinen Zweifel mehr. "Das glaube ich jetzt nicht.", flüsterte Lunastein geschockt. Ich konnte es am allerwenigsten glauben. Es war das Zoroark, das gerade aus der Villa herausspaziert war. "Was hatte er da nur zu suchen?", stammelte ich schockiert. Konnte es sogar sein, dass er Nachtschweif und Frostine da hineinverschleppt hatte? Aber Zwirrfinst würde das doch niemals zulassen. Er war doch eigentlich ein Guter und der Wächter des Mondsteins. Was ging hier also vor sich? Sonnfel konnte mir meine wirren Gedanken ansehen und sagte: "Was das auch zu bedeuten hat... wir werden es herausfinden!" So schritten wir in Richtung Eingang.

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