Psst, kein Wort zu Freezer!
Ein kurzes lautes Geräusch weckte mich schlagartig aus meinem Schlaf und ich sah aufgebracht um mich. Mein Blick fiel auf den Professor, der mich kurz angrinste und sich dann entschuldigte: "Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe, aber mir ist der Stift runtergefallen." Im gleichen Moment hob er etwas längliches vom Boden auf. Ich beruhigte mich wieder und wunderte mich darüber, dass ich tatsächlich eingeschlafen war. Schließlich wollten wir uns nur etwas ausruhen und nicht schlafen. Aber gleichzeitig verriet es mir, dass meine Kräfte wirklich am Ende waren und ich mich dringend erholen musste. Zu viel hatte ich zuletzt geleistet und viel zu selten hatte ich mir eine Pause gegönnt. Ich wusste nicht einmal mehr, wann ich zuletzt geschlafen hatte. Das sollte sich bald ändern, immerhin hatten wir es so gut wie geschafft. Bei diesem Gedanken wurde es mir warm ums Herz. Es stimmte nämlich. Wenn Team Diamant demnächst auch erfolgreich war, war die Mission zu Ende. Dann hatten wir unser Versprechen, Cresselia zu helfen, eingehalten, und konnten endlich unser Leben frei von Sorgen und Ängsten führen. Gleichzeitig war ich aber auch stolz, die Mission absolviert zu haben. Es war zwar stellenweise sogar lebensgefährlich, aber was Nachtschweif und ich erlebt hatten, war schon großartig. Vor allem hat es mein Selbstvertrauen enorm gesteigert. Jetzt, wo ich weiß, was für starke Gegner ich geschlagen hatte, traute ich mir viel mehr zu. Sogar neue Freunde hatten wir gefunden. Mein Blick fiel dabei automatisch auf Frostine, die noch schlief. Ich wurde nachdenklich; spätestens wenn wir in die Höhle zurückkehren, wird sie wissen, was im Wald passiert war. Wie wird Freezer auf sie reagieren? Ich konnte nur hoffen, dass er zur Besinnung gekommen war. Dann zuckte eines von Frostines Ohren. Sie wachte auf und blickte zu mir. "Oh je. Bin ich wirklich eingeschlafen?", sagte sie zu mir. Ich lächelte und antwortete, dass das nicht weiter schlimm war, da ich selbst geschlafen habe. Der Polarfuchs stand auf und streckte sich. Sie meinte: "Jetzt fühle ich mich viel besser. Ich muss ja in der Zeit der Verwandlung ganz schön viel Energie verbraucht haben, wenn ich so schlapp danach war." Ich nickte ihr zu. Das hatte sie in der Tat. Da es mir durch den kurzen Schlaf ebenfalls besser ging und ich kaum noch Schmerzen hatte, stand unserer Rückkehr nichts mehr im Weg und so teleportierte ich mich mit Frostine vor die Höhle der Guardevoirs. Sofort kam mir die Erleichterung, dass es aufgehört hat zu hageln und es auch wieder viel wärmer war. Es war ein wirklich gutes Gefühl. Die Steine vor dem Höhleneingang waren inzwischen auch alle beiseitegeräumt worden und so wollten wir nun eintreten. Ich blickte davor jedoch nochmal zu Frostine, ob sie bereit war. Sie nickte und freute sich darauf, Nachtschweif und Hellschatten wieder zu sehen. So gingen wir in die mit Fackeln beleuchtete Höhle hinein. Als wir in der Eingangshalle waren, war es immer noch ziemlich still. Erst als wir uns der ehemaligen Trainingshalle näherten, hörten wir Stimmen. Frostine bemerkte es ebenfalls und wunderte sich: "Sag mal, sind hier auch noch andere Pokémon außer Nachtschweif und Hellschatten?" Da ich sie nicht belügen wollte, nickte ich und erzählte ihr, dass es die Guardevoirs und meine ehemaligen Freunde waren. Frostine war zunächst verblüfft, schien dann jedoch zu ahnen, was los war. "Ihr ward alle daran beteiligt, mich wieder normal zu machen, stimmt's?", sprach sie ihre Vermutung aus. Ich sagte ihr: "Sie werden sich alle freuen, dass du wieder die Alte bist." Ich lächelte sie warm an und dann gingen wir gemeinsam in den Raum. Als wir eintraten wurde es augenblicklich still. Nur noch das Knistern eines Lagerfeuers in der Mitte des Raumes erfüllte die Luft. Um das Feuer herum waren die ganzen Pokémon versammelt, die uns nun alle anstarrten. Während die meisten uns still anblickten, kamen zwei Gestalten auf uns zu. Es waren Nachtschweif und Hellschatten, denen die Freude ins Gesicht geschrieben stand. Frostine jubelte: "Ihr seid es! Und zum Glück geht es euch gut!" Sie begrüßten sich herzlich und Hellschatten meinte, dass sie ebenfalls froh waren, sie wieder hier zu haben. Frostine, die sichtlich glücklich war, Nachtschweif und Hellschatten zu sehen, gestand ihre Sorgen: "Ich habe schon gedacht, ich hätte euch was angetan, als ich euch nicht im Zimmer gesehen habe." Nachtschweif küsste Frostine auf ihre Wange und sprach: "Uns geht es gut. Außerdem konntest du ja für deine Verwandlung nichts." Frostine wendete dann ihren Blick von uns ab und sah zu den anderen Pokémon. Sie bekam größtenteils ein Lächeln zurück, was Frostine etwas erleichterte. Da erhob sich dann das mir bekannte Guardevoir und kam zu uns: "Du musst also Frostine sein. Schön, dass du wieder normal bist." Der Polarfuchs lächelte zaghaft und fragte: "Ich hoffe, ich habe nicht allzu viele Probleme bereitet." Das Guardevoir grinste: "Hehe. Es war schon eine ziemliche Herausforderung. Aber das Gute ist, dass wir es geschafft haben und es den meisten Verletzten wieder besser geht. Selbst bei Arkani sieht es nicht schlecht aus. Zumindest ist er außer Lebensgefahr." Frostine sah erschüttert von diesen Worten auf Arkani. Er lag leblos neben Vulnona, die ihn streichelte. Die Ohren des Eispokémon sanken bei diesem Anblick nach unten. Nachtschweif tröstete sie: "Mach dir keine Sorgen. Das Feuer wird ihn wieder auftauen." Frostine wurde wieder etwas fröhlicher, vor allem weil ihr jetzt auch das Vulnona fröhlich zuwinkte. Dann standen plötzlich Blubella, Meganie und Raichu vor uns, die einige Stein-Becher dabei hatten. Blubella sprach glücklich zu Frostine und mir: "Schön, dass ihr endlich da seid. Darauf stoßen wir gleich mal an." Sie gaben uns allen hier in der Halle einen Becher und dann rief Blubella: "Auf Frostine, die wieder normal ist, und auf Lia, die durch ihren mutigen Einsatz das ermöglicht hat!" Alle hoben ihren Becher daraufhin fröhlich nach oben und sahen uns dabei an. Das rührte mich, aber auch Frostine war von dieser Begeisterung über ihre Rückkehr sehr angetan. Ich stieß mit Frostine an und wollte schon einen Schluck nehmen, als ich mich wieder an das Trinkgelage von der Party erinnerte. Mein Blick wanderte zum Guardevoir, der Entwarnung gab: "Das ist normaler Beerensaft; zur Stärkung. Den Partysaft gibt's später." Erleichtert darüber trank ich und schmeckte heraus, dass es Tsitrubeerensaft war. Die Stimmung war nun wieder ausgelassener und die unheimliche Stille verschwunden. Nur einer war nicht gut gelaunt und das zeigte auch sein kühler Blick, der auf Frostine gerichtet war. Auch ihr blieb er nicht verborgen und sie fragte mich, wer er war. Ich musste schlucken. Davor hatte ich mich die ganze Zeit gefürchtet. Wie sollte ich es bloß sagen? "Lia, was ist mit ihm?", hörte ich Frostine nun etwas sauer fragen. Dann antwortete ich: "Das ist mein alter Freund Freezer." "Und?", fragte das Eispokémon und wollte den Grund erfahren, weshalb er sie so ansah. Ich sah nun Nachtschweif an, in der Hoffnung er könnte es ihr beibringen, weil er den besten Draht zu ihr hatte. Er legte dann seine Pfote auf ihren Rücken und begann vorsichtig zu erzählen: "Um dich wieder gesund zu machen, mussten wir dich erst besiegen. Und das war ziemlich schwer. Für einen von uns nahm es kein gutes Ende." Bevor Frostine darauf aber reagieren konnte, sagte er ihr: "Vergiss aber nicht. Du hast daran keine Schuld. Du warst nicht du selbst. Wenn ich von dem Laserstrahl getroffen worden wäre, hätte ich mich auch nicht beherrschen können." Gespannt sah ich zum Polarfuchs und hoffte, sie würde sich dafür nicht die Schuld geben. Niedergeschlagen sah sie dann auf das Walraisa. "Es war sein Freund, stimmt's?", wollte sie wissen. Wir nickten. Dann meinte sie: "Ich wünschte, ich könnte es ändern, aber ... ich kann es einfach nicht. Sollte ich mich entschuldigen?" Sie schien den Tod gut zu verkraften, was mich erleichterte. Meganie antwortete dann auf ihre Frage: "Warte lieber noch ein bisschen. Er braucht noch etwas Zeit." Frostine sah nun nochmals zu Freezer, der sie mit einem giftigen Blick durchbohrte, ansonsten aber regungslos blieb. Ich streichelte dem Eispokémon über die Stirn, um ihr deutlich zu machen, dass wir sie nicht für dieses Unglück verantwortlich machten. Frostine lächelte mich leicht an: "Es geht schon. Ich bin einfach nur froh, dass ihr mir nicht böse seid." Bei diesen Worten sah sie Hellschatten, Nachtschweif und mich an, woraufhin wir uns alle gemeinsam umarmten. Dann lenkte der Geist das Thema auf Dragoran und wollte wissen, ob Team Diamant es schon geschafft hätte. Ich schüttelte den Kopf. Hellschatten war nicht sehr überrascht: "War ja klar. Sieht wohl so aus, als müssten wir denen auch noch unter die Arme greifen." In dem Moment kam Cresselia zu uns, die uns dabei begleiten wollte, weil sie sicherstellen wollte, dass ihr Mondstein nach der Mission wieder ihr gehörte. Uns war das nur recht. Wir konnten beim Kampf gegen Dragoran jede Hilfe gut gebrauchen. Wobei es mich schon etwas wunderte, dass Team Diamant es immer noch nicht fertiggebracht hatte; immerhin hatten sie selbst viele Pokémon. Als wir dann losgehen wollten, sah ich nochmals in die Halle und fragte meine Gruppe: "Meint ihr, wir sollten die anderen nochmal um Hilfe fragen?" Nachtschweif winkte ab und meinte: "Nein, sie haben schon genug getan. Außerdem sind viele noch verletzt und müssen sich ausruhen." Wir wollten schon aufbrechen, als Frostine sich räusperte: "Ähm... habt ihr was dagegen, wenn ich kurz das tote Pokémon sehen kann? Ich will mir selbst ein Bild davon machen, was ich angerichtet habe." Die Frage kam äußerst unerwartet, sodass wir erstmal sprachlos waren. Aber Nachtschweif antwortete dann: "Klar, aber der Anblick ist nicht gerade angenehm." Nachtschweif vergaß hier, dass es für Frostine nicht ungewöhnlich war, tote Pokémon zu sehen, aber diese Bemerkung behielt ich für mich. Stattdessen wollte ich sie begleiten, da sie ja gar nicht wusste, wo Vulkanus war. Frostine bestand zwar darauf, dass es ausreichte, wenn ich ihr den Weg einfach nur beschrieb, damit ich mit den anderen mitgehen konnte, um ihnen zu helfen, aber ich blieb dabei. Außerdem fühlte ich mich ohnehin nicht wirklich fit für einen Kampf. Die Schmerzen waren zwar weg, doch schlapp fühlte ich mich trotzdem noch. Also gingen Cresselia, Hellschatten und Nachtschweif schon mal nach Grünstadt, während Frostine und ich zu Vulkanus gingen. Wir wechselten auf unserem Weg kein Wort. Es fiel mir generell schwer, nochmal zu Vulkanus zu gehen. Zum einen konnte ich es kaum ertragen, meinen alten Freund so übel zugerichtet zu sehen, zum anderen erinnerte mich sein Anblick an die schlimme Lage, in der ich mich befunden hatte und fast selbst gestorben wäre, wenn Nachtschweif mich nicht rechtzeitig gerettet hätte. Noch schwerer war es für mich aber zu verstehen, warum Frostine zu ihm wollte. Für sie musste es ja noch schlimmer sein, ihn zu sehen, weil sie... ich konnte den Gedanken nicht zu Ende führen. Sie war es ja nicht direkt. Wir waren nur paar Meter von der runden Wiese entfernt, als wir zum Ort des Geschehens kamen. Ich sah den Feuerdrachen, der in einer riesigen Blutpfütze lag. Sein lebloses Gesicht ließ mich bleich werden. Ich erinnerte mich daran, wie er mich angelächelt hatte, kurz bevor er in die Luft ging, um mich in Sicherheit zu bringen. Er war wohl zuversichtlich, dass wir es schaffen würden. Wie sehr ich mir nur wünschte, ich könnte ihn ein weiteres Mal lachen sehen; jetzt wo wir es geschafft hatten. Frostine bemerkte meine Trauer und fragte leise: "Du hast ihn gut gekannt, oder?" Ich nickte ihr zu. Frostine sah schuldig nach unten und sagte mir: "Es tut mir leid." Ich sah lächelnd zu ihr: "Wie gesagt, du kannst nichts dafür." Ich wollte mir Vulkanus nicht länger ansehen und drängte daher, nach Grünstadt aufzubrechen. Frostine hingegen schien noch etwas festzuhalten, traute sich aber anscheinend nicht, es mir zu sagen. Frostine begann ein wenig zu schwitzen, als sie mir was sagen wollte: "Kannst du dich noch daran erinnern, wie du mal gesagt hast, dass es eine Verschwendung wäre, jemanden einfach so tot liegen zu lassen?" Ich brauchte nicht lange, um ihre Bitte zu verstehen. Es war eigentlich nun wirklich egal, ob wir Vulkanus einfach liegen lassen, ihn beerdigen oder ihn verspeisen, wobei mir da bei diesem Gedanken einfach nur übel wurde. Ich wusste nicht, ob es respektlos Vulkanus gegenüber war, ihn zu verschlingen, aber ich hatte da zumindest kein Problem, sodass ich Frostine mein Einverständnis gab. Sie lächelte mich an und machte sich dann ans Eingemachte. Ich sah ihr da wie üblich nicht zu, sondern ging auf die runde Wiese, um mir ein paar Beeren zu gönnen. Da fiel mir dann erst das Ausmaß des Hagelsturms auf. Der Hagel hatte die Beeren zerstört. Nicht eine einzige Beere zum Verspeisen konnte ich finden. Alle lagen zermatscht am Boden und waren nicht mehr essbar. Ich konnte nur hoffen, dass bald wieder welche nachwachsen würden. Da erinnerte ich mich plötzlich an die Beeren in der Höhle. Wie konnten sie nur Beerensaft pressen, wenn es keine mehr gab? Frostine holte mich aus meinen Gedanken zurück und war bereit. Bevor wir uns aber teleportierten, lächelte ich Frostine an: "Wenn Freezer fragt, wo Vulkanus ist, sagen wir ihm, wir haben ihn beerdigt, verstanden?" Der Polarfuchs nickte.
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