Chapter 39

Noch bevor die Sonne ganz aufgegangen war, wurde ich von einem dumpfen Klopfen an meiner Tür geweckt.

Ich blinzelte verschlafen und murmelte: „Hau ab, es ist noch—“

„Aufstehen, Plagegeist.“

Ich erstarrte.

Diese Stimme.

Langsam drehte ich mich in meinem Bett um und starrte zur Tür. War das—

„Wenn du nicht in zwei Minuten draußen bist, trag ich dich raus.“

Oh, fantastisch.

Mit einem genervten Knurren rollte ich mich aus dem Bett und zog mir hastig meine Sachen über. Kaum hatte ich die Tür geöffnet, stand Levi schon davor, die Arme verschränkt, sein üblicher Ausdruck irgendwo zwischen genervt und gelangweilt.

„Warum zur Hölle trainieren wir vor Sonnenaufgang?“ fragte ich und gähnte.

„Das hab ich dir gestern schon gesagt.“

Ich verdrehte die Augen. „Es macht trotzdem kein Sinn, als wäre ich ja so unfassbar schlecht das ich schon extra training brauche.“

„Du bist nicht schlecht. Du bist nur faul.“

Ich öffnete den Mund für eine schlagfertige Antwort, aber er drehte sich einfach um und lief los.

Ich folgte ihm nach draußen. Es war noch kalt, der Himmel war in ein dunkles Blau getaucht, und die ersten Sonnenstrahlen zeichneten eine schwache Linie am Horizont.

„Also, was steht an? Willst du mir beibringen, wie ich meine großartige Disziplin verbessere?“ fragte ich sarkastisch.

Levi blieb stehen und drehte sich zu mir. „So ungefähr.“

Dann—

Ich hatte keine Zeit zu reagieren.

Mit einem schnellen Schritt war er plötzlich direkt vor mir, sein Fuß schnellte nach vorne, und ehe ich wusste, wie mir geschah, landete ich auf dem Boden.

Ich blinzelte.

„...Hast du mich gerade verdammt nochmal umgetreten?!“

Levi sah auf mich herab, sein Blick kühl. „Du bist zu langsam.“

Ich knurrte und sprang wieder auf die Füße. „Oh, das wirst du bereuen.“

Er hob eine Augenbraue. „Dann zeig mal.“

Ich machte einen schnellen Ausfallschritt nach vorne und zielte auf seine Seite – aber er wich mühelos aus. Noch bevor ich mich wieder fangen konnte, drehte er mich mit einem geschickten Griff um und brachte mich erneut aus dem Gleichgewicht.

Ich landete auf dem Rücken. Schon wieder.

„Tch.“ Levi ließ mich los und trat einen Schritt zurück. „Wenn du so weitermachst, wird dich jeder Gegner innerhalb von Sekunden zu Boden schicken.“

Ich funkelte ihn an. „Oder ich lasse sie glauben, dass ich schwach bin und überrasche sie dann.“

Levi schnaubte leise. „Das ist die dümmste Strategie, die ich je gehört habe.“

Ich rappelte mich wieder auf. „Mag sein. Aber irgendwann überrasche ich dich.“

Er musterte mich einen Moment, dann zuckte er mit den Schultern. „Wir werden sehen.“

Und dann ging es weiter.

Er ließ mich nicht eine Sekunde durchatmen. Jeder meiner Angriffe wurde mühelos abgewehrt, jede meiner Bewegungen war für ihn vorhersehbar. Ich war schnell, aber er war schneller. Ich hatte Kraft, aber er hatte Technik.

Und mit jedem Mal, das ich auf dem Boden landete, wurde meine Wut größer.

„Nochmal!“ Ich sprang auf.

Levi musterte mich kurz. Dann machte er eine Bewegung mit der Hand. „Dann komm schon.“

Ich biss die Zähne zusammen, ließ alles andere aus meinem Kopf verschwinden und stürzte mich erneut auf ihn.

Dieses Mal war ich entschlossener. Dieses Mal würde ich ihn erwischen.

Oder?

Ich stürzte mich auf ihn, mit der festen Überzeugung, diesmal nicht wieder auf dem Boden zu landen. Ich täuschte einen Schlag von rechts an, zog ihn aber im letzten Moment zurück und versuchte, ihm stattdessen mit einem schnellen Tritt das Gleichgewicht zu nehmen.

Für eine halbe Sekunde glaubte ich tatsächlich, dass es funktionieren könnte.

Dann wich er meinem Angriff mühelos aus, packte mein Handgelenk und drehte mich so schnell herum, dass ich kaum wusste, wie mir geschah. Ein Augenblick später landete ich—

„NEIN!“ Ich riss mich los, bevor ich fallen konnte, fing mich auf den Füßen und sprang einen Schritt zurück.

Levi hob eine Augenbraue.

Ich grinste triumphierend. „HA! Ich bin nicht gefallen!“

Er musterte mich einen Moment, dann schnaubte er leise. „Herzlichen Glückwunsch. Vielleicht belohne ich dich mit einem Keks.“

Ich verzog das Gesicht. „Oh wow, du bist ja richtig großzügig.“

Levi drehte sich um. „Mach weiter.“

Ich atmete tief durch und stürzte mich erneut auf ihn.

Der Kampf zog sich hin. Jedes Mal, wenn ich dachte, ich hätte eine Chance, durchbrach er meine Verteidigung mühelos. Ich wusste nicht, was schlimmer war: Dass er mir immer einen Schritt voraus war, oder dass er dabei nicht mal ansatzweise außer Atem kam.

Nach einer gefühlten Ewigkeit sprang ich zurück und schnappte nach Luft. „Sag mal… kannst du wenigstens so tun, als wäre das anstrengend für dich?“

Levi musterte mich mit seinem üblichen gelangweilten Blick. „Warum sollte ich?“

Ich knurrte. „Weil es demütigend ist!“

„Gut.“

„DU KLEINER—“

Bevor ich meinen Satz beenden konnte, setzte er sich wieder in Bewegung. Ich wich ihm aus, ging in die Defensive und versuchte, seinen nächsten Zug zu erahnen.

Aber diesmal—

Diesmal ließ ich mich fallen, direkt auf den Rücken, und nutzte den Schwung, um Levi mit den Beinen nach hinten über mich zu werfen.

Für einen Moment war ich mir sicher, dass es geklappt hatte.

Dann landete er geschmeidig auf den Füßen.

Ich lag noch auf dem Boden und starrte ihn an.

„…Warum bist du nicht gefallen?“

Levi musterte mich ausdruckslos. „Weil ich kein Vollidiot bin.“

Ich riss die Arme hoch. „GIB MIR DOCH MAL EINEN VERDAMMTEN SIEG!“

Levi trat neben mich, verschränkte die Arme und schaute auf mich herab. „Hör auf, auf dem Boden rumzuliegen. Noch einmal.“

Ich ächzte. „Noch einmal?“

„Noch einmal.“

Ich ließ mich theatralisch zurück auf den Boden sinken. „Töte mich einfach.“

„Keine Zeit. Hoch jetzt.“

Ich stöhnte genervt, aber dann—

„Wenn du mich das nächste Mal besiegst, kannst du mir einen Befehl geben.“

Ich hielt inne.

Langsam richtete ich mich auf und blinzelte ihn an. „Einen Befehl?“

„Einen einzigen.“

Ich dachte nach. „Egal was?“

Er zuckte mit einer Schulter. „Solange es nicht dumm ist.“

Oh.

Ohhh.

Ich grinste breit. „Abgemacht.“

Er sah mich mit seinem üblichen Blick an, als hätte er es jetzt schon bereut.

Aber mir war das egal.

Ich würde gewinnen. Früher oder später. Und dann…

Dann würde ich mir was richtig Gutes einfallen lassen.

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