Chapter 37
Die Sonne war mittlerweile fast untergegangen, und die kühle Abendluft fühlte sich nach dem Training wie eine Erlösung an. Ich lehnte mich ein wenig zurück, schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch.
Levi saß noch immer neben mir, seine Arme wie immer verschränkt, aber er wirkte… weniger angespannt als sonst.
„Sieh nicht so zufrieden aus,“ murmelte er schließlich.
Ich öffnete ein Auge und grinste. „Wieso? Willst du mich noch mehr bestrafen?“
„Vielleicht.“
Ich lachte leise. „Ich glaube, du hast für heute genug Drohungen verbraucht.“
Levi schüttelte leicht den Kopf, aber ich sah das winzige, kaum sichtbare Zucken an seinen Mundwinkeln.
Einen Moment lang herrschte wieder angenehme Stille. Dann stand er plötzlich auf und streckte sich kurz.
„Na los. Du hast genug rumgesessen.“
Ich stöhnte. „Willst du mich ernsthaft schon wieder rumscheuchen?“
Er sah auf mich herab. „Du bist doch so stark, oder? Also beweg dich.“
Ich schnaubte, sprang aber trotzdem auf die Beine. „Weißt du, du hast eine echt komische Art, Zeit mit Leuten zu verbringen.“
Er musterte mich mit diesem unergründlichen Blick. „Und trotzdem sitzt du hier.“
Ich verschränkte die Arme und grinste herausfordernd. „Vielleicht, weil du mich immer wieder zwingst.“
Levi lehnte sich leicht zu mir. „Und vielleicht, weil du es nicht so schlimm findest.“
Ich hasste es, dass ich mich selbst in diese Situation gebracht und das alles nicht passiert wäre, wenn ich einfach meine fresse gehalten hätte – aber dafür ist es jetzt sowieso zuspät. Stattdessen zuckte ich mit den Schultern und setzte ein gespielt gelangweiltes Gesicht auf.
„Wer weiß. Vielleicht hab ich nur Mitleid mit dir.“
Er schnaubte. „Tja. Dann hoffe ich, dass du es morgen noch hast. Wir trainieren früh.“
Hätte ich mal mein Maul gehalten...
Ich erstarrte. „Levi, das war kein ernst gemeintes Mitleid—“
Doch er war schon auf dem Weg zurück zur Unterkunft.
„Vergiss nicht. Sonnenaufgang.“
Ich seufzte und warf Jean, der immer noch am Boden lag, einen leidenden Blick zu.
„Was ein Bastard.“
Mit einem dramatischen Seufzen ließ ich mich zurück auf den Boden plumpsen. „Ich schwöre, irgendwann bringt dieser Mann mich um.“
Jean, der sich gerade mühsam aufgesetzt hatte, verzog das Gesicht. „Dich? Mich wird er zuerst umbringen. Ich bin sicher, er hasst mich mehr als alle anderen.“
„Nein, das stimmt nicht.“ Ich klopfte ihm grinsend auf die Schulter. „Er hasst uns alle gleich.“
„Das ist nicht gerade beruhigend.“
„KOMMT IHR ODER NICHT?! ICH HAB HUNGER!“ brüllte Inosuke plötzlich aus Richtung der Essenshalle.
Sasha, die bereits an der Tür stand, rief: „Wenn ihr zu lange trödelt, ess ich eure Portionen!“
„WAS?!“ Jean sprang mit neuer Energie auf die Beine. „Nicht mit mir!“
Ich schüttelte grinsend den Kopf und folgte ihm. Als wir die Halle betraten, war der vertraute Lärm bereits in vollem Gange. Hange diskutierte wild mit Armin über irgendeine absurde Theorie, Mikasa versuchte vergeblich, Eren davon abzuhalten, sich mit Jean zu streiten, und Inosuke…
Nun, Inosuke füllte gerade seinen Teller als wäre er auf einer Ein-Mann-Mission zur völligen Vernichtung der Vorräte.
Ich ließ mich mit einem zufriedenen Seufzen auf die Bank fallen. „Endlich Essen.“
„Nicht so schnell.“ Levi stellte sich direkt hinter mich, und ich spürte seinen kritischen Blick im Nacken. „Iss nicht so viel, du sollst morgen nicht kotzen.“
Ich verdrehte die Augen. „Werde ich nicht. Aber danke für deine… Fürsorge.“
Er murmelte nur etwas Unverständliches und setzte sich mit seinem eigenen Teller ein paar Plätze weiter.
Das Essen verlief, wie zu erwarten war: chaotisch. Sasha und Inosuke lieferten sich ein wortloses Kriegsduell um die letzten Kartoffeln, Hange warf versehentlich ihre Gabel in Jeans Gesicht (sie schwor, es war keine Absicht), und Armin versuchte tapfer, eine normale Unterhaltung mit mir zu führen, während ich mich darum bemühte, nicht von den fliegenden Essensresten getroffen zu werden. Gleichzeitig fing Eren bereits wieder an mit Jean über irgendein sinnloses Thema, zu diskutieren.
„Ich wette, er hält das keine fünf Minuten durch,“ murmelte ich, als ich mich neben Sasha setzte.
„Zwei Minuten,“ korrigierte Armin trocken.
„Zehn Sekunden,“ meinte Mikasa.
„ICH BIN DOCH NICHT DUMM, EREN!“ brüllte Jean in genau diesem Moment.
Mikasa streckte nur wortlos eine Hand aus, und Armin legte eine Münze hinein. Ich lachte.
Inosuke ließ sich mit einem lauten THUMP auf den Stuhl neben Jean fallen. „GIB MIR ESSEN! ICH VERDORRE!“
Sasha zog reflexartig ihre Teller näher zu sich. „Hol dir dein eigenes!“
„Ich hab aber keins!“
„Tja, dann stirbst du wohl.“
Inosuke knurrte und wollte gerade nach einem ihrer Teller greifen, als ich mit meinem Löffel auf seine Hand klopfte. „Finger weg, Wildschwein.“
Er sah mich an, als hätte ich ihn persönlich beleidigt, und funkelte mich böse an. Aber anstatt zu streiten, grinste er plötzlich. „Dann ess ich halt bei Ling mit!“
„WAS?!“ Jean klammerte sich sofort schützend an sein Brot.
„Freiwillige teilen doch mit ihren Brüdern!“
„DU BIST NICHT MEIN BRUDER!"
"Ruhe ihr beiden!" Haut Mikasa raus während sie ihre Tasse auf den Tisch knallt.
"Ja Madame." Antworten Jean und Inosuke synchron
"Die beiden sind unfassbar lächerlich." Murmelte ich vor mir hin.
Ich seufzte und schüttelte den Kopf. Levi saß einige Plätze weiter, beobachtete das Chaos mit seinem typischen mürrischen Blick und massierte sich die Schläfen.
Hange dagegen schien sich köstlich zu amüsieren. „Ach, wie sehr ich diese Mahlzeiten liebe. Ach Leviii, kannst du mir deine Gabel leihen? Meine habe ich ja Jean ins Gesicht geschmissen.“
„Ihr seid alle hoffnungslos,“ murmelte Levi und nahm einen Schluck Tee.
Ich grinste rüber zu Mikasa, "andere Sprüche fallen ihm aber auch ned ein."
Er hob eine Augenbraue. „Du bist schon wieder so frech.“
„Ach bin ich das?.“
Er schüttelte den Kopf, sagte aber nichts weiter. Stattdessen nahm er einen Bissen von seinem Essen, als wäre das hier alles vollkommen normal.
Nachdem sich das Essen langsam dem Ende zuneigte, lehnte ich mich entspannt zurück und beobachtete, wie Inosuke und Jean sich gegenseitig wegen eines Stücks Brot anknurrten.
„GIB ES HER, PFERDEGESICHT!“
„VERSCHWINDE, DU NEANDERTALER!“
Jean hielt das Brot mit letzter Kraft über seinen Kopf, während Inosuke versuchte, es ihm mit wilden Bewegungen zu entreißen. Sasha kaute seelenruhig auf den letzten Resten ihres Essens herum und sah dabei zu, als wäre es eine Abendunterhaltung.
„Ihr benehmt euch schlimmer als Fünfjährige,“ murmelte Mikasa und nahm einen Schluck Wasser.
„Das ist noch untertrieben,“ stimmte Armin zu.
Ich lachte und streckte die Beine aus. „Eines Tages werden die beiden sich wegen so einer dummen Sache gegenseitig umbringen.“
„Hoffentlich nicht während einer Mission,“ meinte Levi trocken von seinem Platz.
Ich warf ihm einen frechen Blick zu. „Ach, jetzt tu nicht so, als wärst du nicht amüsiert.“
„Ich bin nicht amüsiert.“
„Ach komm, vielleicht ganz tief in deinem kalten, emotionslosen Herzen?“
Er schnaubte nur und nahm einen weiteren Schluck Tee. „Träum weiter.“
Ich grinste und war gerade dabei, eine weitere freche Bemerkung loszulassen, als die Tür aufschwang.
Eine junge dame trat in den Raum.
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