Kapitel 2
Felix pov:
"Hoch mit euch!" Das Gebrüll einer der Wachen riss mich brutal aus meinem Schlaf. Meine Fresse, musste man uns immer so wecken, dass man fast einen Herzinfarkt bekam? Gähnend setzte ich mich auf und hätte mich am liebsten direkt wieder hingelegt, doch ich wusste, dass das nur Ärger geben würde.
"Guten Morgen!" Hyunjin hüpfte motiviert vor meinem Bett herum. Ich runzelte die Stirn, wie konnte man sofort nach dem Aufwachen so gut gelaunt sein? "Komm runter Mann, mein System ist noch nicht richtig hochgefahren." Murrte ich, doch mein Kumpel grinste nur und zog mich aus dem Bett.
"Come on, es gibt gleich Frühstück und ich könnte eine ganze Kuh essen." Meinte Hyunjin während er sich demonstrativ über den Bauch fuhr. "Du frisst ja auch richtig viel." Gab ich lachend zurück, wodurch ich nur einen beleidigten Blick kassierte. "Ich verstehe nicht, wie du das Essen hier mögen kannst. Es schmeckt nach Klo."
Hyunjin sah mich fragend an und lief dann weiter. "Es ist das einzige, was wir kennen also woher willst du wissen, wie Essen sonst schmeckt?" Darauf hatte ich keine Antwort, weil ich es nicht wusste.
Schließlich erreichten wir den Speisesaal, wo die anderen bereits Platz genommen hatten. Wir setzten uns zu ein paar Freunden, mit denen wir die meiste Zeit verbrachten. "Hallo zusammen." Grüßte der schwazrhaarige und ließ sich neben Lia auf einen Stuhl fallen.
"Warum so gut gelaunt?" Hyunjin grinste nur über die verwirrten Blicke der anderen. "Ignoriert ihn, der hat nen Schaden." Antwortete ich stattdessen, was alle zum Lachen brachte. "Haha, sehr lustig." Mein Kumpel streckte mir die Zunge raus, schien meinen Kommentar aber amüsant zu finden.
"Hey, habt ihr das mit Yuna mitbekommen?" Fragte Lia in einem flüsternden Ton. "Nein, wo ist die überhaupt?" "Stimmt, hab die seit gestern Morgen nicht mehr gesehen." Lia fuchtelte wild mit den Händen, um alle zum Schweigen zu bringen, damit sie weiter reden konnte.
"Das wollte ich gerade erzählen." Sie lehnte sich über den Tisch und senkte ihre Stimme, damit nur wir hören konnten, was sie gleich sagen würde.
"Anscheinend wurde sie auf Level 16 gebracht." Fassungslos ließ ich meine Gabel fallen, die klappernd auf meinem Teller landete. Don verschluckte sich an seinem Wasser und auch die anderen schauten erschrocken drein.
"Wie jetzt? So weit sind wir doch noch gar nicht. Warum muss sie mehrere Level überspringen?" Warf Minju ein. Lia zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung aber ich hab zwei Wachen darüber reden hören. Das ist doch die einzige Erklärung dafür, dass sie weg ist, oder nicht?"
Stille breitete sich an unserem Tisch aus. Sowas war noch nie passiert. Normalerweise wurde einen Abend davor bescheid gesagt, falls jemand auf die nächste Ebene verlagert wurde, damit man sich noch verabschieden konnte.
"Das heißt, wir sehen sie nie wieder." Meinte Yeosang leise. "Das hätten wir wahrscheinlich sowieso nicht. Auch nicht, wenn sie nur ein Level weiter nach oben gekommen wäre."
"Trotzdem. Level 16 ist soweit wir wissen das letzte. Ich frage mich, was dann mit den Leuten passiert. Dürfen sie raus?"
Keiner von uns hatte eine Antwort auf diese Frage. Es war ein Mysterium.
Hyunjin starrte sie mit aufgerissenen Augen an. Er und Yuna waren eng befreundet gewesen und ich sah meinem Kumpel an, dass ihm der Appetit und die gute Laune vergangen waren.
Das Gespräch nahm wieder fahrt auf. Während alle durcheinander redeten und wild spekulierten, legte ich meine Hand auf Hyunjins, um ihm etwas Trost zu spenden. "Alles okay?" Ich wusste, dass die Frage überflüssig war aber im Moment hatte ich keine Ahnung, was ich sagen sollte.
Ich konnte ihn nicht anlügen und behaupten, dass es ihr schon gut gehen würde, denn das wusste keiner von uns. Das würde er mir sowieso nicht abkaufen. Hyunjin nickte knapp und starrte weiterhin auf seinen Teller.
⋆*・゚⋆*・゚⋆*・゚⋆*・゚⋆*・゚⋆*・゚⋆*・゚⋆*・゚⋆*・゚
Seit heute Morgen war Hyunjin wie ausgewechselt. Keine Witze, keine sarkastischen Bemerkungen, gar nichts. Das sah ihm überhaupt nicht ähnlich, weshalb ich mir irgendwie Sorgen um ihn machte.
Leider gab es nichts, was ich tun konnte, damit es ihm besser ging. Schönreden, was passiert war, konnte ich nach wie vor nicht und all meine Versuche ihn aufzumuntern, waren fehlgeschlagen.
Möglicherweise sollte ich ihn einfach ein bisschen in Ruhe lassen? So zu tun als wäre nichts passiert und alles zu verdrängen war schließlich auch nicht gesund.
Schweigend liefen wir nebeneinander her. Ein Ziel hatten wir nicht. Hyunjin war einfach losgelaufen und ich wollte ihn nicht mit den furchtbaren Gedanken, die er wahrscheinlich gerade hat, allein lassen. Deswegen war ich ihm gefolgt.
Ich wollte gerade nachfragen wie es ihm ging, als eine Person mir einen Strich durch die Rechnung machte. Hyunjin hat während des ganzen Spaziergangs nicht einmal den Kopf gehoben und passte wohl nicht auf, wo er hin lief.
Kurzerhand stieß er mit einem der Wachleute zusammen, als er um eine Ecke bog. Empört sah Mister Lee ihn an. "Verdammt nochmal, kannst du nicht aufpassen?!" Ich verdrehte die Augen darüber, dass er wie immer unnötigerweise Schreien musste.
Hyunjin machte sich nicht die Mühe zu antworten und hob nicht einmal den Kopf, was den Wachmann nur noch wütender machte. "Hast du deine Zunge verschluckt?"
Mit seiner rechten Hand packte er meinen Freund am Kinn, um sein Gesicht grob nachoben zu drücken, sodass sie auf Augenhöhe wären, wenn Hyunjin ihn ansehen würde.
"Schau mich gefälligst an wenn ich mit dir rede, du nutzloses Stück." Da von Hyunjin immer noch keine Reaktion kam, brannte bei Lee wohl die letzte Sicherung durch. Mit einem heftigen Schubs beförderte er den schwarzhaarigen zu Boden.
Erschrocken riss ich die Augen auf. Wie konnte er so gemein zu Hyunjin sein? Sah er nicht, dass er traurig war? Vermutlich war es ihm auch einfach egal. "Hey, gehts noch?" Es war nicht klug von mir, mich mit Lee anzulegen, doch im Moment war ich echt sauer. Außerdem hatte ich eine große Klappe, die ich oft nicht halten konnte.
Die Augen meines Gegenübers verdunkelten sich als er seine Aufmerksamkeit auf mich richtete. Er kam einen Schritt auf mich zu und nun waren wir uns so nah, dass er direkt vor mir stand.
Unser Größenunterschied wurde jetzt, wo er buchstäblich auf mich herab sah, deutlich. "Was hast du gesagt?" Seine tiefe Stimme schickte einen kalten Schauer über meinen Rücken. Ich hab nie wirklich Angst vor ihm oder einem der anderen gehabt, aber nun, da er so offensichtlich wütend vor mir stand, wurde ich nervös.
Dennoch schluckte ich die Nervosität hinunter, weil ich mich nach wie vor für meinen Freund einsetzen wollte. "Sie sehen doch, dass er nicht bei der Sache ist und außerdem ist er nicht so schwer, dass Sie sich bei dem Zusammenstoß ernsthaft hätten verletzen können."
Ich beobachtete, wie sich sein Kiefer verhärtet und er tief einatmete, um sich davon abzuhalten, mich hier und jetzt zusammen zu schlagen. Zumindest konnte ich mir das gut vorstellen. Für einen Moment blickten wir uns herausfordernd an, da keiner von uns den Blickkonakt als erstes abbrechen wollte.
Es war eine unangenehme Situation, da wir uns so nahe waren und ich auf keinen Fall nachgeben wollte, auch wenn ich das gerne würde. Aber dieser Mann hat sowieso schon keinen Respekt vor uns und ich wollte nicht, dass er wusste, wie eingeschüchtert ich gerade war.
Je länger ich ihm in die Augen sah, desto mehr fiel mir auf, wie schön diese waren.
*Warte, was? Nein!*
"Hör mal zu, es interessiert mich einen Dreck, wie es euch geht. Wenn ihr zu dumm seid, um die Augen auf zu machen, dann seid ihr selbst schuld. Sollte das nochmal passieren, könnt ihr was erleben." Knurrte er. Bevor ich etwas erwiedern konnte, lief er an mir vorbei. Dabei achtete er darauf, dass er gegen meine Schulter stieß, weswegen ich zur Seite taumelte.
Pfff, so ein Arschloch! Ohne es zu wollen, ballten sich meine Hände zu Fäusten. Bilder, wie ich ihm eine scheuerte, blitzten in meinem Kopf auf. Wie gern ich das tun würde, doch seine Worte waren offensichtlich ernst gemeint und ich wollte die Art der Strafe nicht herausfinden.
Meine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf Hyunjin, der immer noch regungslos auf dem Boden saß. Mein Blick wurde weicher, als ich ihn dort sitzen sah. Wie ein nasser Sack und mit krummem Rücken starrte er auf seine Hände. Ich kniete mich zu ihm und legte meine Hand auf seine Schulter.
"Hey, mach dir nichts drauß. Wir wussten doch, dass Lee ein Arsch ist." Mein Kumpel gab keinen Mucks von sich. Da ich nicht wusste, was ich noch sagen sollte, stand ich auf und reichte ihm meine Hand. Wir konnten nicht ewig mitten auf dem Gang bleiben.
Hyunjin hob kaum merklich seinen Kopf und nahm nach kurzem Zögern meine Hand, um sich von mir nach oben ziehen zu lassen.
Erneut setzte sich mein Freund in Bewegung, um weiterhin ziellos umher zu laufen. Vermutlich würden wir das tun, bis es Abendessen gab, doch das störte mich nicht. Solange es ihm gut tat, würde ich ihm folgen.
---------------------------------------------------------
Ich hoffe, ich konnte mit den ersten zwei Kapiteln etwas Interesse wecken :D
Die nächsten sind schon in Arbeit
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top